Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Als wir diese Debatte beantragt haben, haben wir selbstverständlich nicht gewusst, dass es am heuti gen Tag vor allem um die Rettung der Landesregierung geht
(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Thomas Blenke CDU: Wir müssen uns jetzt nicht auf das Rülke-Niveau be geben!)
Jetzt geht es aber nicht nur um die Rettung aus einer Koaliti onskrise. Es geht bei diesem Tagesordnungspunkt um nicht mehr und nicht weniger als um Menschenleben.
In der Debatte vorhin haben wir schon wieder mitbekommen, dass die Regierung bei unangenehmen Themen dazu neigt, auf Felder zu gehen, auf denen das Land gut dasteht. Solche Felder gibt es, Gott sei Dank. Zum Rettungsdienst muss man jedoch sagen: Da läuft nicht alles schlecht, aber andere sind besser.
Das ist die schlichte Erkenntnis. Das liegt nicht an den im Ret tungsdienst Tätigen, denen zu Recht mehrfach gedankt wor den ist. Vielmehr liegt es an den Rahmenbedingungen. Da reicht ein einfacher Blick in das bereits genannte Nachbarland Hessen. Das ist nun wirklich nicht weit weg.
Nüchterne Zahlen: In Hessen fahren auf 100 000 Einwohner acht Rettungswagen. In Niedersachsen fahren auf 100 000 Einwohner sogar zehn Rettungswagen. Jetzt schätzen Sie ein mal, wie viele auf 100 000 Einwohner in Baden-Württemberg fahren? Fünf.
Oder andere Zahlen: In Hessen werden im Rettungsdienst 47 € pro Einwohner ausgegeben, und in Baden-Württemberg sind es nur 40 €. Das ist deutlich weniger. Das schlägt sich nieder.
Der Kollege Rülke hat vorhin schon etwas zu den Hilfsfris ten gesagt. Die Hessen haben beispielsweise in der Tat die Zehn-Minuten-Hilfsfrist. Diese haben sie schon im Jahr 2013 in 90 % der Fälle erreicht. In Hessen war 2013 in 90 % der Fälle innerhalb der Hilfsfrist ein Rettungswagen da.
Bei uns wurde die Hilfsfrist im Jahr 2016 in 72 % der Fälle eingehalten. Das ist schon ein dramatischer Unterschied.
Deswegen haben wir in mehreren Initiativen das Thema Ret tungsdienst auf den Tisch gebracht. Ich möchte es einmal so ausdrücken: Wir brauchen einen Masterplan, einen überge ordneten Plan, der aufzeigt, mit welchen Mitteln wir wo hin kommen wollen.
In der Vergangenheit haben wir zu viele Ausflüchte – Verzei hung –, zu viele langatmige, mühsame Erklärungen gehört, warum die Zahlen so und nicht anders gesehen werden müs sen. Wir sollten in diesem Feld einfach besser werden.
Nun haben Sie, Herr Innenminister Strobl, heute schon eini ges gesagt, was übrigens auch in Richtung Überlegungen zu einem Masterplan, einem übergeordneten Plan, geht. Das ha ben wir sehr wohl zur Kenntnis genommen. Es ist nett, dass Sie uns das heute verraten haben. Vielleicht kann man da wei ter ansetzen.
Ich muss zugeben, in Ihrem Plan war aus meiner Sicht noch ein bisschen zu viel Analyse und Untersuchung enthalten. Da
ist mir der Satz von Reinhold Maier durch den Kopf gegan gen, dass eine Sau vom Wiegen allein nicht fetter wird.
und wie viele Rettungsmittel haben wir? An diesen Fakten werden Sie wahrscheinlich auch in Ihrem Plan nicht vorbei kommen. Wir sehen aber, dass Sie hier einen Anfang setzen wollen, auch wenn mich die Formulierung „Wir arbeiten je den Tag daran“ an die Zeugnisformulierung „Hat sich stets bemüht“ erinnert.
Wir schöpfen aufgrund Ihrer Worte aber Hoffnung. Wir und Sie wissen: Es geht besser. Also machen Sie es bitte besser.
Meine Damen und Her ren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet und Punkt 2 der Tagesordnung erledigt.
Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Zuständigkei ten nach der Straßenverkehrs-Ordnung – Drucksache 16/2797
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on festgelegt.
Vielen Dank. – Herr Prä sident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Straßen verkehrs-Ordnung regelt einen der zentralen Bausteine unse rer Gesellschaft. Sie hat ein kompliziertes Geflecht von Zu ständigkeitsregeln hervorgerufen. Dieses Geflecht ist manch mal – vergleichbar mit dem Straßenverkehr – etwas schwer durchschaubar, so, wie man den Wald vor lauter Schildern nicht mehr sieht. Dieser Situation ist es wohl geschuldet, dass im Jahr 2013 offenbar nicht sofort die notwendigen Schritte eingeleitet worden sind, um dem Umstand Rechnung zu tra gen, dass die Straßenverkehrs-Ordnung vom 16. November 1970 außer Kraft getreten ist – und damit auch § 44. Die da malige Regelung wurde durch eine völlig neue Regelung er setzt, die die sachliche Zuständigkeit in Straßenverkehrsan gelegenheiten regelt oder auch die Möglichkeit regelt, dass die Landesregierungen eigene Sachzuständigkeiten bestim men. Im Sinne dieser Regelung haben wir tatsächlich eine ei gene Zuweisung vorgenommen.
Nunmehr gilt seit knapp fünf Jahren eine neue, allerdings wortgleiche Regelung des § 44 der Straßenverkehrs-Ordnung,
und zwar genau seit dem 6. März 2013. Seither mussten wir nun unglücklicherweise damit leben, dass wir keine ordnungs gemäßen Verweisungsregeln in den eigenen Zuständigkeits regelungen im Landesgesetz über die Zuständigkeiten nach der Straßenverkehrs-Ordnung haben.
Ganz ehrlich: Ich habe diese Lücke nicht bemerkt, und mir hat da im Moment auch noch nichts gefehlt. Doch es ist na türlich notwendig, dass wir hier eine entsprechende Anpas sung vornehmen. Deshalb halte ich es durchaus für eine läss liche Sünde, dass die erforderliche Korrektur erst jetzt erfolgt.
Die bisherige Verweisung in § 1 des Gesetzes über die Zustän digkeit nach der Straßenverkehrs-Ordnung auf § 44 Absatz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung vom 16. November 1970 wird also nun mit dem vorliegenden Gesetz – Ihre Zustimmung heute unterstellt – durch eine auch im Wortlaut klarer formu lierte Verweisung auf § 44 Absatz 1 der Straßenverkehrs-Ord nung – Achtung! – vom 6. März 2013 ersetzt. Dabei werden wir zudem die Gelegenheit zu einer Verbesserung der Formu lierung, nämlich zu einer Dynamisierung, nutzen und auf das Bundesgesetz in der jeweilig geltenden Fassung verweisen.
Beruhigend ist, dass die Lücke in der Vergangenheit nicht zu unbilligen Urteilen geführt hat, da ein Urteil des Verwaltungs gerichtshofs vom 15. September 2014 klargestellt hat, dass durch die Änderung des § 44 StVO nicht etwa die Zuständig keitsregelung insgesamt infrage gestellt worden ist.
Da sich aber die Rechtsmeinungen der Gerichte im Zweifel schneller ändern, als sich Gesetze ändern lassen, danke ich unserem Verkehrsminister ganz herzlich, dass er uns heute die Gelegenheit gibt, dieses Thema auch für das Landesgesetz endgültig klarstellend zu regeln, und werbe nachdrücklich da für, dass diesem Gesetz zugestimmt wird.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! In § 44 Absatz 1 der Straßenverkehrs-Ordnung regelt der Bund – wir haben es eben schon gehört –, dass standardmäßig die Straßenverkehrsbe hörden der Länder für die entsprechenden Ausführungen eben jener Straßenverkehrs-Ordnung zuständig sind. Gleichzeitig wird den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, im Einzelfall oder allgemein Zuständigkeiten auf andere Stellen des Lan des zu übertragen. Das tut das Land Baden-Württemberg im Gesetz über Zuständigkeiten nach der Straßenverkehrs-Ord nung. In § 1 wird definiert, dass als Straßenverkehrsbehörden die unteren Verwaltungsbehörden zuständig sind. Und in den weiteren Paragrafen wird definiert, unter welchen Bedingun gen gewisse Teile der Straßenverkehrs-Ordnung auch auf Ge meinden übertragen werden können.
Bei der heutigen Beratung über das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Zuständigkeiten nach der Straßenverkehrs-Ord nung geht es darum, in § 1 dieses Gesetzes die Angabe „16. No vember 1970 (BGBl. I S. 1565)“ durch die Worte „6. März 2013 (BGBl. I S. 367) in der jeweils geltenden Fassung“ zu
ersetzen. Kurz: Es geht darum, in dem Gesetz über Zustän digkeiten nach der Straßenverkehrs-Ordnung nicht mehr auf die Straßenverkehrs-Ordnung von 1970, die 2013 außer Kraft getreten ist, zu verweisen, sondern auf die Verordnung vom 6. März 2013 Bezug zu nehmen.
Damit wir das zukünftig nicht mehr entscheiden müssen, ha ben wir den Verweis jetzt dynamisiert. So wird das immer auf die jeweils geltende Fassung fortgeschrieben.
(Beifall bei der CDU und den Grünen – Abg. Nicole Razavi CDU: Bravo! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜ NE: Sehr gut!)