Sie sind das Ziel dieser Aktion – Sie, der Sie als Fremdkörper wahrgenommen werden, seit Sie vor der letzten Landtagswahl versucht haben, Spitzenkandidat zu werden, von der eigenen Basis aber nicht zum Spitzenkandidaten der CDU gewählt wurden. Ich bin mir auch sicher, dass Sie aus der damaligen Landtagsfraktion der CDU auch nicht überbordend viele Stim men erhalten haben. Aber Sie haben auch nicht viel dafür ge tan, dass dieses Verhältnis besser wird. Sie beziehen die Frak tion – so hört man allenthalben auch gerade aus der CDUFraktion – nicht ein. Sie lassen wichtige, gerade auch umstrit tene und politisch schwierige Themen liegen, weil Sie nicht entscheidungsfähig sind.
Ich nenne als Beispiel das Thema Polizeireform. Über Mona te hinweg wurde dieses Thema im Land Baden-Württemberg diskutiert, in den Wahlkreisen intensiv debattiert. Aber der Einzige, der sich nicht zu einer Position durchringen konnte, war der CDU-Landesvorsitzende und Innenminister. Da muss ten dann andere in die Bresche springen. Der Ministerpräsi dent musste für Sie die Entscheidung treffen.
Herr Strobl, wer in dieser Frage die eigene Fraktion nicht an seiner Seite hat, der wird auch dauerhaft keine Vertrauensba
sis für die Zusammenarbeit haben. Das zeigt sich jetzt, näm lich genau in der Frage des Wahlrechts. Denn taktisch ge schickt hat die CDU-Fraktion gesagt: „An dieser Stelle su chen wir die Machtfrage.“ Schon vor Monaten sind Sie von Mitgliedern der CDU-Fraktion aufgefordert worden, sich nun endlich des Themas Wahlrecht anzunehmen, und zwar mit der klaren Aussage, dass man ansonsten in einen Konflikt hinein laufe. Und wieder einmal war es so, wie schon in vielen an deren Fällen: Der CDU-Landesvorsitzende, dem die Landes politik offensichtlich manchmal zu kleinteilig ist, hat sich die ses Themas eben nicht angenommen.
Deswegen wurde am letzten Dienstag eine Entscheidung ge troffen, die ganz klar zeigt: Ein Landesvorsitzender Thomas Strobl hat nicht den Rückhalt der CDU-Landtagsfraktion. Die CDU-Landtagsfraktion hat deutlich gemacht, dass sie nicht bereit ist, dem Innenminister und Landesvorsitzenden Strobl weiterhin Gefolgschaft zu leisten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe mir über legt, wie ich diesen Autoritätsverlust von Herrn Strobl hier thematisieren kann. Ich kam dann selbst darauf: Autoritäts verlust würde voraussetzen, dass jemals Autorität vorhanden war.
Aber das Problem liegt ja nicht allein aufseiten der CDU. Das Problem liegt, lieber Herr Kollege Schwarz, auch aufseiten der Grünen. Ich glaube, es ist falsch, in dieser Frage die Gu ten und die Bösen in der öffentlichen Wahrnehmung darzu stellen. Auch in Ihrer Fraktion gibt es – das ist bekannt – zahl reiche Abgeordnete, die, was Änderungen am Wahlrecht an geht, erhebliche Vorbehalte haben.
Ihr größtes Problem dürfte dabei Ihr Fraktionsmitglied Win fried Kretschmann, der Landtagsabgeordnete des Wahlkrei ses Nürtingen, sein.
Wie bewerten Sie es denn, wenn Herr Kretschmann als Mi nisterpräsident an einer Sitzung der CDU-Fraktion teilnimmt und durch Gestik und Mimik zum Ausdruck bringt, was er von einer Änderung des Landtagswahlrechts hält?
Oder wie bewerten Sie den Satz von Kretschmann, er sage nichts zum Thema Wahlrecht, weil er, wenn er seine Meinung kundtun würde, ein Amtsenthebungsverfahren riskieren wür de, und zwar angestrengt von den eigenen Leuten?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir scheint, dass beim The ma Wahlrecht nicht nur innerhalb der CDU, sondern auch zwi schen CDU und Grünen ein unübersichtlicher Zustand vor
politische Themen abzuarbeiten. Diese Landesregierung ist nicht in der Lage, sich den wirklich wichtigen Themen des Landes zuzuwenden. Die Probleme, die Sie mit viel Geld zu schütten können, können Sie vielleicht noch lösen. Aber beim Landtagswahlrecht scheitern Sie. Da können Sie noch so viel dicke Schminke auftragen, es wird nicht funktionieren. Die se Landesregierung ist in Baden-Württemberg nicht mehr handlungsfähig.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Herr Kollege Stoch, Sie scheinen sich in der Opposition ja sehr gemütlich eingerichtet zu haben.
Denn von Ihnen habe ich keinen Vorschlag gehört, wie Sie das Land gern regieren wollen – weder inhaltlich noch stilistisch.
(Abg. Nicole Razavi CDU: Hat er auch nicht! – Abg. Reinhold Gall SPD: Sie haben das Gespräch doch ausgeschlagen! – Abg. Andreas Stoch SPD: Sie ha ben uns doch gar nicht gefragt!)
Herr Kollege Stoch, Ihre Kritik daran, dass wir uns zusam mensetzen, um inhaltliche Differenzen zu klären, finde ich et was seltsam.
(Abg. Nicole Razavi CDU zur SPD: Keine Ideen! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie sitzen doch gar nicht zusammen!)
Denn was soll man denn tun, wenn man in bestimmten Sach fragen eine unterschiedliche Position hat? Dann setzt man sich zusammen und klärt diese Sachfragen. Das tun wir.
Das ist dann auch kein Stuhlkreis, sondern ein vernünftiger Umgang, um gute Lösungen zu finden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Ich darf auch daran erinnern, dass wir das ja schon einmal hat ten, Herr Kollege Stoch. Wir wollten auch mit der SPD das Landtagswahlrecht ändern.
(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Rein hold Gall SPD: Stimmt nicht! – Abg. Andreas Stoch SPD: Bei der Wahrheit bleiben! Geschichtsklitterung! – Zurufe von der CDU: Hört, hört!)
(Lebhafter Beifall bei den Grünen und der CDU – Bravo-Rufe von der CDU – Unruhe – Glocke der Prä sidentin)