Protocol of the Session on June 8, 2016

(Abg. Nicole Razavi CDU: Wir waren nicht respekt los! – Abg. Reinhold Gall SPD: Herr Präsident, er spricht nicht zur Sache!)

Aber lassen Sie mich auf Herrn Schwarz eingehen. Herr Schwarz, Sie sprachen von Erfahrungen. Ich kann das nur re spektieren. Aber ich wusste nicht genau, welche Erfahrungen Sie gemeint haben. Meinten Sie die Erfahrung auf dieser po litischen Bühne, oder meinten Sie Wirtschaftserfahrung oder Finanzerfahrung? Ich kann das nicht genau eingrenzen. Ich kann Ihnen sagen: Ich bringe viel Erfahrung mit, allerdings keine Erfahrung auf dieser politischen Bühne.

(Zuruf des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU)

Ja, ja, lassen Sie sich das einfach einmal sagen.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Können Sie lauter reden?)

Ja, das kann ich gern tun. – Herr Rülke, Sie sprachen davon, dass wir keine Leistung erbracht hätten. Natürlich haben wir das nicht hier in diesem Plenum; das ist richtig. Wir waren ja hier bisher nicht vertreten. Aber ich bin stolz darauf, einer Fraktion anzugehören, die mit ihren Steuergeldern dies alles ermöglicht hat.

(Beifall bei der AfD – Abg. Reinhold Gall SPD: Wie kann man so einen Quatsch daherreden? Meine Gü te! Sie tun gerade so, als ob die anderen keine Steu ern zahlen würden! Das ist doch Unfug!)

Das ist das Erste. Jetzt lassen Sie mich noch auf Inhalte ein gehen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kollege Sänze hat das Wort.

Lieber Kollege Sänze, wir haben gerade den Tagesordnungs punkt „Aussprache über die Regierungserklärung des Minis terpräsidenten“.

Genau. Darauf komme ich jetzt zu sprechen.

Bitte schön.

Ich habe mir den Koalitionsvertrag und die Regierungserklärung angeschaut. Ich vermisse darin einige Worte, beispielsweise über die technologische Entwick lung. Die haben Sie angerissen. Sie haben gesagt, Sie werden Technologiezentren entwickeln. Das ist auch dringend not wendig. Wenn Sie die gigantische Veränderung unserer Indus trie gerade in Bezug auf die Elektromobilität sehen, werden Sie feststellen, dass unser Land vor einer ganz großen Her ausforderung steht, nämlich in der Umstellung seiner Indust rien. Getriebetechnologien fallen weg, und der große, breite Mittelstand ist als Zulieferer in dieser technologischen Ent wicklung gefangen. Ich hoffe, dass dann die entsprechenden Mittel eingestellt werden.

Der andere Punkt ist das Thema Infrastruktur. Sie haben ge sagt, die digitale Autobahn, aber auch Straßen und sonstige Verkehrsformen seien zu fördern. Das kann man nur begrü ßen. Ich frage mich nur: Wie geht das mit 500 Millionen €?

(Abg. Nicole Razavi CDU: Zusätzlich!)

Zusätzlich, ja, 500 Millionen €. Jedem, der ein bisschen Be scheid weiß, ist bekannt: Ein Straßenkilometer kostet unge fähr 1 Million €.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Wir wollen halt keine Schulden machen!)

Das verstehe ich ja. Ich mache Sie auch nicht für Fehler in der Vergangenheit verantwortlich. Allerdings hätte ich mich nie in der Lage gesehen, dass ich die SPD und die Grünen in Schutz nehmen muss. Denn das sind zum Teil auch struktu relle Ergebnisse der Vorgängerregierungen. Man ändert nicht innerhalb von fünf Jahren in die Wege geleitete Aktivitäten.

So ist es auch mit der Vernetzung. Sie haben gesagt, Sie woll ten 320 Millionen € dafür einsetzen. Das ist dringend notwen dig. Denn Industrie 4.0 oder Digitalisierung heißt im Grunde genommen nicht nur, dass man eine PDF-Datei ausdrucken kann oder etwas übertragen kann, sondern heißt, die Wirt schaft an die anderen Wirtschaften international anzuschlie ßen. Schauen Sie: Wenn heute jemand etwas entwickelt, dann wird das zur gleichen Zeit in Australien weiterentwickelt. Doch in manchen Regionen im ländlichen Raum gibt es über haupt keine Möglichkeit, ins Internet zu gehen. Das ist die Re alität. Da frage ich mich angesichts von 320 Millionen € schon, ob diese Position ausreichend ist, um ein solches Wirt schaftsland nach vorn zu bringen.

Eine Korrektur darf ich Ihnen noch mit auf den Weg geben. Unser Export in die Eurozone, das waren 36,4 % im Jahr 2015. Nach Europa gingen in der Tat 58 %, und der Rest geht dann folglich in die Welt hinaus. Das heißt, hier findet eine deutliche Verschiebung statt, die man wieder verändern muss. Die Bedeutung Europas ist groß, aber sie verliert zunehmend. Das muss man verändern. Das heißt nicht, dass wir raus woll ten, sondern die Frage ist: Welche Stellschrauben ergeben sich dadurch?

Sie sprechen – jetzt komme ich einmal zur inneren Sicherheit – im Zusammenhang mit der inneren Sicherheit von 1 500 Po lizisten. Aber wenn ich die Tatsache berücksichtige, dass wir auf den baden-württembergischen Autobahnen keine Auto bahnfahndung mehr haben, frage ich mich schon – –

(Abg. Reinhold Gall SPD: Unfug! Das ist doch völ lig falsch! Sie haben doch keine Ahnung!)

Das ist kein Unfug. Das ist die Realität.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie haben doch keine Ah nung! Natürlich haben wir Autobahnfahndungsdiens te! Natürlich!)

Wo, Herr Gall? Die sind nicht da.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Die sehen Sie nicht! Die haben wir schon! – Abg. Reinhold Gall SPD: Wie kann man nur so einen Stuss erzählen!)

Das ist das eine.

Wenn ich dann von steigender Kriminalität höre, frage ich mich schon, wie es möglich sein kann, dass man eine Gefahr sieht und nichts dagegen tut.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was?)

Wir haben im Rahmen der Abgabe von Souveränitäten an die EU im Rahmen des Schengener Abkommens nicht nur die Verantwortung für die eigenen Grenzen abgegeben. Wir se hen zu, wie wir diese aufheben und nichts gegen die Folgen tun. Das ist für mich zu spät gehandelt.

(Beifall bei der AfD)

Deshalb begrüße ich es, wenn Sie die Polizei wieder aufbau en. Aber wir sollten auch dazu übergehen, dass wir unsere Grenzen kontrolliert wieder so in den Griff bekommen, dass wir die Kriminellen nicht in unser Land hineinbekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Dafür reichen übrigens auch keine 1 500 Polizisten aus.

Herr Dr. Reinhart, Sie sprachen von der neuen DNA der Uni on in Baden-Württemberg. Die sei ja wirtschaftlich indiziert, sagten Sie. Ich hoffe, Sie halten das auch durch. Aber ich wünschte mir, dass Sie in Bezug auf die 1,8 Milliarden € und den vielberufenen Finanzierungsvorbehalt, den es in der Tat gibt, den richtigen Weg einschlagen, um die baden-württem bergische Wirtschaft wirklich nach vorn zu bringen. Wenn wir es nicht schaffen, uns anders auszurichten und vor allem den ländlichen Raum wieder zu stärken, werden wir es auch nicht schaffen, den Anschluss an die Welt zu halten.

Noch ein Wort zu Ihnen, Herr Kretschmann. Sie sagten in Ih rer Rede, dass Baden-Württemberg die Spitze der Innovation sei. Leider ist das nur bedingt der Fall. Denn wir haben bei den Patentanmeldungen die Spitzenposition an das Land Bay ern abgegeben. Das ist eine eher bedenkliche Entwicklung. Denn das Gros der Patentanmeldungen – das wissen auch Sie – kommt aus den Häusern Bosch, Mercedes und Siemens. Von dort kommt das Gros der Patentanmeldungen. Das heißt, wenn wir anhand dieser Messzahl Patente aufzeigen können, dass wir den Anschluss verlieren, ist es dringend geboten, etwas zu tun und daran etwas zu verändern.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Können Sie das noch einmal in wenigen Worten zusammenfassen? – Gegenruf: Zuhören, Herr Kollege!)

Einfach nur zuhören. – Lassen Sie mich noch ein letztes Wort zu den Umständen sagen. Hier wird ja von einem Woh nungsbauprogramm gesprochen. Jetzt habe ich etwas von 23 000 obdachlosen Baden-Württembergern im Ohr. Hierbei handelt es sich ja nicht um Familien, sondern hierbei handelt es sich um Einzelschicksale. Wie wollen Sie mit Ihrem Pro gramm diese Lücke schließen? Das erschließt sich mir nicht. 23 000 Obdachlose, die durch die Migranten nochmals ver stärkt werden, und deshalb muss ich schon fragen: Was hat man denn in der Vergangenheit getan? Das frage ich auch die SPD, weil sie ja gerade für eine Klientel antritt, die eher in prekären Arbeitssituationen steckt oder dort vielleicht gar nicht mehr herauskommt.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Worum geht es eigent lich?)

Da muss ich mich schon fragen: Wie ist so etwas möglich?

Als Letztes darf ich noch den Begriff Subsidiarität bemühen. Er gilt natürlich sowohl für ein Land als auch für die Gemein

den. Aber er gilt auch für Familien. Wenn wir uns ständig in die Belange der Unternehmen, der Familien und der Men schen einmischen, werden wir sie dirigistisch beeinflussen, jedoch keinen Meter weiterbringen. Das ist das Resultat.

Lieber Herr Schwarz, ich habe Sie bei diesem ÖPNV-Auftritt kennengelernt.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE deutet auf Abg. Ni cole Razavi CDU. – Gegenruf der Abg. Nicole Raza vi CDU: Er meint uns beide!)

Ja, ja. Okay. Das kann schon sein. – Aber ich wusste jetzt nicht, dass Sie den Jagdschein machen und auf der Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau sind. Die wird es nämlich nicht geben.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ich kann Sie beru higen, Herr Kollege! Ich habe nicht vor, den Jagd schein zu machen! – Abg. Nicole Razavi CDU: Wild tiermanager!)

Das ist ja schon einmal beruhigend. Denn ich hätte Angst, dass ich da in Ihre Schusslinie gerate.

(Unruhe)

Aber eines darf ich Ihnen auch noch sagen: