Protocol of the Session on November 15, 2017

Beschlussempfehlung und Bericht des mitberatenden Ständigen Ausschusses und des federführenden Aus schusses für Inneres, Digitalisierung und Migration – Drucksache 16/2915

Berichterstatter: Abg. Sascha Binder

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache zu den beiden Gesetzentwürfen eine Rede zeit von acht Minuten je Fraktion festgelegt.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich für die Fraktion GRÜNE Herrn Abg. Sckerl das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem Landtag liegen zur abschließenden Beratung die Entwürfe zum Polizeigesetz und zum Verfassungsschutzgesetz vor. Beide Gesetzentwürfe ha ben ein intensives Verfahren hinter sich. Es gab eine schrift liche Anhörung und dann am 26. Oktober eine mündliche An hörung mit zahlreichen, auch sehr kritischen Äußerungen von Fachleuten. Ich glaube, dass wir Ihnen heute Gesetzentwürfe vorlegen, die den Anmerkungen und Forderungen der Sach verständigen, die die Gesetzentwürfe im Ergebnis besser ge macht haben, überwiegend gerecht werden. Deswegen werbe ich um Zustimmung zu diesen Gesetzentwürfen.

Wir haben die Anhörung ernst genommen und uns intensiv mit den Ergebnissen auseinandergesetzt. Die Koalitionsfrak tionen zeigen damit nicht nur, dass sie bereit sind, für die Si cherheit der Menschen in Baden-Württemberg Verantwortung zu übernehmen, sondern wir unterstreichen auch, dass wir da bei in der Lage sind, die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger wirksam zu schützen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit ist uns mit die sen Gesetzentwürfen – davon sind wir überzeugt – gut gelun

gen. Wir machen auch klar, dass wir unsere Sicherheitskräfte bei der Gefahrenabwehr und der Bekämpfung von Terroris mus und schwerer Kriminalität, auch aus dem Bereich der or ganisierten Kriminalität, stärken können, ohne dabei einschnei dend in die Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger in un serem Land einzugreifen. Das ist, glaube ich, eine wichtige und gute Botschaft für das Land am heutigen Tag, meine Da men und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Die Grünen und die CDU, lieber Kollege Blenke, haben bei dieser Gesetzgebung keinen einfachen Weg zurückgelegt. Das kann man, glaube ich, klar sagen. Wir kommen aus unter schiedlichen Schwerpunkten.

(Zuruf: Richtungen!)

Für die CDU spielt die Stärkung der Sicherheitskräfte sicher lich eine herausragende Rolle, und für uns Grüne ist der Schutz der Bürgerrechte besonders wichtig. Ich glaube, gerade hier hat sich die Koalition mit ihren unterschiedlichen Schwer punkten sehr gut ergänzt. Beide konnten sich gut einbringen. So ist dieses Gesetzeswerk im Endergebnis ausgewogen.

Ich möchte mich – weil mir dies persönlich sehr wichtig ist – bei meiner Fraktion und allen Kolleginnen und Kollegen be danken, dass sie bereit sind, hier große Verantwortung für die Wahrung von Freiheit und Sicherheit in unserem Land zu übernehmen. Ich möchte mich aber auch ebenso herzlich bei der CDU-Fraktion für manchmal schwierige, aber immer im freundschaftlichen Geist und konstruktiv geführte Gespräche bedanken.

Wir brauchen uns angesichts dieser Ergebnisse nicht zu ver stecken, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Herr Kollege Binder wird rot! – Gegenruf des Abg. Sascha Binder SPD: Ich bin rot! Ist halt so!)

Wegen der Bedeutung der Gesetze war und ist es wünschens wert, dass sie im Landtag eine breite Mehrheit finden. Des halb haben wir um die Zustimmung der Opposition geworben – mit offensichtlich unterschiedlichen Ergebnissen. Wir freu en uns, wenn die SPD zustimmt, lieber Kollege Binder – auch bei allem notwendigen Streit in der Sache.

(Abg. Sascha Binder SPD: Der war notwendig!)

Das ist zugestanden, ist notwendig und gehört zur Demokra tie.

Bei der FDP/DVP, verehrter Herr Kollege Dr. Goll, lernen wir gerade, dass man unter Umständen den Tag nicht vor dem Abend loben sollte.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Nicole Razavi CDU)

Mit Ihren heutigen Anträgen suchen Sie ganz offensichtlich in letzter Minute ein Schlupfloch – obwohl Ihre Anliegen weit überwiegend Berücksichtigung gefunden haben.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Das stimmt ja nicht!)

Weit überwiegend Berücksichtigung gefunden haben. – Ich befürchte, Sie lassen sich hier von sachfremden Motiven lei ten. Es geht Ihnen offensichtlich um etwas anderes. Es geht Ihnen vielleicht um Jamaika – das liegt übrigens nicht in Ba den-Württemberg; dies möchte ich bei dieser Gelegenheit sa gen.

(Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Es geht Ihnen erkennbar nicht als Schwerpunkt um die Sicher heitspolitik in Baden-Württemberg. Das ist schwierig, meine Damen und Herren.

Was wurde an Veränderungen erreicht? Wir haben eine deut liche Erhöhung der Eingriffsschwelle beim Einsatz von Tele kommunikationsüberwachung und Quellen-TKÜ zur Abwehr konkreter Gefahren. Ich glaube, die Zweifel, die auch in der öffentlichen Berichterstattung geäußert wurden, dass etwa ei ne Ohrfeige oder ein Ladendiebstahl geeignet seien, bereits zu solchen Eingriffen in die Telekommunikation zu führen, sind jetzt beseitigt. Das ist zweifelsfrei geklärt.

Klar ist und bleibt für uns Grüne: Ohne eine Software, die zwischen laufender Kommunikation und anderen Daten un terscheiden kann, wird es keine Quellen-TKÜ geben. Das wis sen alle Beteiligten, und das gilt auch in diesem Gesetz. Des halb bleibt es auch beim Nein zur Onlinedurchsuchung eben so wie beim Nein zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung.

Zum entsprechenden Antrag der FDP/DVP kann ich mir eine Bemerkung nicht verkneifen. Sie beantragen – Zitat –:

Eine Onlinedurchsuchung ist verboten.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das ist doch ein Witz!)

Lieber Herr Dr. Goll, ich will jetzt nicht über die Gesetzesrei fe dieser Formulierung streiten. Aber in beiden Gesetzentwür fen heißt es bereits jetzt juristisch sehr präzise: Es darf nur laufende Kommunikation überwacht werden. Sie haben of fensichtlich unsere Gesetzentwürfe nicht gelesen.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Dann können Sie doch unserem zustimmen!)

Im Entwurf des Polizeigesetzes steht es auf Seite 7 und im Entwurf des Landesverfassungsgesetzes auf Seite 5 der Druck sache. Dazu bedarf es nicht eines zusätzlichen Antrags der FDP/DVP.

(Zuruf von der FDP/DVP: Doch!)

Vor allem lässt sich dieser Antrag nicht begründen mit der Aussage: „Wir machen mit unserem Antrag die Gesetze ver fassungsfest.“ Das ist ein schlechter Witz, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP/DVP.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Sie suchen krampfhaft Gründe, um auszusteigen. Das ist ganz eindeutig.

Wir haben den Richtervorbehalt verbessert. Ich glaube, das ist in Ordnung. Wir haben die Rechte der Betroffenen bei Be nachrichtigungsregelungen gestärkt. Der Landtag wird künf

tig einjährlich statt zweijährlich unterrichtet. Die Verbindlich keit der Evaluation wurde erhöht und einiges andere mehr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, Sie erzählen jetzt draußen, 95 % Ihrer Anträge hätten wir abgeschrieben.

(Zuruf von der SPD: Mindestens! – Abg. Sascha Bin der SPD: Mindestens! Das ist noch zu Ihren Guns ten!)

Ich kann das ja verstehen. Aber es stimmt halt leider nicht.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Es stimmt halt leider nicht! – Gegenruf des Abg. Sascha Binder SPD: Das stimmt schon! – Abg. Gabi Rolland SPD: Sie haben halt „Copy and paste“ gemacht!)

Unsere Anträge gehen in vielen Bereichen viel weiter als Ih re.

(Abg. Gabi Rolland SPD: Wo?)

Schauen Sie es sich an: richterliche Anordnung oder Unter richtung des Landtags.

(Abg. Sascha Binder SPD: Haben wir doch bean tragt!)

Da haben wir weiter gehende Vorschläge als Sie gemacht.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Eine abenteuerliche Be gründung! Erst alles ablehnen und dann vorgeben, uns zu überholen!)

Dies sind nur ganz wenige von mehreren Gründen – ich könn te es noch ausführen, habe aber die Redezeit nicht –, warum Sie eben kein Ideengeber für diese Veränderungen gewesen sind.