Protocol of the Session on October 25, 2017

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich das Wort dem Kollegen Haußmann.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben sicherlich in allen Fraktionen, denke ich, wie auch im Sozialausschuss in der letzten Woche sehr intensiv über das Ausführungsge setz zum Prostituiertenschutzgesetz beraten.

Ich muss es aber differenzieren: Es wird nicht funktionieren, dass wir hier in Baden-Württemberg ein Bundesgesetz so ge stalten, wie wir es uns vielleicht vorstellen könnten, um den Schutz für die Prostituierten noch besser zu machen. Denn wir können nur das Ausführungsgesetz beschließen, haben aber keine Möglichkeit, am eigentlichen Gesetz zu arbeiten.

Mir persönlich wäre es lieber gewesen, man hätte die Alters grenze auf 21 Jahre gesetzt und nicht bei 18 Jahren belassen. Das wäre ein mutiger Schritt gewesen; das hätte viele junge Frauen vor dieser Thematik geschützt.

(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD sowie der Abg. Sabine Wölfle SPD)

Aber dafür haben wir beim Ausführungsgesetz keine Kompe tenz; das bleibt dem Bundesgesetzgeber vorbehalten.

Ich hatte in der vorletzten Woche darum gebeten, Herr Minis ter Lucha, dass wir im Sozialausschuss auch einen Bericht von Mitarbeiterinnen oder Mitarbeitern bekommen, die bereits sol che Beratungsgespräche durchgeführt haben. Jetzt muss man natürlich sagen: Mit 119 sind noch nicht so wahnsinnig viele Gespräche geführt worden; denn nach dem, wie es im Gesetz entwurf steht, ist von geschätzt 26 000 Prostituierten in Ba den-Württemberg auszugehen. Deswegen ist bis jetzt noch nicht die Dimension erreicht, um gut über Erfahrungen be richten zu können. Dennoch hat uns Herr Minister Lucha in vielen Teilen unsere Sorgen und Bedenken ein Stück weit ge nommen. Wir werden ihn daran messen.

Das erste Thema war das Thema „Zeitaufwand, Kostenersatz, Ersatz von Dolmetscherkosten“. Er hat signalisiert, dass, wenn sich die Aufgabenwahrnehmung durch den mittleren Dienst, wie es jetzt im Gesetz steht, als nicht sinnvoll erweisen soll te, weil man entsprechende Qualifikationen benötigt, das Land entsprechenden Kostenersatz vornimmt. Das ist das Thema Kosten; an seiner Aussage dazu wird er sich messen lassen müssen.

(Vereinzelt Beifall)

Ferner wollen wir natürlich einen zeitnah vorgelegten Bericht über die Erfahrungen der Landkreise, nachdem sie in die Be ratungsgespräche eingetreten sind. Da gibt es einen Leitfaden. Bisher wurde in keinem Beratungsgespräch eine Anmeldung abgelehnt. Wir wollen deshalb wissen: Ist das auch bei künf tigen Gesprächen immer der Fall? Denn wenn man erkennt, dass es um Armutsprostitution geht und keine freie und selbst bestimmte Entscheidung getroffen worden ist, muss auch ein Landratsamt eine Anmeldung verweigern. Wir wollen natür lich einen zeitnah vorgelegten Bericht erhalten, wie die ein zelnen Landkreise mit dieser Problematik umgehen. Das ist uns sehr wichtig.

Seitens der SPD wurde ein Änderungsantrag gestellt – Frau Wölfle hat es gesagt –, der durchaus seine Berechtigung hat. Er hat zum Ziel, die Gültigkeit der Anmeldebescheinigung auf Baden-Württemberg zu begrenzen. Wir haben auch in der Fraktion darüber diskutiert. Darüber gibt es auch bei uns un terschiedliche Meinungen. Wir werden auch unterschiedlich abstimmen.

Im Innenausschuss wurde auch noch einmal sehr deutlich ge macht –

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

auch der Innenminister hat es noch einmal erläutert –, warum eine Begrenzung wichtig wäre. Andererseits wäre BadenWürttemberg das einzige Land unter den 16 Bundesländern, das eine solche Regelung einführen würde.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Insofern ist es von der Argumentation her nicht sinnvoll, das in dieser Stringenz zu machen, lieber Kollege Drexler.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Es gibt also für beide Positionen Argumente. Uns ist es wich tig, in einer zeitnahen Evaluation auch diese Thematik zu be werten, um noch einmal darüber nachzudenken, ob man an diesem Teil des Ausführungsgesetzes nochmals feilt.

Alles in allem haben wir einige Bedenken. Von Minister Lucha wurden Zusagen gemacht; es wurde auch zugesagt, zeitnah zu berichten. Deswegen sind wir zu dem Schluss ge kommen, diesem Ausführungsgesetz in dieser Form zuzustim men.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU, der AfD und der SPD)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatssekretärin Mielich das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in zweiter Lesung das Ausführungsgesetz zum Prosti tuiertenschutzgesetz. In den Vorreden seitens der Fraktionen sind deutliche Stellungnahmen zu dem Kern des Gesetzes, aber auch zu dessen Grenzen abgegeben worden.

Sie, Herr Haußmann, haben noch einmal deutlich darauf hin gewiesen: Es geht um das Ausführungsgesetz zu einem Bun desgesetz. Baden-Württemberg ist eines von vier Ländern in Deutschland, die überhaupt ein Ausführungsgesetz machen müssen; alle anderen brauchen nur eine Verordnung. Entspre chend ist auch die Antwort auf die in der ersten Lesung ge stellte Frage: Warum hat das so lange gedauert? Es hat auch deswegen so lange gedauert, weil die Vorbereitung eines Ge setzes sehr viel mehr Arbeit erfordert als die Erarbeitung ei ner Ausführungsbestimmung.

Umso wichtiger ist es, klarzumachen, dass wir den Spielraum, den wir hier nutzen wollten und nutzen konnten, auch genutzt haben. Das bedeutet, dass der Schutz der Prostituierten ein ganz zentrales Element ist.

Ich möchte eines noch einmal sehr deutlich sagen, weil ich finde, dass das in der Beratung immer ein bisschen untergeht. Dieses Gesetz besteht aus zwei Säulen: Es geht zum einen um die Beratungsgespräche, das Anmeldungsgespräch, die Pflicht beratung, und es geht zum anderen um die Gesundheitsbera tung. Das sind zwei getrennt voneinander stattfindende Ter mine. Das ist, finde ich, ganz zentral.

Das Zweite – das ist eine Ebene, die immer ein bisschen ver nachlässigt ist – ist die Gewerbeanmeldung. Wir haben über die Anmeldung des Prostitutionsgewerbes noch einmal ganz andere Möglichkeiten, zu kontrollieren, Einfluss zu nehmen, die Qualität der Gewerbe zu überprüfen, aber eben auch z. B. die Eignung der Betreiberinnen und Betreiber des Gewerbes zu überprüfen. Der Schutz, den wir für die Prostituierten auf bauen, hat diese zwei Säulen.

Ich möchte jetzt noch einmal deutlich sagen, dass wir die In formations- bzw. die Anmeldungsgespräche von der Gesund heitsberatung trennen. Die Gesundheitsberatung ist sehr viel engmaschiger als die Anmeldung. Es wird jetzt immer wieder deutlich gemacht, dass es da unterschiedliche Positionen gibt, und es wird dabei auf eine rechtliche Position abgehoben, die wir nicht teilen.

Wir haben nicht die rechtliche Position z. B. des Landesfrau enrats oder der Polizeigewerkschaft zugrunde gelegt für un sere Entscheidung – die wir in der Tat revidiert haben. In dem ursprünglichen Entwurf war die Beschränkung auf BadenWürttemberg vorgesehen. Deswegen hat Minister Lucha auch genau diese Formulierung in seinem Brief an den Landesfrau enrat gebraucht.

Wir haben uns von dieser Forderung verabschiedet, weil die Fachberatungsstellen das nicht als sinnvolle Maßnahme an sehen. Ich muss Ihnen wirklich sagen: Wenn wir uns nicht da rauf verlassen können, dass die Beratungsstellen, die seit Jah ren in den unterschiedlichsten Facetten mit Prostituierten ar beiten, uns sagen, dass das keine sinnvolle Maßnahme und eher genau das Gegenteil ist – –

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Warum denn? Er klären Sie es doch: Warum?)

Ja, ich kann Ihnen sagen, warum. Baden-Württemberg grenzt auch an andere Bundesländer, z. B. an Rheinland-Pfalz. Wenn jetzt eine Prostituierte aus Baden-Württemberg nach Rheinland-Pfalz, etwa nach Ludwigshafen, geht, müsste sie sich dort noch mal anmelden.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja, und? – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Warum wollen wir die Prostituierten in solche Zwangssitua tionen bringen?

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Das ist doch keine Zwangssituation! Das ist eine Beratungssituation!)

Wir wollen Prostituierte schützen, und wir wollen die Ange bote so niedrigschwellig wie möglich machen.

Frau Staatssekretärin, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Dr. Fiechtner?

Nein.

Nein. – Und eine Zwi schenfrage der Frau Kollegin Wölfle?

Auch nicht.

Auch nicht. Gut.

Nein, ich möchte das jetzt ausführen. Diese Diskussion ist ja auch sehr ausführlich im Sozialausschuss geführt worden. Da ist noch einmal sehr deut lich formuliert worden, warum wir der Meinung sind, dass es wichtig ist, dass wir uns auf die bundeseinheitliche Regelung verständigen und die Anmeldebescheinigung für das gesam te Bundesgebiet gilt. Es ist wirklich die Befürchtung der Fach beratungsstellen – die teilen wir –, dass Frauen sonst in die Il legalität abgedrängt würden.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Da sind Fachleute aber an derer Meinung!)

Das ist genau der Punkt, warum wir darauf bestehen, diese bundeseinheitliche Regelung durchzusetzen.

(Abg. Sabine Wölfle SPD: Das ist Quatsch! Das ist völlig wirklichkeitsfremd! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Frau Wölfle, ich habe gerade noch einmal sehr deutlich ge macht, dass wir uns auf die Positionen und auf die Empfeh lungen der Fachberatungsstellen beziehen. Darauf sagen Sie, wir seien wirklichkeitsfremd. Da möchte ich gern wissen, wer da jetzt wirklichkeitsfremd ist.

(Abg. Sabine Wölfle SPD: Dann lassen Sie meine Zwischenfrage zu!)

Nein, ich lasse jetzt keine Zwischenfragen zu. Ich meine, diese Diskussion ist sehr ausführlich im Ausschuss geführt worden. Wir sind jetzt am Ende.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt lassen wir einmal der Frau Staatssekretärin das Wort.

Das können Sie jetzt so sa gen, aber – –