So zu tun, als gäbe es in einer Demokratie, in Koalitionen nicht die Notwendigkeit, Kompromisse zu schließen, so zu
tun, als wäre ein Kompromiss immer ein fauler Kompromiss – damit haben Sie sich viel Mühe gegeben. Dann haben Sie auch noch wortreich gesagt, was Sie alles nicht wollen. Aber von keinem von Ihnen habe ich auch nur ein Wort dazu ge hört, wie Sie das gravierende Problem der Luftreinhaltung lö sen wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Martin Rivoir SPD: Doch! – Abg. Andreas Stoch SPD: Be rufung gegen das Urteil! Es geht um die Frage: Be rufung oder Revision? – Abg. Anton Baron AfD: Ha ben Sie im Ausschuss gefehlt? – Weitere Zurufe – Unruhe)
Ich meine, Juristen überschätzen sich bisweilen selbst. Aber durch ein Berufungsverfahren wird die Luft nicht sauber.
Kommen wir doch mal zu den Fakten. Was ist das Problem im Großraum Stuttgart? Wir haben sehr viele Einpendler, die überwiegend mit dem Auto fahren,
und zwar so zahlreich, dass sie einerseits Stau verursachen und andererseits schlechte Luft. Das könnten Sie einmal zur Kenntnis nehmen. In Ihren Reden, Herr Rülke, spielt das nie mals eine Rolle; das interessiert Sie einfach nicht. Da kom men Sie dann mit einer Schlagzeile aus der heutigen „Stutt garter Zeitung“. Hätten Sie diesen Artikel ganz gelesen, hät ten Sie mehr verstanden und hätten hier auch anders argumen tiert.
Das eigentliche Problem ist doch, dass nach sieben Jahren die Grenzwerte bei den Stickoxiden immer noch nicht eingehal ten werden.
Das gilt für Stuttgart und auch für viele andere Städte in Ba den-Württemberg. Herr Kollege Reinhart, es sind 15 Städte, in denen die Grenzwerte erheblich überschritten werden; es sind aber 25 Städte in Baden-Württemberg insgesamt, in de nen die Grenzwerte überschritten werden. Wir haben also ein ernsthaftes Problem in allen Städten und Ballungsräumen.
dort allerdings sind wir in den letzten Jahren sehr viel erfolg reicher gewesen, übrigens dank der grünen Plakette – das wä re in Ihren Augen ja sozusagen ein Fahrverbot – und dank der Einführung des Partikelfilters – dies war damals laut Meinung der FDP ein schwerwiegender Eingriff in das Eigentum des Autobesitzers. Dank genau dieser Regelungen sind wir hier aber überhaupt weitergekommen.
Wir wollen jetzt bei den Stickoxiden genau so weitermachen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Autos sauber werden und dass die Menschen saubere Luft atmen können.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Andre as Stoch SPD: Deswegen wäre ja die Berufung kon sequent! – Zurufe von der AfD)
Wir haben Erfolge erzielt, und zwar durch kontinuierliche Maßnahmen. Gleichzeitig muss man jedoch feststellen, dass vieles auch über Jahrzehnte hinweg schiefgelaufen ist. Es dau ert sehr lange, bis man da etwas verändert. Wenn der ModalSplit in Ballungsräumen nicht stimmt, weil zu viele Autos un terwegs sind und zu wenig ÖPNV da ist, zu wenig Fuß- und Radverkehr, dann dauert es sehr lange, bis sich dies auch nur ein bisschen verschiebt. Aber Sie polemisieren ja nur dage gen. Sie haben keine Vorstellung davon, wie man einen um welt-, klima- und menschenfreundlichen Mix in den Städten so hinbekommt,
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wann fan gen Sie an? – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Nen nen Sie das Argumente?)
Dann kommen wir zu dem typischen Element bei einer Op position. Wenn man etwas nicht erreicht in Bezug auf Grenz werte, dann fängt man an, etwas an den Grenzwerten zu ver ändern.
Ich will dazu einmal grundsätzlich etwas sagen: Die Grenz werte, die wir heute haben, sind global in den Neunzigerjah ren und in den Jahren danach wissenschaftlich ermittelt wor den, über weltweite Studien.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Warum gel ten die dann nur bei uns? – Abg. Dr. Heinrich Fiech tner AfD: Völlig veraltet! Völlig irrelevant!)
Sie sind den Staaten der Welt von der WHO empfohlen wor den, und sie sind in der Folgezeit unter Berücksichtigung neu er Erkenntnisse der Europäischen Union – übrigens unter Mit wirkung aller Nationalstaaten – dann von der Bundesrepub lik Deutschland umgesetzt worden. Es kann überhaupt gar kei nen Zweifel geben, dass dies wissenschaftlich belegt ist, es sei denn, man handelt genau so, wie Sie das ja auch beim The ma Klimaschutz tun; Sie sagen nämlich, es gäbe keinen Kli mawandel.
(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Das sagt doch kei ner! – Abg. Anton Baron AfD: Das stimmt doch wie der nicht!)
Sie sagen, das sei eine Behauptung, eine bösartige Beschwö rung irgendwelcher linken Wissenschaftler. Tatsache ist: Wir haben diese Grenzwerte; diese sind gut begründet. Wir haben gestern Abend wieder in den Nachrichten hören können, dass allein durch die Feinstaubbelastung jährlich 400 000 Men schen in Europa vom vorzeitigen Tod betroffen sind.
(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Reine Propagan da! – Abg. Anton Baron AfD: Wer hat denn die Stu dien finanziert?)
Weil wir diese schlechte Luft haben, müssen wir etwas tun. Davon lasse ich mich von niemandem abbringen – egal, von wem ein solches blödes Geschwätz kommt.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Anton Baron AfD: Das ist nur peinlich, was Sie hier ma chen! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP)
Meine Damen und Herren von der AfD, Sie haben in dieser Woche ja versucht, den Rest des Parlaments davon zu über zeugen, dass Sie die Hüter der Regeln und der Gesetze sind. Hier können Sie mal zeigen, wie ernst Sie es mit der Einhal tung von Regeln und Gesetzen meinen. Im Umweltbereich gibt es auch Regeln und Gesetze, aber die ignorieren Sie.
Ich komme zu dem Punkt, wie wir mit dem juristischen Verfahren umgehen. Warum gibt es denn hierzu überhaupt juristische Verfahren?
Die gibt es, weil wir es über Jahre hinweg – ich sage bewusst „wir“, weil viele beteiligt waren; es waren sogar Sie von der FDP einmal beteiligt, aber das haben Sie wohl schon länger vergessen; auch die SPD war beteiligt – nicht geschafft ha ben, den Verkehr so zu organisieren, dass er sauber ist,
und weil wir übrigens auch von der Automobilindustrie in den letzten fünf Jahren Produkte auf dem Markt hatten, die dre ckiger waren als angekündigt.
Wir würden heute über keines dieser Probleme reden müssen, wenn die Autos wirklich so sauber wären wie angekündigt. Das ist das Problem.