Protocol of the Session on October 11, 2017

(Heiterkeit)

dass wir uns insgesamt enthalten werden, weil die Änderung, die mit diesem Antrag angeregt wird, wirklich marginal ist: 700 000 € im Verhältnis zu den 200 Millionen €, das sind die sogenannten Peanuts.

Vielen Dank, Herr Präsident, für Ihr Verständnis.

Ich werde Ihnen nie mehr einen einzigen Satz zugestehen.

(Heiterkeit – Beifall bei allen Fraktionen – Zuruf: Zwei Sätze!)

Für die FDP/DVP-Fraktion erhält der Kollege Haußmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was lange währt, wird nicht immer gut.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Diesmal schon!)

Oder: Auch bei schweren Geburten ist das Ergebnis nicht im mer so, wie man es sich vielleicht vorstellt.

(Vereinzelt Heiterkeit)

In der letzten Legislaturperiode gab es ja schon einmal einen Anlauf. Das hat dann aber der Verkehrsminister wieder ein gesammelt, weil er gemerkt hat, er kommt mit seinen Ideen, mit seinen Vorschlägen, die ÖPNV-Finanzierung neu zu struk turieren, nicht vorwärts.

Trotzdem möchte ich gleich zu Beginn sagen, dass dieser Ge setzentwurf absolut auch Fortschritte zeigt. Da ist zunächst die Erhöhung der Mittel von 200 Millionen € auf 250 Millio nen €. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die Erhö hung um 50 Millionen € – 25 Millionen € vom Land, 25 Mil lionen € von den Kommunen – ist ein Fortschritt, den wir, die FDP/DVP-Landtagsfraktion, anerkennen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir erkennen auch an, dass es Nachbesserungen gab. Dazu gehört die Festsetzung, dass die Mittel auch tatsächlich zu 100 % verausgabt werden und den Unternehmen zugutekom men.

Der dritte Punkt, den wir gut finden, ist, dass Sie zumindest symbolisch mit Ihrer Entschließung, mit dem Bündnis für den Mittelstand zeigen, dass Sie die Thematik und die Herausfor derung für die Unternehmen in Baden-Württemberg anerken nen.

So weit zu den guten Punkten, die dazu führen werden – das möchte ich vorwegnehmen –, dass wir uns bei der Abstim mung über den Gesetzentwurf enthalten werden.

Aber – das wurde bereits angesprochen –: Bis 2021 ist es noch ein langer Weg. Da kommt dann schon die nächste Legisla turperiode. Es wäre mutiger gewesen, bereits in dieser Legis laturperiode den ersten Schritt der Erhöhung bei der Finan zierung zu machen. Da vermissen wir den Mut, schon jetzt mehr Geld bereitzustellen. Man hat das auf die lange Bank geschoben und in die nächste Legislaturperiode verschoben.

Zweitens: Die Kriterien der Verteilung sind nach wie vor of fen. In der letzten Legislaturperiode – das sagte ich schon – hat der Verkehrsminister vorgehabt, die Finanzierung auf Kri terien wie Fläche, Buskilometer und Fahrgastzahl aufzuteilen. Jetzt wird gesagt: Man regelt das künftig in einer Rechtsver ordnung. Das ist uns, der FDP/DVP-Fraktion, zu wenig, weil wir, wenn der Landtag dem zustimmen würde, im Grunde ge nommen die Entscheidung, wie die Mittel verteilt werden, dem Verkehrsministerium allein überlassen würden. Dem kön nen wir, die FDP/DVP-Fraktion, nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Drittens: Die schwierigste und größte Problematik ist die Kommunalisierung der Mittel. Das heißt, Sie verlagern die Mittel auf die Aufgabenträger, auf die Stadt- und Landkreise. Das kann man entscheiden. Wenn Sie aber einen Entschlie ßungsantrag einbringen, mit dem Sie den Mittelstand stärken wollen, dann hätten Sie auch in den Gesetzentwurf mit auf nehmen können, dass die Mittelverteilung immer über allge meine Vorschriften erfolgen soll. Dann gäbe es eine klare Re gelung, und die Stadt- und Landkreise hätten einheitliche und klare Vorgaben, wie die Mittel verteilt werden.

Jetzt bleibt es den Landkreisen überlassen, ob sie allgemeine Vorschriften entwickeln oder ob sie die Vergaben über allge meine Dienstleistungsaufträge machen. Das ist für jemanden, der nicht in der Materie steckt, etwas kompliziert. Es ist aber ganz entscheidend, ob diese Aufträge eigenwirtschaftlich, al so unternehmerisch, oder gemeinwirtschaftlich durchgeführt werden.

Unsere Sorge ist dabei: Wenn es gemeinwirtschaftlich über Dienstleistungsaufträge erfolgt, dann werden diese Unterneh men, die in Baden-Württemberg ein Rückgrat bilden – BadenWürttemberg ist mit dieser mittelständischen Struktur in ganz Deutschland vorbildlich –, mehr oder weniger zu reinen Lohn kutschern. Das kann nicht Sinn und Zweck und Zielstellung dieses Gesetzes sein. Deswegen können wir dem Gesetzent wurf in dieser Form nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Emil Sänze AfD)

In Baden-Württemberg gibt es viele Verkehrsverbünde. Dort wird der Ausgleich der Minderleistungen über allgemeine Vor schriften geregelt. Es wäre ein Einfaches gewesen, das auch in den Gesetzentwurf aufzunehmen und dort zu verankern. Wenn Sie schon die Kommunalisierung wollen, hätten Sie das tun können. Das haben Sie aber nicht getan.

Der Gesetzentwurf bleibt also hinter den Möglichkeiten zu rück. Deswegen können wir dem Gesetzentwurf nicht zustim men, erkennen aber an, dass Sie zumindest Signale aussen den. Wir werden uns daher enthalten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Hermann das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines hat die De batte gezeigt, nämlich dass sich alle Fraktionen für eine Ver besserung des ÖPNV ausgesprochen haben. Das ist ein wich tiger, guter Konsens in diesem Parlament.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Wir, die Koalitionspartner, schaffen mit dem ÖPNV-Finanz reformgesetz eine rechtlich und finanziell stabile Grundlage, damit dies auch möglich ist, und zwar, wie der Kollege Dörf linger gesagt hat, in der Stadt und auf dem Land. Das ist un ser Anspruch, dem im Übrigen auch niemand widersprochen hat.

Was ich herausgehört habe, ist die Kritik von zwei Oppositi onsfraktionen, die im Prinzip gesagt haben, es müsste schnel ler gehen

(Abg. Martin Rivoir SPD: Ja!)

und es brauchte mehr Geld.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Das stimmt so!)

Der eine – Herr Haußmann – sagt sonst immer, wenn wir mehr Geld ausgeben: „Man muss sparen.“ Jetzt soll man das Geld ausgeben.

Zur SPD: Ich hätte euch gern geschont, aber wenn ihr uns an greift und sagt, das komme zu spät, will ich doch darauf hin weisen, dass wir vor drei Jahren schon so weit waren wie heu te,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Mar tin Rivoir SPD: Natürlich!)

nur mit dem Unterschied, dass damals, als der WBO sagte: „Dann demonstrieren wir einmal, wenn ihr nicht mehr auf uns hört“, euer Fraktionsvorsitzender sofort gesagt hat: „Wir ver schieben das in die nächste Periode.“ Daher bitte nicht alles vergessen – auch die Opposition hat eigentlich die Verpflich tung, die Vergangenheit nicht ganz zu vergessen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Lachen des Abg. Martin Rivoir SPD – Abg. Martin Rivoir SPD: Jetzt kommt es in fünf Jahren!)

Was mich jetzt überrascht hat: Nach diesen mutigen Reden von SPD und FDP/DVP kommt dann eine ganz „mutige“ Ent haltung heraus.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Das war nur konsequent!)

Dann hätten Sie ja wirklich eine Alternative formulieren kön nen und übrigens auch zeigen können, wie man das alterna tiv finanzieren könnte. Das habt ihr nicht geschafft. Stattdes sen habt ihr im Grundsatz zugestimmt; dafür bin ich auch dankbar.

Wir finanzieren den ÖPNV schon heute mit 200 Millionen € und stocken die Finanzierung noch auf; das wird später kom

men. Ich sage auch etwas dazu, warum wir das so gemacht haben, warum es so gekommen ist. Ja, sehr geehrter Herr Abg. Kleinböck, lieber Gerhard, auch mir wäre es recht gewesen, wenn ich mehr Geld bekommen hätte und schneller Geld be kommen hätte – und zwar schon vor drei Jahren.

(Zuruf von der CDU: Aber wie lief das damals ab?)

Aber jetzt haben wir immerhin ein Konzept hinbekommen, das funktioniert, das verlässlich ist und das umgesetzt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, diese Reform hatte im Wesentli chen zwei Ziele:

Erstens mussten wir diese nicht mehr rechtskonforme Finan zierungssituation so ändern, dass sie konform mit EU-Recht ist, damit Ausschreibungen möglich sind, damit öffentliche Mittel transparent verteilt werden können. Das war im bishe rigen Zustand nicht mehr der Fall; das musste zwingend ge ändert werden.

Zweitens trägt in Baden-Württemberg die kommunale Ebene schon lange die Verantwortung für den ÖPNV auf der Straße. Die Kommunen haben dafür aber praktisch kein Geld. Das Geld war beim Land, und das Land hat es über die Regie rungspräsidien an die Unternehmen verteilt. Also waren die Kommunen zwar Aufgabenträger im Geiste, aber eben nicht in der Praxis.