Was die Explosivmittel betrifft, war ich schon ganz gespannt, Kollege Lorek. Sie haben nämlich gesagt, die Spezialkom mandos sollen bei speziellen Lagen in diese Lage versetzt werden. Dann bin ich genauso schlau gewesen wie vorher auch. Bisher – das steht auch in der Gesetzesbegründung; sie werden nur in Bezug auf einen Fall außerhalb Deutschlands genannt – ist mir noch nicht ganz einleuchtend, wann dieses Instrument des Explosivmittels tatsächlich eingesetzt werden soll. Aber wir werden in der Anhörung Gelegenheit haben, hierüber mit den Polizeigewerkschaften zu diskutieren. Bis her konnte mir noch niemand sagen, warum dieses Mittel not wendig und verhältnismäßig ist, auch mit Blick auf das, was passieren kann, dass nämlich bei dessen Einsatz unbeteiligte Dritte unkontrolliert Schaden nehmen können.
Da wären wir also immer noch eines Besseren zu belehren; bislang jedenfalls hat sich mir diese Notwendigkeit – auch in Bezug auf Terroristen hinter verschlossenen Türen – noch nicht ganz erschlossen. Denn auch dort kann ich nicht aus schließen, dass unbeteiligte Dritte durch den Einsatz eines sol chen Mittels der Polizei zu Schaden kommen können.
Nein. – Deshalb wäre ich schon sehr froh gewesen, wenn wir im Vorfeld des Gesetzgebungs verfahrens – Herr Berg hat es angesprochen; unsere Fragen sind ja doch sehr einfach beantwortet worden, auch mehrere Fragen sind zusammengefasst worden – – Das liegt aber, glau be ich, nicht daran, dass das Innenministerium nicht mehr ant worten wollte, sondern wir nehmen zur Kenntnis, dass Sie nicht mehr antworten konnten.
Deshalb sprach ich vom Handlungsdefizit: Wenn das Parla ment so weit in Vorleistung gehen soll, um Mittel zu ermög lichen, die weder zum jetzigen Zeitpunkt tatsächlich umsetz bar sind noch die verfassungsrechtlichen Schranken einhalten können, erwarte ich, dass der Innenminister dafür sorgt, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes klar ist, wor um es sich handelt. Denn wir als Gesetzgeber tun uns schon schwer damit, irgendetwas zu ermöglichen, von dem wir nicht wissen, ob es wirklich richtig funktioniert, Kolleginnen und Kollegen.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute in erster Lesung ein Maßnahmenpaket, in dem schon eine ganze Menge drin ist. Nicht umsonst sind es drei Initiativen, einschließlich der Großen Anfrage, über die wir unter diesem Tagesordnungs punkt sprechen. Es handelt sich um ein richtig dickes Paket.
Es besteht zunächst aus einem Sicherheitspaket. Durch dieses Bündel von Maßnahmen werden – kein Zweifel – die Instru mente und Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden erheblich verbessert und weiterentwickelt. Das gilt auch aus unserer Sicht; das muss man sagen. Gleichzeitig wird – das muss man hervorheben – das Bemühen deutlich, die gesetzlichen Vor gaben, insbesondere die verfassungsrechtlichen Vorgaben, und auch die bisher ergangenen Urteile einzubeziehen und sich tatsächlich in diesem Rahmen zu bewegen.
Beides zusammen betrachtet ergibt auch aus unserer Sicht ei nen respektablen Vorschlag, um den Gefahren des internatio nalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität zu be gegnen.
Erstaunlich ist, dass das die Zustimmung der Grünen findet. Ich hätte eigentlich gedacht, dass eher die AfD einem Zuwan derungsgesetz zustimmt, als dass die Grünen diesem Paket zustimmen.
(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE: Das machen wir doch immer! Schon lange! – Gegenruf des Abg. Thomas Blenke CDU: Seit 2013!)
Zu diesem Maßnahmenpaket kommt allerdings sozusagen ei ne Beiladung hinzu, die uns natürlich nicht gefällt, eine Bei ladung in Form des Alkoholkonsumverbots auf öffentlichen Plätzen, ein guter – aus unserer Sicht allerdings eher schlech ter – alter Bekannter. Wir halten das nach wie vor für eine Scheinlösung. Wir glauben nicht, dass dies ein bequemer und für die Kommunen letztlich hilfreicher Weg ist, sondern wir glauben, dass es ein Mittel ist, das eher Risiken und Neben wirkungen in sich birgt.
Umso erstaunlicher ist es, dass die Grünen auch dem zuge stimmt haben; denn bis jetzt ist diese Maßnahme noch nie über die Ziellinie gekommen, weil entweder sie oder wir sie ver hindert haben. Auch da haben die Grünen ihre Position korri giert. Ich kann mir das nur so erklären, dass Sie von den Grü nen lieber da nachgeben, um auf der anderen Seite mit umso größerer Energie Fahrverbote einführen zu wollen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Zurufe von der AfD, u. a. Abg. Anton Baron: Jawohl! Das glaube ich auch! – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wer möchte denn Fahrverbote einführen? Ich möchte keine einführen! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Was war denn das für eine rhetorische Frage? – Unruhe)
Meine Damen und Herren, kein Zweifel, wir werden uns an unseren Äußerungen – – Das Thema Fahrverbote wird in die sen Tagen auch noch gebührend zur Geltung kommen. Die unglaubliche Tatsache Sprungrevision, Auslassen der Beru fung, das spricht ja alles Bände. Dazu rede ich heute nicht. Das wird allerdings noch zur Sprache kommen. Hier geht es jetzt um andere Dinge.
Ich betone am Anfang: Wir werden uns an dem messen las sen, was wir auf unsere Plakate geschrieben haben. Das ist ja zitiert worden, allerdings ohne dass erwähnt wurde, dass da Christian Lindner drauf war. Auf unseren Plakaten stand: Die innere Sicherheit muss besser organisiert sein als das Verbre chen. An dieser Vorgabe werden wir uns auch messen lassen, aber wir müssen natürlich diese vorgeschlagenen Maßnahmen schon sehr sorgfältig diskutieren.
Da wird an vielen Stellen Neuland betreten, da werden an spruchsvolle rechtliche Konstruktionen geschaffen, die man in dieser Form noch gar nicht gesehen hat. Das muss man sich also sehr genau anschauen. Dazu dient natürlich auch die An hörung, die wir planen; sie ist sehr sinnvoll. Ich rate auch sehr zur Einbeziehung der Anregungen des Datenschutzbeauftrag ten. Man wird nicht allem folgen können, was er vorschlägt, aber man kann genauso wenig alles ignorieren, was er vor schlägt. Das muss man natürlich in einer sinnvollen Form ein beziehen.
Jetzt will ich mich dem Sicherheitspaket zuwenden. Das ist ja der weitaus wichtigere Teil. Das hat mit dem Alkoholkonsum verbot eigentlich gar nichts zu tun.
Was ist das eigentlich Neue an dem Gesetz? Wenn ich mich dieser Frage zuwende, ergibt sich: Es gibt natürlich Punkte, die wir relativ schnell übergehen können, weil sie klar sind, z. B. die verstärkte Beteiligung des Landesamts für Verfas sungsschutz an der Zuverlässigkeitsüberprüfung. Ich erwäh ne diese Maßnahme eigentlich nur deswegen, weil man auch bedenken muss, dass das sehr schnell in ein Massengeschäft ausarten kann – so hätte ich beinahe gesagt. Deshalb stellt sich auch die Frage nach Personal beim Landesamt. Denn es wird nicht nur um Einzelfälle gehen, sondern das Landesamt wird sozusagen flächig an solchen Maßnahmen beteiligt. Deshalb müsste man dem Landesamt aus unserer Sicht dafür fairer weise ein bisschen mehr Personal zur Verfügung stellen.
Dann gibt es andere Maßnahmen. Da sind wir bei denen, mit denen Neuland betreten wird, z. B. bei den Aufenthaltsvorga ben oder der Fußfessel. Nach unserer Ansicht können dies sinnvolle Ansätze sein, ohne Zweifel. Dadurch kann man sich natürlich ein besseres Bild darüber verschaffen, wo die Ge fährder sitzen, wo sie sich bewegen, und man kann sich selbst in die Lage versetzen, rechtzeitig zu reagieren.
Lieber Kollege Binder, darin sehe ich jetzt nicht nur Kosme tik und Ähnliches, sondern wir wissen natürlich, wer da tat verdächtig herumläuft. Es ist manchmal kein Fehler, in einer zugespitzten Situation zu wissen, wenn sich jemand von ei nem bestimmten Ort fortbewegt. Hilfreich ist dies schon. Man kann nicht sagen, dass es nur Kosmetik darstellt.
Genauso ist es bei der intelligenten Videoüberwachung. Die se bietet durchaus verbesserte Möglichkeiten, Sicherheit zu schaffen, ohne dass sie mit einem verstärkten Eingriff verbun den sein muss. Das sind Ansätze, die man sicher konstruktiv diskutieren kann.
Der absehbar meiste Diskussionsbedarf ergibt sich natürlich im Bereich der Telekommunikationsüberwachung. Dort mei ne ich weniger die präventive Form; dabei gehe ich eher da von aus, dass man in den Fällen, in denen man künftig nach der präventiven Regelung abhören wird, zumeist bereits in der Vergangenheit über die Möglichkeiten der StPO zu einer sol chen Maßnahme greifen konnte. Hier ist auch meist der Ver dacht einer Straftat im Spiel. Es hat für uns geringere Brisanz, dass das jetzt in das Polizeigesetz hineingeschrieben wird.
Diskutieren müssen wir aber über die neue Möglichkeit der sogenannten Quellen-TKÜ. Dazu sage ich noch einmal: Kein Zweifel, unsere Sicherheitsbehörden müssen in der Lage sein, auf verschlüsselte Kommunikation zuzugreifen. Wo kommen wir denn sonst hin? Sonst könnten sich Terroristen und ande re organisierte Verbrecher künftig ungestört unterhalten – was sie in der Vergangenheit eben nicht konnten. Deswegen wa ren wir hier auch relativ erfolgreich bei der Verhinderung und Aufklärung von Straftaten.
Wir können das Ziel, dass man auch auf verschlüsselte Kom munikation zurückgreifen darf, gar nicht infrage stellen. Nun ist aber richtig: Die Durchführung ist tatsächlich und recht lich schwierig. Ich sage: leider. Leider ist die Durchführung tatsächlich und rechtlich schwierig. Sie ist tatsächlich schwie rig, weil es gar nicht so einfach ist – das wissen wir –, an die richtige Stelle der Verschlüsselung zu kommen. Sie ist recht lich schwierig, weil das Instrumentarium so sein muss, dass es sich in dem Rahmen bewegt, dass es nur Erlaubtes tut und nicht nebenher Unerlaubtes. Das Ganze sollte man auch noch kontrollieren können. Das ist schon eine anspruchsvolle Sa che. Aber das kann nicht der Grund sein, zu sagen: Das ma chen wir von vornherein nicht.
(Abg. Sascha Binder SPD: Das macht doch das BKA! Das ist doch Quatsch! – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD)
Wenn ich jemanden finden will, der Software entwickelt, brau che ich zunächst eine rechtliche Möglichkeit, eine solche Maßnahme durchzuführen.
An dieser Stelle möchte ich – Stichwort Datenschutzbeauf tragter – die Evaluationsklausel nennen. Eine Evaluations klausel in diesem Bereich tut eigentlich überhaupt nicht weh. Wir würden sowieso spätestens in einem Jahr anfangen, die geeigneten Fragen zu stellen:
Was ist tatsächlich passiert? Wie haben Sie es geschafft, die Maßnahme so zu begrenzen, dass nur erlaubte Dinge passie
ren, dass es transparent ist, dass man es kontrollieren kann? Dann kann man im Grunde genommen auch gleich eine Eva luationsklausel ins Gesetz schreiben.
Klar ist übrigens auch, dass, wie auch der Datenschutzbeauf tragte sagt, dieses Instrumentarium nur in Fällen schwerer Kri minalität angewendet werden sollte. Hierbei sollte übrigens einmal gesagt werden: Allein vom technischen, vom fakti schen Aufwand her wird sich meiner Meinung nach ohnehin eine Begrenzung auf wenige Fälle im Jahr ergeben. Es ist nicht ganz leicht, in ein solches informationstechnisches System hi neinzukommen.
Meine Damen und Herren, wir werden konstruktiv mitdisku tieren. Gerade deshalb noch die Anregung zum Schluss: Wenn Sie, Herr Innenminister, eine breite Unterstützung Ihres Vor habens wollen, dann schlagen wir vor: Trennen Sie das Alko holkonsumverbot einfach ab. Es hat mit dem anderen nichts zu tun. Normalerweise nimmt man nicht gern einen Bereich aus einem ganzen Gesetzentwurf heraus; aber das ist kein Ganzes. Das sind zwei verschiedene Dinge, die sich eigent lich nicht einmal irgendwo überschneiden.
Denn dieses Alkoholkonsumverbot auf Plätzen ist für uns nach wie vor nicht konsensfähig. Das wird jedoch keine Verwun derung auslösen. Aber beim Sicherheitspaket könnten wir uns durchaus vorstellen, am Ende zu einem konsensfähigen Er gebnis zu kommen.