Protocol of the Session on October 11, 2017

Denn dieses Alkoholkonsumverbot auf Plätzen ist für uns nach wie vor nicht konsensfähig. Das wird jedoch keine Verwun derung auslösen. Aber beim Sicherheitspaket könnten wir uns durchaus vorstellen, am Ende zu einem konsensfähigen Er gebnis zu kommen.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr gut!)

Für die Landesregierung erteile ich noch einmal Herrn Innenminister Strobl das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Abge ordneten! Danke für diese, wie ich finde, interessante und gu te Debatte hier im Landtag von Baden-Württemberg.

Herr Abg. Berg hat gesagt, wir würden die Grenzen des ver fassungsrechtlich Möglichen ausnutzen, und das sei bedenk lich. Herr Abg. Berg, ich muss Ihnen sagen: Wenn wir ange sichts der gewaltigen Herausforderungen durch den interna tionalen islamistischen Terror das, was die Verfassung uns vor gibt und zulässt, nicht ausnützen würden,

(Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es!)

dann wäre es bedenklich.

(Beifall des Abg. Thomas Blenke CDU)

Wenn die AfD weniger Terrorbekämpfung möchte, ist das ih re Sache.

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Wie wäre es, wenn man die Grenzen schließt?)

Aber wir werden im Rahmen unserer Verfassung alles, alles tun, um die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land vor Ter roranschlägen zu schützen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen und der FDP/DVP – Abg. Carola Wolle AfD: Das Wort im Mund rumdrehen! – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Wenn es da einen Unterschied gibt, dann gibt es diesen Un terschied. Wenn wir die Grenzen des verfassungsrechtlich Möglichen vorsätzlich überschreiten würden, wäre das nicht nur bedenklich, das wäre nicht in Ordnung. Auch wäre es, um Ihr Wort aufzunehmen, bedenklich, wenn wir die Grenzen un serer Verfassung austesten würden. Aber seien Sie versichert: Dieser Innenminister ist ein Verfassungsästhet.

(Vereinzelt Heiterkeit – Zurufe, u. a. Abg. Klaus Dürr AfD: Das ist was Neues!)

Unser Koalitionspartner oder, ich möchte sagen, beide Koa litionsfraktionen achten schon sehr darauf, dass die aktuelle Verfassungsrechtsprechung – insbesondere zum Bundeskri minalamtgesetz, aber auch zum Antiterrordateigesetz –

(Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

selbstverständlich beachtet wird. Es ist sogar gegenüber dem bestehenden Recht ein Fortschritt, dass wir in dem neuen Ge setz die Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht aktuell gemacht hat, an bestimmten Stellen einarbeiten, wo sie bis her noch nicht eingearbeitet sind – weil sie ja auch gar nicht eingearbeitet werden konnten.

Insofern machen wir unter diesem Gesichtspunkt im Vergleich mit der Gesetzeslage – de lege lata – sogar ein verfassungs rechtlich besseres Gesetz. Auch hier ist also ein Fortschritt zu verzeichnen.

Herr Abg. Berg, Sie sagen: „Schiebt doch mal die Gefährder ab.“

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Ich kann Ihnen sagen: Das machen wir.

(Abg. Carola Wolle AfD: Nein!)

Das machen wir mit allergrößter Konsequenz. Benennen Sie Ross und Reiter! Behaupten Sie hier nicht nur irgendetwas. Benennen Sie die Fälle mit Gefährdern in Baden-Württem berg, die wir nicht abschieben, obwohl wir sie abschieben könnten.

(Abg. Anton Baron AfD: Woran liegt es?)

Nicht einen einzigen Fall haben Sie doch in Wahrheit auf der Platte.

(Abg. Anton Baron AfD: Woran liegt es, dass Sie es nicht erfüllen?)

Wir führen in diesem Land mit allergrößter Konsequenz Ge fährder – im Übrigen nicht nur Gefährder, sondern auch Leu te, die bestimmte Straftaten begehen – in ihre Heimat zurück.

(Abg. Anton Baron AfD: Die Zahlen sagen etwas an deres!)

Wissen Sie was? Das ist wie bei einem Orgelkonzert. Sie hau en immer auf die gleiche Taste, und da kommt immer der glei che Ton. Das ist nicht sehr schön anzuhören.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Vor allem die arme Or gel!)

Ein Orgelkonzert wird dann zu einem Konzert, wenn Sie al les bedienen: die Tasten, die Knöpfe, unten, oben.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Aber nicht die AfD!)

So machen wir auch Sicherheitspolitik, indem wir alles in den Blick nehmen.

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

Wir reiten nicht immer nur auf dem einen Thema herum, son dern ergreifen alle Maßnahmen, die möglich sind, um die Bür gerinnen und Bürger in unserem Land zu schützen. Die Ge samtheit der Maßnahmen, insbesondere eine gute personelle Ausstattung, eine gute technische Ausstattung und die recht lichen Möglichkeiten, die wir jetzt schaffen, das gibt ein Ge samtkonstrukt, ein Gesamtkunstwerk, mit dem unsere Sicher heitsbehörden dann gut und auf der Höhe der Zeit arbeiten können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

„Sie sparen beim Personal.“ – Es tut mir leid, das ist ein Vor wurf ohne jede Substanz. Leider ist in der Vergangenheit – in der Vergangenheit! – beim Personal der Polizei gespart wor den. Das bedaure ich sehr, wie alle anderen Innenpolitiker im Übrigen auch. Aktuell – um Ihnen das einfach noch einmal zu sagen – machen wir den größten Personalaufwuchs in der Ge schichte der baden-württembergischen Landespolizei. Das, was wir angekündigt und versprochen haben – 1 500 zusätz liche, neue Stellen bis zum Ende der Legislatur –, führen wir jetzt, vorbehaltlich der Beschlüsse des Haushaltsgesetzgebers, im Doppelhaushalt 2018/2019 in die Realität. Wir machen mehr, als wir versprochen haben.

Noch einmal: Letzte Woche begannen in der Hochschule für Polizei in Villingen-Schwenningen 544 neue PKA, neue Po lizeikommissaranwärterinnen und -anwärter, ihre Ausbildung, so viele wie noch nie in der Geschichte dieser Hochschule. Wie können Sie sagen, dass wir beim Personal sparen, wenn wir jetzt gerade den historisch größten Personalaufwuchs der Landespolizei in die Wege leiten? Es tut mir leid, das ist ein substanzloser Vorwurf, und das muss ich auch klar und ein deutig so benennen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD – Gegenruf des Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Wir sind nicht in der Ukrai ne, da geht das in sechs Wochen!)

Herr Abg. Binder, wie der Kollege Goll sehr treffend gesagt hat, war Ihr Beitrag von dem Eindruck geprägt: Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Ich möchte zu dem, was Abg. Profes sor Goll richtigerweise ausgeführt hat, etwas hinzufügen: Ir gendwie haben wir eine unterschiedliche Sichtweise. Unsere Sichtweise ist klar: Die Technik folgt dem Recht. Das Recht schafft die Grundlage. Da gibt es die verfassungsrechtlichen Vorgaben unserer Landesverfassung und des Grundgesetzes, es gibt die Rechtsprechung, insbesondere des Bundesverfas

sungsgerichts. Dann gibt es das einfache Recht, beispielswei se das Landespolizeigesetz und unser Verfassungsschutzge setz. Innerhalb dieses Rahmens bewegt sich die Technik. Was würden Sie als Abgeordnete im Landtag von Baden-Württem berg denn sagen, wenn die Landespolizei oder die Verfas sungsschutzbehörden jetzt mit irgendeiner Technik, für die es keine rechtliche Grundlage gibt, herumexperimentieren wür den?

(Abg. Sascha Binder SPD: Das sagt doch keiner! Da rum geht es gar nicht! – Abg. Klaus Dürr AfD: Das ist doch gar nicht der Punkt!)

Wir müssen den rechtlichen Rahmen setzen, und dann wird eine Software, dann wird ein Trojaner, dann wird eine Tech nik entwickelt, die exakt dem vom Parlament vorgegebenen Rahmen entspricht. Das ist der richtige Weg: Technik folgt Recht – und nicht umgekehrt, so, wie es Ihnen offensichtlich vorschwebt.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Aber noch schlimmer ist ja, dass Sie sagen: Wir machen kein Gesetz, weil es die Technik noch nicht gibt. Ohne rechtliche Grundlage wird es im Grunde genommen keine Technik ge ben – das ist das Motto, unter dem Sie Sicherheitspolitik ma chen: Man dreht sich immer im Kreis, man redet viel, und he rauskommen tut dabei nichts.

(Abg. Sascha Binder SPD: Das ist doch Quatsch!)

Anders, Gott sei Dank, diese Koalition aus Grünen und CDU, die nicht nur redet und Bedenken hat, sondern die konkret handelt und ein abgestimmtes und ausgewogenes Gesetz vor legt. Wir haben dann im Übrigen die Möglichkeit, mit den Bundesbehörden, mit dem Bundeskriminalamt gemeinsam ei ne Technik auf der Grundlage des Rechts zu entwickeln.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Es ist im Übrigen sowieso wenig konsistent, was Sie in die sem Bereich darbieten. Die SPD – ich jedenfalls hatte nicht den Eindruck, dass dies gegen die Überzeugung der Partei- und Fraktionsführung oder der Innenpolitiker im Bund gewe sen ist – hat die Telekommunikationsüberwachung und die Quellen-TKÜ im repressiven Bereich schon vor einiger Zeit in Gesetzesform gegossen. Da gab es noch weniger Technik. Ihr Aufschrei dagegen war sehr verhalten; jedenfalls vor dem Hintergrund, dass in der Strafprozessordnung die Bundes-SPD sogar die Onlinedurchsuchung mitgetragen hat – für die es wirklich noch gar keine Technik gibt.

Also, lieber Herr Binder, konsistente Sicherheitspolitik sieht anders aus. Das, was Sie darbieten, ist kein gutes Bild. Gott sei Dank sind Sie für die Sicherheitspolitik in diesem Land nicht verantwortlich.