Beim Thema Förderung kann man an die Schule denken, doch viele Förderungen haben in der Schule nicht den richtigen Platz. Sport und Kunst werden in der Schule in viel geringe rem Maß gefördert als im Verein oder in einer privaten Mu sikschule. Wir denken hier auch an die Hochleistungsförde rung, an Spitzensport, wenn wir an die Nachmittagstätigkei ten der Kinder denken. Es geht hier eigentlich um Freude an der Leistung, also um etwas ganz anderes.
Betreuungsangebote sind anders. Sie können nicht auf das ein gehen, was der junge Mensch aus eigenem Interesse entwi ckelt. Daraus resultiert die Meinung, dass die Ganztagsschu le den Kindern schadet.
Zudem gibt es auch die Erkenntnis: Sie nutzt vielen berufstä tigen Eltern nicht wirklich. Beispiele gefällig? Morgens um 6
oder 7 Uhr beim Bäcker: vorwiegend Frauen, die dort bedie nen. Samstagsabends im Supermarkt: ebenso Frauen, die dort bedienen. Haben Sie das schon bemerkt? Keine dieser dort beschäftigten Damen nutzt die Ganztagsschule.
Viele Frauen nehmen während der Kindererziehungszeit eine freiberufliche Tätigkeit wahr. Dies ermöglicht, flexibel auf die Bedürfnisse der Familie einzugehen und trotzdem im Beruf tätig zu sein.
Was folgt daraus also? Behandeln wir hier eine Forderung der Grünen, sehen wir die Uneinigkeit der Koalition? Die Ganz tagsschule und deren Ausbau zulasten der kommunalen Be treuungseinrichtungen laufen ins Leere. Für wen ist das? Das ist reine Ideologie, und es ist nicht einmal leistungsfördernd.
Versucht hier Grün-Schwarz das wieder zu reparieren, was Grün-Rot verbrochen hat? Ein konsequenter Schnitt, ein En de dieser Entwicklungen, die sich als unheilvoll erwiesen ha ben, wäre sinnvoll. Deutlich wird hier jedoch eine gewisse Ar roganz der Macht, mit der sich die grün geführte Landesre gierung jedenfalls in der vergangenen Legislaturperiode über die Bedürfnisse von Schülern und Eltern hinweggesetzt hat. Paradox: Die gescheiterte grün-rote Bildungspolitik wird wei terbetrieben, als ob nichts geschehen wäre, als ob die grün-ro te Koalition nicht abgewählt worden wäre.
Die Ruinen einer längst gescheiterten grün-roten Regierung werden flankiert von schwarz-gelben Bildungsruinen,
von einer kommunalen Kinderbetreuung und einer – Sie ha ben es ja selbst gesagt – sehr eilig eingeführten Ganztagsschu le. Ist das der Vorgeschmack auf Jamaika? Jamaika, Chaos truppe mit Rastalocken und viel Rum.
Die CDU möchte über dieses Thema gern reden. Dem Koali tionspartner ist so eine Jamaika-Wirtschaft natürlich eher pein lich – vermutlich deshalb gab es die Empfehlung, den Antrag vorzeitig für erledigt zu erklären. Allzu tief sollen wir uns wohl nicht mit den Unterschieden zwischen privater Förde rung, gebundener Schule, kommunaler Betreuung und Ganz tagsschule beschäftigen. Die CDU versucht wieder einmal, mit viel Aufwand und Geld aufzufangen, was der grüne Ko alitionspartner verbockt hat. Ist das klug? Es lohnt sich, dar über nachzudenken. Es ist zu überlegen, ob sie sich damit mit telfristig einen Gefallen tut.
Die SPD hat bei der Bundestagswahl die Quittung dafür er halten und für vier Jahre halbherziges Mitspielen das schlech teste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte eingefahren.
Wir stehen für eine Schule, die vorwiegend am Vormittag stattfindet, und eine freiwillige, kommunale, vom Land bezu schusste Nachmittagsbetreuung; denn Alleinerziehende – da rüber haben wir schon gesprochen – sind auf diese Betreu ungsangebote angewiesen. Wir möchten deshalb weiterhin nicht nur die schulischen, sondern auch die kommunalen Be treuungsangebote durchaus fördern.
Die Eltern haben gezeigt, was sie wollen. Sie wollen keine Pflicht zur verbindlichen Ganztagsschule.
(Beifall bei der AfD und des Abg. Dr. Wolfgang Ge deon [fraktionslos] – Abg. Dr. Christina Baum AfD: Jawohl!)
Meine Damen und Herren, qualitätsvolle Betreuungsangebo te sind ein Widerspruch in sich; entweder Betreuung oder qua litätsvoll, und dann geht es um die Förderung individueller In teressen.
Baden-Württemberg hat ein reichhaltiges Netz von Vereinen und Vereinsstrukturen. Diese gilt es zu fördern, um die Be geisterung für eine Tätigkeit – Sie können es auch Hobby nen nen – und für unsere Kultur weiterzugeben. Bevor Ideen dok trinär umgesetzt werden, sind die Bedürfnisse der Eltern und der Schulkinder zu beachten. Dazu gehört, dass Betreuungs gruppen für Schulkinder im Primarbereich an Schulen, die nicht Ganztagsschulen nach § 4 a des Schulgesetzes sind, wei terhin eine vernünftige Förderung bekommen...
... – ich bin gleich am Ende an gelangt –, dass diese Förderung sich entsprechend erhöht, wenn sich die Anzahl der Kinder, die Gruppenzahl und die Stundenzahl verändern.
Die bei der PISA-Studie er folgreichsten Länder verfügen alle über eine verbindliche Ganztagsschule. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Kol lege Röhm, Sie müssen offensichtlich Angst um die Kraft Ih rer Argumente haben. Im Bildungsausschuss haben wir das Thema nur ganz kurz angerissen, jetzt ziehen Sie es als vor gezogene Initiative an die Spitze der Tagesordnung. Damit verschaffen Sie sich rein zeitlich heute einen Vorteil. Im Fach ausschuss wäre eine intensivere Debatte möglich gewesen.
In der Tat zeichnet sich Ihre Politik zurzeit immer noch durch das Fehlen eines schlüssigen Konzepts aus. Wie auch, wenn an einem Standort und sogar in einer Klasse parallel ein rhyth misiertes Ganztagsangebot mit Landesmitteln und ein mit Landesmitteln bezuschusstes kommunales Betreuungsange bot eingerichtet werden sollen? Wie soll das pädagogisch funktionieren?
Übrigens hat bei Frau Wölfle – fragen Sie sie – auf einer Ver anstaltung am Montag die GEW genau hier auch noch einmal sehr, sehr kritische Fragen – um nicht zu sagen: Angst – zum Ausdruck gebracht.
Die Rhythmisierung gilt in der Wissenschaft als das zentrale Element für eine qualitätsvolle Ganztagsschule. Sie bedeutet das Abwechseln von kognitiv anstrengenden Lerneinheiten wie Mathematik mit weniger anstrengenden Lerneinheiten wie z. B. Sport oder einer AG-Phase. Hierzu bedarf es auch einer Ausdehnung über den Vormittag hinaus. Wie wollen Sie aber in dem Moment, in dem Sie parallel Betreuungsangebo te zur Wahl stellen – ja sogar auf der Ebene einer Klasse oder einer kleinen Ganztagsgrundschule –, die Rhythmisierung si cherstellen? Wie soll guter Unterricht laufen, wenn sich bei spielsweise die Hälfte der Kinder herausziehen kann? Das wird auch Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Schü lerschaft haben. Welche Schüler verbleiben dann in der Ganz tagsschule, welche nur in den Betreuungsangeboten?
Aktuell haben wir nach Rückmeldungen eine gute Mischung der Schülerschaft an den Ganztagsschulen, insbesondere auch mit Blick etwa auf Kinder aus wohlhabenden Familien. Dies tut auch der Gesellschaft gut. Wenn Sie diesen Ansatz gefähr den, muss ich Ihnen unterstellen, dass Sie möglicherweise oder auch bewusst eine ideologische Politik betreiben, so wie Sie bereits vor mehr als 15 Jahren den Ganztagsschulausbau immer abgelehnt haben, da er für Sie nur in sozialen Brenn punkten ein Mittel war.
Die SPD war niemals Gegner ergänzender, flexibler Betreu ungsangebote. Mit einer solchen Darstellung zeichnet die Re gierung bewusst ein Schwarz-Weiß-Bild, das nicht der Reali tät entspricht. Im Dialog mit den Kommunen wurde festge legt, dass sich die Regierung vorrangig um den Ganztag küm mert – nicht, weil Betreuungsangebote für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht wichtig sind. Im Ganztag sehen wir aber – da sind wir voll auf Linie mit wissenschaftlichen Befunden – ein Mittel, das qualitativ hochwertig ist, also da mit auch das bessere Angebot.
Auch die Ganztagsschule leistet mit ihren Angeboten einen wichtigen Beitrag zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, da sich die Aufenthaltszeit in der Schule verlängert. Das ist mehr als nur Betreuen. Herr Röhm, bei Ihnen ist nicht einmal das Wort „Bildung“ gefallen, wenn ich es nicht überhört ha be.
Die Ganztagsschule ermöglicht es, den Schülerinnen und Schülern eine bessere, individuellere Förderung anzubieten,
vielseitige Lernchancen zu eröffnen und Lernerfolge zu stei gern. Im Mittelpunkt steht hier auch das Stärken der eigenen Persönlichkeit, des sozialen Miteinanders, das gerade auch mit Blick auf die Entwicklung unserer Demokratie von gro ßer Bedeutung ist.
Es hat damals eine Prioritätensetzung stattgefunden; sie soll te heute weiterhin stattfinden. Verantwortungsvolles Regieren bedeutet politische Steuerung. Wir haben mit diesem Fokus immer nicht nur für Betreuung, sondern vor allem auch für Qualität im Bildungssystem plädiert. Eigentlich müsste es ei nen stutzig machen, dass Sie, Frau Ministerin, diese Entschei dung nicht nachvollziehen können. Sie sind es doch zurzeit, die durch das Land zieht und durchaus zu Recht von Qualität redet. Wie wollen Sie dies verbinden?
Eine doppelte Förderung war übrigens im letzten Haushalt nicht abbildbar – übrigens auch mit den Kommunen ganz an ders vereinbart. Wenn Sie heute beispielsweise von Finanzso lidität reden, dann muss ich Ihnen den Hinweis auf § 11 der Landeshaushaltsordnung – Fälligkeitsprinzip – geben. Danach dürfen im Haushaltsplan nur diejenigen Einnahmen und Ausga ben veranschlagt werden, die im Haushaltsjahr voraussichtlich kassenwirksam sind. Da es aber zu einer Veränderung der Ver einbarung mit den Kommunen im Doppelhaushalt 2015/2016 kam, war es völlig klar, dass das gar nicht abgebildet werden konnte. Machen Sie nicht so ein riesiges Buhei um eine Summe, die weniger als 0,2 % des Gesamtetats des Kultusministeriums entspricht.
Fassen wir zusammen: Wir wollen die bestmögliche Förde rung anbieten, Familien unterstützen, solide wirtschaften und vor allem auch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Kommunen anbieten. Wenn Sie die Kommunen entlasten wollen, dann verzichten Sie auf die beschlossene zusätzliche Vorwegentnahme im kommunalen Finanzausgleich. Das kos tet allein die Stadt Mannheim 30 Millionen €. Damit hätte man auch viel in Betreuung investieren können.