Protocol of the Session on September 27, 2017

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Herr Kollege Balzer, es gibt eine staatliche Kontrolle!)

und es könnte für ihn auch ein wenig schwieriger werden – das ist natürlich nur eine üble, fast bösartige Unterstellung –,

(Zuruf: Von Ihnen!)

durch eine Prüfung zu fallen. Eventuell könnte auch das So zialverhalten diesem Schüler gegenüber zu wünschen übrig lassen.

(Abg. Georg Nelius SPD: Man darf nicht immer von sich auf andere schließen!)

Laut einem Gerichtsurteil ist ein Eigenleistungsanteil von mehr als 4 % privaten Schulen nicht zuzumuten. Wer wird stattdessen einspringen? Unternehmen könnten ein Interesse daran haben, dass in ihrem Umfeld gut ausgebildete Menschen heranwachsen. Das ist sicher sinnvoll. Aber ist es klug, eine Schulausbildung einseitig auf ein bestimmtes Ziel hin auszu richten? Dieser Fall wird dadurch aber wahrscheinlicher.

Noch problematischer ist es, wenn undurchsichtige Geldge ber auf den Plan treten, wenn Schulen vom Ausland aus finan ziert werden

(Zuruf von der SPD: Das gilt für den AfD-Wahl kampf wahrscheinlich auch!)

oder durch Stiftungen, deren Agenda im Dunklen liegt.

Wie aus der Antwort zu unserer Kleinen Anfrage zu muslimi schen Schulen hervorgeht – für die ich mich ausdrücklich be danken möchte –, waren dem Land Baden-Württemberg 2014 sechs Schulen in freier Trägerschaft bekannt, die auf die Bil dungsideale Gülens – Türkei – zurückgingen. In dieser Frage möglicherweise besser informiert war der türkische Geheim dienst. Er zählte 30 Bildungseinrichtungen jeglicher Art mit samt den Namen der Verantwortlichen und deren Anschriften, Telefonnummern und E-Mail-Adressen auf, die von dort fi nanziert werden – bei uns in Deutschland.

(Abg. Nese Erikli GRÜNE: Jetzt verteidigen Sie auch noch Herrn Erdogan, oder wie? Unglaublich!)

Es geht mir bei aller Wichtigkeit dieses Themas nicht um – – Stellen Sie sich einfach vor, Herr Soros persönlich – wie wir alle wissen, ist er ein großer Philanthrop – entdeckt plötzlich seine Begeisterung für die privaten Schulen, etwa für die Wal dorfschulen. Nehmen wir an, er erklärt sich großzügig bereit, für die fehlenden 10 % aufzukommen. Ist das in unserem Sinn? In wessen Sinn wäre das?

Bedenken Sie: Das Stiftungswesen ist ein Thema für sich. Stif tungen mit undurchsichtiger Herkunft und unklaren Zielset zungen gibt es viele. Auch die Bertelsmann Stiftung ist nicht über alle Zweifel erhaben. Hier wird von einem Großkonzern massiv Einfluss auf die Politik ausgeübt.

Man fragt sich: Wer hat die Damen und Herren des Ministe riums auf dieses Konstrukt gebracht? Unklare Auswirkungen, unklare Zielsetzungen.

Wir sprechen uns dafür aus: Die freien Schulen – da schließe ich mich meiner Vorrednerin an – müssen ihre Freiheit bewah ren können. Sie sollten nicht in ein politisch-ideologisch kon formes Korsett gepresst werden.

Eines möchte ich aber als Letztes sagen: Die Arbeitsgemein schaft Freier Schulen hat darum gebeten, den Gesetzestext so zu ändern, um die Rechtsauffassung deutlich zu machen:

Schulen..., die auf ein Entgelt für Unterricht und Lern mittel in Höhe von 10 Prozent der Kosten... verzichten, erhalten insoweit auf Antrag einen Ausgleich in Höhe des nicht erhobenen Entgelts.

Schulen, die auf Schulgeld in Höhe von 10 % verzichten, be kommen dieses Schulgeld ersetzt, dürfen aber weiterhin Schul geld in Höhe der restlichen 10 % erheben. So kann die Unab hängigkeit von externen Geldgebern gewahrt werden.

Die Auswirkungen der insgesamt etwas nebulös formulierten Gesetzeslage bezüglich der 90-%-Kostenerstattung kann nie mand genau vorhersagen. Anders ist allerdings wiederum der Antrag der FDP/DVP nicht zu verstehen, die eine unabhängi ge Institution mit der wissenschaftlichen Begleitung der vor gesehenen Regelung beauftragen will, um gegebenenfalls Nachbesserungen vorzunehmen.

(Glocke des Präsidenten)

Lieber Herr Kollege.

Letzter Satz.

Letzter Satz.

Auf die Gefahr der massiven Bürokratisierung durch die Berichtspflicht habe ich in der Ers ten Beratung bereits hingewiesen.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich dem Kollegen Dr. Fulst-Blei das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, Kolleginnen und Kollegen! In der Tat könnte das heute ein Meilenstein der Privatschulfinanzierung im Land sein. Denn endlich sollen die freien Schulen auf eine solide finan zielle Grundlage gestellt werden – ein Ziel, für welches sich auch die SPD seit Langem eingesetzt hat.

Daher werden wir heute dem Grundanliegen zustimmen. Aber das kann nur ein Zwischenschritt sein. Denn es gibt ein sehr großes Aber. Die tatsächliche Durchsetzung des Sonderungs verbots ist fraglich, da die möglichen Höchstsätze für einkom mensschwache Familien auch weiterhin – so die Gefahr – un erschwinglich sein werden.

Die Physiotherapieschulen werden in ihrer Existenz gefähr det. Ein Antrag von SPD und FDP/DVP zur heutigen Bera tung zeigt hier einen Ausweg auf – im Gegensatz zu dem vor liegenden Scheinantrag der Regierungskoalition auch mit ei ner klaren Perspektive für eine Erhöhung.

(Beifall des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

In Ihrem Antrag dagegen steht: prüfen, berichten, darstellen. Das ist, meine Damen und Herren, im Grunde leider ein Null antrag à la „Schauen wir mal, was rauskommt“.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Damit ist das Gesetzgebungsverfahren ein Stück weit – ent schuldigen Sie den lapidaren Ausdruck – völlig schräg.

Zu den einzelnen Punkten: Eine Analyse von Wrase, Jung, Helbig vom Wissenschaftszentrum für Sozialforschung in Berlin gesteht dem Gesetzentwurf – das sei Ihnen heute durch aus zugestanden – in Teilen zu, vorbildhaft zu sein.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Dies gilt insbesondere mit Blick auf die 160-€-Deckelung des Schuldgelds und die angekündigten Überprüfungen.

Jedoch zeigen die Autoren auch eine unsoziale Schlagseite auf. Es fehlt bisher eine Geschwisterregelung. Hier, Frau Mi nisterin, haben Sie bis zum Jahresende eine Nachbesserung zugesagt.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Es fehlt an Transparenz, unter welchen Bedingungen die Schu len das Schulgeld reduzieren können und wann sie es kom plett erlassen können. Zwar ist festgelegt, dass das Schulgeld 5 % des Nettoeinkommens einer Familie nicht übersteigen sollte. Aber die Autoren weisen zu Recht darauf hin, dass es ein Unterschied ist, ob ein Haushalt etwa über 5 000 € im Mo nat verfügt oder über 1 000 € bis 2 000 €. Eine Lösung könn te hier sein, das frei verfügbare Haushaltsnettoeinkommen he ranzuziehen. Dies ergibt sich beispielsweise nach dem Abzug von Basiskosten für Miete, Bekleidung oder Lebensmittel. Ei ne solche soziale Regelung wird von Ihnen abgelehnt –

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die gibt es doch schon lange!)

wenig erstaunlich, wenn zwei konservative Parteien regieren.

(Beifall bei der SPD)

Wir begrüßen, dass die Förderung der Privatschulen mit 80 % nach dem Bruttokostenmodell gesetzlich verankert wird. Ein wirklich nachhaltiges Finanzierungsmodell muss jedoch zu sätzliche Kosten für die Ganztagsschulen und die Schulsozi alarbeit berücksichtigen. Die Frage, wie diese pädagogisch sinnvollen Maßnahmen an freien Schulen sonst finanziert wer den können, wird heute leider zulasten der Bildungsqualität weiter aufgeschoben. Daher kann das heute nur ein Zwischen schritt sein.

Ein wesentlicher Strickfehler liegt in der Fehlzuordnung der Physiotherapieschulen in die Kategorie „Übrige Berufskol legs“. Der Zuschuss soll jetzt nach Gesetz 5 525 € pro Schü ler und Jahr betragen. Bereits 2015 hatte allerdings ein Gut achten für das Sozialministerium einen notwendigen Zuschuss betrag von ca. 7 500 € erbracht. Nach Berechnungen der Phy siotherapieschulen liegt dieser Betrag sogar noch höher. In je dem Fall verbleibt eine Deckungslücke von mehreren Tausend Euro. Dies, verbunden mit der von Ihnen vorgesehenen und notwendigen Deckelung der Beitragshöhe, würde die Physio therapieschulen – das ist in der letzten Woche mehr als deut lich geworden – in die Pleite treiben. Das darf nicht sein. Hier muss also etwas passieren.

Was ist die Reaktion der Regierungskoalition, auch auf die öf fentliche Anhörung im Bildungsausschuss in der letzten Wo che? Ich kann nur sagen: Willkommen im Skurrilitätenthea ter!

Für alle, die am letzten Donnerstag nicht dabei sein konnten, ein kurzer Abriss: Nach einem Antrag von SPD und FDP/DVP kommt es zu einer öffentlichen Anhörung. In dieser legt der Vertreter der Physiotherapieschulen dar, dass die Schulen in ihrer Existenz gefährdet seien. Die CDU erklärt, das sei ihr bewusst, aber das Sozialministerium müsse endlich liefern. Die nötigen Gutachten liegen seit Monaten vor. Die Grünen sagen hierzu: nichts.

Im Raum steht, irgendetwas werde schon passieren. SPD und FDP/DVP bringen einen Antrag ein – heute haben wir ihn er neut vorgelegt –, der fordert, eine Kommission soll auf der Grundlage der Gutachten den Beitrag festlegen. Dieser An trag wird von CDU und Grünen abgelehnt. Als Alternative bieten die Koalitionsfraktionen an: nichts.

(Heiterkeit des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Die Grünen erklären, man müsse das Gesetz verabschieden, weil die Privatschulen darauf warten würden. Zum drohenden Schaden für die Physiotherapieschulen und dem CDU-Vor wurf der Leistungsverweigerung in Richtung Sozialministe rium: kein Wort – im Gegenteil. Heute erfolgte übrigens die Fortsetzung der Nullansagen. Sie lassen die Physiotherapie schulen unverbindlich in der Luft hängen.

Frau Felder, Ihnen ist das vorhin nicht aufgefallen, aber ich habe ja den direkten Blick nach links. Sie sagen, das Sozial ministerium würde etwas tun. Frau Staatssekretärin Mielich hat an dieser Stelle kräftig den Kopf geschüttelt. Wir sind wirklich einmal gespannt, was da herauskommt. Was für ein Komplementärkoalitionschaos heute!