Protocol of the Session on September 27, 2017

Kollege Hinderer, bitte.

Vielen Dank, Herr Walter. Ich werde Sie auch nicht lange aufhalten. Sie wollen keine Zeit verlieren, wir auch nicht. Insofern frage ich: War Ihnen bei der Beratung des Gesetzentwurfs das Gutachten, das bereits Sozialministerin Altpeter auf den Weg gebracht hat und das vorlag, bekannt? Und war Ihnen bekannt, dass bereits in der letzten Legislaturperiode zahlreiche Gespräche mit Vertretern der Physiotherapeuten stattgefunden haben, bei denen genau dies Thema war und bei denen zumindest auch die heutige Staatssekretärin Mielich regelmäßig mit anwesend war?

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Warum nicht im Sozi alausschuss? – Glocke des Präsidenten)

Kollege Walter, kurze Ant wort und dann Blick auf die Redezeit.

Die kürzeste Antwort heißt: Es ist uns alles bekannt gewesen, selbstverständlich.

(Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Umso schlim mer! – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sie haben die Frage des Kollegen Haußmann nicht beantwortet!)

Meine Damen und Herren, ich danke allen, die bei der Bera tung des Gesetzentwurfs mitgewirkt haben.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sie haben die Fra ge nicht beantwortet!)

Ich habe die Frage beantwortet.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Nein, haben Sie nicht!)

Ich danke der Regierung, namentlich dem Kultusministerium, ich danke den Kolleginnen und Kollegen der CDU

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Kretschmann auch danken!)

und natürlich all denen, die aufseiten der Schulen in freier Trä gerschaft daran mitgewirkt haben. Es war ein sehr offener Di alog. Ganz herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Mann, ist das pein lich!)

Das Wort für die CDUFraktion erteile ich der Kollegin Felder.

Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die Beratungen der vergange nen Woche zum vorliegenden Gesetzentwurf haben zwei Din

ge gezeigt. Erstens gibt es in diesem Haus einen breiten Kon sens über die Zielsetzung und die Notwendigkeit zur Ände rung des Privatschulgesetzes.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Bei fall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Denn wir leisten inhaltlich damit einen wertvollen Beitrag zur Wahlfreiheit und zur Vielfalt unseres Bildungsangebots in die sem Land. Verschiedenheit, Unterschiedlichkeit, ein differen ziertes Angebot an Bildung sind nicht nur der Charme des Pri vatschulgesetzes, sondern viel mehr. Das Ermöglichen von Vielfalt ist gerade die Voraussetzung dafür, dass Bildung ge lingt. Dass jedes Kind in seiner Einzigartigkeit, in seiner un verwechselbaren Neigung die entsprechende Möglichkeit fin det, das ist für unser Land typisch. Das verankern wir in die sem Gesetz.

Es geht dabei nicht um einen Ersatz oder einen Wertigkeits unterschied zum herkömmlichen, leistungsfähigen staatlichen Schulsystem mit Haupt- und Werkrealschulen, Gemeinschafts schulen, Realschulen, Gymnasien sowie Berufsschulen. Es geht um Schulen in freier und kirchlicher Trägerschaft, um Waldorfschulen und Internate. Diese haben vielfach eine ei gene Identität, setzen inhaltliche Akzente, die unser Bildungs angebot vielfältig, attraktiv und damit besonders machen. Das Bild der Einzigartigkeit und schöpferischen Individualität von Kindern und Jugendlichen setzen wir fort im Spiegel eines ge nau so differenzierten Bildungsangebots.

Ein Zweites haben unsere Beratungen gezeigt: Die finanziel le Ausstattung ist elementar, um genau diese Freiheit zu er möglichen und Qualität zu garantieren. Vielfalt ohne einen Qualitätsanspruch wäre nur eine bunte Ansammlung von Ver schiedenheit, aber noch kein Konzept, schon gar keines, das dem Anspruch Baden-Württembergs gerecht würde.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Ja, meine Damen und Herren, es ging und geht bei den Bera tungen ums Geld, denn wir erhöhen die Grundförderung für alle freien Schulen auf 80 % garantiert, und ja, das belastet den Landeshaushalt mit rund 15 Millionen € pro Jahr. Chan cen ermöglichen setzt voraus: Zugang schaffen.

Der im Gesetz vorgesehene Ausgleichsanspruch im Volumen von bis zu weiteren 50 Millionen € ist ebenfalls eine Voraus setzung für Planbarkeit und Verlässlichkeit, ohne den die frei en Träger nicht in Vorleistung treten könnten. Der beabsich tigte Deckel bei 90 % der Kosten ist fair, denn mit den 10 % Eigenleistung können die Schulen ihre Eigenständigkeit be tonen und stehen auch in der Pflicht, eigene Leistungen zu er bringen. Das gelingt diesen Schulen in hohem Maß, weil ei ne starke Identifikation gegeben ist: Leidenschaft für gute Bil dung, so wie es übrigens die generelle Maxime für das Schul ressort und seine Ministerin ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Mit diesem Gesetz geben wir die finanzielle Grundlage für ei ne weitere Öffnung der freien Schulen. Alle Schülerinnen und Schüler sollen unabhängig von den Besitzverhältnissen ihrer

Eltern eine freie Schule besuchen können. Auch das ist ein zentrales Anliegen des Privatschulgesetzes. Noch einmal: Wir reden bei der Förderung über Geld, aber in Wirklichkeit re den wir über das Ermöglichen einer verlässlichen Zukunft für diese Schulen.

Ein Letztes: Dieses Grundmodell der verlässlichen koopera tiven Finanzierung muss für alle Schulen gelten. Ich meine die Privatschulen für Physiotherapie, Logopädie und Ergothe rapie, die im Zuständigkeitsbereich des Sozialministeriums liegen

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Hört, hört!)

und die bei unseren Beratungen ins Scheinwerferlicht geraten sind, wobei hier noch hinzukommt – das möchte ich ausdrück lich betonen –, dass wir gesundheits- und sozialpolitisch so wie mit Blick auf den demografischen Wandel ein sehr hohes Interesse an den Absolventinnen und Absolventen dieser Schu len haben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Dann macht doch mal was! – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sprechen Sie jetzt für die Koalition oder für die CDU?)

Für alle.

Auch diese Schulen in freier Trägerschaft – so der einhellige Tenor im Bildungsausschuss – bedürfen einer ihrer spezifi schen Kostenstruktur angemessenen finanziellen Förderung. Das vom Sozialministerium in Auftrag gegebene Gutachten vom März 2016 legt eine strukturelle Anhebung der Kopfsät ze für die freien Schulen in den Gesundheitsfachberufen na he. Insofern brauchen wir auch kein neues Gutachten. Es muss nämlich genau jetzt gehandelt werden, und deswegen lehnen wir den Antrag von SPD und FDP/DVP in diesem Punkt ab.

(Beifall der Abg. Sabine Kurtz CDU)

Das Sozialministerium kann im Zuge der Novellierung des Privatschulgesetzes die Initiative ergreifen und einen ange messenen und belastbaren Kopfsatz definieren. Die CDU ver steht sich als verlässlicher und fairer Partner der freien Schu len. Die CDU-Fraktion steht daher hinter einer erforderlichen Erhöhung der Kopfsätze und wird auch dem vorliegenden Ent schließungsantrag von Grünen und CDU zustimmen, weil wir auf schnelle Lösungen auf der Grundlage des vorliegenden Gutachtens bauen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Dr. Balzer.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Hat er seine Siemens- Geschirrspülmaschine schon eingeschaltet?)

Das war Miele. – Sehr geehr ter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Hier wird ein Gesetz beraten und vermutlich auch verabschiedet, das, gelinde gesagt, noch etwas unausge goren ist.

(Zuruf von der SPD: Wie immer!)

Wir haben in der vergangenen Woche eine Ausschusssitzung erlebt, die durchaus erlebnisreich – böse Zungen sagen: etwas chaotisch – war. Ich hätte das nicht geglaubt, wenn ich es nicht selbst erlebt hätte: Selbst das Auszählen von acht oder neun Stimmen per Handzeichen wurde zu einer großen Aufgabe.

Es kann ja wohl nicht sein, dass – so ist anzunehmen – die Re gierungsfraktionen eine öffentliche Anhörung zum Thema Physiotherapieschulen verhindern wollten. Denn gerade die Physiotherapieschulen haben durch dieses Gesetz – zumin dest bis jetzt – Nachteile, da der errechnete Kopfsatz im Brut tokostenmodell für sie nicht kostendeckend ist. Sind hierfür Haushaltsgründe maßgeblich?

(Abg. Sabine Wölfle SPD: Ja!)

Zudem sind die Kostenzuschüsse für die Physiotherapieschu len im Haushalt des Sozialministeriums eingestellt. Das scheint die Kommunikation schwierig gemacht zu haben. Aber im Zeitalter der Digitalisierung – davon war heute viel die Rede –, im Zeitalter von Telefon und Internet sollte es doch mög lich sein, sich zwischen den Ministerien abzustimmen, damit nicht vom Kultusministerium aus ein Privatschulgesetz ver abschiedet wird, das die Physiotherapieschulen in ihrer Exis tenz bedroht.

Sowohl die finanziellen Möglichkeiten der Schüler bzw. de ren Eltern als auch das im Grundgesetz verankerte Sonde rungsverbot setzen der Höhe des Schulgelds enge Grenzen. Hier muss dringend nachgearbeitet werden.

Die Alternative für Deutschland hat sich von Anfang an für eine Stärkung der Schulen in freier Trägerschaft ausgespro chen. Die Erhöhung der Zuschüsse auf 80 % der Bruttokos ten ist sinnvoll und richtig. Eine Erhöhung der Finanzierung auf 90 % bei einem vollständigen oder teilweisen Schulgeld verzicht ist jedoch problematisch. Begründung: Die Formu lierung ist nebulös. Man kann den Eindruck haben, hier auf einem Trojanischen Pferd zu reiten, das den privaten Schulen mehr schadet als nutzt.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD)

Das Trojanische Pferd kommt mit dem Argument der sozia len Gerechtigkeit daher. Wer kann sich diesem Argument ver schließen? Naturgemäß kaum jemand. Welche Schule könn te es den Eltern gegenüber rechtfertigen, die zusätzlichen 10 % Kostenzuschuss abzulehnen und dafür die Eltern in An spruch zu nehmen?

Selbstverständlich werden die Schulen dadurch unter Druck geraten. Der Forderung, dass jedes Kind, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern, sich eine solche Schule leisten können muss, kann man sich als Argument auch nicht verschließen. Doch die entscheidende Frage ist: Woher kommen dann die restlichen 10 %? Sind es wieder die reichen Eltern? Dann könnte ein Schüler, dessen Eltern regelmäßig größere Sum men spenden oder überweisen, es ein wenig schwerer haben, schlechte Noten zu bekommen,

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Herr Kollege Balzer, es gibt eine staatliche Kontrolle!)