Gegebenenfalls werden ab dem Jahr 2018 weitere Mittel für die Digitalisierungsprämie zur Verfügung stehen.
Ja, dumm gelaufen für so manchen. Dennoch ist es erfreulich, dass das Interesse an Fördermitteln offenbar recht hoch ist. Nur leider kann es trotz Förderwürdigkeit – Sie gestehen das ja hier ein – nicht befriedigt werden. Vielleicht sollte man künftig aus den Mitteln für den Integrationspakt ein wenig ab zwacken und dies in die Förderung der Digitalisierung ste cken – nur mal so als Idee.
Dass es damit nicht getan ist, haben Sie ja in Ihrer Regierungs erklärung bereits gesagt. Digitalisierung ohne Bildung bringt nichts, haben Sie gesagt, und das ist völlig richtig. Wie aber soll Digitalisierung funktionieren, wenn die Bildung auf der Strecke bleibt? Sie kennen ja die verheerenden Ergebnisse des IQB-Bildungstrends. Die Schüler Baden-Württembergs sind von der bundesweiten Spitze ins untere Drittel abgestiegen, und das nach nur wenigen Jahren links-grüner experimentel ler Bildungsscharlatanerie.
Kernkompetenz dieser Experimente ist eigentlich die Kern kompetenzabschaffungskompetenz. Es bringt nichts, bloß das Lernumfeld mithilfe der Digitalisierung zu modernisieren, wenn die Schüler und Lehrer dies nicht effektiv für sich zu nutzen wissen.
Die FDP plakatierte ja im Wahlkampf: „Digital first, Beden ken second“. Sinngemäß also: Erst daddeln, dann denken. Das ist, mit Verlaub, der falsche Weg. Beides sollte zeitgleich er folgen.
Insofern hielt ich dann auch Ihren anderen Plakatspruch „Den ken wir neu“ für eine ganz gute Idee, besonders auf Ihre eige ne Partei gemünzt.
Ohne Bildung wird man die Früchte der Digitalisierung nicht ernten können. Stattdessen droht perspektivisch Massenar beitslosigkeit, wenn im Zuge der Computerisierung die Men schen ihre Arbeit verlieren und keine weitere finden, weil ih nen die Bildung und die Qualifikation hierzu schlicht fehlen. Im Zeitalter der Digitalisierung wird Bildung wichtiger denn je, und zwar richtige Bildung.
Schreckgespenster vom Ende der Arbeit braucht man dennoch nicht zu zeichnen. Digitalisierung ist, um mit dem großen Ökonomen Joseph Schumpeter zu sprechen, ein „Prozess der schöpferischen Zerstörung“. Auf derlei Prozesse haben die Menschen als kreative und schöpferische Wesen in der Ver gangenheit immer entsprechend reagiert. Ein Ende der Arbeit, wie schon so oft angekündigt, gab es nicht. Stattdessen ist mehr und mehr Arbeit entstanden. Die Menschen sollten die Herausforderungen, die mit der Digitalisierung einhergehen, annehmen. Eine andere Wahl, als an sich selbst zu arbeiten und mit dem Fortschritt mitzuhalten, gibt es nun einmal in ei ner offenen Gesellschaft nicht.
Übertragen auf die Bildung heißt das: Schüler und Lehrer müssen sich ein IT-Grundwissen aneignen, und das durchaus auch in einem modernisierten Umfeld. Nur muss man das auch richtig anpacken mit entsprechend geschultem Personal, das aktuell – das werden Sie einräumen müssen – leider fehlt.
Sinnvoll ist der Ansatz einer Verwaltung 4.0. Der Bürger soll nicht mehr zum Amt kommen, sondern das Amt kommt zum Bürger. Die E-Akte soll eingeführt werden, und Akten sollen papierlos bearbeitet werden. Der Traum vom papierlosen Bü ro klingt ja ganz vernünftig. Nur wird dieser Traum schon recht lange geträumt. Ich kann mich erinnern: Ich selbst war als Student 1986 in einem Betriebspraktikum bei Siemens – so lange ist das her –, und da war schon davon die Rede: In vier, fünf Jahren gibt es das völlig papierlose Büro. In der Pra xis hat sich der Papierverbrauch in den letzten 75 Jahren statt dessen verzwölffacht.
Was hier am meisten helfen würde, ist zunächst eine Reduzie rung der Bürokratie – da können wir übrigens hier mit der Landtagsverwaltung anfangen –
Daher stellen wir auch die meisten Anfragen. Ihr Problem ist, dass Sie das alles ausdrucken müssen, weil Sie so „Steinzeit“ sind. Das könnte man auch alles digital machen, aber das tun Sie nicht.
Was mir sauer aufstößt, ist, dass die Landesregierung mit ih ren Digitalisierungsbestrebungen in Bereiche eindringt, die außerhalb ihres Tätigkeitsbereichs liegen sollten. Ich denke hier an die sogenannte Cyberwehr für die Bürger dieses Lan des. Was kümmert das den Staat? Wir sind das Land der Mit telständler. Mit dem Unternehmen Avira aus Tettnang haben wir einen führenden Anbieter auf dem Gebiet der Cybersi cherheit. Es ist völlig absurd, diesem Privatunternehmen staat licherseits nun Konkurrenz zu machen, wenn der Markt hier doch funktioniert.
Wie so oft handelt es sich auch hier um staatlichen destrukti ven Aktionismus auf Steuerzahlerkosten, nur um dem Bürger vorzugaukeln, dass die Regierung auch Digitalisierung kann.
Richter und wichtiger wäre es, sich um die Kernaufgaben in puncto Digitalisierung zu kümmern, allem voran um den Breitbandausbau, für den zusätzliche Mittel bereitgestellt wer den sollen und müssen. Denn dass in einem der reichsten Län der der Welt die Netzanbindung teilweise schlechter ist als in Schwellen- und Entwicklungsländern, ist schlichtweg pein lich. Das ist die Kernaufgabe unseres Landes in diesem Sek tor.
Staates Aufgabe – ich sage es noch einmal und komme damit zum Schluss – ist der Ausbau der Netze. Da versagt unsere Landesregierung leider kläglich.
Alles andere ist Sache der privaten Wirtschaft. Da mischt die Landesregierung dann mit – ohne Sinn und ohne Auftrag. Es fehlt jeder ordnungspolitische Kompass. So – mit Verlaub, Herr Minister – wird das nichts.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Meine Fraktion sieht in der Digitali sierung und in der Gestaltung des digitalen Wandels eine gro ße Chance für Baden-Württemberg. Mit der Digitalisierungs strategie werden wir dafür sorgen, dass Baden-Württemberg an der Spitze bleibt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herr Meuthen, seit Juli hatten wir nun 1 700 Stunden Zeit, um unsere Reden vorzubereiten. Aber ich habe den Eindruck, auch nach 1 700 Stunden haben Sie nicht kapiert, worum es geht. Ihre Redenschreiber haben Ihnen immer wieder aufge schrieben, dass Sie Digitalisierung und Integration gegenein ander ausspielen sollen. Diese beiden großen Zukunftsthemen dürfen Sie jedoch nicht gegeneinander ausspielen. Wir müs sen sowohl die Digitalisierung als auch die Integration in un serem Land voranbringen.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Sie sollten vielleicht die Integration digitalisieren!)
Der Höhepunkt Ihrer Rede war, dass Sie Mittel für das Jahr 2018 – für dieses Jahr hat der Landtag den Haushalt noch gar nicht beschlossen – ausgeben wollen. Da stelle ich mir die Frage: Was für ein Parlamentsverständnis haben Sie? Aber wenn man sich anschaut, wie viele Abgeordnete Sie im Land tag – und auch im Bundestag – verlieren, dann braucht man sich da wohl keine Sorgen zu machen. Ihr Parlamentsverständ nis ist gleich null.
Das haben Sie heute hier noch einmal sehr plastisch vor Au gen geführt. Ihre Lösung, die so aussieht, dass der Landtag die Drucksachen digital zur Verfügung stellen solle, war wohl das Einzige, was Sie hier noch an Sinnvollem vorgetragen ha ben.
Meine Fraktion sieht in der Gestaltung des digitalen Wandels große Herausforderungen, die das Land bewältigen muss. Mit der Gestaltung des digitalen Wandels sind große Chancen ver bunden, die wir nutzen wollen. Dafür steht die Digitalisie rungsstrategie. Ich bin froh, dass sich alle Ressorts daran be teiligt haben. Ich bin dem Ministerpräsidenten dankbar, dass er vor einigen Jahren das Thema Digitalisierung zur Chefsa che erklärt hat,
ich bin dem Digitalisierungsminister dankbar, dass er diese Strategie erarbeitet hat, und ich bin dankbar, dass sich alle Ressorts daran beteiligt haben.