Sie können dem Oberbürgermeister von Schorndorf nicht vor werfen, dass es bei ihm nicht mehr richtig klopft.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Da in der jetzigen Debatte doch mehrheitlich von SPD, CDU, Grünen und FDP/DVP sehr sachbezogen debattiert wur de,
noch ein paar inhaltliche Punkte zur Sache: Denn es wurde ja immer wieder auch der Themenbereich „Integrationspolitik, Erfolg und Misserfolg, Strategie von Integrationspolitik“ an gesprochen.
Sehr geehrter Herr Abg. Dr. Goll, die Stadt Schorndorf – und an ihrer Spitze der Oberbürgermeister – betreibt seit vielen Jahren eine vorbildliche Politik für Geflüchtete, für Menschen jedweder Nation und jedweder Herkunft. Über 100 Menschen, ob Geflüchtete, ob im Berufsstatus ganz normal mit Migrati onshintergrund, sind in diesem Schorndorf aktiv.
Diese Schorndorfer Woche war und ist ein Fest. Vor allem der Initiator ist einer der Aktivsten in der Geflüchtetenhilfe. Die ganze Woche waren die Geflüchteten im Einsatz – beim Auf bau, bei der Durchführung –, und dies ist die Schorndorfer Woche.
In Schorndorf leben 40 000 Menschen, und 2 000 Menschen sind dauerhaft in der Begleitung, Betreuung und Unterstüt zung aktiv: Sprachkurse, Radwerkstatt, Zugang zu Beruf und Ausbildung. 2 000 Bürgerinnen und Bürger, das ist eine im mense Zahl. Das ist Schorndorf.
Meine Damen und Herren, es war die Koalition aus SPD und Grünen, im Übrigen unterstützt von der damaligen Oppositi on aus FDP/DVP und CDU, die einen Aktionsplan gegen Ge walt an Frauen eingeführt hat, die darauf hingearbeitet hat, dass wir sexualisierte Gewalt nicht tabuisieren und dass sie in jedem Moment öffentlich gemacht wird, egal, von wem sie durchgeführt wird.
Ich bedanke mich ganz herzlich beim Innenminister für die klare und gute Arbeit, dass aus diesem Dunkelfeld sexuali sierter Gewalt ein Hellfeld wird. So können wir dauerhaft ar beiten.
Ich blicke hier in die Runde. Erinnern Sie sich noch an die letzte Wahlperiode, als wir – übrigens auch wieder mit Ihrer Unterstützung – das Präventionsprogramm gegen Gewalt und Alkoholkonsum im öffentlichen Raum durchgeführt haben? Selbstverständlich schauen wir uns nicht nur polizeistrate
gisch, sondern auch gesellschaftspolitisch an, warum es sol che Sondersituationen der Eskalation gibt. Viele von Ihnen, die aktive Stadträte waren, haben Szenen vor Augen, wo nach Abiturfeiern wohlerzogene junge Leute eine Flasche Sekt vor der Polizei auf dem Pflaster platzen lassen. Diese Phänome ne gibt es. Denen gehen wir im „Zukunftsplan Jugend“ und auch mit vielen Präventivprogrammen auf den Grund. Natür lich müssen wir auch mit den Organisationen, mit Schulen, Eltern, den Jugendgruppen und den Betroffenen selbst immer stark in den Dialog treten: Was ist der Grund dafür, dass es euch in dieser Situation X nicht mehr gelingt, euren Affekt zu steuern?
Na türlich müssen wir bei Ereignissen dieser Art generell – das machen wir auch, z. B. in der kommunalen Kriminalpräven tion bei dem runden Tisch „Lebenswerter öffentlicher Raum“ – immer wieder fragen, wieso vor allem junge Menschen jeg licher Herkunft dazu verführbar sind, Hemmschwellen auch gegenüber der Polizei, gegenüber natürlichen Autoritäten – –
(Abg. Stefan Räpple AfD: Das sind eure Leute von der grünen Jugend! Da hängen doch die Transparen te bei Demos! Schauen Sie sich doch einfach mal die Transparente an! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
Wir müssen fragen, wie es dazu kommt, dass es für solche Ex zesse eine niedrigere Hemmschwelle gibt.
Aber eines ist klar – diese Botschaft geht doch heute ganz klar hinaus –: Die Ursache liegt nicht in nicht gelungener Integra tions- und Flüchtlingspolitik.
Zweitens verschließen wir vor keiner Personengruppe das Au ge, wenn eine Straftat geschieht. Und drittens müssen wir uns immer wieder über Gemengelagen von Gewaltexzessen ver ständigen. Es ist eine dauerhafte Aufgabe, zu untersuchen, wie bestimmte Komplexe und Mechanismen ablaufen.
Dafür haben Sie, liebe Kollegen von dieser Seite, der Debat te gute Anregungen gegeben. Wir werden sie in den Fachaus schüssen mit unseren Aktions- und Präventionsprogrammen weiterführen.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Äußerungen von Minister Lucha las sen mich befürchten, dass ich vielleicht irgendwo falsch ver standen worden bin. Ich war ja selbst jahrelang für die Integ ration zuständig. Ich weiß, was Integration heißt. Ich weiß, wie gut die Integration bei uns gelaufen ist. Ich weiß, welche Leistung das ist, auch von Ehrenamtlichen. Ich weiß, wie vie le gute Seiten der Migration es bei uns gibt. Das ist ganz klar. Aber das enthebt uns nicht der Pflicht, auch über die Schat tenseiten zu reden.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist völlig klar!)
Ich weiß nicht, wie der Diskussionsprozess bei Ihnen verläuft. Wir in der FDP/DVP-Fraktion sind eines Tages zu dem Schluss gekommen: Wir bohren jetzt an der einen oder ande ren Stelle nach, auch um – ich sage es ganz offen – diesem Teil des Plenums – rechts – das Wasser abzugraben. Das dür fen wir nicht anderen überlassen. Da müssen wir selbst han deln.
(Abg. Anton Baron AfD: Ach so! Bei Ihnen ist das anders als bei uns, oder was? Ihre Handlung ist an ders als bei uns! – Glocke des Präsidenten)
Ganz kurz die Fakten: Wir haben uns deswegen einmal nach dem Beispiel der Gambier erkundigt. Die Frage gehört natür lich in diesen Kontext: Wie gelingt überall die Integration? Die Gambier beteiligen sich intensivst am Rauschgifthandel – weit überproportional zu ihrem Bevölkerungsanteil – mit drastischen Anstiegen in den letzten Jahren, auch im Bereich der Eigentumsdelikte, das Ganze bei einer Anerkennungsquo te von 3,5 %. Wir haben etwa 10 000 Gambier im Land. Da von sind 3 500 sicher ohne Aufenthaltsrecht, 6 500 sind im Verfahren, und vielleicht ein paar Dutzend haben ein bleiben des Aufenthaltsrecht.
Das ist das, was ich meine. Man muss wirklich sagen: Da ha ben wir noch etwas zu tun. Da können wir unsere Politik auch noch verbessern und plausibler machen. Denn unsere Politik muss verstanden werden. Wir brauchen den Konsens aller für die Integration.