Und drittens: Insgesamt sind in Deutschland 41 Welterbestät ten durch die UNESCO ausgezeichnet. In Baden-Württem berg wurden bisher neben dem Zisterzienserkloster in Maul bronn, der Klosterinsel Reichenau, dem ObergermanischRaetischen Limes, den wir mit anderen Bundesländern teilen, und den prähistorischen Pfahlbauten am Bodensee und in
Oberschwaben zuletzt auch 2016 die beiden Le-CorbusierHäuser in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung ausgezeichnet.
Das Weltkulturerbe ist in Baden-Württemberg dezentral ver teilt. Kunst und Kultur auf dem Gebiet unseres Bundeslands haben eben schon immer in der gesamten Fläche stattgefun den:
Sie waren und sie sind nicht auf Eliten beschränkt, sondern für alle zu nutzen und von jedem zu gestalten. Lassen Sie uns das gemeinsam in die Zukunft tragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, über die Anerken nung der Höhlen und Eiszeitkunst auf der Schwäbischen Alb darf man sich ganz bestimmt saumäßig freuen.
Sehr geehrter Herr Präsident, geschätzte Kollegen Abgeordnete! Lieber Herr Dr. Goll, leuchtende Augen, ein anderes Thema. Ich freue mich auf die ses Thema – die höchste Auszeichnung als Weltkulturerbe. Leider kann man natürlich – Sie sagten es bereits – die Rea lität in unserem heutigen Land nicht direkt ausblenden. Trotz dem freue ich mich, dass wir jetzt ein anderes Thema behan deln.
Meine Damen und Herren, nun ist es amtlich: Die Wiege der Menschheit lag nicht in Mesopotamien, nicht im alten Ägyp ten, auch nicht im alten Indien oder in China, nein, die Wie ge der Menschheit ist die Schwäbische Alb. Kluge Leute ahn ten dies schon lange.
Der Titel „Weltkulturerbe: 40 000 Jahre Eiszeitkunst – Ver pflichtung für die Gegenwart“ ist das Beste, was man sich hat ausdenken können. Dieser Titel ist nicht zu toppen.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Könnte ja noch gefun den werden! – Gegenruf von der CDU: Auf der Schwäbischen Alb! – Gegenruf des Abg. Martin Ri voir SPD: Bei diesen lückenhaften Radwegen!)
Doch dieser Titel ist besser. Er zeigt die ganze – was soll ich sagen? – Dekadenz, nein, den inneren kulturellen Zustand ei ner Gesellschaft. Leider ist Herr Minister Lucha nicht mehr da. Aber ich möchte – ich kann es mir nicht verkneifen – an dieser Stelle sagen: Ich habe über 20 Jahre Abiturfeiern be gleiten und betreuen dürfen und müssen. Aber bei keiner ein zigen hat man Sektflaschen vor Polizisten platzen lassen müs sen. Das ist ein Vorgang, den ich nicht kenne.
Der Titel zeigt den inneren Zustand einer Gesellschaft, die Er rungenschaften von vor 200 Jahren – Drais’ Fahrrad – oder die leicht erotischen Darstellungen von vor 40 000 Jahren mit der Kunst heutiger Tage gleichsetzt und daraus eine Verpflich tung ableiten möchte. Gleichzeitig werden bei uns Orchester fusioniert und Kulturausgaben gestrichen. Ministerpräsident Kretschmann – er ist leider nicht da – wollte zwei Musikhoch schulen dieses Landes schließen.
Aus der ganzen Welt kommen Menschen zu uns, um klassi sche Musik zu studieren. Welchen Stellenwert hat die klassi sche Musik bei uns eigentlich? Können Menschen, die sich dazu entschlossen haben, klassische Musik an die jüngere Ge neration weiterzugeben, von ihrem Verdienst leben?
Meine Damen und Herren, Kunst kommt von Können, nicht von Glauben und auch nicht von Einer-bestimmten-MeinungSein. Einige Künstler scheinen dies misszuverstehen und mei nen, mit der Kunst Politik machen zu müssen – Schwamm drüber, hier unten im Foyer.
Dem Publikum wird hier eine Meinung aufgedrängt. Die künstlerische Kompetenz des Künstlers wage ich zu hinter fragen. Aber er hat eine feste Meinung, und das ist ja immer hin auch etwas wert.
(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Bei der Eiszeitkunst? – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Sie wollen zurück in die Eiszeit!)
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Reden Sie doch mal von der Eiszeitkunst!)
Es ist ein weiter Weg von der beschönigend „Venus“ genann ten kleinen Figur auf der Schwäbischen Alb hin zur hohen ge stalterischen Qualität der Kunst des 19. und des 20. Jahrhun
Die Kunst stand über Jahrhunderte im Dienst des Glaubens. Damit stand sie im Dienst eines Glaubens an eine höhere Re alität, die ein Ausleben billiger Triebhaftigkeit und purer Ef fekte in der Kunst verhinderte. Sowohl die bildende als auch die musische Kunst hatten so ihren Platz.
Der Württembergische Kunstverein spricht für die Ausstel lung in diesem Jahr – 2017 – von der – ich zitiere –
Auslotung der humanistischen, kritischen, politischen so wie ästhetischen Potentiale zeitgenössischer Kunst,...
Begriffen wie Multikulturalismus, offene Gesellschaft, so ziale Gerechtigkeit, Gleichstellung der Geschlechter
und anderen verbunden sind – eine starke Beliebigkeit, die sich willkürlich oder willfährig politischen Räumen öffnet.
Schaffenskraft, eigene Kreativität – das wurde vorhin schon angesprochen –, die Schaffung einer eigenen Wirklichkeit sind hier wohl eher nicht gefragt.
Die europäische Kunst überwand sehr schnell die Gegenständ lichkeit und wies über die reine Abbildhaftigkeit schnell hin aus zur Darstellung des Schönen an sich. Die Fotografie hat die klassische Portraitmalerei und den Malerstil biedermeier licher Stilblüten fast entbehrlich gemacht. Was dieses Schö ne sei und wie es gedanklich zu fassen ist, darüber haben Phi losophen lange nachgedacht. Ergründen konnten sie es nicht; man muss es und kann es erleben. Das ist es, was Kunst aus macht.
Andere Völker – das ist wichtig, auch für Sie – haben diese Entwicklung nicht durchgemacht. Sie haben sich nicht weit fortbewegt von einer gegenständlichen Darstellung. Unsere Kunst heute ist keine steinzeitliche Kunst mehr, nicht mehr an das Gegenständliche gebunden. Die Abstraktion, die Dar stellung des Gedankens im Bild, die Schöpfung einer geisti gen Welt ist neben der Erzeugung des klassisch Schönen, der zulässigen Dekoration in der bildenden Kunst, die heutige schwierige Aufgabe.
Deshalb kann man auch sagen: Die Digitalisierung – hier ist heute Morgen ein Irrtum passiert – kann das Denken und den denkenden Menschen aus genau diesen Gründen nicht erset zen.