Protocol of the Session on July 19, 2017

(Unruhe)

Hinzu kommen unzählige Fahrradgeschäfte, -dienstleister, -bekleidungshersteller und vieles mehr. Insgesamt generieren knapp 900 Unternehmen sowie der Fahrradtourismus im Land einen jährlichen Gesamtumsatz in Höhe von gut 2,1 Milliar den € und sichern rund 32 000 Arbeitsplätze im Land.

Radfahrerinnen und Radfahrer sind die gesünderen und güns tigeren Beschäftigten. Diverse Studien weisen die positive Wirkung nach, die bereits 30 Minuten moderate Bewegung am Tag haben. Täglich mit dem Rad zur Arbeit zu fahren hält fit und macht gesünder. Davon profitieren die Beschäftigten und ihre Arbeitgeber. Denn laut einer Überblicksstudie neh men dadurch die Fehlzeiten im Durchschnitt um mehr als ein Viertel ab. Das rechnet sich für die Unternehmen. Bei einer angenommenen Fehlzeiteneinsparung von vier Arbeitstagen und Arbeitskosten von 40 € pro Stunde beträgt der jährliche finanzielle Nutzen rund 1 300 €.

Radverkehrsförderung ist Daseinsvorsorge. Radverkehrsför derung ist ökonomisch sinnvoll. Es ist preisgünstig; nur Zu fußgehen ist billiger.

Gleichzeitig leisten wir mit der Radverkehrsförderung einen Beitrag gegen den täglichen Verkehrsinfarkt in den Städten. Jede Radfahrerin und jeder Radfahrer bedeuten ein Auto we niger auf den Straßen. Sie emittieren keinen Feinstaub und keine Stickoxide. Sie tragen aktiv zur Luftreinhaltung bei.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Das weiß man nicht bei jedem!)

Karlsruhe hat es uns vorgemacht. Der Radverkehrsanteil hat sich dort verdoppelt, und die Werte der Luftschadstoffe sind dort deutlich gefallen.

Alles in allem summiert sich der volkswirtschaftliche Nutzen – der Gesamtumsatz der Fahrradindustrie, Effekte wie CO2Reduzierung, verbesserte Gesundheit, Wertschöpfung und Tourismus – auf 1 000 € pro Kopf und Jahr.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Nicole Razavi CDU)

Unsere Ziele haben nichts mit Ideologie zu tun.

(Lachen bei der AfD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Nein!)

Sie basieren auf nachweisbaren Fakten. Ich kann Ihnen zu je der Zahl sagen, aus welcher Studie ich sie habe.

Ich gebe dies allen zu bedenken, die in schöner Regelmäßig keit vorschlagen, man könne beim Fahrrad sparen. Das wol len wir nicht, und das werden wir auch nicht tun.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

All dies hatte die Vorgängerlandesregierung bereits erkannt. Mit Blick auf den Klimaschutz hat sie sich Ziele gegeben. Der Radverkehrsanteil soll sich, gemessen an der Zahl der Wege, von 8 % im Jahr 2008 auf 16 % im Jahr 2020 verdoppeln, und bis 2030 ist eine weitere Steigerung auf 20 % geplant. Dazu hat das Verkehrsministerium die richtigen Konzepte entwi ckelt.

(Abg. Anton Baron AfD: Oje!)

Die Kampagne RadKULTUR soll das Radfahren verstärkt ins Bewusstsein der Menschen bringen.

(Abg. Anton Baron AfD: Helmgutachten!)

Wir feiern in diesem Jahr groß und angemessen das 200-jäh rige Bestehen des Fahrrads.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Wir haben die RadSTRATEGIE. Sie ist die konzeptionelle und strategische Grundlage für die Radverkehrsförderung in Baden-Württemberg. Mit der RadSTRATEGIE wird der Weg aufgezeigt, wie Baden-Württemberg bis 2025 zu einem fahr radfreundlichen Land werden kann.

(Beifall bei den Grünen)

Ein wesentlicher Bestandteil davon ist das RadNETZ des Lan des. Nicht einzelne gut ausgebaute Streckenabschnitte ent scheiden über die Attraktivität eines Radwegs – entscheidend ist eine durchgängige Befahrbarkeit.

(Abg. Thomas Axel Palka AfD: Radautobahn!)

Es soll landesweit – darauf komme ich gleich – alle Ober- und Mittelzentren über definierte Hauptrouten für den Alltagsver kehr verbinden. Es zeichnet sich durch direkte, sicher und komfortabel zu befahrende Radverkehrsverbindungen aus, die natürlich mit einer durchgehenden Wegweisung versehen sind.

Das Fahrrad wird im Alltag beim Weg zur Ausbildung oder zur Arbeit genutzt. An den Werktagen – montags bis freitags – werden auf dem Fahrrad etwa 50 % mehr Wege zurückgelegt als am Wochenende. Deswegen brauchen wir nicht nur für die Autofahrerinnen und Autofahrer, sondern auch für die Rad fahrerinnen und Radfahrer hochwertige Verbindungen, mit de nen sie schnell zum Ziel kommen.

Herr Abg. Katzenstein...

Nur, wenn es nicht auf die Redezeit geht.

... – nein, das geht nicht auf die Redezeit –, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Fiechtner zu?

Bitte.

Danke, Herr Kollege. – Wie können Sie es rechtfertigen, dass Straßen zurückgebaut werden, z. B. die Waiblinger Straße in Cannstatt, auf denen Tausende und Abertausende Autos fahren, und auf dem neu zur Verfügung gestellten Radweg allenfalls ein paar Hundert Fahrräder, wenn überhaupt? Finden Sie das in Ordnung?

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Da sind wir seitens des Landtags nicht zuständig!)

Erstens ist, wie der Herr Kollege schon sagte, dafür die Kommune zuständig – Stuttgart in diesem Fall – und zweitens muss man sich die Zahlen genau anschauen. Ich habe ja dargelegt, wie groß der Nutzen für den Klimaschutz und der Beitrag zur Stauvermei dung durch Radfahrerinnen und Radfahrer ist.

(Beifall bei den Grünen)

Deshalb brauchen wir eine Radverkehrsförderung. Und, ja, wir brauchen im Zweifelsfall auch eine Zurücknahme von Fahrspuren für den Individualverkehr zugunsten des Umwelt verbunds und des Fahrrads.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Ja, wir brauchen nicht nur Autobahnen im Land, wir brauchen auch Radschnellwege. Das Land wird deshalb für drei Pilot strecken die Verantwortung übernehmen, u. a. zwischen Hei delberg und Mannheim. Das ist ein Meilenstein! Der Mann heimer Karl Freiherr von Drais wäre 200 Jahre nach seiner ersten Fahrradfahrt begeistert.

Ich komme zum Schluss. Radverkehrsförderung bedeutet Mo bilitätssicherung und trägt wesentlich zum Klimaschutz bei.

(Abg. Anton Baron AfD: Warten wir mal ab!)

Sie fördert die Gesundheit der Menschen und entlastet das Ge sundheitssystem, und die baden-württembergische Wirtschaft profitiert davon.

200 Jahre Fahrrad, das sind 200 Jahre fortwährende Innova tion im Land. Darauf können wir stolz sein. Diesen Erfinder geist müssen und werden wir weiter fördern. Und wir können auf die Radverkehrspolitik im Land stolz sein. Den Radver kehr müssen und werden wir weiter fördern.

(Beifall bei den Grünen)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Was Albert Einstein über seine Relativitätstheorie sagte, gilt auch für mich und diese Rede:

Mir ist es eingefallen, während ich Fahrrad fuhr.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Dr. Schütte.

(Der Redner fährt das Rednerpult nach oben. – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Der ist ja fast so groß wie ich!)

Zumindest so lang. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Jahr feiern wir 200 Jahre Erfindung des Fahrrads. Im Detail feiern wir dabei, dass Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn im Jahr 1817 zum ersten Mal ein Laufrad mit Lenkung der Weltöffentlichkeit präsentierte und damals zum Nachweis der Machbarkeit von Mannheim nach Schwetzingen fuhr.