Zumindest so lang. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Jahr feiern wir 200 Jahre Erfindung des Fahrrads. Im Detail feiern wir dabei, dass Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn im Jahr 1817 zum ersten Mal ein Laufrad mit Lenkung der Weltöffentlichkeit präsentierte und damals zum Nachweis der Machbarkeit von Mannheim nach Schwetzingen fuhr.
Als Kurpfälzer erlaube ich mir, an dieser Stelle zu sagen, dass damit sämtliche Erfindungen der nicht schienengebundenen Mobilität aus unserer Region stammen. Schließlich sind es von Mannheim bis Ladenburg, wo das Automobil erfunden wurde, nur wenige Kilometer.
(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der AfD, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Kurpfälzer sind helle Köp fe!)
Bei der Erfindung des Fahrrads fällt einiges auf. Zunächst war Herr von Drais Forstbeamter. Das heißt, das Fahrrad ist ei gentlich ein Geschenk des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz an den Verkehrsminister.
Passend zum heutigen Tag darf man sagen: Herzlichen Glück wunsch, Herr Minister Hermann. 200 Jahre Fahrrad, 65 Jah re Winfried Hermann.
Auffällig ist bei der Erfindung des Fahrrads auch, dass es sich um die Erfindung einer Einzelperson handelte. Oder um es so zu sagen: Nach mehreren schlechten Ernten und dem katast rophalen Sommer 1816 wegen des Ausbruchs des Vulkans Tambora bildeten nicht die damaligen wirtschaftlich Wohlha benden zahlreiche Arbeitsgruppen, um verbunden mit staatli chen Förderprogrammen eine Lösung für das Problem fehlen der Nahrungsmittel zu finden. Vielmehr war es mit Drais ei ne Einzelperson, die den zündenden Einfall hatte, übrigens je mand, der schon vorher sehr intensiv – man darf fast sagen: wie ein Besessener – an der Idee arbeitete, das Pferd zu erset zen.
Klar ist auch, dass Herr von Drais aktuelle Regeln wie die für eine Arbeitszeit von maximal zehn Stunden täglich oder Ähn liches wohl kaum immer eingehalten hat. Sonst würden wir heute wohl nur 150 Jahre Fahrrad feiern können.
Auch wenn der Staat das Fahrrad nicht selbst erfunden hat, hatten das damalige Großherzogtum Baden bzw. seine Vor gänger wesentliche Voraussetzungen für eine solche Erfindung geschaffen. Beispielsweise wurden die beiden Hochschulen in Freiburg und Heidelberg – an der letzteren studierte Drais
u. a. Physik – gegründet. Auch das Königreich Württemberg reagierte damals richtig und gründete mit der Universität Ho henheim eine weitere Forschungsanstalt, aus der dann in der Folge viel Innovatives hervorgegangen ist.
Daher erlaube ich mir an dieser Stelle die Bemerkung: Wenn es weiterhin „Innovation made in Baden-Württemberg“ oder „Invented in Baden-Württemberg“ geben soll, brauchen wir die beste Bildungs- und Forschungslandschaft. Wir müssen innovative Firmen, bei denen das Produkt bereits grundsätz lich bekannt ist, unterstützen, und vor allem müssen wir ge rade denen möglichst große Freiheiten gewähren, die Tag und Nacht in völlig neue Ideen investieren.
Wirtschaftlich zahlte sich die Erfindung des Fahrrads für Karl von Drais kaum aus. Er bekam zwar vom Großherzog ein Pa tent zugesprochen, das sich aber in anderen Ländern – im Prinzip überall auf der damaligen Welt – nicht wirklich durch setzen ließ. Hier zeigt sich: Supranationale Organisationen und Handelsabkommen sind zwar nicht innovativ, sie sorgen aber dafür, dass diejenigen, die innovativ sind, auch finanzi ell etwas von ihren Erfindungen haben.
Auch was den Nutzen anbelangt, teilt die Erfindung des Fahr rads bzw. der Draisine als Ersatz für die Postkutsche die Ent wicklung vieler Erfindungen, die häufig für sehr viele Dinge eingesetzt werden, für die sie ursprünglich gar nicht gedacht waren. Lediglich bei der Endzustellung von Post- und Liefer diensten ist das Fahrrad auch heute noch oder vielmehr wie der ein ganz wesentliches Hilfsmittel. Neben diesen relativ kleinen Gruppen, die das Rad professionell nutzen, gibt es heute im Wesentlichen drei Gruppen, die das Rad intensiv nut zen: Touristen sowie Freizeitradler, Berufspendler und Sport ler.
Bei den verschiedenen Bedürfnissen dieser Gruppen ist für uns, die CDU, klar: Wir schreiben den Menschen den richti gen Weg nicht vor.
Mobilität ist für uns Ausdruck von Freiheit. Daher muss eine gute Verkehrspolitik die Wünsche und Bedürfnisse von Men schen und Wirtschaft aufnehmen und unterstützen.
Wir bauen die Infrastruktur, die zu den Bedürfnissen der Men schen passt, nicht die Infrastruktur, von der wir wollen, dass die Menschen sie nutzen.
Natürlich war nach den letzten Jahren klar, dass im Straßen bau mehr getan werden muss. Klar ist aber auch, dass dies eben nicht zulasten eines guten Radwegenetzes gehen darf.
Statt Entweder-oder-Debatten schaffen wir es seitens der grünschwarzen Koalition, Rekordsummen für den Straßenbau aus zugeben und gleichzeitig mehr in das Radwegenetz zu inves tieren.
Erstens zum Ausbau des Radwegenetzes: Zum geplanten bzw. angedachten Ausbau in den Ballungsräumen unter dem Stich wort Radschnellweg hat Kollege Katzenstein bereits alles ge sagt.
(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU zu Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Neue Krawatte! – Gegenruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Schauen Sie einmal, was da drauf ist! – Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE geht zu Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU und zeigt die Abbildungen von Fahrrädern auf seiner Krawatte.)
Häufig ist es doch so, dass es bereits einen Feldweg gibt, die ser Feldweg aber nicht geteert oder sauber abgeschottert ist, dass plötzlich 200 m in einem sonst für den Radfahrer guten Wegenetz fehlen oder dass man endlich an einen Bahnhof kommt, aber von sicheren Fahrradständern jede Spur fehlt.
Solche Lücken wollen wir seitens der grün-schwarzen Koali tion durch unsere Arbeit schließen. Dazu sind im Haushalt 2017 12,5 Millionen € für den Radwegeausbau an Landes straßen eingestellt. Hinzu kommen noch einmal 15 Millio nen € – ich zitiere mit Ihrer Genehmigung – nach dem „För derprogramm kommunale Rad- und Fußverkehrsinfrastruk tur“ auf der Grundlage des Landesgemeindeverkehrsfinanzie rungsgesetzes sowie 3 Millionen € für die Planung von Rad schnellverbindungen. Zudem werden im Rahmen der Flur neuordnung Wege gebaut, die auch dem Radverkehr zugute kommen. Dabei gibt es im ländlichen Raum eine weitere He rausforderung: die Kombination von Feld- und Radwegen. Es ist ja wohl nicht sinnvoll, einen 2 m breiten geteerten Radweg direkt neben einen 3 bis 5 m breiten befestigten Feldweg zu bauen. Hier wollen wir Lösungen finden, um die Kommunen zu unterstützen, die vor Ort am besten in der Lage sind, klei nere Lücken im Radwegenetz zu erfassen und für alle zufrie denstellend und effizient zu schließen.
Ich bin sicher: Der Kollege von der SPD wird nachher ihr Lü ckenschlussprogramm für das Radwegenetz als Allheilmittel anpreisen. Aber bei Mitteln in Höhe von lediglich 2,5 Millio nen € im Jahr hatte dieses Programm der Jahre 2015 und 2016 eine ganz besondere Lücke, nämlich eine riesengroße Finan zierungslücke.
Klar ist daher für mich, dass wir in den nächsten Jahren mehr als diese 2,5 Millionen € auf die Ausgaben für den Radwege bau drauflegen werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU zu Abg. Her mann Katzenstein GRÜNE: Nicht abgestimmt!)
Natürlich gehört zu einer Radinfrastruktur auch die Vernet zung mit anderen Verkehrsmitteln. So wird beispielsweise der Ausbau von Park-and-Ride-Anlagen von Kommunen geför dert, und im Schienenpersonennahverkehr können Fahrräder kostenlos mitgenommen werden. Hinzu kommt in diesem Be reich die sogenannte Shared Economy. Inzwischen gehört zum Ausbau der Infrastruktur selbstverständlich auch eine adäqua te Anzahl von Ladeeinrichtungen für E-Bikes und Pedelecs. Bei einer halben Million Pedelecs und E-Bikes in BadenWürttemberg ist das doch sonnenklar. Klar lässt sich hier fest stellen: E-Bikes und Pedelecs bieten für Pendler – über 10 km im Anzug Fahrrad zu fahren ist nämlich nicht wirklich adäquat –,
aber auch für ältere Menschen – man denke nur an die Topo graphie Stuttgarts – ungeahnte Potenziale.
Durch den Ersatz von Autofahrten – also nicht durch die zu sätzlichen Fahrten mit Pedelecs am Wochenende, sondern durch den Ersatz von Autofahrten – wird tatsächlich CO2 ein gespart. Zusätzlich tut man etwas für die Gesundheit.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Sehr gut! – Abg. Anton Baron AfD: Feinstaub entsteht trotzdem!)
Man muss natürlich bedenken: Neben den positiven Effekten für die Gesundheit gibt es aber auch eine Gefährdung, die sich aus einer immer größeren Zahl von Pedelecs und E-Bikes im Straßenverkehr ergibt. Daher haben wir – Landesregierung und Parlament – uns zum Ziel gesetzt, mit Aufklärungskam pagnen wie „Gib acht im Verkehr“ und gutem Vorbild für das Tragen von Helmen zu werben. Selbst an meinem Fahrrad lenker hängt jetzt ein Helm, wenn ich unterwegs bin.
Genau, auf der Kreisstraße ziehe ich den auf, während der Kollege mit Käppi vor mir her fährt. So war es vor zwei Wo chen.
Radfahren ist ab heute ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor. Ich denke nicht nur an den Umsatz, zu dem wir ja schon sehr viel gehört haben, sondern auch an das Thema Innovation. Auch in Bezug auf Innovation ist die Geschichte des Fahrrads noch lange nicht vorbei. Gerade hat Bosch ein ABS-System für E-Bikes vorgestellt.
Um es zum Abschluss noch einmal zu wiederholen: Die CDU führt keine ideologischen Grabenkämpfe und verzichtet dar auf, ein Verkehrsmittel gegen ein anderes auszuspielen. Die