Protocol of the Session on July 19, 2017

(Zurufe)

Daraus ergeben sich für die Kommunen höhere Belastungen, und es stellt sich die Frage: Ist das mit dem Gesetz, das gede ckelt ist, auch mit den gedeckelten Finanzraten ab 2021, ge tan oder verschiebt man nur die Risiken vom Bund auf das Land und vom Land in die Kommunen nach dem Motto „Den Letzten beißen die Hunde“? Das wollen wir nicht hoffen.

Wir werden vor der Zweiten Beratung noch einen Änderungs antrag einreichen; ansonsten werden wir von AfD-Seite die sem Änderungsgesetz sicher zustimmen, damit wir ein ein stimmiges Ergebnis im Landtag hinbekommen.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort dem Kollegen Kleinböck.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen, liebe Kollegen! Wir wissen um die Besonderheiten des ÖPNV. Dieser funktioniert ja nicht nach den allgemeinen Marktregeln von Angebot und Nachfrage. Denn der ÖPNV ist ein wichtiger Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und hat daher natürlich ganz andere Aufgaben. Der ÖPNV ist meist nicht kostendeckend zu betreiben. Wir wissen natürlich auch, dass hier eine Vorratshaltung schlicht unmöglich ist.

Dennoch darf ich noch einmal betonen, dass für uns Sozial demokratinnen und Sozialdemokraten der ÖPNV ein zentra ler Baustein öffentlicher Daseinsvorsorge ist. Denn wir wis sen: Mobilität bedeutet immer auch soziale Teilhabe und muss deshalb barrierefrei für jede Bürgerin, für jeden Bürger zur Verfügung gestellt werden.

Die Notwendigkeit dieser Reform ist unbestritten. Bereits in der letzten Legislatur hatte sich – wir haben es vom Minister gehört – die Vorgängerregierung – auch unter Beteiligung der SPD; dieser Hinweis sei mir gestattet – mit diesem Thema be fasst. Ich denke, insofern ist dieser Gesetzentwurf für uns nichts Ungewöhnliches.

Ungewöhnlich ist nur, dass er an einigen Stellen – nach dem, was wir bisher so sehen – doch etwas zu kurz springt. Der ge planten Stärkung der Aufgabenträger im ganzen Prozess der ÖPNV-Bestellung und -Finanzierung können wir natürlich grundsätzlich einiges abgewinnen. Allerdings muss es jetzt bei der praktischen Umsetzung der Reform auch darum ge hen, die Stärkung der Aufgabenträger mit der Notwendigkeit einer engen Einbeziehung des gerade in Baden-Württemberg so starken und erfolgreichen mittelständisch geprägten Bus gewerbes zu erreichen. Hier ist Sensibilität und Fingerspit zengefühl seitens der Aufgabenträger gefragt. Das entzieht sich ja unserem unmittelbaren Einfluss.

Wir wissen: Dieser neue Rechtsrahmen lässt einige Spielräu me zu, wie denn die jetzt notwendigen allgemeinen Vorschrif ten in den Kreisen und Verkehrsverbünden umgesetzt werden. Der WBO hat hierzu einige Vorschläge gemacht. Ich denke, diese sollten nun auf Augenhöhe diskutiert und auch geprüft werden.

Allerdings muss ich auch sagen, dass diese Reform jetzt nicht dazu führen darf, dass die vorhandenen Strukturen mit einer falsch verstandenen Liberalisierung zerstört werden.

Wichtig ist mir auch, darauf hinzuweisen, dass der beginnen de Wettbewerb in diesem Bereich nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Busgewerbe ausge tragen werden darf.

Bei der Neuaufteilung der Mittel kommt es aus unserer Sicht auch darauf an, die Städte und Gemeinden in Baden-Würt temberg mit in diesen Prozess einzubeziehen und entspre chend die lokalen Gegebenheiten, die lokalen Probleme mög lichst optimal zu lösen. So weit, so gut.

Was wir allerdings nicht ganz verstehen, ist der zweite Teil dieser Reform, nämlich dass die zweifellos notwendige An hebung der finanziellen Mittel in mehreren Stufen erst ab 2021 kommen soll.

(Lachen der Abg. Nicole Razavi CDU – Abg. Nicole Razavi CDU: Ihr habt es gar nicht hingekriegt! – Ge genruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Das kann euch nicht aus der Verantwortung nehmen!)

Trotzdem gehen wir davon aus, dass wir heute über Maßnah men für die nächste Legislatur entscheiden. Wie die Finanz situation dann aussieht, wissen wir heute natürlich alle nicht.

Unabhängig von der Diskussion über Fahrverbote lässt es die bestehende Feinstaub- und Stickoxidproblematik nach unse rer Überzeugung nicht zu, noch vier Jahre, bis eben auch hö here Mittel zur Verfügung stehen, zu warten, bis der ÖPNV, vor allem im Busbereich, so weit wie erforderlich ausgebaut werden kann. Ich denke, Städte und Kreise brauchen schon jetzt mehr Geld, um dieses Angebot rasch auszuweiten, und ich meine, da hätte auch von der kommunalen Familie eine härtere Verhandlungsposition eingenommen werden können. Aber wenn jetzt eine Einigung auf breiter Basis erzielt wird, dann ist es natürlich schwierig, gegen diesen Gesetzentwurf zu stimmen.

Wir wollen anregen, diesen Finanzrahmen noch einmal in Be zug auf die zeitliche Abfolge zu überdenken. Deshalb gehen

wir auch davon aus, dass wir bis zur zweiten Lesung dieses Gesetzentwurfs noch einige Diskussionen führen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Andreas Deusch le CDU)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich das Wort dem Kollegen Haußmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits seit vielen Jahren steht die Reform der ÖPNV-Finanzierung auf der politischen Tages ordnung. Schon in der letzten Legislatur hatte sich die Regie rung reichlich bemüht, hat die Pläne aber irgendwann wieder eingesammelt, weil man nicht zur richtigen Lösung gekom men ist.

Insofern begrüßen wir, dass jetzt ein Gesetzentwurf vorliegt, auch wenn dieser nicht in vollem Umfang unseren Vorstellun gen entspricht. Aber es ist gut, dass man jetzt einen Schritt weitergeht, und es ist gut, dass dadurch auch mehr Geld in das System kommt, auch wenn man das in die nächste Legislatur – das wurde gerade von Herrn Kleinböck angesprochen – ver schiebt.

Erfreulich ist auch, dass man nochmals nachgebessert hat und einen Ausgleich der Verwaltungskosten vornimmt.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Hört, hört!)

Da wurde nachgearbeitet. Wie es sich dann weiterentwickelt, bleibt abzuwarten. Es ist nicht auszuschließen, dass die Land kreise irgendwann feststellen: „Dieser Ausgleich reicht uns nicht“, und man nach 2021 möglicherweise diesen Wert in Zweifel zieht und nochmals anhebt. Auch da liegt noch eine gewisse Unsicherheit.

Es bleiben große Unwägbarkeiten. Man hat den Status quo jetzt für die Finanzierung abgesichert. Aber über die Vertei lung der 50 Millionen €, um die die Mittel dann ab 2021 er höht werden sollen, hat man noch keine Entscheidung getrof fen. Da findet man nach wie vor wie bereits in der letzten Le gislatur keine Lösung. Es gibt die Überlegungen, das nach Fläche, Buskilometern und Fahrgastzahlen aufzuteilen. Das war aber auch schon in der letzten Legislatur die Grundlage, als man das Ganze dann irgendwann doch wieder eingesam melt hat, weil man keine Lösung gefunden hat.

Man darf nicht vergessen, dass die Verkehrsunternehmen, zu meist inhabergeführte oder mittelständische Unternehmen, na türlich einen ganz anderen Blick darauf richten. Denn letzt endlich geht es hier um die Existenz der Unternehmen. Des wegen ist es für uns nicht verständlich, dass man diese The matik auf die lange Bank schiebt und sagt: Irgendwann wer den wir es lösen.

Ich finde, man hätte in dieses Gesetz schon sehr viel konkre ter auch die zukünftige Aufteilung hineinnehmen sollen. So bleibt es eine Unsicherheit, wie die Mittel dann verteilt wer den. Wir können schon heute davon ausgehen, dass es erheb liche Diskussionen gibt, die man jetzt einfach auf die zukünf tigen Jahre verschoben hat.

Der zweite Punkt: Man hat sich für die Kommunalisierung entschieden, also für die Abgabe der Verantwortung an die Landkreise. Da ist es sehr wichtig – Frau Zimmer, Sie haben es angesprochen –: Die Busse haben im ÖPNV in BadenWürttemberg eine große Bedeutung. Über 50 % der Fahrgäs te im ÖPNV im Land sind in Bussen unterwegs. Deshalb ist es immens wichtig, wenn man, wie Sie es ja auch vorgetra gen haben, den ÖPNV stärken will, insbesondere die Busver bindungen zu stärken.

Gerade dann ist es doch verwunderlich, dass man jetzt diese Verantwortung den Landkreisen überlässt, ohne auch nur an nähernd irgendwelche Überlegungen zu machen. Kollegin Ra zavi sagt, man hoffe dann auf kleinere Linienbündel. Das ist sicherlich richtig. Aber da wäre es dann schon wünschens wert, dass man eine Möglichkeit schafft, dass auch die Ver kehrsunternehmen weiterhin eigenwirtschaftlich tätig bleiben. Es sind eben nicht reine „Lohnkutscher“.

In der weiteren Beratung sollte man noch einmal sehr genau beleuchten, welche Möglichkeiten seitens des Landes vorhan den sind, Vorgaben dergestalt zu machen, dass wir weiterhin eigenwirtschaftliche Verkehre haben und diese in der Struk tur überschaubar bündeln. Wichtig ist, dass wir unsere Struk turen erhalten. Wir haben große Sorgen, dass wir dort deutli che Veränderungen bekommen. Wenn sich hier einmal die Un ternehmerlandschaft verändert hat, holen Sie das nicht mehr zurück. Das wissen wir aus anderen Bundesländern. Deswe gen müssen wir Sorge dafür tragen, dass sich die Zielsetzung, die man verfolgt, indem man mehr Geld ins System bringt, weiterhin in diesen bewährten mittelständischen Strukturen niederschlägt.

Es gibt für uns also schon noch einige Fragezeichen in der weiteren Beratung. Denn gerade im Hinblick auf die Qualität im ÖPNV, im Hinblick auf dichtere Bustakte ist es wichtig, diese Thematik noch einmal intensiv zu beleuchten. Das wol len wir in der weiteren Beratung tun, bevor wir entscheiden, ob wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Ausspra che ist damit beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/2231 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Verkehr zu überwei sen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so be schlossen.

Punkt 5 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Meine Damen und Herren, ich rufe nochmals Punkt 3 der Ta gesordnung auf:

Zweite Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Fischereigesetzes für Baden-Württemberg – Drucksache 16/47

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – Drucksache 16/2337

Berichterstatter: Abg. Reinhold Pix

Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt mir nun mehr vor:

Beteiligt haben sich 125 Abgeordnete.

Mit Ja haben 41 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 80 Abgeordnete gestimmt; enthalten haben sich vier Abgeordnete.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr knapp!)

Damit ist der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP/DVP, Druck sache 16/47, abgelehnt.

Mit J a haben gestimmt:

AfD: Anton Baron, Dr. Christina Baum, Klaus Dürr, Bernd Gögel, Ste fan Herre, Rüdiger Klos, Dr. Jörg Meuthen, Thomas Axel Palka, Dr. Rai ner Podeswa, Daniel Rottmann, Emil Sänze, Hans Peter Stauch, KlausGünther Voigtmann, Carola Wolle.