Wir haben 2015 über 200 neue Stellen in der Terrorbekämp fung geschaffen: IT-Fachleute, Ermittelnde in den zuständi gen Staatsschutzstellen sowohl beim LKA als auch in den re gionalen Polizeipräsidien sowie beim Verfassungsschutz und bei den mobilen Einsatzkommandos. Auch die Justiz haben wir gestärkt, indem wir neue Stellen geschaffen haben, mit denen die zeitnahe Verurteilung von terroristischen Straftaten ermöglicht werden kann.
Diesen Weg gehen wir auch in der jetzigen Koalition mit der CDU und Innenminister Strobl weiter. Wir setzen mehr Be amte im Bereich der Islamismusbekämpfung ein und stärken das LKA damit weiter. Überdies stellen wir 1 500 zusätzliche Mitarbeitende bei der Polizei ein und kümmern uns darum, dass die persönliche Schutzausstattung vorbildlich bleibt. Wir geben der Polizei auch mehr Befugnisse, ohne jedoch die Ba lance zwischen Sicherheit und Freiheit aus den Augen zu ver lieren. Sicherheitsmaßnahmen müssen verhältnis- und verfas sungsmäßig sein. Das gilt auch für die anstehende Gesetzge bung zum Polizeigesetz und zum Landesverfassungsschutz gesetz, bei der es vorrangig darum geht, der Gefahr von Ter roranschlägen rechtzeitig begegnen zu können.
Für mehr Sicherheit sorgt man nämlich nicht, indem man die rund 600 000 muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in Baden-Württemberg unter Generalverdacht stellt, sondern mit gezielten Investitionen in schnelle Fahndung, effektiven Schutz und gute Ermittlungsbedingungen für die Polizei.
Grüne in Regierungsverantwortung sorgen also mit den rechts staatlichen Mitteln so gut es geht für die Sicherheit im Land, ohne dabei in einen Überwachungsstaats abzudriften. Denn wir wissen alle: Hundertprozentige Sicherheit kann es leider nicht geben.
Wir haben aber natürlich auch noch mehr vor. Louise Richard son, führende Politologin in der Terrorismusforschung an der Universität Oxford, sagt, dass Terrorismus in erster Linie ei ne psychologische Kriegsführungsmethode ist und auch als
solche bekämpft werden muss. Dabei dürfe bei der Bedrohung vor allem die Verhältnismäßigkeit nicht vergessen werden und müsse realistisch betrachtet werden. Eine Gesellschaft, die sich nicht auseinanderdividieren lässt und die im Angesicht der Bedrohung zusammensteht, ohne sich in unverhältnismä ßige Panik versetzen zu lassen, ist laut Richardson die wich tigste Grundlage für effektive Antiterrormaßnahmen. Deshalb stehen neben der Stärkung der Sicherheitsbehörden natürlich auch Prävention und Integration im Fokus. Denn es geht auch darum, Gefahren gar nicht erst entstehen zu lassen.
Dazu gehören z. B. auch der islamische Religionsunterricht sowie die Fach- und Beratungsstelle zur Radikalisierungspräven tion hier in Stuttgart, die sich um Beratungs- und Ausstiegs angebote für Radikalisierte, Rückkehrer, Inhaftierte und de ren Umfeld kümmert.
Es geht auch darum, jungen Menschen Perspektiven für eine erfolgreiche Zukunft aufzuzeigen, um sie davon abzuhalten, sich z. B. dem sogenannten Islamischen Staat anzuschließen. Deswegen unterstützen wir Jugendverbände, wo wir können. Daher haben wir mit den Kommunen einen in Deutschland einzigartigen Pakt für Integration geschlossen. Denn wer ge gen Terror ist, muss Integrationsarbeit leisten, statt gegen an dere zu hetzen.
Unter Federführung des Ministeriums für Soziales und Inte gration unter Minister Lucha wird darüber hinaus insbeson dere der interreligiöse Dialog im Land gestärkt, der als ge samtgesellschaftliche Aufgabe verstanden wird. Sensibilisie rung, Aufklärung, Information auf verschiedenen Ebenen zur Bekämpfung jeglicher Form von menschenverachtenden ras sistischen, antisemitischen, gewalttätigen oder diskriminie renden Handlungen werden im Land ressortübergreifend als wichtige Zukunftsaufgabe für ein friedliches Zusammenleben einer immer weiter auseinanderdriftenden Gesellschaft ver standen.
Zudem wird mit verschiedenen Projekten im Land, wie wir sie hier schon haben, die Demokratie ganz grundsätzlich ge fördert: mit „Team meX“, „Schule mit Courage“, dem Netz werk für Demokratie und vielem mehr. All das werden wir auch in Zukunft nicht unter den Tisch fallen lassen.
Wie das gerade Aufgeführte zeigt, wenden wir uns gegen je de Form von extremistischer Gewalt und Terror, nicht nur ge gen den Islamismus, sondern z. B. auch gegen den Rechtsex tremismus, welcher von einigen hier im Haus offensichtlich nicht so ernst genommen wird, wie es anhand der Zahlen im Verfassungsschutzbericht vielleicht der Fall sein sollte. Wir sind nämlich nicht die Partei der einfachen Lösungen, son dern die Partei der funktionierenden Lösungen.
Es steht die Frage im Raum, warum die AfD diese Debatte hier beantragt hat. Das ist natürlich ein wichtiges Thema, und es ist gut, darüber zu sprechen. Aber welche Intention steckt bei der AfD dahinter? Das ist nämlich eine ganz andere. Es ist
Sie wollen aufhetzen, Sie wollen die Gesellschaft spalten, und Sie schüren Ängste. So sieht es doch aus. So machen Sie es jedes Mal, und so machen Sie es auch bei diesem Thema.
Dabei erreichen Sie mit Ihrer Panikmache einzig und allein eines: Sie spielen im Endeffekt den Terroristen in die Hände und sorgen dafür, dass deren Strategie der Spaltung mögli cherweise auch noch aufgeht und diese Saat auf fruchtbaren Boden fällt. Das kann nicht sein.
Wie gefährlich das ist, sieht man, wenn man nach London schaut. Ja, schauen wir doch mal nach London, wo dem schreck lichen Terroranschlag auf der London Bridge zwei Wochen später ein weiterer Terroranschlag gefolgt ist, dem wieder un schuldige Menschen zum Opfer gefallen sind, der aber dies mal rechtsextrem motiviert war. Hass sät nämlich Hass, und Gewalt sät Gewalt.
Ich empfehle einfach, Ihre einseitige Sicht einmal abzulegen und sich eine Haltung zuzulegen, mit der man Terrorismus entschlossen bekämpft, ohne dabei ganze Religionsgemein schaften auszugrenzen.
Ich empfehle Ihnen dafür, den Worten von Londons Bürger meister Sadiq Khan aufmerksam zuzuhören, der selbst Mus lim ist und der nach dem Anschlag an der London Bridge ei ne klare Ansage an die Terroristen gemacht hat – ich zitiere –:
Ihr werdet nicht gewinnen. Unsere Einheit und unser ge genseitiger Respekt werden stärker sein als der Hass der Extremisten.
Diesen Weg der Entschlossenheit und Geschlossenheit soll ten auch wir hier im Land verfolgen – für unsere liberale und offene Gesellschaft, die wir uns nicht von niederträchtigen Menschenfeinden zerstören lassen, egal, welcher Couleur.
(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Thomas Blenke CDU: Sehr gut!)
Danke schön, Frau Präsidentin. – Werte Kolleginnen und Kollegen, ich versuche einmal, die se absonderlichen Äußerungen des Sprechers der AfD von vorhin auszublenden; denn angesichts einer weltweit ange spannten Bedrohungs- und Terrorlage bedarf es hier einer aus gewogenen und sachlichen Debatte und nicht einer solchen Polemik, wie wir sie vorhin erlebt haben.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Zuruf von der AfD: Keine Lösungsanalysen, inter essant!)
Ja, wir sind weltweit, wir sind in Europa und auch in Deutsch land Ziel von Terroranschlägen, von islamistischen Terroran schlägen. Das macht uns – –
Jetzt seien Sie bitte mal ruhig. Ich habe gerade erst angefan gen, lassen Sie mich einfach einmal reden.
Das gilt mittlerweile auch für Orte, wo man nicht unbedingt mit solchen Anschlägen rechnet. Für uns in Baden-Württem berg, in Deutschland besteht eine anhaltend hohe abstrakte Bedrohungs- und Gefährdungslage – die sich allerdings jeder zeit konkretisieren kann.
Das hat der Herr Innenminister auch so gesagt; das wissen wir. Das zeigt aber auch, wie schwierig es ist, in einer offe nen Gesellschaft, die wir haben, Sicherheit zu gewährleisten. Wir wollen eine offene Gesellschaft, und wir wollen, dass sich die Bürger bei uns frei bewegen können.
Wir wollen, dass alle Menschen frei und sicher leben können, egal, ob zu Hause in der eigenen Wohnung, auf Straßen und öffentlichen Plätzen, in Bussen oder Bahnen, bei Tag und bei Nacht.
Eine offene Gesellschaft erlaubt es den Bürgerinnen und Bür gern, sich innerhalb der Gesetze frei so zu verhalten, wie sie es möchten. Das unterscheidet uns von denen, die uns be kämpfen. Unsere Werte sind deren Anschlagsziele.
Deshalb, meine Damen und Herren, sind wir auch verwund bar. Die Verteidigung unserer Werte und unseres Lebensstils verlangt Geschlossenheit und auch Entschlossenheit. Unsere Art zu leben – uns zu kleiden, uns zu verhalten – lassen wir uns von niemandem nehmen. Wer aus anderen Kulturen kommt und bei uns leben will, muss sich nicht anpassen, aber er muss unseren Lebensstil akzeptieren.