Protocol of the Session on June 21, 2017

Ministeriums für Verkehr – Zukunft des Landesge meindeverkehrsfinanzierungsgesetzes nach 2019 si chern – Drucksache 16/1827

(Unruhe)

Ich darf um Ruhe bitten.

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Aussprache zu a, b und c fünf Minu ten je Fraktion; der Fraktion der SPD steht natürlich zusätz lich noch eine Redezeit von fünf Minuten für die Begründung ihrer beiden Anträge zur Verfügung.

Ich schlage Ihnen vor, dass wir gemäß der in der Zweiten Be ratung von Gesetzentwürfen üblichen Reihenfolge verfahren, das heißt in der Reihenfolge nach Fraktionsstärke, und der Redner der SPD-Fraktion in der Aussprache die Anträge sei ner Fraktion begründet. – Sie sind damit einverstanden.

Damit kommen wir zur Aussprache. Ich erteile das Wort für die Fraktion GRÜNE Herrn Abg. Katzenstein.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Oh Gott!)

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden heute eine Änderung des Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsge setzes beschließen und über zwei Anträge der SPD beraten und Beschlüsse fassen.

Die Änderung des LGVFG ist unstrittig. Es geht um die Er höhung der Förderquote bei Beseitigung oder Umbau von Bahnübergängen nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz. Wenn kommunale Aufgabenträger Kosten zu tragen haben und selbst nicht davon profitieren, soll die Förderquote bis auf 75 % er höht werden.

Hierzu wurde in der ersten Lesung bereits alles gesagt. Auch im Ausschuss wurde dem Entwurf ohne große Debatte ein stimmig zugestimmt, wofür ich Ihnen allen herzlich danke.

Daher kann ich schon zum zweiten Thema kommen: Wie geht es mit dem LGVFG nach 2019 weiter? Die Bedeutung des LGVFG hatte ich schon bei der ersten Lesung betont. Es dient der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden. Es geht um Verkehrswege und Infrastruktur für die Busse und Straßenbahnen, für das Auto, für das Rad und für die Fußgän gerinnen und Fußgänger.

Hierbei sind die Kommunen ein enorm wichtiger und ein ver lässlicher Akteur. Denn in der Regel tragen sie ja die Haupt last. Es geht ja nicht nur um den Bau oder Umbau – hier un terstützt sie das Land nach dem LGVFG bereits mit der Über nahme von 50 % der Kosten –, sondern auch um die Verant wortung für den Betrieb, für den Winterdienst, für Reparatu ren. Daher wollen und werden wir die Kommunen bei den Überlegungen zur künftigen Ausgestaltung des LGVFG ein beziehen und auf ihre Bedürfnisse eingehen.

(Beifall bei den Grünen)

Der Bedarf ist klar. Im Bereich des ÖPNV haben die Mit gliedsunternehmen des Fachverbands einen Investitions- und Sanierungsbedarf von 300 Millionen € signalisiert. Da wir den ÖPNV im Land verbessern und weiter ausbauen wollen, wer den wir uns an dieser Stelle auch nicht aus der Verantwortung stehlen. Gleiches gilt für den Radverkehr, und auch der Inves titions- und Sanierungsbedarf im Bereich des kommunalen Straßenbaus ist unbestritten.

Wie Sie wissen, sind die LGVFG-Mittel bisher nicht dynami siert worden, sondern die Höhe beträgt seit zehn Jahren stets 165 Millionen € pro Jahr, das heißt, es steht de facto Jahr für Jahr immer weniger Geld zur Verfügung. Wir brauchen nach meiner Überzeugung eine Verstetigung und einen Aufwuchs bei den Mitteln.

Die Anträge der SPD sind ja durchaus sympathisch. Das An sinnen ist unterstützenswert.

(Abg. Peter Hofelich SPD: Danke!)

Bitte. – Aber es nützt nichts, wenn wir, insbesondere die SPD, wiederholt in Richtung Finanzministerium „Bricklebrit“ rufen. Denn natürlich arbeiten dort überhaupt keine Esel und erst recht keine Goldesel, die nach Belieben Euros auf den Tisch in den Topf fallen lassen. Nein, im Gegenteil, der Topf mit den Geldmitteln hat einen Deckel. Wir müssen also zu nächst in Ruhe gemeinsam beraten, wie wir in Zukunft eine

angemessene, das heißt eine auskömmliche und dynamisier te Finanzausstattung für das LGVFG als Ersatz für die aus laufenden Entflechtungsmittel hinbekommen.

Deshalb können wir dem SPD-Beschlussvorschlag nicht fol gen. Er enthält Vorfestlegungen, die wir zu diesem Zeitpunkt nicht mittragen können.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Wann dann?)

Wir haben deshalb einen Änderungsantrag zur Zukunft des LGVFG eingebracht, der klar zum Ausdruck bringt, dass die Landesregierung ein entsprechendes Konzept vorlegen muss. Das ist so im Koalitionsvertrag vereinbart, und deshalb wer den wir es auch so umsetzen. Daher bitte ich Sie, dem Gesetz und dem Antrag der Koalition zuzustimmen und den Antrag der SPD abzulehnen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Warum?)

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Schuler.

Frau Präsidentin, verehrte Kol leginnen und Kollegen! Die Notwendigkeit der Änderung des Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes – kurz: LGVFG – haben wir bereits im Rahmen der ersten Lesung ausführlich dargestellt. Auch der Kollege Katzenstein ist gerade eben da rauf eingegangen. Zwischenzeitlich haben wir im Ausschuss darüber beraten und zur Vorbereitung der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs noch einmal darüber diskutiert.

Schon bei der ersten Lesung ist fraktionsübergreifend ein ho hes Maß an Zustimmung von uns allen deutlich geworden. Für uns, die CDU-Landtagsfraktion, ist entscheidend, dass durch den vorgelegten Gesetzentwurf eine wegweisende und zukunftsorientierte Lösung zur Verbesserung der Mobilität er zielt wird, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

Die Erhöhung des Fördersatzes auf bis zu 75 % wird die Be lastung derjenigen Kommunen abmildern, welche aus den überregionalen Schienenprojekten keinen verkehrlichen Nut zen ziehen. Auch darüber haben wir ja bei der ersten Lesung schon intensiv diskutiert. Wir waren uns einig, wie wichtig das LGVFG für die Bürgerinnen und Bürger und auch für die Kommunen ist.

Für die Bauchschmerzen der Kollegen aus der SPD-Fraktion, die hinsichtlich der Novellierung des Gesetzes aufgetreten sind, weil der erste Schritt ihnen nicht weitreichend genug er schien, haben wir jetzt das richtige Heilmittel parat. Das LGVFG soll definitiv nach 2019 weitergeführt werden. Ein Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zur Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs unter Einbeziehung der kommunalen Landesverbände liegt Ihnen heute vor.

Nach dem Entflechtungsgesetz weist der Bund den Ländern im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2019 jähr lich einen Betrag in Höhe von 1,335 Milliarden € zu. Wir ha ben ja schon gehört: Nach Baden-Württemberg fließen davon bekanntlich 165 Millionen €: 15 Millionen € für den Rad- und

Fußverkehr; die übrigen Mittel in Höhe von derzeit 150 Mil lionen € werden je zur Hälfte in den kommunalen Straßenbau und den ÖPNV fließen. Daraus wird in den kommenden Jah ren die Förderung nach dem LGVFG finanziert.

In Anbetracht des nach wie vor ungebrochen hohen Bedarfs, die Verkehrsinfrastruktur in den Kommunen durch investive Maßnahmen weiter nachhaltig zu verbessern, ist es das erklär te Ziel der Landesregierung, auch in den Jahren ab 2020 eine ausreichende finanzielle Ausstattung des LGVFG sicherzu stellen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Im Koalitionsvertrag haben wir festgehalten, dass die finan zielle Ausstattung auch nach dem Auslaufen der Entflech tungsmittel gesichert sein muss. Das muss vonseiten der SPD nicht noch zusätzlich gefordert werden. Das haben sich die grün-schwarze Landesregierung und die grün-schwarzen Re gierungsfraktionen selbst auf das Arbeitsprogramm gesetzt.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Danach werden alle bisherigen Zuweisungen nach dem Ent flechtungsgesetz durch eine Erhöhung des Länderanteils am Umsatzsteueraufkommen ersetzt. So haben es ja auch die Mi nisterpräsidenten der Länder in der bundesweiten Konferenz beschlossen. Diese Einnahmen fließen dem Landeshaushalt zunächst ohne eine Zweckbindung zur Deckung aller Aufga ben zu.

(Abg. Anton Baron AfD: Oje! Das kennen wir doch schon!)

Das Verkehrsministerium wird dazu zeitnah einen Gesetzent wurf vorlegen. Ich gehe davon aus, dass der Verkehrsminis ter dazu auch noch Stellung nehmen wird.

Zur Diskussion steht eine von den kommunalen Landesver bänden eingebrachte Forderung nach Anhebung des Förder volumens oder einer dynamisierten Fortschreibung. Kollege Katzenstein sieht das ähnlich. Ich meine schon, dass es unser Ziel sein sollte, dass künftig mindestens in gleicher Höhe wie bisher Mittel für die Förderung der Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung stehen. Ein steter Rückzug der öffentlichen Hand ist hier nicht hinnehmbar. Denn die Infrastrukturen bei uns in Baden-Württemberg sind ja bis 2019 nicht fertiggestellt. Für Ersatzinvestitionen werden Mittel in erheblicher Höhe benö tigt; denn der ÖPNV fährt derzeit ziemlich auf Verschleiß. Zum Finanzierungsbedarf beim ÖPNV bis 2025 gibt es auch Ergebnisse einer Studie des Deutschen Städtetags, der Bun desländer und der deutschen Verkehrsunternehmen, die einen dringenden Handlungsbedarf aufzeigen.

Sehr verehrte Damen und Herren, nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Politik, Aufgabenträgern, Verbundor ganisationen und Verkehrsunternehmen ist das System ÖPNV zum Wohle des Wirtschafts- und Wohnstandorts Baden-Würt temberg zukunftsfähig zu machen. Das ist unser großes Ziel.

Ich komme zum Schluss. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, auch wenn wir jetzt mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des LGVFG nur einen kleinen Schritt gehen, ist klar, dass weite re folgen werden. Ich erkenne durchaus an und freue mich da

rüber sehr, dass Sie insgesamt im Parlament der Erhöhung der Förderquote auf 75 % der Kosten positiv gegenüberstehen. Es ist unsere landespolitische Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Kommunen, gerade wenn sie nicht in eigener Regelungskom petenz von Bauprojekten betroffen sind und die Projekte von ihnen auch nicht beeinflussbar sind, nicht über Gebühr belas tet werden.

Die CDU-Fraktion sieht sich in ihren bisherigen politischen Zielen bestärkt und wird dem vorliegenden Gesetzentwurf und dem Änderungsantrag im Rahmen der heutigen zweiten Le sung zustimmen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Gögel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die AfD-Fraktion hat diesem Gesetzentwurf schon in der ersten Lesung zugestimmt und wird das auch heute tun. Wir werden auch den beiden vorliegenden Anträgen der SPDFraktion zustimmen. Denn das ist die einzig logische Fortfüh rung der Zuverlässigkeit auch gegenüber den Verkehrsträgern – den kommunalen und den privaten –, die dringend eine ver lässliche Aussage aus dem Parlament brauchen. Denn wir ste hen ca. 30 Monate vor dem Ende dieser Entflechtungsmittel, und jeder, der ein Unternehmen leitet, Investitionen plant und Abschreibungsverläufe beobachtet, wird wissen, dass 30 Mo nate hier keine lange Zeit sind – im Verkehrsgewerbe schon gar nicht; hier muss man vier, sechs, acht Jahre im Voraus pla nen.

Deshalb ist es dringend notwendig, dass das Landesgemein deverkehrsfinanzierungsgesetz – als Mindestanforderung – in der Form, wie es heute besteht, fortgesetzt wird und dass mög lichst auch eine Aussage des Verkehrsministers und der Lan desregierung insgesamt gegenüber den Kommunen und den privaten Verkehrsträgern kommt, wonach das Gesetz noch in diesem Jahr, möglichst sogar noch vor der parlamentarischen Sommerpause verabschiedet wird. Das wäre dringend not wendig.

Wir stimmen der Erhöhung des Fördersatzes auf bis zu 75 % auch aus einem anderen Grund zu: Wenn man beobachtet, wie viele Unfälle an Bahnübergängen in Baden-Württemberg jähr lich immer noch passieren – 20 bis 25 konstant über die ver gangenen Jahre; dabei sind in den letzten vier Jahren 19 Men schen ums Leben gekommen und wurden 120 Personen ver letzt –, dann sieht man, wie dringend notwendig diese Um baumaßnahmen sind und wie dringend notwendig die Kom munen diese Mittel brauchen, um diese Unfallschwerpunkte zu beseitigen. Die Bahn kann das in dieser Form im Moment nicht, weil ihr die finanziellen Mittel dazu fehlen. Die Bahn leistet nur Reparatur- und Ersatzmaßnahmen, aber keine Neu bau- oder Umbaumaßnahmen.

Gespannt bin ich natürlich, wie wir die ca. 500 Millionen €, die wir ab 2020 zusätzlich aus dem Mehrwertsteueraufkom men bekommen, hier in Baden-Württemberg verteilen dürfen. Der Landesregierung war bei den Verhandlungen im Bundes rat der Spatz in der Hand wichtiger als die Taube auf dem