Liebe Kolleginnen und Kollegen, möglicherweise gibt es in wenigen Wochen den ersten Koalitionsvertrag, in dem die CDU auf Länderebene das Eintreten für die Ehe für alle un terzeichnet – und gar nicht mal, weil es ein roter, ein grüner oder ein gelber Koalitionspartner ihr abgerungen haben, son dern weil die CDU in Schleswig-Holstein unter der Leitung des voraussichtlich nächsten Ministerpräsidenten Günther Volkspartei bleiben will und das inzwischen sehr einheitliche Meinungsbild der Bevölkerung – übrigens auch unter den Christinnen und Christen – abbilden will. Ich zitiere Herrn Günther:
Es wäre gut, wenn wir die vollständige rechtliche Gleich stellung von homosexuellen Partnerschaften, inklusive Adoptionsrecht, in der kommenden Legislaturperiode er reichen würden.
Ich würde mir auch von der CDU Baden-Württemberg, von der Volkspartei CDU Baden-Württemberg, wünschen, dass sie heute diese Möglichkeit bei dieser Beratung nutzt, um kla re Signale in diese Richtung zu setzen. Es ist Zeit bei Ihnen für einen Perspektivwechsel.
Ich habe kürzlich eine Einladung zu einer Eheschließung be kommen – also von Menschen, die, im Gegensatz zu mir, die Ehe eingehen dürfen. Auf der Einladung stand: „Liebe wird aus Mut gemacht.“ Das ist eine Zeile aus einem alten NenaSchlager. Das wissen Heterosexuelle wie LSBTTIQ-Leute. Ja, das stimmt: Liebe wird aus Mut gemacht. Aber gute Poli tik wird auch aus Mut gemacht.
Seien wir heute mutig, und sprechen wir uns als Volksvertre terinnen und Volksvertreter nicht nur außerhalb auf Veranstal tungen, sondern auch hier im Landtag, im Parlament für die Ehe für alle aus – im Sinne der 83 %, im Sinne unserer Ver fassung
und im Sinne dessen, dass es in unserem Land keine Liebe zweiter Klasse gibt. Stimmen Sie für den SPD-Antrag.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist in der Tat grundsätz lich gut, dass wir uns über das wichtige Thema „Ehe für alle“ heute hier im Landtag unterhalten. Denn die Ehe für alle oder – drastischer ausgedrückt – die Aufhebung des Eheverbots für lesbische und schwule Lebenspartnerschaften ist ein ganz wichtiger und entscheidender Schritt zur vollen Gleichstel
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dabei geht es nicht um Son derrechte, sondern es geht um Gerechtigkeit. Eigentlich geht es um die Ergänzung nur eines einzigen Satzes im Bürgerli chen Gesetzbuch. Dieser würde dann lauten: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“
Mit dieser Formulierung wäre die rechtliche Gleichstellung lesbischer und schwuler Paare endlich besiegelt,
und in Deutschland wäre wie in 14 anderen europäischen Län dern die vollständige Gleichstellung normal. Die Ehe für alle wäre ein starkes Signal für ein weltoffenes Deutschland.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Anton Baron AfD: Was hat das mit weltoffen zu tun? – Glocke des Präsidenten)
Wie der Kollege Born gerade schon gesagt hat, befürworten nach den neuesten Umfragen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes 83 % der Deut schen die komplette rechtliche Gleichstellung.
Das zeigt, dass die Gesellschaft hier viel weiter ist als die Po litik. Daher begrüße ich die Debatte und das Engagement der SPD-Landtagsfraktion hier sehr.
Ich frage mich aber schon, was Sie mit dieser Debatte heute hier erreichen wollen. Bei aller Wichtigkeit des Vorhabens an sich kann ich Ihren Antrag nun beim besten Willen nicht ver stehen, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion.
Nicht dass ich das Ziel der Ehe für alle nicht mit aller Kraft fordern möchte, aber ich frage mich einfach, ob Sie nicht wis sen, dass die Bundesratsinitiative der Landesregierung von Baden-Württemberg, die dem Bundestag am 10. November 2015 zugegangen ist und ein Jahr später, also im November 2016, an den Rechtsausschuss überwiesen wurde, immer noch im Rechtsausschuss schmort und ihre Behandlung bisher ins
gesamt 16 Mal vertagt wurde, weil sowohl die CDU als auch die SPD die Gesetzentwürfe zur Eheöffnung blockieren, um damit zu verhindern, dass das Plenum noch vor der Bundes tagswahl darüber abstimmt.
Es entbehrt doch jeder Sachlichkeit und Seriosität, wenn Sie hier im Landtag eine Abstimmung über etwas herbeiführen wollen, was Sie selbst im Bundestag blockieren.
(Beifall bei den Grünen und des Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU – Abg. Beate Böhlen GRÜNE: Bravo! – Abg. Anton Baron AfD: Peinlich! Wie kann man so einen Antrag bringen?)
Es entbehrt doch jeder Sachlichkeit und Seriosität, wenn Sie eine neue Bundesratsinitiative von der grün geführten Lan desregierung erwarten,
Seit 2015 liegen zwei Gesetzentwürfe der Opposition vor und einer vom Bundesrat. Wir brauchen keine neue Gesetzesini tiative. Wir brauchen eine Abstimmung, die Ratifizierung der Gesetze, damit die Ehe für alle endlich kommt.
Ich bin der grünen Bundestagsfraktion sehr dankbar, dass sie nun das Bundesverfassungsgericht angerufen hat, um mit ei ner einstweiligen Anordnung zu erreichen, dass noch in die ser Legislaturperiode über die Ehe für alle abgestimmt wer den kann. Wenn wir vom Erfolg dieses Eilantrags ausgehen,
dann kann der Bundestag noch am 30. Juni über die Eheöff nung beschließen. Es liegt dann an den Koalitionsfraktionen im Bund, hier für Gerechtigkeit zu sorgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion, an statt hier im Landtag eine Schaudebatte zu initiieren, sollten Sie lieber mit Ihrer Bundestagsfraktion und mit Ihrem Kanz lerkandidaten Martin Schulz reden.
Er hat dieser Tage in einem Interview gesagt, dass es defini tiv keine Ehe für alle vor der nächsten Bundestagswahl geben wird. Das heißt, das Signal müssen Sie an Ihre Bundestags fraktion, an Ihren Bundestagskandidaten senden – Sie, die SPD, aber nicht wir hier im Landtag.
(Beifall bei den Grünen und des Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU – Abg. Daniel Born SPD: Martin Schulz steht für die Ehe für alle! – Zuruf des Abg. Anton Ba ron AfD)
Einen Grund für Ihren Antrag kann ich also beim besten Wil len nicht erkennen. Denn auch die neue Landesregierung setzt ihre Bemühungen zum Abbau von Diskriminierung von les bischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, intersexuel len und queeren Menschen sowie von Transgendern erfolg reich fort.