Wir freuen uns über weit mehr als 600 Schulpartnerschaften zwischen Schulen in Baden-Württemberg und Frankreich, bei denen junge Menschen mit Leidenschaft für Europa kämpfen.
Gerade in den letzten Tagen ist mir immer wieder bewusst ge worden, dass es gerade die jungen Menschen sind, die Euro pa mit Leidenschaft vertreten. Auch bei der „Jungfernrede“ des Kollegen Stächele haben wir heute gespürt: Es sind die Jungen, die mit Herz und Leidenschaft für Europa kämpfen.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Medial ma nipuliert worden!)
Gleichzeitig bin ich der festen Überzeugung: Es muss den Jun gen wiederum vermittelt werden, die Notwendigkeit Europas zu erkennen, das sie so selbstverständlich leben, indem sie Grenzen überschreiten, sich über eine gemeinsame Währung freuen, ERASMUS-Programme nutzen, um Studierendenaus tausch zu betreiben.
Das sind die Errungenschaften der jungen Generation, die sie selbstverständlich und gern in Anspruch nimmt. Aber sie muss wieder lernen, für dieses Europa auch zu kämpfen, liebe Kol leginnen und Kollegen.
Nicht zuletzt gibt es über 450 Städtepartnerschaften zwischen Kommunen auf beiden Seiten des Rheins, wo vieles an Ko operation und vor allem an Freundschaft gewachsen ist. Wer sich in solchen Freundschaften gefunden hat, der wird nicht wieder auf die Idee kommen, gegeneinander Krieg zu führen. In all diesen Bereichen kann nach der Entscheidung der fran zösischen Wähler Entwarnung gegeben werden. Mehr noch: Nach meiner Überzeugung können wir die Zeichen auf Zu kunft stellen.
Nun ist in dieser Debatte mehrfach angeklungen, dass Macron möglicherweise für politische Positionen steht, über die wir auch streitig diskutieren werden. Natürlich wird das so sein. Machen wir uns nichts vor. Bei dieser Wahl haben wir in Deutschland vor allem darauf geachtet, dass die französische Präsidentschaftswahl Europa nicht infrage stellt. Wir haben uns nicht im Detail mit den einzelnen politischen Positionen dieses Kandidaten auseinandergesetzt. Für uns stand Europa im Vordergrund.
Aber bei allem, was wir jetzt bereits kritisch diskutieren, kann ich zu den ersten Positionen Macrons sagen: Es ist eine gute Ausgangsbasis, mit einem Partner streitig diskutieren zu kön nen, der daran interessiert ist, Europa zu gestalten, denn Eu ropa zu zerstören.
Deshalb ist es gut, wenn wir jetzt diese Diskussionen führen, in denen es sicherlich auch unterschiedliche Positionen gibt. Wichtig ist: Wir brauchen eine Strukturreform für Europa, wir
brauchen Veränderung. Ein pures „Weiter so!“ darf es nicht geben. Hier kann in einer runderneuerten deutsch-französi schen Freundschaft die Chance zur Optimierung, zur Verbes serung eines neuen Europas entstehen.
Wir werden mit unseren französischen Freunden auch über die fünf Szenarien des Weißbuchs der Kommission diskutie ren und gemeinsam überlegen, inwieweit die europäischen Strukturen verbessert werden müssen, inwieweit sich Europa aus manchen Bereichen des Alltags zurückziehen sollte und sich dafür auf die wirklich europäischen Themen reduzieren müsste. Auf diesen Diskussionsprozess freue ich mich.
Wir in der baden-württembergischen Landesregierung wollen dialogorientiert in diesen Prozess gehen, vor allem auch ent lang der Grenze, in Bürgerforen im grenzüberschreitenden Be reich. In Breisach hat ein erstes Forum dieser Art stattgefun den. Wir wollen die Menschen an diesem Prozess beteiligen, und wenn es gelingt, dies gemeinsam mit unseren französi schen Freunden zu tun, dann ist schon der Prozess als solcher ein europäischer, und das ist ein gutes Signal.
Wir brauchen den Mut und die Bereitschaft zu weiteren Re formen sowie die Stabilität des Euros. Dies ist eine Grundvo raussetzung, um den Wohlstand in Europa zu sichern. Denn nur ein wirtschaftlich gesundes Europa kann letztendlich auch ein politisch starkes Europa sein. Diese Erkenntnis ist heute, wenige Tage nach der Wahl in Frankreich, so wichtig wie nie zuvor.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Schlagzeile des heuti gen Tages, die ich heute Morgen gelesen habe, veranlasst mich auch, sie in dieser Debatte noch einmal anzusprechen: „Euro pas Versagen in der Flüchtlingskrise“. Meldung des heutigen Tages: Die Zahl der Migranten, die über das Mittelmeer den Kontinent erreichen, nimmt wieder zu. Derzeit gibt es Eng pässe in Italien, wo die Lager überfüllt sind. Liebe Kollegin nen und Kollegen, wer sich in dieser Situation zurücklehnt und auch beim nächsten Ansteigen der Flüchtlingsströme – möglicherweise absehbar – so tut, als wären diese Entwick lungen nicht vorhersehbar gewesen, der handelt unverantwort lich und verwerflich.
Europa muss aus der Flüchtlingskrise des Jahres 2015 lernen. Europäische Solidarität in der Übernahme von Verantwortung bei der Unterbringung von Flüchtlingen ist entscheidend, da mit die Menschen diesem Europa wieder Vertrauen entgegen bringen.
Lassen Sie mich noch einen letzten Aspekt, der heute noch keine Rolle gespielt hat, erwähnen. Bei aller Euphorie, bei al ler Freude man muss immer auch darauf achten, dass man be stimmte Weckrufe und Signale nicht verkennt. In Frankreich ist ein Kandidat gewählt worden, der, wenn wir so wollen, als Einzelkämpfer in diese Wahl gestartet ist.
Bei der französischen Präsidentschaftswahl kam es zu einem Absturz der etablierten Parteien. Am Ende hat sich einer oh
Er ist jetzt gefordert, innerhalb weniger Wochen zur Vorbe reitung der Parlamentswahl Strukturen zu schaffen, die ihn in die Lage versetzen, im kommenden Parlament eine eigene po litische Hausmacht zu haben, um das umzusetzen, was er sich vorgenommen hat.
Ich finde, die Tatsache dieses Wahlausgangs – man könnte ja auf die Idee kommen, zu sagen, dass auch in Amerika etwas Ähnliches passiert ist –, dass jemand jenseits der Etablierten gewonnen hat – auch der Brexit könnte das Ergebnis einer Stimmung in der Bevölkerung gewesen sein, es „denen da oben“ mal zu zeigen –, diese Signale, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir nicht außer Acht lassen. Auch diese auf zugreifen ist im Sinne eines gelingenden Europas zwingend und notwendig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wahl in Frankreich ist trotz aller Skepsis, die da in dem einen oder anderen Punkt mitschwingen mag, ein Sieg für Europa und damit für BadenWürttemberg im Herzen Europas ein Gewinn. Es liegt jetzt an uns, den deutsch-französischen Motor wieder in Schwung zu bringen, auch wenn wir nicht in allen Themen mit unserem neuen Partner in Paris übereinstimmen. Zum Glück haben wir einen Partner, der mit uns an einem gemeinsamen Europa ar beitet, einen Partner, der wie wir darauf setzt, dass die großen Herausforderungen für unsere Länder nur gemeinsam gelöst werden können und dass wir zusammen mehr erreichen als allein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herzlichen Dank an die CDU-Fraktion für die Bean tragung dieser Debatte. Ich denke, aus diesem Landtag ist ein starkes Signal nach Frankreich, zu unseren Freunden im El sass und im Grand Est gegangen, dass wir Hand in Hand den weiteren europäischen Integrationsprozess gemeinsam gehen wollen. Das ist die Sonnenseite dieses Morgens.
Die Schattenseite ist die Debattenkultur, die mit der Überfüh rung der Lüge von Herrn Meuthen durch den Minister – Jörg Meuthen wird in der „Stuttgarter Zeitung“ vom 8. Mai mit den Worten zitiert, er hätte Le Pen gewählt, und bestreitet das hier – einen Tiefpunkt erreicht hat.
(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Das habe ich nicht be stritten! Auch Sie sagen nicht die Wahrheit! – Lachen des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)
das können Sie im Protokoll nachlesen – für Brüderlichkeit und Gleichheit. Dafür eignen Sie sich wirklich nicht, Herr Meuthen.
(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Versuchen Sie es doch mit der Wahrheit! – Gegenruf des Abg. Daniel And reas Lede Abal GRÜNE: Sie sind hier nicht in Ihrem Hörsaal! – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Dann krie gen Sie auch so eine lange Nase wie er!)
Denken Sie an Ihre Standpunkte zum Umgang mit Migranten und Ihren Umgang mit Homosexualität, mit gleichgeschlecht lichen Partnerschaften. Wenn Sie dann noch der Spezialist für Gleichheit und Brüderlichkeit sind, dann weiß ich nicht mehr, wo ich hier stehe.
Ja, ich bin gleich fertig. – Ich den ke, Sie sollten sich ein Beispiel nehmen an den 386 Briten, die seit dem Brexit in Baden-Württemberg einen Antrag auf Einbürgerung gestellt haben. Die kennen den Unterschied ge nau; sie wissen, was sie an der EU haben und was sie an die ser grün-schwarzen Regierung haben.
(Zuruf: Hoi! – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Spricht er jetzt wieder für die AfD? – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Spricht er jetzt für den Meuthen oder in eigener Sache? – Abg. Dr. Hans-Ul rich Rülke FDP/DVP: Er outet sich als Autor des He xenbuches! – Gegenruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ach so, als Autor des Hexenbuches!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich stehe hier für klare Fronten und nicht für Wischiwaschi.