Protocol of the Session on May 11, 2017

(Lachen bei den Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP – Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Haben Sie das von Herrn Gedeon? Hat Ihnen das Herr Gedeon auf geschrieben?)

Das sind die Ergebnisse einer ökostalinistischen,

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

schon wahnhaften Mission, die Sie bei diesem Thema verfol gen. Wir von der AfD stehen für eine Klima-, eine Wirtschafts- und eine Gesellschaftspolitik der Vernunft, der Evolution durch Marktkräfte

(Zuruf von der FDP/DVP: Tätä, tätä, tätä! – Abg. Da niel Andreas Lede Abal GRÜNE: Hat Ihnen das Herr Gedeon aufgeschrieben? – Unruhe – Glocke der Prä sidentin)

und für Innovationen unter staatlichen Rahmenbedingungen. Wir brauchen keine Windmühlen,

(Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Wir brauchen kei ne AfD!)

wo kein Wind weht.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Paul Ne meth CDU: Wir auch nicht! Das ist Nonsens! Wirt schaftlicher Nonsens!)

Wir von der AfD richten uns entschieden gegen Ihre ökologi sche Bevormundung.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Wir richten uns gegen die mutwillige Demontage erfolgrei cher Wirtschaftszweige wie der Zwangsabschaltung bestehen der und funktionssicherer Atomkraftwerke.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Lachen der Abg. Andrea Schwarz GRÜNE)

Wir fordern

(Zuruf von den Grünen: Wir fordern die Zwangsab schaltung der AfD!)

ein zehnjähriges Memorandum, bis Sie überhaupt wissen, wie Sie die Energiewende gestalten wollen.

(Abg. Paul Nemeth CDU: Er weiß gar nicht, was er redet!)

Jetzt soll im zweiten Schritt die Demontage unserer weltweit erfolgreichen Dieselmotoren folgen. Dagegen machen wir Po litik.

(Zuruf der Abg. Andrea Schwarz GRÜNE)

Dafür gewinnen wir auch immer mehr Wähler.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen, der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, ich bedanke mich bei Ihnen.

(Beifall bei der AfD – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Der vorletzte Satz war gut! – Gegen ruf von der AfD: Wer sitzt im Saarland im Landtag? – Weitere Zurufe)

Für die Landesregierung er teile ich das Wort Herrn Minister Untersteller.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Kollegin nen und Kollegen Abgeordnete! Wenn die Folgen dessen, über was wir heute Morgen diskutieren, nicht so ernst wären, könn te man über das lachen, was wir eben gehört haben.

(Zuruf von der AfD: Das sagt der Richtige!)

Es ist leider Gottes ein wenig ernster. Ich will mal versuchen, ein paar Fakten darzulegen, die den Ernst dann auch deutlich machen. Bei der Temperaturentwicklung macht es – das ist eben auch vom Kollegen Glück schon völlig zu Recht ange sprochen worden – keinen Sinn, auf Einzelereignisse zu schauen. Man kann nicht sagen, dass ein bestimmter Sturm die Folge des Klimawandels sei. Vielmehr macht es immer nur Sinn, sich längerfristige Trends anzuschauen.

Wenn man sich die längerfristigen Trends anschaut, dann stellt man fest: Global hat die durchschnittliche Temperatur – das ist die Aussage des IPCC in seinem Fünften Sachstandsbe richt – zwischen 1880 und 2015, innerhalb dieser langen Zeit, um 0,85 Grad Celsius zugenommen. Das hört sich jetzt nicht so arg viel an, aber hat schon einige Folgen.

In Baden-Württemberg – das sind jetzt die Zahlen von der LUBW in dem Klimaanpassungsbericht, den wir 2015 vorge legt haben – hat zwischen 1881 und 2015 die Durchschnitts temperatur um 1,3 Grad Celsius zugenommen – also mehr als im globalen Durchschnitt. Dies ist ein Phänomen, dessen man sich bewusst sein sollte.

Zweitens: Bezeichnend ist dann auch, dass nicht nur die Durchschnittstemperatur zugenommen hat, sondern dass die Temperaturextreme zugenommen haben. Die Prognose der LUBW und anderer ist, dass diese Extreme weiter zunehmen werden.

Die Anzahl der Hitzetage – also der Tage mit mehr als 30 Grad Celsius; so werden Hitzetage definiert – steigt. Sie hat sich landesweit in den zurückliegenden fünf Jahrzehnten von fünf auf knapp zehn Tage verdoppelt. Vor allem in der Oberrhein ebene und im Rhein-Neckar-Raum werden Hitzetage in Zu kunft noch stärker zum Problem werden. Nehmen wir den Raum Karlsruhe als Beispiel. Übrigens hat Karlsruhe heute die Durchschnittstemperatur, die Lyon vor 70 Jahren hatte – das nur mal nebenbei bemerkt. Auch das ist ein Ergebnis der Forschungen der LUBW.

Im Raum Karlsruhe zählen wir heute durchschnittlich über 20 heiße Tage pro Jahr, also Tage mit mehr als 30 Grad Celsius. Im Jahrhundertsommer 2003 – jetzt kann man sagen, das war ein Extrem; das war es natürlich auch – wurden in Karlsruhe 53 heiße Tage verzeichnet. Bis zur Mitte dieses Jahrhunderts könnte die Zahl der heißen Tage in Karlsruhe – das ist die Pro gnose der Fachleute der LUBW – auf durchschnittlich 35 und bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf über 50 Tage pro Jahr ansteigen. Das heißt, Ende dieses Jahrhunderts – das ist nicht meine Zahl, sondern die Prognose der Fachleute der LUBW – hätten wir dann in Karlsruhe im Durchschnitt eine Situati on, die der Situation im Extremsommer 2003 entspricht.

Noch eine Bemerkung zum Extremsommer 2003. Noch mal – da gebe ich Ihnen recht –: Man kann nicht sagen, dies sei die Folge des Klimawandels. Aber wenn sich solche Extrem sommer häufen, ist dies, so meine ich, doch ein Indiz dafür, dass da etwas aus den Fugen gerät. Der Extremsommer 2003 hat europaweit zu mehreren Tausend zusätzlichen Hitzetoten geführt, insbesondere im älteren Teil der Bevölkerung.

Die Münchener Rück hat angegeben, dass im Sommer 2003 europaweit etwa 23 000 zusätzliche Hitzetote zu beklagen ge wesen seien. Das Deutsche Rote Kreuz hat eine noch höhere Zahl genannt, nämlich 35 000. In Deutschland geht man für den Sommer 2003 von etwa 3 500 zusätzlichen Hitzetoten aus. Diese Zahlen sollte man ernst nehmen.

Ich will versuchen, noch ein anderes Phänomen darzulegen, das wir in Baden-Württemberg seit vielen Jahren beobachten. Seit rund fünf Jahrzehnten beobachten die LUBW und ande re Fachleute im Murgtal, wann die Apfelblüte beginnt. Es gibt mal ein Jahr, in dem die Blüte früher anfängt, und mal ein Jahr, in dem sie später anfängt. Aber wenn man das über solch lan ge Zeiträume beobachtet, kann man einen Trend feststellen. Dieser Trend lautet im Ergebnis, dass die Apfelblüte in den letzten 25 Jahren im Schnitt 13 Tage früher angefangen hat als in den 25 Jahren davor.

Übrigens gibt es eine sehr schöne Webseite, auf der Sie sehr viele Details zu diesem Forschungsprojekt finden. Es lohnt sich auch, dies mal vor Ort anzuschauen.

Wenn man diese Ergebnisse hört, dann versteht man natürlich auch, dass das, was wir in diesem April erlebt haben, nicht un bedingt ein Ausreißer sein muss. Das heißt, tendenziell wird die Apfelblüte in den kommenden Jahren eher so früh anfan gen wie in diesem Jahr. Ich sage: tendenziell. Es wird immer wieder einmal Jahre geben, die anders sind, aber in der Ten denz wird es so sein.

Aber die Spätfröste werden trotzdem da sein. Dann treffen diese Dinge zusammen, die zu der Situation geführt haben, die wir leider Gottes beklagen müssen, nämlich massive Schä den in der Landwirtschaft, massive Schäden im Obstbau in diesem Jahr, massive Schäden im Weinbau. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums des Kollegen Hauk, der Fachleute, sind etwa ein Viertel der Trauben im Weinbau und etwa ein Drittel des Obstbaus durch den Frosteinbruch stark geschädigt. Dann kommt natürlich dazu, dass wir noch regi onale Unterschiede haben, einige Regionen noch einmal viel extremer betroffen sind als die Regionen im Schnitt.

Das Kabinett hat sich intensiv mit diesen Fragen beschäftigt. Ich finde – das sehen die Kolleginnen und Kollegen im Kabi nett auch so, und das sieht Gott sei Dank auch ein Großteil dieses Hauses so –, dass wir hier in der Pflicht stehen, den Landwirtinnen und Landwirten, auch den Weinbauern und den Obstbauern in dieser Situation zu helfen. Da geht es wirklich teilweise um Existenzen. Ich denke, Kollege Hauk wird dazu nachher in der zweiten Runde auch noch etwas sagen.

Wir haben aber nicht nur dieses Phänomen von zunehmenden Temperaturen und den Dingen, die ich gerade dargelegt habe, sondern wir haben auch das Phänomen, dass sich dann, wenn die Temperaturen zunehmen, die Luftmassen logischerweise auch erwärmen und dann wiederum mehr Feuchtigkeit auf nehmen können. Wenn sie mehr Feuchtigkeit aufnehmen kön nen, dann nimmt die Gefahr – auch das ist ein Ergebnis der Forschung nicht nur der LUBW, sondern auch anderer Ein richtungen – von Starkregenereignissen zu. Uns allen sind, denke ich, noch die Bilder des Unwetters Ende Mai, Anfang Juni letzten Jahres vor Augen: dramatische Szenen in Brauns bach, in Schwäbisch Gmünd oder im bayerischen Ort Sim bach. Man könnte auch andere Orte nennen.

Entsprechendes gilt für extreme Sturm- und Hagelereignisse, die im Zuge des fortschreitenden Klimawandels immer häu figer und heftiger auftreten können. Ein Beispiel dafür ist das Hagelereignis im Jahr 2013. Auch hier kann man jetzt nicht sagen, dass dies unbedingt eine Folge des Klimawandels ist. Aber die Tatsache, dass derartige Hagelereignisse häufiger auftreten, als das früher der Fall war, ist doch, finde ich, et was, was man wahrnehmen muss und womit man sich ausei nandersetzen muss. Allein dieses Hagelereignis im Jahr 2013 hatte – laut Angaben der SparkassenVersicherung – hier in Ba den-Württemberg einen Schaden in Höhe von 1,25 Milliar den € verursacht. Das heißt, da geht es nicht um Peanuts, son dern da geht es zum Teil wirklich um existenzielle Fragen.

Oder nehmen Sie die Stürme, die wir auch hier in BadenWürttemberg hatten. Ich erinnere an Wiebke 1990, Lothar 1999, Kyrill 2007. So könnte man weitermachen. Stürme gab es schon immer. Aber die Tatsache, dass sie sich häufen, soll te uns doch zu denken geben. Wenn man dann weiß, dass al lein Lothar 1999 in Baden-Württemberg, in der Schweiz, in Österreich, im angrenzenden Bereich von Frankreich Schä

den in Höhe von 8,6 Milliarden € hervorgerufen hat, dann muss man sagen: Es geht doch wirklich auch um ökonomi sche Fragen und nicht nur um die Frage, ob es angenehm oder weniger angenehm ist, dass es bei uns wärmer oder kälter ist. Ich meine, bei diesen Zahlen geht es an die ökonomischen Grundlagen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Genau so ist es!)

Die Zunahme solcher Extremereignisse in der Zukunft hat, meine Damen und Herren – ich denke, das machen diese Aus führungen auch deutlich –, ganz erhebliche Folgen für uns Menschen, für die Umwelt und dann auch für die Wirtschaft. Ich habe eben einige Zahlen dazu genannt.

Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, dass wir diesen Ent wicklungen mit einer engagierten Klimaschutzpolitik entge gensteuern. Allen voran ist es von entscheidender, ja, man kann sagen, existenzieller Bedeutung, dem globalen Tempe raturanstieg mit effektiven Klimaschutzmaßnahmen deutlich zu begegnen. An der Dekarbonisierung des Stromsektors, des Wärmesektors und des Verkehrssektors geht kein Weg vorbei.

(Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Paul Nemeth und Dr. Patrick Rapp CDU)

Herr Kollege Glück, da können wir im Detail streiten.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Allerdings ist es, meine ich, schon ein bisschen naiv, zu sa gen: „Der Emissionshandel ist toll, und das EEG ist schlecht.“

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Das sagt der Welt klimarat!)