Protocol of the Session on May 3, 2017

(Abg. Andreas Stoch SPD: Korrekt!)

Mit der Orientierungsstufe und den zusätzlichen Poolstunden hätten Sie ein wirkungsvolles Instrument, um die Schülerin nen und Schüler gezielt zu fördern, ohne sie voreilig zu tren nen. Nun schaffen Sie jedoch eine Orientierungsstufe, die ih ren Namen nicht verdient. Indem nur noch auf mittlerem Ni veau unterrichtet wird, müssen diejenigen, die ab Klasse 7 auf Grundniveau lernen, durchfallen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nein, die werden in den G-Zug versetzt! Das ist ein Unterschied! Die fallen nicht durch!)

Von dort soll es dann am liebsten in separaten Hauptschul klassen weitergehen. Es ist schon nicht fair, voreilig in Schub laden gesteckt zu werden. Dass Sie die Kinder auch noch be wusst beschämen und stigmatisieren, statt sie ihrem Bedarf entsprechend zu fördern, ist für die Betroffenen einfach nicht tragbar.

Sie hätten die Chance gehabt, die Realschulen zu einer Schul art weiterzuentwickeln, die der Heterogenität ihrer Schüler schaft pädagogisch gewachsen ist.

(Abg. Anton Baron AfD: Gleichmacherei! – Zuruf des Abg. Raimund Haser CDU)

Stattdessen versuchen Sie auf Biegen und Brechen, homoge ne Gruppen zusammenzustellen, die es dann doch nicht ge ben wird und bisher auch nicht gab. Dass Sie dabei den be troffenen Schülerinnen und Schülern schaden, scheint Sie nicht von Ihrem nostalgischen Irrweg abbringen zu können.

Mein Fazit: Dieser Gesetzentwurf enthält alle Bausteine, die der Rückschritt in Richtung starre Dreigliedrigkeit braucht, und genau da will die CDU hin. Und Grün schaut untätig zu. Wir waren bei der gerechten Gestaltung unseres Bildungssys tems schon einmal weiter.

Zu den Anträgen der FDP/DVP-Fraktion kann ich sagen: Die Anträge Drucksachen 16/2008-1 und 16/2008-3 lehnen wir selbstverständlich ab. Das kennen Sie ja noch von der Aus schussdebatte.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Die direkte Zuweisung der Poolstunden an die Realschulen – Antrag Drucksache 16/2008-2 – unterstützen wir.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Kern das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Dieser Gesetzentwurf versucht ganz offensichtlich, Teile des bildungspolitischen Scherbenhaufens der Vorgängerregierung in den Griff zu bekommen.

(Zuruf des Abg. Gerhard Kleinböck SPD)

Die Regierung Kretschmann I zerschlägt das Porzellan, die Regierung Kretschmann II versucht es wieder notdürftig zu kitten. Das ist schon eine erstaunliche Geschichte zu einem Gesetzentwurf.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Gekittet werden insbesondere die Schäden, welche die über stürzte und unvorbereitete Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung durch die damalige, grün-rote Lan desregierung verursacht hat. Um rund 300 % bzw. 500 % schnellte die Sitzenbleiberquote an den Gymnasien und an den Realschulen in der Folge nach oben.

Trotz dieses Alarmsignals und der dahinter stehenden Einzel schicksale hielt Grün-Rot unverbesserlich daran fest, dass sich die weiterführenden Schulen die Grundschulempfehlung nicht zeigen lassen durften. Und der Verweis auf den Datenschutz konnte schon damals nicht als Vorwand gelten. Denn Schul leitungen und Lehrer sind ohnehin zum Stillschweigen über personenbezogene Informationen verpflichtet.

Dass die grün-schwarze Landesregierung diesen Unsinn nun abschafft, unterstützt die FDP/DVP-Fraktion ausdrücklich.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Rai mund Haser CDU: Bravo!)

Die grün-schwarze Koalition bleibt allerdings nach wie vor ein grundlegendes Konzept schuldig, wie in der Frage der Ver bindlichkeit der Grundschulempfehlung zu verfahren ist. Wie wenig überzeugt insbesondere der grüne Koalitionspartner von der verbindlichen Vorlage der Grundschulempfehlung ist, zeigt der Umstand, dass der Gesetzentwurf regelrecht ver schleppt wurde. Nun sind die Anmeldungen an den weiterfüh renden Schulen für das kommende Schuljahr bereits erfolgt.

Aus Sicht der FDP/DVP-Fraktion gibt es aber keinen Grund, den weiterführenden Schulen nicht das Recht einzuräumen, sich bei den Erziehungsberechtigten schon jetzt über die Grundschulempfehlung zu informieren. Deshalb haben wir einen entsprechenden Entschließungsantrag eingebracht.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Der vorliegende Gesetzentwurf will neben der Grundschul empfehlung auch im Bereich der Realschulen die grün-rote Politik des Misstrauens gegenüber den Lehrern korrigieren. Aber auch diese Korrektur erfolgt nicht mit ganzem Herzen.

Dass die Realschulen zukünftig Kurse auf unterschiedlichen Leistungsniveaus bilden können, ist sehr zu begrüßen. Eigent lich ist dies selbstverständlich, wenn die Realschullehrer ihre Schüler neben dem Realschulabschluss auch auf den Haupt schulabschluss vorbereiten sollen.

Umso unverständlicher ist es, dass es weiterhin eine verpflich tende Orientierungsstufe in den Klassen 5 und 6 geben soll. Damit bleibt u. a. das Sitzenbleiben am Ende von Klasse 5 ab geschafft. Deshalb hat die FDP/DVP-Landtagsfraktion bean tragt, auf einen Zwang zur Einrichtung einer Orientierungs stufe zu verzichten. Stattdessen sollten die Realschulen die Möglichkeit erhalten, in eigener pädagogischer Verantwor tung eine Orientierungsstufe einzurichten.

Noch einmal gestellt haben wir auch unseren Antrag, die ins gesamt 20 Poolstunden den Realschulen direkt und ohne Um weg über die Schulverwaltung zuzuweisen. Im Bildungsaus schuss hat unser Antrag die Regierungsfraktionen immerhin etwas zum Nachdenken gebracht. Jedenfalls will die Landes regierung nun ihr Vorgehen evaluieren.

Nach Auffassung der FDP/DVP-Fraktion ist diese Verzöge rungstaktik allerdings nicht zielführend. Die Schulen vor Ort wissen selbst am besten, wofür sie die Poolstunden am ge winnbringendsten einsetzen können. Und warum sollte das nur für die Gemeinschaftsschulen gelten, nicht aber für die Realschulen?

(Beifall bei der FDP/DVP)

Etwas als falsch Erkanntes nur zwecks Gesichtswahrung der Grünen beizubehalten hat mit verantwortungsbewusster Bil dungspolitik nicht viel zu tun. Darüber dürften sich auch die CDU und ihre Kultusministerin im Klaren sein. Wenn der Ge setzentwurf wirklich bildungspolitische Fehlleistungen korri

gieren will, muss er das auch konsequent tun. Anders ist Bil dung auf hohem Niveau weder zu halten noch zu erzielen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregierung er teile ich Frau Ministerin Dr. Eisenmann das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute in zweiter Lesung zwei bildungs politische Vorhaben der Landesregierung, die, wie ich glaube – das haben auch die Diskussionen der letzten Wochen gezeigt –, zu Recht im Mittelpunkt der Diskussionen stehen, weil sie für zwei Schularten, den Grundschulbereich und den Bereich der Realschulen, grundlegende Weichenstellungen bedeuten.

Zunächst möchte ich auf das Thema Grundschulempfehlung zu sprechen kommen. Es ist zum einen ein wichtiges Signal an die Eltern, dass wir ihnen Beratung und Unterstützung zu kommen lassen. Frau Boser, wie Sie zu Recht sagten und wir es alle gemeinsam schon oft wiederholt haben: Nachher ent scheidet der Elternwille. Aber die zur Pflicht gewordene Be ratung und Unterstützung nehmen Eltern dankbar an.

Im Übrigen kann ich nur sagen – ich habe Rückmeldungen aus den letzten Wochen –: Es gab durchaus Eltern, die frei willig bei den weiterführenden Schulen die Grundschulemp fehlung vorgelegt und mit dem Rektor bzw. der Rektorin da rüber gesprochen haben, obwohl sie von dem Gesetzgebungs vorhaben nichts wussten. Die Hemmungen der Eltern halten sich da in Grenzen. Deshalb glaube ich, dass es in die richti ge Richtung geht.

Herr Dr. Kern, wir haben auch im Ausschuss darüber gespro chen: Ich habe grundsätzlich die Zielsetzung, dass Gründlich keit vor Schnelligkeit geht.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Wir auch!)

Dann haben wir etwas gemeinsam. – Deshalb ist es, glaube ich, auch richtig, dass wir uns Zeit genommen haben, um ab zuwägen, welche Beratung wir uns vorstellen, welche Unter stützung wir uns vorstellen.

Dass dies nicht im Hopplahoppverfahren funktioniert und wir den Eltern, die natürlich bereits im März die Anmeldung zur weiterführenden Schule abgegeben haben, dies auch nicht überstürzt mitteilen wollten, halte ich für richtig und ange messen im Umgang mit den Schulen und den Eltern. Deshalb wird diese Regelung erst zum kommenden Schuljahr, zum Schuljahr 2018/2019, in Kraft treten können.

Ein zweites zentrales Anliegen im Sinne der Stärkung unse rer Schularten – auch dies habe ich ja in den letzten Monaten häufig gesagt; uns geht es um alle Schularten, aber wir disku tieren sie nacheinander und miteinander – ist die Stärkung der Realschulen. Dies ist – ich sagte auch dies in der vergange nen Beratung zu diesem Gesetzentwurf – ein überfälliges The ma.

Die Realschule ist seit Jahrzehnten die starke tragende Säule unseres Schulsystems, schon immer mit einer sehr heteroge nen Schülerschaft. Deshalb ist es entscheidend, dass wir die

se bewährte und leistungsstarke Schulart auch dahin gehend ertüchtigen, die immer komplexeren Aufgaben im Hinblick auf ihre Schülerschaft auch immer besser bewältigen zu kön nen.

Auch hier ist unser Maßstab, unter den Gesichtspunkten Leis tung und Qualität die bestmögliche Förderung der Kinder zu erreichen. Deshalb möchten wir von starren Vorgaben abrü cken und eine flexiblere, auch äußere Differenzierung ermög lichen. Die Schulen können also – nicht zwingend auf das Ab schlussziel konzentriert oder beschränkt – Gruppen, Klassen und Züge bilden und im Unterricht selbst differenzieren. Das ist aus unserer Sicht eine adäquate Antwort auf die Zusam mensetzung der Schülerschaft vor Ort und auch auf die Be darfe, die diese Schülerschaft hat.

Deshalb begrüße ich auch – die Diskussion in der Öffentlich keit zeigt ja, es wird ausdrücklich von den Realschulen be grüßt –, dass wir diesen Weg gehen. Er wird als Stärkung, als zentrale Unterstützung ihrer Arbeit mit ihren Schülerinnen und Schülern gesehen. Genau so ist es gemeint.

Sie haben es richtig dargestellt, Herr Kern: Wir, die grünschwarze Koalition, haben zugesagt, dass wir nach einer ge wissen Zeit evaluieren, um zu sehen, wie der Einsatz der Pool stunden optimal erfolgt: ganz an den Schulen oder – wie es bisher vorgesehen ist – im Wesentlichen an den Schulen und dann noch über eine Verteilung über die staatlichen Schuläm ter. Uns geht es darum, mir geht es darum, es gut zu machen, die bestmögliche Lösung für unsere Schulen vor Ort zu errei chen. Deshalb halte ich es auch für richtig, dass man nach ei ner gewissen Zeit betrachtet: Funktioniert es so, oder müssen wir im Sinne der Verbesserung korrigieren? Damit habe ich kein Problem, das ist zugesagt, und das werden wir auch so machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)