Protocol of the Session on April 6, 2017

Ich wollte einmal fragen: Welcher Islam wird denn dann un terrichtet? Ich kenne den türkischen Islam, den intoleranten türkischen Islam, ich kenne den radikalen saudi-arabischen Islam. Aber welcher Islam soll denn dann unterrichtet wer den?

Es „soll“ nicht nur unter richtet werden, sondern es wird unterrichtet: Es ist islamischer Religionsunterricht sunnitischer Prägung. Das ist das, was wir an unseren Schulen als Angebot haben – seit 2006/2007 ent wickelt mit den entsprechenden Bildungsinhalten der sunni tischen Glaubensrichtung.

(Zuruf des Abg. Stefan Räpple AfD)

Die Frage, wie es weitergeht, ist für die Landesregierung da durch geprägt, dass die islamischen Verbände, mit denen wir in dieser Frage zusammenarbeiten, als Voraussetzung für die weitere Zusammenarbeit zwingend unzweideutig und verbind lich klären – vor allem muss DITIB ihr Verhältnis zum türki schen Staat klären –, wie das Selbstverständnis dieser Verbän de ist.

Damit stehen wir in Baden-Württemberg nicht allein, und wir bewegen uns auch nicht außerhalb dessen, was innerhalb der

Bundesregierung thematisiert wird. Die Bundesregierung hat durch Bundesinnenminister Thomas de Maizière anlässlich der Feier zu „Zehn Jahre Deutsche Islamkonferenz“ am 27. Sep tember letzten Jahres zum Ausdruck gebracht, dass es nicht gehe, gleichzeitig Religionsgemeinschaft, politische Lobby isten und Vertretung ausländischer politischer Interessen zu sein. Das sind Rollen, die sich nicht miteinander vertragen. So hat es Bundesinnenminister Thomas de Maizière formu liert, und so gilt es auch für das Land Baden-Württemberg in der Zusammenarbeit beim islamischen Religionsunterricht.

Nicht jede Religionsgemeinschaft hat automatisch ein Recht auf Religionsunterricht. Sie muss bestimmte, durch Gesetz und Rechtsprechung formulierte Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehört die Rechtstreue. Nur wenn diese Voraussetzun gen zweifelsfrei erfüllt sind, können wir Religionsgemein schaften als Partner für den Religionsunterricht akzeptieren.

Dabei sind wir, Herr Dr. Kern, seitens des Kultusministeriums auch wachsam in Bezug darauf, was jetzt zu den zum Teil ver deckt geführten Verfahren beim Generalbundesanwalt – auch öffentlich – zur Sprache gekommen ist. Das Verfahren beim Generalbundesanwalt wird, wie ich zum Ausdruck gebracht habe, zwar zum Teil verdeckt geführt. Die Bundesregierung hat einzelne Länder aber auch öffentlich benannt. BadenWürttemberg ist bei diesen Ländern, die in diesen Verfahren benannt worden sind, nicht aufgeführt und mit beinhaltet ge wesen.

Neben diesen Fragen, die für uns, die Landesregierung und das Land Baden-Württemberg, wichtig sind, werden inner halb der Verbände auch fachliche Fragen diskutiert. Die isla mischen Verbände haben zu Beginn dieses Jahres festgestellt, dass noch zu viele Probleme ungeklärt sind und sie daher nicht, wie es ursprünglich von ihnen gewünscht war, zu Be ginn des Schuljahrs 2018/2019 die Trägerschaft übernehmen können. Dabei geht es um fachliche Fragen wie die Idschaza, also die Lehrerlaubnis, die fachliche Schulaufsicht, das Ver hältnis zu anderen Glaubensrichtungen wie z. B. den Schiiten – ich habe ja auf die Nachfrage gesagt: das ist Religionsun terricht der sunnitischen Glaubensrichtung – und einiges mehr.

Islamischer Religionsunterricht an unseren öffentlichen Schu len kann nur mit verlässlichen Partnern und mit Lehrerinnen und Lehrern stattfinden, die an den deutschen öffentlichen Hochschulen ausgebildet worden sind. Damit ist auch der be grenzende Faktor beschrieben, der jetzt schon mehrfach in Ih rer Debatte im Parlament zum Ausdruck gekommen ist, näm lich die Frage nach den Lehrkräften, die an den Hochschulen studieren. Wir haben für die Lehrkräfte, die dort ausgebildet worden sind, den Schulen die Möglichkeit gegeben, Herr Dr. Kern, schulscharf auszuschreiben. Die Stellen können schul scharf ausgeschrieben werden. Ich glaube, es liegt nicht an der Zahl der Stellen, die wir angesichts des hohen Bedarfs nicht alle besetzen können – der Bedarf geht über das, was bisher an den 93 Standorten vorhanden ist, noch hinaus. Wir würden auch gern an mehr Standorten etwas anbieten. Der be grenzende Faktor sind die Lehrkräfte.

Ich glaube, dass dabei auch die Unsicherheit, die in den öf fentlichen Diskussionen zutage tritt, eine große Rolle spielt, die Frage, wohin die Religionen gehen, wohin die Verbände gehen, wie sich die Verbände untereinander verhalten. Das spielt sicher eine große Rolle, wenn es darum geht, sich für

dieses Studienfach zu entscheiden. Eine Ausweitung der Zahl der Stellen allein bei nicht ausgenutzten Möglichkeiten, die wir an unseren Hochschulen bieten können, würde dafür nicht mehr bringen.

Die notwendigen Lehramtsstudiengänge sind an den Pädago gischen Hochschulen und an der Universität Tübingen ge schaffen worden. Die erforderlichen Stellen für Professorin nen und Professoren, Juniorprofessoren, akademische Mitar beiter sind vorhanden.

Wie Sie wissen, haben wir an drei allgemeinbildenden Gym nasien ein Angebot an islamischem Religionsunterricht. Bis Gymnasiallehrer zur Verfügung stehen, die ein Lehramtsstu dium absolviert und dann den Vorbereitungsdienst erfolgreich abgeschlossen haben, wird es noch einige Jahre dauern.

Um das Angebot an allgemeinbildenden Gymnasien ausbauen zu können, haben wir bis auf Weiteres auch den Seiteneinstieg in den Vorbereitungsdienst für Absolventen des Tübinger Mas terstudiengangs „Islamische Theologie im europäischen Kon text“ – nach Abschluss des dortigen achtsemestrigen Studien gangs „Bachelor of Theology“ oder gleichwertiger Bachelor studiengänge – geöffnet.

Sie sehen daran, dass wir die Möglichkeiten zur Gewinnung von Lehrkräften nutzen und dass wir ein großes Interesse da ran haben, auf diesem Weg der Bedeutung, die wir dem isla mischen Religionsunterricht seitens der Fraktionen und der Landesregierung beigemessen haben, gerecht zu werden.

Wir haben einen Weg eingeschlagen. Jetzt sind die Verbände in der Bringschuld, offene Fragen zu klären. Die Landesre gierung wird ein wachsames Auge darauf haben. Es wird kei ne Indoktrination durch die Hintertür geben. Baden-Württem berg bleibt gerade auch in der Diskussion um das Ziel der Ein führung des islamischen Religionsunterrichts eine wehrhafte, wachsame und zugleich freiheitliche Demokratie.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich das Wort noch einmal Herrn Kollegen Dr. Kern.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär Schebesta, ich ha be noch eine sehr wichtige Frage, und ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie diese beantworten könnten. In der Stellung nahme zu Ziffer 6 unseres Antrags schreiben Sie – Zitat –:

Eine systematische Ermittlung des potenziellen Bedarfs an Lehrkräften für den islamischen Religionsunterricht ist auch deshalb nicht möglich, da das Merkmal „Musli misch“ bei Schülerinnen und Schülern statistisch nicht erfasst wird und demzufolge keine Zahlen dazu vorliegen.

Es gibt aber eine Verordnung des Kultusministeriums über die Datenverarbeitung für statistische Erhebungen und schulüber greifende Verwaltungszwecke an Schulen vom 10. Juni 2008, durch die die personenbezogenen Merkmale der Schüler ab gefragt werden. Dort steht ganz klar auch das Merkmal „Re ligionszugehörigkeit“. Was stimmt denn nun? Wird die Reli gionszugehörigkeit abgefragt und erfasst, ja oder nein? Ha

ben Sie in Ihrer Stellungnahme zu unserem Antrag richtig ge antwortet, ja oder nein? Denn es ist doch für unsere heutige Frage ganz entscheidend, dass wir zunächst einmal den Be darf erheben.

Werte Kollegin Felder von der CDU, Sie haben gesagt: „Bei uns geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit“, und auch Kollegin Lösch hat gesagt, es gebe nichts Wichtigeres, als bei diesem Thema voranzugehen. Deshalb frage ich: Was ist denn grund legender und im Grunde auch wichtiger – und gleichzeitig be hutsamer – bei diesem Thema, als unserem Antrag zuzustim men, zunächst einmal den Bedarf zu erheben, indem wir die Zahl der Schülerinnen und Schüler abfragen, um danach sa gen zu können, wie viele muslimische Schülerinnen und Schü ler wir überhaupt haben? Wie viele von ihnen sind überhaupt an einem muslimischen Religionsunterricht interessiert? Be hutsamer, langsamer, grundsätzlicher kann man bei diesem Thema gar nicht vorangehen, als es die FDP/DVP-Fraktion heute vorschlägt.

Deshalb noch einmal mein Appell an die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und der CDU: Wenn Sie unserem Antrag heute nicht zustimmen, dann setzen Sie sich dem Ver dacht aus, dass Sie bloß deshalb bei diesem wichtigen Thema – Sie haben beide gesagt, es sei ein ganz zentrales, wichtiges Thema für das Land Baden-Württemberg und für die Regie rung – nicht zustimmen wollen, weil der Antrag von der Oppo sition kommt.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Nein!)

Ich sage aber für meine Fraktion: Es gibt Themen, bei denen die demokratischen Parteien in diesem Land an einem Strang ziehen sollten. Dieses Thema umfasst u. a. die Frage, welche Werteerziehung wir den Schülerinnen und Schülern an den Schulen in Baden-Württemberg mitgeben. Wir könnten heu te im Landtag zeigen, dass die demokratischen Parteien alle an einem Strang ziehen. Das hielte ich für ein ganz, ganz star kes Signal.

Es macht doch überhaupt keinen Sinn, dass wir den Schüle rinnen und Schülern beispielsweise im katholischen oder im evangelischen Religionsunterricht Wissen über die Weltreli gionen beibringen, sie ihnen näherbringen und ihnen die Grund lagen mit auf den Weg geben – z. B. in Bezug auf den Islam –, wir aber Gleiches bei den muslimischen Schülern unterlassen, weil wir eben keinen muslimischen Religionsunterricht ha ben. Das macht keinen Sinn.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der SPD)

Deshalb noch einmal mein Appell an die hier vertretenen vier Landtagsfraktionen: Lassen Sie doch von dem heutigen Tag ein starkes Signal ausgehen. Ein erster Schritt hierfür wäre es, zunächst einmal den Bedarf zu ermitteln. Über alle weiteren Schritte können wir uns dann ja zwischen den Fraktionen un terhalten. Darüber würde ich mich sehr freuen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort für die Landes regierung erhält nochmals Herr Staatssekretär Schebesta.

Ich muss von mir aus ei gentlich nicht noch ein zweites Mal ans Rednerpult. Aber da Sie, Herr Dr. Kern, diese Frage erst in der zweiten Runde ge stellt haben: Das führt uns an ein Problem, nämlich das Pro blem der Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft, wie es sie für islamische Glaubensrichtungen nicht gibt. Wir fra gen nach der Zugehörigkeit zu Religionsgemeinschaften. Ei ne solche Zugehörigkeit durch eine Mitgliedschaft in einer wie auch immer gearteten islamischen Körperschaft gibt es nicht. Deshalb haben wir hierfür keine flächendeckende Zahl, sondern unsere Abfrage nach der Zugehörigkeit zu einer Re ligionsgemeinschaft richtet sich an die Religionsgemeinschaf ten, die als solche geführt werden und für die zahlengestütz te Angaben zu ihren Mitgliedschaften gemacht werden kön nen.

Herr Dr. Kern, Sie sprachen wieder das Thema Bedarf an. Ich will darauf hinweisen, dass klar ist, dass der Bedarf größer ist als unsere Kapazitäten an entsprechenden Lehrkräften. Was hilft es uns, darüber hinaus noch mehr abzufragen? Wir sind, glaube ich, an ganz wichtigen Fragen für die weitere Arbeit beim Thema „Islamischer Religionsunterricht“ dran, und die se werden uns in der nächsten Zeit noch genügend Aufgaben stellen. Über die Frage des quantitativen Bedarfs brauchen wir dabei also nicht zu intensiv zu diskutieren.

Natürlich haben diese Fragen, wie ich vorhin bereits ausge führt habe, mit Sicherheit auch einen Einfluss auf den Zugang zu den Studiengängen; dies wird ein begrenzendes Element für die weiteren Ausbaumöglichkeiten sein. Klar ist aber, und daran sollten wir festhalten: in deutscher Sprache, in Deutsch land ausgebildet, unter deutscher Aufsicht.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Ja!)

Deshalb müssen wir mit den Zahlen – wir hätten gern höhere Zahlen und könnten auch mehr Ausbildungskapazitäten zur Verfügung stellen – umgehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Das Wort hat Herr Abg. Dr. Gedeon.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das hätte nicht sein müs sen!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mich den Ausführun gen von Hans Peter Stauch vollinhaltlich anschließen und zu sammenfassend Folgendes feststellen:

Erstens: Es ist auffallend, dass dieselben Leute, die alles ge tan haben, um den christlichen Religionsunterricht immer stär ker aus den Schulen herauszudrängen, nun alles tun, um den islamischen Religionsunterricht in die Schulen hineinzudrän gen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Abg. Bernd Gö gel AfD: Absolut richtig! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So ein Unsinn! Meine Güte! – Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Sie wissen schon, was ich in der Schule unterrichtet habe, oder? – Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Zweitens: Frau Felder, Sie sagten, es gehe nicht um Politik, sondern es gehe um Religion. Falsch! Beim islamischen Re ligionsunterricht geht es nicht um Religion, sondern um Po litik.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Sicherlich kann man, meine Damen und Herren, den Islam re ligiös individuell praktizieren. Aber sobald er sich gesell schaftlich organisiert und damit politisiert, entfaltet er voll sein bellizistisches Potenzial. Dadurch ist er eine Bedrohung für die christlichen Grundlagen, für die abendländischen Grund lagen unserer Geschichte.

(Beifall des Abg. Stefan Räpple AfD)

Wer jetzt glaubt, den Vorstellungen und Bekenntnissen, den verbalen Beteuerungen von Islam-Lobbyisten Vertrauen schen ken zu können, der ist naiv, meine Damen und Herren. Im Zu sammenhang mit DITIB haben dies einige inzwischen be merkt. Bei den anderen Vereinigungen ist es nicht anders. Das ist natürlich alles verbale Schaumschlägerei – so, wie Herr Er dogan es sagt: Die Demokratie ist für uns der Zug, und wenn wir am Bahnhof sind, dann steigen wir aus. – Und das ma chen sie jetzt.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)