Wir stehen für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit als Werte der Europäischen Union, und es lohnt sich, sich gerade in Zei ten dafür einzusetzen, in denen Despoten mit der Pressefrei heit umgehen, als ob sie nichts wert wäre.
Die Wirtschaftsmacht Europa – Stichworte Freihandel, „ge meinsame Standards“, „gefallene Schlagbäume“ – hat mehr als jedes Austauschprogramm oder mehr als jeder europäische Fernsehsender dazu geführt, dass man sich in Europa näher gekommen ist. Nicht nur Baden-Württemberg – das möchte ich hier einmal sagen – hat von der EU profitiert. Auch die geografischen Ränder haben in den vergangenen 60 Jahren immer davon profitiert – sei es durch Förderzahlungen oder anderes –, dass dieses Europa wächst. Ich glaube, das kann man beim 60. Geburtstag auch einmal sagen.
Ja, wer ohne Freihandel ist, der werfe das erste I-Phone. Das stand schon etwas früher in ein paar Ausführungen. – Wenn man sich dann überlegt, wie der Brexit heute gestaltet wird, dann muss man sagen: 60 Jahre Europa, und nun wird sich
auch zeigen, wie wir diese Verhandlungen, vor denen wir jetzt stehen, führen. Die können wir zwar kritisieren und darüber lamentieren, aber – das hat auch die Bewertung der Landes regierung ergeben – das zukünftige Gesicht Europas wird da von abhängen, wie der Brexit umgesetzt wird. Lassen Sie uns daran arbeiten,
Zum Schluss der Irrweg eines Nicht-Europas: Kollege Hofe lich ist unter Hinweis auf die Gurkenkrümmungsverordnung darauf eingegangen. Wir alle waren in Brüssel, als das The ma Ökodesign-Richtlinie aufkam. Meine Damen und Herren, wer auf Europa schimpft, weil mit der Ökodesign-Richtlinie die Leistungsaufnahme der Staubsauger herunterreguliert wird, den frage ich: Wer glaubt denn, dass es den Grünen hier im Land nicht auch irgendwann einmal einfallen würde, sich die ses Themas anzunehmen? Wenn das jedoch alle Länder für sich tun, dann haben wir keinen Mehrwert davon.
Deswegen: Man kann zwar kritisch mit Einzelaspekten um gehen, aber man sollte nicht Ökodesign, Gurkenkrümmung, Traktorensitzverordnung usw. heranziehen, um gegen die EU zu hetzen. Meine Damen und Herren, das, was wir hier ma chen – da müssen wir ehrlich sein –, ist doch jeweils nationa le Politik, die über Europa umgesetzt wird. Sich dann aufzu regen, das ist Populismus und tut Europa nicht gut.
Deshalb freue ich mich darauf, diesen Geburtstag begehen zu können und auch mit kritischen Anmerkungen dafür zu sor gen, dass wir die Erfolgsgeschichte weiterschreiben. Denn Eu ropa ist unsere Vergangenheit und unsere Zukunft, und das ist auch die EU. Deshalb müssen wir diesen Weg weiter kritisch begleiten und auf ihm vorangehen.
Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal bin ich der CDU-Fraktion sehr dankbar, dass sie dieses The ma wenige Tage vor dem Jubiläum, vor dem 60. Geburtstag der Europäischen Union zum Gegenstand einer Aktuellen De batte gemacht hat. Ich denke, die Debatte hat auch gezeigt – zugegebenermaßen mit unterschiedlichen Facetten –, dass sich weite Teile dieses Hohen Hauses klar zu diesem gemeinsa men Europa bekennen. Insoweit steht es uns als dem Parla ment, als dem Landtag von Baden-Württemberg gut an, in Ba den-Württemberg, im Herzen Europas, im Zusammenhang mit diesem Jubiläum ein klares Bekenntnis für dieses unser gemeinsames Europa abzugeben, liebe Kolleginnen und Kol legen.
Diese Debatte bietet uns Chancen in verschiedener Hinsicht. Sie bietet erstens die Chance, uns die unbestreitbaren Vortei le eines vereinten Europas wieder in Erinnerung zu rufen. Ich finde, es wird zu wenig betont: Es ist zu selbstverständlich ge worden, diese Chancen immer wieder beim Namen zu nen nen. Frieden, Freiheit und Wohlstand, Demokratie und Rechts staatlichkeit – da werden sich hier im Saal alle oder zumin dest die allermeisten schnell einig sein: Das ist Europa. Allein deshalb lohnt es sich, für Europa einzutreten, liebe Kollegin nen und Kollegen.
Die Debatte bietet zweitens die Chance, die ebenso unbestreit baren Probleme dieses vereinten Europas oder auch der Eu ropäischen Union offen anzusprechen.
Der Titel dieser Debatte ist ja bewusst gewählt: „... Europa neu beleben“. Daraus ergibt sich der Ruf nach Dynamik, nach Weiterentwicklung in Europa. Auch Probleme wie Bürokra tie, Überregulierung und intransparente Entscheidungen
sowie das Gefühl der Menschen, im Brüsseler Raumschiff werde sowieso ohne sie entschieden, müssen angesprochen werden.
Die Debatte bietet drittens schließlich die Chance, nicht nur über vergangene Leistungen und aktuelle Probleme zu disku tieren, sondern im Land eine breite Debatte über die Zukunft dieses gemeinsamen Europas anzustoßen. Denn Baden-Würt temberg als Land im Herzen dieses Kontinents war immer ge prägt von Europa, dem Verhältnis zu unseren Nachbarn und dem Austausch, dem Handel und der Partnerschaft mit ihnen.
Es ist doch überhaupt nicht die Frage, ob wir ein Teil Europas sein wollen oder nicht. Diese Frage ist beantwortet – politisch und historisch, wirtschaftlich und im gelebten Alltag der Men schen. Die Frage ist nur: Wie soll dieses Europa aussehen, das zur DNA von uns Baden-Württembergern gehört?
Herr Dr. Meuthen, in diesem Zusammenhang fand ich Ihre Selbsteinschätzung und die Aufreihung derer, denen Sie sich zugehörig fühlen, schon bemerkenswert.
(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der Grü nen, der SPD und der FDP/DVP – Abg. Martin Ri voir SPD: Genau!)
Wer sich in einer solchen Debatte freiwillig neben Marine Le Pen stellt, eine Frau, von der wir wissen, dass sie Europa nicht weiterentwickelt, sondern Europa zerstören will,
Kollege Dr. Reinhart hat darauf hingewiesen – hat gut daran getan, diese Frage nicht einfach von oben herab zu beantwor ten. Wir dürfen selbstkritisch und dankbar einräumen: Da hat Europa ein Stück weit verstanden, dass es auch dort darum geht, nicht nur von oben herab den Weg vorzugeben, sondern auch einmal unterschiedliche Wege zur Diskussion zu stellen, die Europa einschlagen könnte. Es hat damit Raum geschaf fen für eine Debatte, die nicht zuvorderst in Brüssel oder Straßburg stattfinden sollte, sondern hier bei uns, an der Ba sis der Europäischen Union, bei den Europäerinnen und Eu ropäern. Denn:
In diesen Worten – die übrigens vom ehemaligen deutschen Außenminister Klaus Kinkel stammen – steckt die einfache, aber auch wichtige Erkenntnis, dass Europa kein Projekt für die Eliten sein darf.
Europa muss ein Projekt der Bürgerinnen und Bürger sein. Die Debatte über Europas Zukunft gehört deswegen in die Parlamente, in die breite Öffentlichkeit, ja sogar auf die Stra ße und an die Stammtische.
Wir sollten keine Angst vor zu vielen Stimmen oder Meinun gen haben, sondern wir sollten Angst vor Gleichgültigkeit ha ben. Wir sollten nicht Kritik fürchten, sondern Teilnahmslo sigkeit.
Deshalb will ich diese Stelle auch nutzen, um dieser klassi schen Bewegung von unten nach oben „Pulse of Europe“ in besonderer Weise zu danken. Sie war am letzten Wochenen de in 50 Städten Deutschlands unterwegs, in Baden-Württem berg in Baden-Baden, Freiburg, Friedrichshafen, Heidelberg, Karlsruhe, Konstanz, Offenburg, Stuttgart, Tübingen.
Das sind Menschen, denen Europa nicht gleichgültig ist. Sie gehen für Europa auf die Straße. Tun wir es ihnen gleich, lie be Kolleginnen und Kollegen.
Die von der EU-Kommission ins Spiel gebrachten fünf Zu kunftsszenarien spannen einen weiten Bogen. Sie reichen u. a. vom einfachen „Weiter so!“ über ein reines Wirtschaftseuro pa mit Konzentration auf den Binnenmarkt bis hin zu undif ferenziert viel mehr Europa auf allen Feldern.
Da Debatten von klaren Standpunkten leben, will ich mit mei ner Meinung hierzu nicht hinter dem Berg halten. Die ersten