Protocol of the Session on February 9, 2017

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Vorvergangene Woche warf der Vorsitzende des Landeselternbeirats der Landesregierung Lü ge vor.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Kennen Sie den?)

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

In meiner Fraktion haben wir uns über die harte Wortwahl sehr gewundert. Gleichzeitig haben wir dies als Ausdruck der Ohn macht und Verzweiflung bei den Eltern gewertet. Sie erleben

beständig Unterrichtsausfall und fachfremden Unterricht an den Schulen ihrer Kinder. Es wird ihnen aber vorgerechnet, dass der Unterrichtsausfall, statistisch gesehen, gar nicht so groß sei. Kein Wunder, wenn da Vertrauen in die zuständigen Institutionen verloren geht.

Auch der Kultushaushalt sorgt da nicht für mehr Klarheit; im Gegenteil. Die Kontobewegungen im Einzelplan 04 tragen teilweise zu noch größerer Verwirrung bei. Es sind nicht so sehr die sogenannten technischen k.w.-Vermerke, die zur Um rechnung von Haushaltsjahr zu Schuljahr ausgebracht wer den. Es ist vielmehr die Unmöglichkeit, von den Gesamtsum men in den Schulkapiteln auf die Lehrerversorgung der ein zelnen Schulen zu schließen. Also lässt sich auch schwer sa gen, ob die Versorgung insgesamt ausreicht oder nicht.

Das erinnert ein wenig an einen Blindflug in dichtem Nebel, der nur deshalb noch halbwegs gut ausgeht, weil es das Bo denpersonal immer wieder richtet. Kein Wunder, dass hier Spielraum für postfaktisches Vorgehen entsteht.

Das Paradebeispiel: Die ehemalige grün-rote Landesregierung machte sich wegen zurückgehender Schülerzahlen an die Streichung von 11 600 Lehrerstellen. Ausgeblendet wurde da bei, dass für die geplanten Verbesserungen, z. B. bei der Un terrichtsversorgung für den Ganztags- und den Inklusionsaus bau, mehr Personal und Finanzmittel gebraucht werden und nicht weniger.

Die FDP/DVP-Fraktion hat immer gefordert, den tatsächli chen Bedarf an Lehrerstellen erst einmal fundiert zu erheben, dabei den Bedarf für die geplanten Qualitätsverbesserungen einzuberechnen und ein entsprechendes Bedarfsdeckungskon zept für die Lehrerversorgung vorzulegen. Eigentlich wäre diese Transparenz eine selbstverständliche Voraussetzung für die Aufstellung eines Kultushaushalts und eine wesentliche Voraussetzung dafür, die Unterrichtsversorgung sicherzustel len und den Unterrichtsausfall in den Griff zu bekommen. Lei der wurden unsere Anträge auf ein Bedarfsdeckungskonzept immer wieder abgelehnt. Dass die Kultusministerin in ihrer Auseinandersetzung mit der Finanzministerin um die Strei chung von 441 Lehrerstellen als Kompromiss vorgeschlagen hat, den Rechnungshof mit der Bedarfserhebung zu betrauen, lässt bei uns Freien Demokraten immerhin Hoffnung keimen.

Wir erwarten und fordern, dass sich das Kultusministerium nach dem für Mai 2017 angekündigten Rechnungshofbericht sogleich an ein Bedarfsdeckungskonzept für die Lehrerver sorgung macht und dieses rechtzeitig zu den Beratungen des Haushalts 2018/2019 vorlegt. Das ist schon allein deshalb nö tig, weil schon wieder ein postfaktisches Manöver droht. Die Kultusministerin hat zwar ihrem Namen alle Ehre gemacht und die 441 Stellen vorläufig gerettet – aber eben nur vorläu fig. Bereits zum Schuljahr 2017/2018 sollen dann 441 plus 633, das heißt 1 074 Lehrerstellen abgebaut werden. Der wei tere Ausbau der Ganztagsschulen, der Inklusion, des Informa tikunterrichts sowie der Fächer Ethik und Islamische Religi on ist da noch gar nicht gegengerechnet. Aber steht nicht zu erwarten, dass die Grünen der Kultusministerin noch ein wei teres Husarenstück durchgehen lassen? Wir sind gespannt.

Selbst mit einem fundierten Bedarfsdeckungskonzept allein ist es noch nicht getan. Um die Unterrichtsversorgung sicher zustellen, braucht man nicht nur Planstellen, sondern auch qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer. Bei der Lehrergewin

nung sind aus Sicht meiner Fraktion zusätzliche Anstrengun gen und ein deutliches Mehr an Kreativität bei der Kultusmi nisterin erforderlich. Dazu zählt aus unserer Sicht die Mög lichkeit, früher als bisher Einstellungszusagen zu vergeben, vor allem mehr Eigenverantwortung und Gestaltungsfreiheit für die einzelne Schule bei der Personalauswahl und Perso nalentwicklung.

Aber auch ohne dass ein Bedarfsdeckungskonzept vorliegt, lassen sich Bereiche ausmachen, in denen sich bei effiziente rem Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel Qualitätsver besserungen erzielen. In diesem Sinn erheben wir seitens un serer Fraktion vier Forderungen, die sich in unseren beiden Entschließungsanträgen finden.

Erstens: Der Klassenteiler für die Gemeinschaftsschulen wird von derzeit 28 auf 29 Schülerinnen und Schüler heraufgesetzt. Als einzige weiterführende Schulart gilt für die Gemein schaftsschulen nicht der Klassenteiler 30, sondern 28. Inso fern wäre dieser Schritt ein Beitrag zu faireren Bedingungen bei der Ausstattung der Schularten. Grundlegendes Ziel soll te aber der Klassenteiler 28 für alle Schularten bleiben. Zu nächst sollten jedoch die frei werdenden Personalmittel auf alle Schularten verteilt werden, um die Reserven für Vertre tungslehrkräfte zur Verbesserung der allgemeinen Unterrichts versorgung zu verstärken.

Auch können der Ethikunterricht, der islamische Religions unterricht und der Informatikunterricht an allen Schulen aus gebaut und die Jugendberufshelfer weiter bezuschusst wer den.

Zweitens: Zusätzlich zur verpflichtenden rhythmisierten Ganz tagsschule wird auch die offene Ganztagsschule ins Schulge setz aufgenommen. Die aufgrund der geringeren Kosten einer offenen gegenüber einer verpflichtend rhythmisierten Ganz tagsschule frei werdenden Mittel werden insbesondere für Verbesserungen im Bereich der Kooperation von Schulen mit außerschulischen Partnern eingesetzt.

Ein Beispiel hierfür sind die Kunstschulen. Trotz des ange meldeten Mehrbedarfs und des offensichtlichen Potenzials bei den Schulkooperationen wurde ihr Zuschuss im Haushalt 2017 zunächst sehr viel niedriger angesetzt als in den vergangenen Jahren. Mit einem Antrag im Finanzausschuss schoben die Regierungsfraktionen dann noch gönnerhaft 200 000 € als Einmalgabe nach. Um stabile Schulkooperationen aufzubau en, bedarf es aber einer angemessenen und verlässlichen Mit telausstattung.

Drittens: Der Ausbau von Inklusionsangeboten wird behutsa mer als bisher vorgenommen. Die aufgrund von nicht besetz ten Stellen und dem behutsameren Inklusionsausbau frei wer denden Mittel werden für Qualitätsverbesserungen im Bereich der Sonderschulen – jetzt sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentren – und der Inklusion eingesetzt. Beispiels weise könnte das verhältnismäßig hohe Deputat von Fachleh rern und technischen Lehrkräften an den Sonderschulen und in der Inklusion gesenkt werden. Das könnte bei der Lehrer gewinnung helfen, in einem Bereich, in dem der Lehrerman gel besonders groß ist.

Viertens: Der sogenannte Schulversuch G 9 wird beendet und läuft, anders als von Grün-Schwarz geplant, aus. Die frei wer denden Mittel werden den beruflichen Gymnasien übertragen.

Sie sollten mit ihrem dreijährigen Bildungsgang im Anschluss an die mittlere Reife die reguläre neunjährige Alternative zum achtjährigen Gymnasium bilden. Die allgemeinbildenden Gymnasien erhalten die Möglichkeit, die ihnen zugewiesenen Wochenstunden der G-8-Stundentafel auch auf neun Jahre zu verteilen.

Effizienzsteigerungen und Qualitätsverbesserungen in einem, was will man mehr? Dennoch sind wir Freien Demokraten skeptisch, ob die grün-schwarze Komplementärkoalition zu mutigen, der Sache dienlichen Entscheidungen fähig ist.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir sind es!)

Schließlich heißt Komplementärkoalition übersetzt: Jeder macht seins. Also dürften sich Grüne und CDU in gewohnter Weise gegenseitig blockieren, sodass es maximal zu einem unbrauchbaren Kompromiss reicht, und der wird dann auch noch Schulkonsens genannt. Mit einem Schulfrieden im Sin ne von verlässlichen Bedingungen für die erfolgreiche eigen verantwortliche Arbeit der am Schulleben Beteiligten hat das wahrlich wenig gemein.

Die Forderungen der FDP/DVP-Fraktion resultieren übrigens aus unserem Schulfriedensvorschlag von 2014, der offensicht lich nichts an Aktualität verloren hat.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Als zweitem Redner für die FDP/DVP-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Kollegen Hoher.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen! Der Sport ist die Fairness-Schule unserer Gesellschaft. Im Sport lernen wir, Regeln zu beachten und andere zu respektieren. Wir erfahren, dass Einsatz sich lohnt und Wettbewerb etwas ist, was letzt lich allen nützt. Man muss um einen Sieg kämpfen, aber man kann nicht immer gewinnen. Durch den Sport lernen Kinder, mit Sieg und Niederlage umzugehen.

Mit diesen allgemeinen Bemerkungen zu Beginn möchte ich nicht nur meine Haltung zum Sport darstellen, sondern die Meinung meiner ganzen Fraktion.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Da es heute um die Finanzierung des Sports geht, möchte ich erstens zum Solidarpakt Sport Stellung nehmen. Wir Freien Demokraten im Landtag begrüßen es sehr, dass die Landes regierung und der Sport einen Solidarpakt vereinbart haben. Diese parteiübergreifende Tradition der Solidarpakte schafft einen verlässlichen Rahmen für die Arbeit von Verbänden und Vereinen.

Das gilt gleichermaßen für den Breitensport wie für den Spit zensport. Gut ausgebildete Übungsleiter oder Trainer sichern das hohe Niveau in örtlichen Vereinen genauso wie in einem Olympiazentrum.

Zweitens gilt unsere besondere Aufmerksamkeit dem jüngs ten Sportnachwuchs. Kinder frühzeitig für den Sport zu be

geistern, Talente und Neigungen früh zu fördern, das halten wir für eine zentrale Aufgabe auch für uns in der Landespoli tik.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Eine wichtige Grundlage für die frühe Förderung im Kinder garten bildet der Orientierungsplan. Im Gegensatz zu einem Bildungsplan für die Schule ist ein Orientierungsplan aber nicht verbindlich. Die FDP/DVP-Fraktion tritt deshalb dafür ein, den Orientierungsplan verbindlich zu machen, auch da mit der Sport ein unverrückbarer Bestandteil der frühen Bil dung wird.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Drittens halten wir Freien Demokraten die Ganztagsschule für eine der größten Herausforderungen gerade auch für die Sport vereine und Sportverbände.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Die ehemalige, grün-rote Regierung hat leider nur die ver pflichtende Ganztagsschule ins Schulgesetz aufgenommen. Dabei wechseln sich Unterricht und offene Phasen den Tag über ab. Die FDP/DVP-Fraktion tritt dafür ein, dass zusätz lich zur verpflichtenden auch die offene Ganztagsschule ins Schulgesetz kommt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Der Unterricht findet am Vormittag statt, und am Nachmittag gibt es offene Angebote.

(Zuruf von der SPD)

Diese Ganztagsschule liegt sehr im Interesse der Vereine. Ei nerseits ist ein Nachmittagsangebot für Ehrenamtliche meist leichter zu organisieren als ein Vormittagsangebot, und ande rerseits haben Schüler und Eltern die freie Wahl, ob sie nach mittags in einen Verein gehen oder in der Schule bleiben.

Statt einer verbindlichen Ganztagsschule für alle Schularten schlagen wir Freien Demokraten ein Kooperationsbudget für alle Schulen vor.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das wäre ein echter Anreiz für die Schulen, gemeinsam bei spielsweise mit den Sportverbänden oder Sportvereinen vor Ort Ganztagsangebote auf den Weg zu bringen. Eine Schule, offen für die Zivilgesellschaft und damit auch für die Vereine – das sollte unser aller Ziel sein.