Protocol of the Session on February 9, 2017

Die Ausschreibung und die Vergabe der Leistungen... ge stalten wir in „Ihrem“ Sinne,... Gute Verbindungen im Nahverkehr, moderne Fahrzeuge, in denen Sie sich wohl fühlen – damit wollen wir Sie vom Bahnfahren überzeu gen.... Mit der Vergabe des Übergangsvertrages konnten wir sowohl technisch wie auch finanziell spürbare Ver besserungen erzielen. Vielerorts werden Sie, die Fahrgäs te, in den Genuss besserer und neuerer Fahrzeuge kom men.

Lieber Herr Verkehrsminister, ich weiß nicht, wo Sie in Ba den-Württemberg unterwegs sind.

(Heiterkeit des Abg. Anton Baron AfD)

Ich war mehrfach im Land unterwegs – nicht nur mit der Remsbahn, sondern auch mit anderen Bahnen – und habe mit Fahrgästen gesprochen. Wenn ich Sie wäre, würde ich diesen Flyer ganz schnell von der Homepage und ganz schnell aus dem Verkehrsministerium nehmen; denn ich glaube, das scha det dem Image der Verkehrspolitik in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD)

Für die Vertragsvergaben bei den Übergangsverträgen haben Sie Millionen für Beratungsleistungen ausgegeben. Auch die Deutsche Bahn ist da in der Verantwortung. Aber da kann man nicht nur auf die Deutsche Bahn zeigen. Vielmehr trifft die Art und Weise dieser Übergangsverträge auch die Verantwor tung des Verkehrsministeriums. Damit trifft es eben auch ge nau das, was Sie erreichen wollen, Herr Katzenstein, was Sie aber eben nicht erreichen. Sie haben auch beschrieben, wie toll das mit den Übergangsverträgen und dem Regionalver kehr sei. Vielleicht fahren auch Sie ab und zu mit dem Zug.

(Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE: Täglich! – Zu ruf der Staatssekretärin Bärbl Mielich)

Dann merken Sie es. Ich glaube, die Fahrgäste sehen es auf jeden Fall anders.

Wichtig ist uns – dazu haben wir einen Haushaltsantrag in die se Beratung eingebracht –, dass wir einen eigenen Haushalts posten zum Thema Barrierefreiheit vorsehen. Wir haben die Aufgabe – Sie selbst haben es sich auch zum Ziel gesetzt –, unsere Bahnhöfe barrierefrei zu gestalten. Wir vermissen ei ne eigene Haushaltsposition dafür. Es ist nur eine Mischposi tion hierzu enthalten. Deswegen wollen wir einen Akzent für Barrierefreiheit der Bahnhöfe und Bahnsteige in Baden-Würt temberg setzen. Ich glaube, das ist eine wichtige, eine ganz zentrale Landesaufgabe.

Das ist übrigens auch in Ihrem Mobilitätspapier enthalten, das Sie am Freitag, dem 13. Januar 2017, veröffentlicht haben. Mich wundert nicht, warum dieses Papier unsere Verkehrspo litik nicht nach vorn bringt. Denn Sie haben eines zum Ziel – Herr Katzenstein, Sie haben es noch einmal gut ausgeführt –: Sie wollen ein Umdenken, und zwar ein zwangsweises Um denken in Richtung Fuß- und Radverkehr. Auch wir wollen Fuß- und Radverkehr. Aber wir wollen eine sinnvolle Nutzung aller Verkehrsträger, während Sie ideologisch umswitchen wollen, was nicht gut für den Wirtschaftsstandort BadenWürttemberg ist.

(Beifall bei der FDP/DVP und der AfD – Abg. Her mann Katzenstein GRÜNE: Das stimmt so nicht!)

In dem erwähnten Mobilitätspapier schreiben Sie, das Ziel sei die Verlagerung auf ÖPNV und Fahrrad.

(Zuruf des Abg. Hermann Katzenstein GRÜNE)

Da steht nichts von der Notwendigkeit, moderne Zukunfts technologien im Straßenverkehr einzusetzen; dazu lese ich nichts. Dieses Papier sollten Sie schnell auf die Seite räumen und schauen, was wir in diese Richtung schon 2013 mit un serer Mobilitätsoffensive in Baden-Württemberg getan haben.

Sie von den Grünen schrieben zum Thema „Fahrradland Ba den-Württemberg – Jubiläumsjahr 2017: 200 Jahre Fahrrad“:

Wir geben dem Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel den nö tigen Rückenwind.

Nun weiß schon Ihr Energie- und Umweltminister, dass es mit dem Wind in Baden-Württemberg nicht so weit her ist.

(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der AfD)

Sie sollten also nicht nur auf den Radverkehr in Baden-Würt temberg setzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der AfD)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Hermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja jetzt doch noch eine muntere Debatte geworden. Ich möchte mich für die kritischen Beiträge bedanken. Denn diese geben mir die Möglichkeit, einiges klarzustellen oder zu beantworten und auch zu argumentieren.

Klar geworden ist, dass alle Fraktionen der Meinung sind, dass Verkehrspolitik, Mobilität und die dazugehörige Infrastruktur zentral wichtig sind für ein modernes Land wie Baden-Würt temberg, für die Bürgerinnen und Bürger wie auch für die Wirtschaft. Da gibt es einen breiten Konsens. Wenn man aber den Reden im Detail zugehört hat und diese analysiert hat, merkt man schon Unterschiede.

Wir, die Koalition, haben uns zu Beginn dieser Haushaltsbe ratungen die wichtigen Fragen gestellt: Wo wollen wir hin? Was sind die großen Herausforderungen, die wir mit diesem

Haushalt angehen wollen? Wie sehen diese aus? Wie können wir die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung – und zwar al ler Teile der Bevölkerung, in Stadt und Land, arm und reich – befriedigen? Wie können wir es schaffen, dass der Verkehr auf der Straße wie auf der Schiene und auch beim ÖPNV funktioniert? Wie schaffen wir den Strukturwandel, der sich offenkundig ankündigt? Manche haben ja schon – zu Recht, wie ich finde – von Revolution gesprochen. Da bewegt sich sehr viel, in der Technologie wie auch in den Konsum- und Verhaltensmustern der Menschen. Und schließlich ist die Grundsatzfrage zu beantworten: Wie schaffen wir die Ver kehrswende zu nachhaltiger Mobilität?

Ich glaube, dass wir mit diesem Haushalt eine gute Antwort auf diese Fragen geben können und gut zeigen können, wie wir diese Fragen systematisch abarbeiten.

Jetzt kommen wir einmal zu den Zahlen, damit die Basis klar ist. Herr Baron hat ja den Anschein erweckt, als könne er rech nen. Aber die Prozentsätze sind immer falsch, wenn man das falsche Basismaterial verwendet. Halten wir einmal fest: 1,9 Milliarden € hat das Land Baden-Württemberg im Bereich Verkehr. Da sind die Regionalisierungsmittel drin, da sind auch die Entflechtungsmittel drin. Das sind keine Bundesmit tel, sondern das sind Mittel, die nach dem Grundgesetz und nach gesetzlichen Regelungen der Arbeitsteilung zwischen Bund und Land Landesmittel sind, die wir haben. Das wird uns zugerechnet, und da kann man nicht klagen: „Ihr gebt nichts aus.“ Das sind ziemlich viele Mittel.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Wir bearbeiten im Sinne des Bund-Länder-Föderalismus und der Arbeitsteilung zusätzlich rund 800 Millionen € Bundes fernstraßenmittel, die wir umsetzen müssen. Das sind Jahr für Jahr Höchstsummen, übrigens sehr viel mehr als in den ver gangenen Jahren, und wir tun alles, um das zu schaffen. Auch dazu werde ich noch einiges sagen, weil einige Laienadminis tratoren da schon etwas bescheidene Vorstellungen haben, wie Straßenbau und Straßenbauverwaltung funktionieren.

Wir haben in diesem Haushalt noch dazu 116 Millionen € aus Sanierungsfondsmitteln. Das heißt, wer beim Haushalt nur den Einzelplan zum Verkehr betrachtet, kommt allein deshalb zu den falschen Zahlen. Denn das Ministerium für Verkehr hat wesentlich davon profitiert, dass die Koalition sich entschie den hat, viel zu tun, um den Vermögensverzehr aufzuhalten, um Investitionen in Infrastrukturen, die in den vergangenen Jahren – wie zum Teil ja zu Recht gesagt worden ist – zu we nig saniert, zu wenig erneuert worden sind, nachzuholen.

Ich rede jetzt nicht von den letzten fünf Jahren, Martin Rivoir. Wir haben schon vor fünf Jahren angefangen. Wir haben ge nau diesen Sanierungskurs systematisch und konsequent fort gesetzt. Wenn man das alles zusammenzählt, Herr Baron, dann kommt man halt auf 2,7 Milliarden €. Das ist schon eine ganz andere Summe als die, die Sie errechnet haben.

(Abg. Felix Schreiner CDU: So ist es!)

Wir tun viel, und ich möchte ganz herzlich Dank an die Koa litionsfraktionen sagen, die wirklich dafür gesorgt haben, dass wir diese Mittel in diesem Bereich haben. Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Da haben die Fraktionen gut zusammengearbeitet.

(Abg. Anton Baron AfD: Das macht es nicht besser, Herr Verkehrsminister!)

Übrigens, weil manche gedacht haben, wir vernachlässigten oder wir versäumten den Blick zurück: Wir haben auch in den vergangenen Jahren regelmäßig im Bereich des Verkehrshaus halts ringen müssen, damit wir genügend Geld bekommen. Das war mit der SPD nicht anders, als es in der jetzigen Situ ation ist, aber am Ende waren wir meist erfolgreich.

Ich glaube, es hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine rigide Sparpolitik im Bereich Infrastruktur fatale Konse quenzen hat, weil dann der öffentliche Verkehr systematisch schlechter wird und nicht ausgebaut wird oder weil die Stra ßen schlechter werden. Wir können aber ganz klar zeigen, dass wir durch unsere engagierte Sanierungspolitik der letzten Jah re deutliche Verbesserungen im Bereich der Verkehrsinfra struktur erreicht haben. Daher hätte Ihre Rede, Herr Baron, wenn Sie sie vor fünf Jahren gehalten hätten, ja noch getaugt,

(Abg. Anton Baron AfD: Aber da leben Sie auf einem anderen Kontinent!)

aber heute, muss ich sagen, haben wir deutlich mehr Mittel auf Landesebene und vom Bund. Das sind ganz andere Zei ten, weil es inzwischen einen Konsens darüber gibt, dass man deutlich mehr für die Verkehrsinfrastruktur tun muss, als das etwa in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts der Fall war.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Ich will das am Beispiel Straßenverkehr einmal deutlich ma chen.

(Abg. Anton Baron AfD: Ja!)

Wir haben etwa 9 500 km Landesstraßen, wir haben 3 200 Brücken. Das ist richtig viel. Dafür haben wir 80 Millionen € zum Erhalt und zur Sanierung im Haushalt des Verkehrsmi nisters und 70 Millionen € im Einzelplan 12. Das sind zu Recht Sanierungsmittel. Damit kommen wir auf 150 Millio nen €. Da muss ich leider den Genossen sagen: So viel hatten wir unter Grün-Rot nie.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Hört, hört! Das kommt ins Protokoll!)

Trotzdem: Wir bleiben seit Jahren auf einem hohen Niveau. Das ist auch berechtigt, weil es einen Sanierungsstau gab, und gerade die, die am lautesten schreien, waren beteiligt am Auf bau des Sanierungsstaus in den Jahren zuvor, als sie in der Re gierung waren. Diesen Stau bauen wir gerade jetzt ab.

(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Jochen Haußmann FDP/DVP: Da waren Sie noch nicht im Landtag, glaube ich!)

Wir haben trotz allem auch noch Mittel für Aus- und Neubau von Landesstraßen. Das sind 40 Millionen €. Zweifellos ha ben sich viele da etwas mehr gewünscht. Aber das muss man u. a. zur FDP/DVP halt auch sagen: Man kann nicht alles fi

nanzieren und zusätzlich finanzieren und gleichzeitig sagen: Wir müssen sparen. Da müsst ihr euch auch einmal überle gen, wie das zusammenpasst. Nicht immer sagen: „Sparen, sparen, sparen“, aber dann das Geld ausgeben, wo es einem passt. Das passt nicht zusammen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)