Protocol of the Session on February 9, 2017

Ja, deswegen. Wir wurden gefragt, ob wir unseren Antrag zugunsten Ihres Antrags zurückziehen. Da vom Betrag her das Gleiche drinstand, haben wir keine Eitelkeiten, das nicht zu tun.

Die beste Wirtschaftspolitik besteht darin, es den Menschen einfach zu machen. Ein Staat, der es den Bürgern leicht macht, ihre Ideen zu realisieren, und der Bürokratie begrenzt, betreibt die beste Wirtschaftspolitik.

Im Bundesrat wurden im vergangenen Jahr leider eine Viel zahl von Gesetzen beschlossen – die von Baden-Württemberg mitgetragen worden sind – wie das Entgeltgleichheitsgesetz. Früher schon gab es das Thema Mindestlohnüberwachung, die Frage eines überbordenden Brandschutzes. All das sind natürlich Themen, die wir in Baden-Württemberg nicht origi när lösen können. Aber ich würde doch darum bitten, dass Sie Ihre Möglichkeiten im Bundesrat nutzen und vor allem das große Versprechen „one in, one out“ einfordern, damit nicht noch mehr Bürokratie unternehmerische Aktivitäten behin dert.

(Abg. Anton Baron AfD: Aha!)

Das Schöne ist: Bürokratieabbau kostet nicht einmal Geld; im Gegenteil, er spart Geld auf allen Ebenen.

Kommen wir zu einem Thema, das letztlich mit dem großen Posten von 455 Millionen € und damit fast der Hälfte des Haushaltsvolumen im Wirtschaftsministerium eigentlich die Dominanz hat: die Wohnraumschaffung. 250 Millionen € für den Wohnungsbau, 205 Millionen € für die Städtebauförde rung – klar, das ist ein wichtiger Punkt. Wenn man möchte, dass eine Region wächst und Arbeitskräfte kommen und blei ben, braucht man Wohnraum.

Wir stellen allerdings fest, dass die zusätzlichen Mittel aus schließlich vom Bund kommen und dass an dieser Stelle auch gefragt werden muss, ob sie so, wie sie jetzt verplant sind, richtig eingesetzt sind. Wir sind der Meinung, dass die Förde rung von selbst genutztem Wohneigentum die deutlich besse re Alternative zur Förderung von Mietwohnraum ist. Alle Un tersuchungen zeigen, dass Folgeeffekte, die aus der Förderung von Eigentum kommen, dazu führen, dass Altbestand frei wird; dort ist günstiger Wohnraum vorhanden. Neubauten sind in der heutigen Situation überhaupt nicht mehr unter einem Mietpreis von 12,50 € pro Quadratmeter darstellbar. Deswe gen ist der Weg, zu glauben, man könne über den Neubau Leu ten, die sozial schwach sind, Wohnraum verschaffen, nicht re alistisch.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Natürlich können wir durch die Abschaffung mancher hinder licher Regelungen in der LBO und anderer Kostentreiber da für sorgen, dass sich die Preise verbessern. Aber wir kommen ja nicht voran. Die Einrichtung einer Wohnraum-Allianz hat te uns Hoffnung gemacht, dass diese Kostentreiber nun zügig angegangen werden.

Ich hatte die Befürchtung, dass sich ein solcher runder Tisch manchmal im Kreis dreht; das war aber nicht richtig. Denn die Teilnehmer der Wohnraum-Allianz haben intensiv gear beitet, und bereits Mitte November lagen dem Ministerium die Vorschläge der vier Arbeitskreise vor. Den Teilnehmern gingen diese aber erst am 6. Dezember zu für eine Sitzung, die am 8. Dezember stattfand, und zwar mit der Überschrift „Beschlussvorschläge“. Am Sitzungstag selbst erhielten wir eine neue Version mit der Überschrift „Empfehlungen“. Gott sei Dank hat die SPD nachgefragt, woran dies denn lag, und wir haben erfahren, dass die grüne Landtagsfraktion die Um benennung wünschte, damit deutlich wird, dass die Ergebnis se nicht bindend sind. So kann man doch mit Fachleuten nicht umgehen!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD)

Die Grünen kassieren die Ergebnisse und reduzieren sie auf das, was ihnen genehm ist.

Gleiches ist auch für den angedachten runden Tisch mit der Automobilindustrie zu befürchten, Frau Hoffmeister-Kraut. Wenn die Ergebnisse nicht dem Ideal der E-Mobilität entspre chen, werden sie wahrscheinlich ebenso kassiert.

Um den Strukturwandel im Land begleiten zu können, wäre die Wiedereinsetzung eines Innovationsrats, wie wir ihn schon einmal hatten, sinnvoll,

(Zuruf von der FDP/DVP: Sehr richtig!)

damit wir ergebnisoffen mit den Fachleuten aus Forschung, Industrie und Politik besprechen können, wo es in unserem Land langgehen soll und muss – frei von ideologischem Wunsch denken.

Liebe Frau Hoffmeister-Kraut, geben Sie Gas, bringen Sie die PS der Wohnraumallianz auf die Straße, und ziehen Sie den Fuß Ihres grünen Koalitionspartners von der Bremse! Das wä re eine gute Sache.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der AfD und der SPD)

Für die Landesregierung er teile ich Frau Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ganz kurz mit einem Ausblick auf die Lage Baden-Württembergs star ten. Es gab hier wohl einige Unstimmigkeiten.

Herr Dr. Weirauch, es gibt nicht nur eine Publikation, über die man sich informieren kann, wie es der Wirtschaft in Baden

Württemberg geht. Das Wirtschaftsministerium hat hier ganz klar Position bezogen. Die baden-württembergische Wirt schaft wächst. Sie hat eine hohe Wettbewerbsfähigkeit, und die Resultate des Aufschwungs – das freut mich ganz beson ders – kommen auch in der breiten Bevölkerung, bei den Ar beitnehmerinnen und Arbeitnehmern, an. Die Löhne und auch die privaten Einkommen steigen.

Die öffentliche Hand profitiert von wachsenden Steuereinnah men. Das Geld, das wir ausgeben, muss die Wirtschaft ver dienen – jeder Einzelne von uns, jeder Arbeitnehmer und je de Arbeitnehmerin.

Wir verzeichnen mittlerweile einen sehr hohen Stand bei den Erwerbstätigen – darauf können wir stolz sein –, die höchste jemals erfasste Zahl von Erwerbstätigen in Baden-Württem berg. Es ist ein wirklich erfreuliches Zeichen, dass bis zum Jahresende sogar die Zahl der Langzeitarbeitslosen um 8 % gesunken ist.

Lassen Sie mich noch einige Fakten und Zusammenhänge nennen. Die Zahlen der volkswirtschaftlichen Gesamtrech nung liegen noch nicht abschließend vor. Aber das Wirt schaftsministerium, Herr Dr. Weirauch, geht für 2016 von ei nem Wachstum in der Größenordnung von 1,8 % aus. Das Wachstum der baden-württembergischen Wirtschaft lag 2016 im Bundesdurchschnitt, während es – darauf möchte ich jetzt noch einmal hinweisen; das ist ein ganz wichtiger Aspekt – 2015 mit 3,1 %, so wie es normalerweise üblich war, den Bun desdurchschnitt überstiegen hat.

Der Grund liegt darin, dass 2016 das exportgetriebene Wachs tum eingebrochen ist; es stagniert. 2016 hatten wir fast aus schließlich binnenwirtschaftlich getragenes Wachstum, be günstigt durch die niedrigen Zinsen, die gute Beschäftigungs lage und den entsprechend hohen Konsum.

Auf der Basis der aktuell verfügbaren Rahmendaten rechnen wir für Baden-Württemberg im Jahr 2017 mit einem Wirt schaftswachstum von 1,5 bis 1,8 %, das dann wieder signifi kant über dem Bundesdurchschnitt liegen dürfte.

Die Auftragslage in der Industrie im letzten Quartal 2016 war sehr gut. Die Auftragsbücher sind gefüllt. Für 2017 können wir gute Prognosen abgeben.

Das ist aber kein Grund, sich entspannt zurückzulehnen. Die Risiken in der Weltwirtschaft nehmen zu; wir sind gefordert. Die Lage derzeit ist gut, aber es bestehen große Unsicherhei ten. Und Unsicherheiten – wer etwas von Wirtschaft versteht, weiß das – bedeuten Investitionszurückhaltung, und Investi tionszurückhaltung bedeutet, dass die Wirtschaft in ihrem Wachstum gehemmt wird.

Wir haben drei große Bereiche. Zum einen: Wie geht es wei ter mit Europa, wie geht es weiter mit der Welt? Baden-Würt temberg hängt vom Export ab. Jeder dritte Arbeitsplatz in Ba den-Württemberg hängt direkt oder indirekt vom Export ab. 42 % des Bruttoinlandsprodukts in Baden-Württemberg stam men aus dem Export. So, wie es sich derzeit abzeichnet, be finden wir uns weltweit nach einer langen Phase der Öffnung der Märkte und einer globalen Integration jetzt in einer neu en Phase der Abschottung. Die Befürchtungen sind leider be gründet. Manche sprechen sogar schon vom Aufstand gegen die Globalisierung.

Freihandelsabkommen haben einen schweren Stand, auch in Deutschland. In den letzten drei Jahren wurden weltweit ca. 1 800 neue Handelsbarrieren gezählt. Was das vor dem Hin tergrund der globalen Diskussion über den Freihandel bedeu tet, dazu kann jeder für sich selbst Schlüsse ziehen. Nun kommt auch noch Gegenwind von einem wichtigen Partner Baden-Württembergs, von den USA. Der amerikanische Prä sident positioniert sich. Amerika ist unser wichtigster Absatz markt, unser größter Handelspartner. Das muss uns bewusst sein.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Frau Wolle offensichtlich nicht!)

Ich weiß nicht. Frau Wolle? Ich kann ja noch einmal nach fragen.

Es bleibt jetzt wirklich zu hoffen, dass die Vernunft nicht auf der Strecke bleibt. Die Geschichte hat uns gezeigt, dass nati onaler Protektionismus auf lange Sicht nur Verlierer hervor gebracht hat. Wir müssen uns hier starkmachen; wir aus Ba den-Württemberg müssen uns darauf einstellen und müssen hier unsere Positionen in Deutschland, in Europa, in der Welt entsprechend vertreten.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Andere Fragestellungen ergeben sich im Zuge eines von man chen – auch von vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mern – als rasant empfundenen technologischen Wandels. Vie le sprechen von der vierten industriellen Revolution. Was be deutet die Digitalisierung für die unzähligen kleinen und mitt leren Betriebe im Land? Was bedeutet der Umstieg auf alter native Antriebe in der Automobil- und Zuliefererindustrie? Das ist bisher nicht angesprochen worden. Ich denke, wir müs sen etwas dafür tun, um die guten Voraussetzungen für Wert schöpfung und Arbeitsplätze vor dem Hintergrund dieser He rausforderungen in Baden-Württemberg zu erhalten bzw. zu schaffen.

Wir kümmern uns um die Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh mer. Wir haben eine Studie in Auftrag gegeben, die sich mit Arbeit 4.0 beschäftigt. Wir haben eine Digitalisierungsoffen sive in der Weiterbildung gestartet. Ich trete in die Diskussi on mit den verantwortlichen Akteuren in der Automobil- und der Zuliefererbranche zu diesem Transformationsprozess ein. Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um diese Entwick lung von politischer Seite aus positiv zu begleiten.

Das wird ergänzt durch den Aspekt Gründerland Baden-Würt temberg. Wir müssen hier wieder aktiver werden, um die vor handenen Potenziale noch besser zu nutzen. Innovation und technischer Fortschritt waren und sind die Stärken BadenWürttembergs, und auf diese Schwerpunkte ist der Haushalt des Wirtschaftsministeriums auch ausgerichtet. Wir müssen die mittelständischen Unternehmen unseres Landes darin un terstützen, die technologischen Strukturwandelprozesse, ins besondere in den Bereichen der Digitalisierung und der Elek tromobilität, hier anzuführen, zu bewältigen, zu meistern.

Aus diesem Grund nimmt die Technologie- und Innovations förderung im Haushalt des Wirtschaftsministeriums mit rund 126 Millionen € eine ganz exponierte Stellung ein.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen)

Hinzu kommen weitere Mittel in Höhe von 8,2 Millionen € für spezielle Digitalisierungsprojekte. Der Technologietrans fer wird intensiviert und optimiert. Hierzu werden wir unse re wirtschaftsnahen Forschungsinstitute der Innovationsalli anz, der Fraunhofer-Gesellschaft und des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums nachhaltig stärken und noch besser ver netzen. Der Landesanteil an der Grundfinanzierung der Fraun hofer-Gesellschaft – die Kofinanzierung zur Bundesförderung – beträgt 1,2 Millionen €. Ich freue mich, dass wir die Finan zierung dieses Anteils hier in den Haushaltsberatungen noch hingebracht haben. Das ist ein ganz wichtiges Signal. Denn – ich habe es gerade schon gesagt – der technologische Fort schritt ist eine der Stärken Baden-Württembergs. Der Tech nologietransfer ist eine unserer großen Stärken. Wir sind hier dezentral aufgestellt und ganz nah dran an den kleinen und mittleren Unternehmen. Da investieren wir das Geld an der richtigen Stelle.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

In der Initiative Wirtschaft 4.0 werden wir alle relevanten Ak teure in einem konstruktiven Dialogprozess einbinden und ge meinsam eine Digitalisierungsstrategie für das Land BadenWürttemberg entwerfen. Wir sind mit der Allianz Industrie 4.0 hier schon sehr weit vorangeschritten und werden das jetzt auf die Bereiche Handel, Handwerk, Dienstleistungen, freie Berufe ausweiten. Wir werden den Bereich Arbeit als Quer schnittsfunktion entsprechend mit einbeziehen.

Wir haben auch schon erste Akzente gesetzt, Beratungsange bote im Bereich der Industrie, und haben auch schon Bera tungsangebote über die Fraunhofer-Institute im Bereich der Elektromobilität. Hier passiert also viel. Schön, dass ich auch einmal die Gelegenheit habe, darüber zu reden.

(Abg. Anton Baron AfD: Es muss auch etwas dabei herauskommen!)

Die Innovationsgutscheine sind in der Tat ein bewährtes und erfolgreiches Instrument. Wir werden den Innovationsgut schein B Hightech für kleine Unternehmen weiter stärken und ausbauen.

Vor diesem Hintergrund bin ich auch froh und stolz, dass wir als Technologiebeauftragten der Landesregierung Professor Dr. Wilhelm Bauer gewinnen konnten, einen profunden und anerkannten Kenner der Materie. Er wird diese Bemühungen noch weiter unterstützen. Ich bringe hier PS auf die Straße, Frau Reich-Gutjahr. Ich denke, das ist auch ganz arg wichtig; wir müssen überall Präsenz zeigen. Er wird Ansprechpartner für Politik, Wirtschaft und Wissenschaft sein. Er wird die In teressen der technologiepolitischen Akteure bündeln, und er wird für die Technologiepolitik des Landes wichtige Impulse geben.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels – eine der weiteren großen Herausforderungen für Baden-Württemberg, für Deutschland – ist die Fachkräftesicherung ein ganz wich tiges Thema, und zwar zum einen, weil aufgrund von zu we nigen Fachleuten vor allem auch in den kleinen und mittleren Unternehmen Wachstumspotenziale fehlen. Hier haben wir schon jetzt einen Fachkräftemangel, und wir tun alles, um dem entgegenzusteuern.

Andererseits ist es auch ganz wichtig, hier den gesellschaftli chen Zusammenhalt weiter zu stärken, indem wir vielen Men schen eine neue Perspektive aufzeigen und sie entsprechend unterstützen. Wir haben hier verschiedene Foren: die Fach kräfteallianz, das Bündnis für die duale Ausbildung, wo wir aktiv auch Programme anstoßen –

(Abg. Anton Baron AfD: In welchen Bereichen?)