Nun der aktuelle Vorgang aus Kehl: Aus der Landtagsfrakti on sitzen allein vier Abgeordnete – Grimmer, Baum, Klos und Wolle – im Landesvorstand, die den Ausschluss der Presse am
Fraktionssprecher Jörg Meuthen, auch Sprecher der Bundes partei, gibt bei diesem Anschlag auf die freie Berichterstat tung ein trauriges Bild ab.
Er verkündet vor dem Parteitag noch gegenüber den Medien, dass ein Ausschluss der Presse kein Instrument sei, dem er große Sympathie entgegenbringen könne.
Er zeigt sich hilflos, und er zeigt sich ohne Einfluss. Als bür gerliches Feigenblatt ist er gut genug, aber längst sind die An hänger des rechten Flügels auf dem Vormarsch.
Es gab ja noch mehr anderslautende Äußerungen. Erst vor Kurzem, erst hier an dieser Stelle, äußerte sich Abg. Emil Sän ze von der AfD-Fraktion im Rahmen der von seiner Fraktion beantragten Aktuellen Debatte zu den Auswirkungen der po litischen Ereignisse in der Türkei folgendermaßen:
Und vielleicht an Sie: Wir lehnen natürlich nicht die Pres se ab. Die ist selbstverständlich bei unserem Parteitag zu gelassen. Das ist übrigens kein Delegiertenparteitag, son dern ein Parteitag der Mitglieder.
Wer nur selektive Inhalte preisgeben will, betrügt die Öffent lichkeit, ja, auch die eigenen Wählerinnen und Wähler, sich eine eigene Meinung zu bilden. Die AfD will als Teil des po litischen Spektrums ernst genommen werden, und sie will sich dauerhaft etablieren. Die Spielregeln der Demokratie will sie aber nicht akzeptieren. Sie beschimpft die Presse als „Pinoc chio-“ oder gar „Lügenpresse“.
Was ist denn die Auswirkung eines solchen Verhaltens? Ne ben der AfD übernehmen auch „Pegida“, „Legida“ und wie sie alle heißen die gleichen Beschuldigungen und Beleidigun gen.
Der Bericht zur Pressefreiheit – Kollege Sckerl hat dies gera de ausgeführt – spricht von einer besorgniserregenden Ent wicklung. Aus dem gleichen Bericht gibt es ein Beispiel: Am 27. Januar dieses Jahres werden bei einer AfD-Demonstrati on in Magdeburg eine Redakteurin und ein Kameramann des MDR aus der Menge heraus mit Pfefferspray angegriffen. Bei de müssen medizinisch versorgt werden und stellen Strafan zeige. Auch ein ZDF-Kameramann wird nach Angaben des Senders im Gesicht getroffen.
Das ist tatsächlich vorgekommen, und das zeigt, dass wir hier in einer sehr schwierigen Situation sind.
Zum Schluss lohnt auch noch ein Blick in das Grundsatzpro gramm der AfD. Dieses Grundsatzprogramm – wenige Mo nate alt – ist wohl das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt ist. Es macht den eklatanten Widerspruch zwischen den schein baren Ansprüchen an sich selbst und der Realität, die in die ser Partei herrscht, nur zu deutlich. Auf Seite 48 steht zu le sen:
Die Alternative für Deutschland steht für eine an den Grundrechten ausgerichtete Medienpolitik. Die Idee der Kommunikationsfreiheit, möglichst jedermann den Be trieb von Medien und insbesondere die Berichterstattung durch Medien zu ermöglichen und so eine natürliche Viel falt zu generieren, steht für uns dabei im Zentrum. Diese wollen wir fördern, Einschränkungen und Hindernisse dagegen abbauen.
Wie erklärt sich denn dann – wir haben es gerade wieder ge hört –, dass Sie gegen den GEZ-Beitrag sind? Jeder Bürger zahlt mit einem Beitrag dafür, dass wir eine freie, unabhängi ge Presse haben
und keine Privatpresse, die – wie in den USA oder auch in an deren Ländern – von Sponsoren unterstützt wird. Das ist die Sicherheit unserer freien Presse.
Wir, die SPD, sind davon überzeugt, dass die Demokratie in komplexen Gesellschaften ohne Parteien nicht auskommen kann, weil die Vielfalt der Meinungen gebündelt und in alter native politische Angebote übersetzt werden muss.
Das setzt mündige und gut informierte Bürgerinnen und Bür ger voraus. Da haben die Parteien eine Bringschuld. Wir müs sen unsere Vorhaben und Entscheidungsgrundlagen nachvoll ziehbar machen. Kandidaten, die sich für ein Mandat in wel chem Parlament auch immer bewerben, müssen sichtbar und deutlich machen, für was sie stehen. Gleichzeitig appelliere ich aber auch an die Wählerinnen und Wähler, entsprechende Informationen einzufordern.
Es gibt eine interessante Aussage von Giovanni di Lorenzo aus der Ringvorlesung „‚Lügenpresse‘ – Medienkritik als po litischer Breitensport“. Er sagt:
Wer in der Welt Bescheid weiß, kann weniger leicht hin ters Licht geführt werden und kann sich wehren, wenn an dere ihn zum Spielball ihrer Interessen machen wollen...
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD hat am 17. Novem ber 2016 im Wege einer Pressemitteilung mitgeteilt, dass sie eine Aufstellungsversammlung in Kehl abhalte – offensicht lich eine Aufstellungsversammlung für das öffentliche Amt des Bundestagsabgeordneten.
Meine Damen und Herren, wenn Personen für ein öffentliches Amt aufgestellt werden, dann hat die Öffentlichkeit auch ein Recht, sich ein Bild zu machen,
auch dann, meine Damen und Herren von der AfD, wenn Sie, wie bereits ausgeführt, offensichtlich Sorge hatten, dass der eine oder andere sich präsentieren würde mit, wie Sie selbst gesagt haben, „abstrusen Ansichten“. Wahrscheinlich ist das Problem, dass Sie befürchtet haben, dass alle abstruse Ansich ten vertreten, die sich dort präsentieren, meine Damen und Herren.
Sie scheren gern die Parteien, die über 70 Jahre hinweg die Demokratie in diesem Land gebaut und vertreten haben, über einen Kamm,
sprechen von Altparteien, von Systemparteien und werfen die sen Hinterzimmerpolitik vor. Meine Damen und Herren, das, was Sie an Hinterzimmerpolitik bei einem einzigen Parteitag geleistet haben, haben die von Ihnen geschmähten Altpartei en in 70 Jahren nicht auf dem Kerbholz.