Protocol of the Session on November 30, 2016

Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/ DVP – Zuruf von der CDU: Sehr gut! – Abg. Anton Baron AfD: Machen Sie lieber gescheit Politik!)

Für die Fraktion GRÜNE er teile ich das Wort Herrn Abg. Sckerl.

(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Jetzt wird es besonders witzig! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Da rauf freue ich mich bereits!)

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die international re nommierte Journalistenorganisation „Reporter ohne Grenzen“ veröffentlicht seit vielen Jahren eine weltweite Rangliste zum Zustand der Pressefreiheit. Auf den oberen Plätzen dieser Rangliste stehen erwartungsgemäß Länder mit demokrati schen Verfassungen, wie die meisten EU-Staaten. Deutsch land – das lässt aufhorchen – liegt in der Rangliste zum Zu stand der Pressefreiheit im Jahr 2016 nur noch auf Platz 16; bisher lag es auf Platz 12, also im Mittelfeld der EU-Staaten.

(Zurufe von der AfD)

Diese Dokumentation, die ich Ihnen ans Herz lege, meine Da men und Herren, zeigt detailliert einige besorgniserregende Entwicklungen, die die Presse- und Informationsfreiheit auch in Deutschland beeinträchtigen. So sei u. a. die Zahl der An griffe, Drohungen und Beleidigungen gegen Journalisten sprunghaft gestiegen. Im Jahr 2015 habe es 40 gewalttätige Übergriffe gegeben,

(Abg. Anton Baron AfD: Von wem?)

weit überwiegend – so sagt es die Organisation – aus Demons trationen rechter Gruppen, insbesondere „Pegida“-Veranstal tungen, heraus. Auch Fälle verbaler Bedrohung, Beschimp fung und Beleidigung von Journalisten nahmen zu.

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Damit haben die Grünen ja Erfahrung!)

Die aggressive Stimmung gegen die Medien, so sagt es die Dokumentation weiter, werde von prominenten Köpfen rech ter Bewegungen, insbesondere wiederum der „Pegida“-Be wegung, geschürt, die Sie ja ab und zu mal als Ihre Freunde bezeichnen, werte Kollegen von der AfD.

Die Dokumentation attestiert der AfD aber selbst Anteil an dieser Entwicklung, indem sie Journalisten eben immer wie der von Veranstaltungen ausschließt. Das war nicht nur in Kehl der Fall, das ist auch auf Kreisparteitagen passiert, ist auf Wahlveranstaltungen passiert. Sie haben auch einzelne, Ihnen unliebsame Journalistinnen und Journalisten auf Wahl parteitagen in anderen Bundesländern unter höhnischem Ge lächter mitten aus der Veranstaltung hinauskomplementieren lassen.

(Zuruf: Genau!)

Der Höhepunkt war sicherlich Kehl mit einem schweren An griff gegen die Pressefreiheit.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Abg. Anton Ba ron AfD: Gutachterlich abgesichert!)

Aber, meine Damen und Herren, am Ende eines Jahres kann man festhalten: Bei den Einschränkungen der Pressefreiheit und den Behinderungen von Journalisten lässt sich in Deutsch land unter den Parteien die AfD von niemandem übertreffen. Das ist ein trauriger Höhepunkt.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Herr Abg. Sckerl, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Dr. Fiechtner zu?

Gern am Ende, Frau Prä sidentin.

Am Ende nur, wenn Sie noch Redezeit haben. Sonst geht es nicht.

(Zuruf von der AfD: Also nein!)

Ja, klar. – Das alles straft Ihre Reden Lügen. Ausgerechnet Sie, die immer von der an geblichen Hinterzimmerpolitik der angeblichen Kartellpartei en wettern, ertragen selbst die Öffentlichkeit nicht.

(Zuruf von der AfD)

Bei Ihnen klafft erkennbar eine riesige Lücke zwischen den Ansprüchen, die Sie in Ihrer Pauschalkritik gegen die Medi en selbst äußern, und dem Maß, an dem Sie sich selbst mes sen lassen wollen, meine Damen und Herren.

(Zurufe von der AfD)

Gleichzeitig beschweren Sie sich ständig, Sie kämen in der öffentlichen Berichterstattung nicht breit genug vor und wür den unterdrückt werden.

(Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU: Im Gegenteil! – Zuruf: Viel zu viel!)

Wie abstrus ist das denn? Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Die gleichen Medien, ohne die Sie von der AfD nicht in diesem Landtag säßen – ohne deren Be richterstattung säßen Sie nicht hier im Landtag von BadenWürttemberg –,

(Abg. Rüdiger Klos AfD: Ohne die Polizei säßen wir nicht hier!)

diese beschimpfen Sie oder sperren sie gleich aus. Das nen nen Sie ein demokratisch gesundes Verhältnis zur Presse? Das glauben Sie doch wohl selbst nicht.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU und der SPD)

Der Kollege Dr. Reinhart hat recht: Es ist kein Ausrutscher. Es handelt sich offensichtlich um Methode. Sie haben offen sichtlich ein grundlegend gestörtes Verhältnis zur Meinungs freiheit und zur kritischen Presse.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Und das aus dem Munde eines Grünen!)

Meine Damen und Herren, Sie haben nicht verstanden, dass Kritik und Auseinandersetzung integrale Bestandteile unserer Demokratie sind. Sie lebt im Wesentlichen davon. Sie reagie ren darauf – das erleben wir auch hier im Landtag; ich sage es einmal so einfach – beleidigt.

(Zurufe von der AfD: Erheitert! – Wir nehmen Sie doch gar nicht ernst!)

Kritik möchten Sie am liebsten ausschalten, nicht hören, ig norieren. Darin liegt das eigentliche Problem. Sie reagieren beleidigt auf gesellschaftliche Pluralität, andere Herkunft, an dere Lebensweisen, andere Meinungen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD: Wieso sollten wir da beleidigt sein?)

Wenn man Ihnen hier im Landtag zuhört, wird eines deutlich: Wer anders ist als Sie, den empfinden Sie als Zumutung.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Wir alle!)

Mit anderen Meinungen verhält es sich genauso.

(Abg. Anton Baron AfD: Stimmt nicht!)

Sie akzeptieren nicht, dass die Vielfalt von Meinungen gera de die Basis von Demokratie bildet. Sie tragen gleichzeitig das Wort Meinungsfreiheit wie eine Monstranz vor sich her.

(Abg. Anton Baron AfD: Ja!)

Sie nehmen es in Anspruch, um, wie Ihr Herr Gauland es im mer wieder sagt, „Mut zur Wahrheit“ zu praktizieren.

(Abg. Anton Baron AfD: Richtig! Jawohl, Mut zur Wahrheit! – Zuruf der Abg. Dr. Christina Baum AfD)

Für was gilt das denn, meine Damen und Herren?

(Abg. Anton Baron AfD: Politische Korrektheit! – Zuruf: Kein Mut zur Wahrheit!)

Beispielsweise dafür, einmal die Frage stellen zu dürfen – das müsse ja auch erlaubt sein –, ob der Holocaust doch nicht ganz so schlimm gewesen sei, wie die Geschichtsschreibung dies unisono feststellt,

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner AfD)

wie es Herr Abg. Räpple auf einer Veranstaltung in Nürnberg getan hat? Ist das für Sie Meinungsfreiheit, nur die Freiheit, Ihre Provokationen gänzlich ohne Widerspruch in die Welt setzen zu können?

(Beifall bei den Grünen und der SPD sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der SPD: So ist es!)