Wir haben eine Verantwortung für die Menschen in unserem Land. Das gilt auch für die FDP. Zu dieser Verantwortung ge hört, das Suchtpotenzial von Onlineglücksspielen immer wie der zu betonen. Dieser Verantwortung müssen wir nachkom men, indem wir durch eine klare Gesetzgebung immer wie der Zeichen gegen Onlineglücksspiel setzen.
Mit einem regionalen Verbot oder einer Einschränkung wer den wir das globale Internet nicht verändern; das ist wahr. Aber wir setzen ein richtiges Zeichen.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag und sei ne Behandlung passen in die gerade laufenden Diskussionen und sind aktuell geworden durch die Beschlüsse der Minis terpräsidentenkonferenz. Da weiß man nicht so genau, was ei gentlich beschlossen wurde. Es geht um ein qualitatives Er laubnissystem. Es interessiert uns natürlich auch, wie das im Einzelnen aussehen könnte. Herr Innenminister, Sie werden ja nachher zu den Fragen zum Antrag der FDP/DVP Stellung nehmen. Ich nehme an, Sie nehmen allein seitens der Landes regierung Stellung, sodass wir im Gegensatz zur vorherigen Debatte eine einheitliche Meinung der Landesregierung zu ei nem Tagesordnungspunkt vernehmen können.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Herr Kollege, inner halb der Fraktionen oder innerhalb der Länder? – Abg. Anton Baron AfD: Bei der SPD ist es nicht an ders!)
Die Bewertung, das Glücksspielkonzept, die Glücksspielpo litik sei gescheitert, teilen wir nicht. Gescheitert ist die CDUgeführte hessische Landesregierung mit ihrer Praxis. Ich kom me noch darauf zurück.
Inhaltlich werden wir die Vorschläge aus Hessen, die sich ja in dem Antrag und in Ihrer Begründung, Herr Dr. Goll, mit ei ner wohlwollenden Tendenz wiederfinden – Sie zeichnen ja schon das Bild einer Regelung auf, die sich an diese hessi schen Vorschläge anlehnt –, ablehnen. Das ist der erste Punkt.
Der zweite Punkt: Natürlich bedarf es rechtlicher Rahmenbe dingungen und Regelungen, die sich als europarechtskonform erweisen. Ich komme darauf zurück.
Glücksspiel bringt für viele Familien, für viele Kinder und Ju gendliche unheimliches Leid. Es führt zu einer Abwärtsspira le, zu einem Verhalten, das viele mit in den Abgrund zieht. Da besteht ein hohes Schutzbedürfnis. Ich glaube, es ist eine staat liche Aufgabe – wie dies im Glücksspielstaatsvertrag seinen Niederschlag findet –, dem entgegenzuwirken.
Dieser Schutz ist, wie wir meinen, durch das Glücksspielmo nopol bisher gewährleistet, aber natürlich nicht in ausreichen der Form. Natürlich gibt es jetzt über das Internet und über viele illegale Anbieter Spielmöglichkeiten, denen man schwer beikommt. Aber dann kann nicht die Lösung sein, dass man den Schutz durch den Staat aufgibt oder abmildert. Ihre Ar gumentation, die in dem Antrag zum Ausdruck kommt, kommt mir vor, als wenn jemand den Diebstahlparagrafen abschaf fen will, weil er zur Erkenntnis kommt, es wird immer noch gestohlen und man erwischt nicht alle Täter. Das kann ja nicht die Lösung sein.
Mit der Marktgläubigkeit, die die FDP bei vielen Themen an den Tag legt, sollte Schluss sein. Eine ungezügelte Freigabe des Marktes kann nicht die Lösung für die Glücksspielprob lematik sein.
Natürlich müssen wir europarechtskonforme Regelungen fin den, insbesondere im Bereich der Sportwetten. Da gab es ja die Regelung, dass man 20 Konzessionen vergibt. In der Pra xis hat sich bisher leider nichts an der Situation geändert. Aber das lag nicht an der Regelung selbst, sondern am Verfahren, weil die hessische Landesregierung, die das übernommen hat te, das nicht auf die Reihe bekommen hat. Sie hat dieses Ver fahren nicht rechtskonform ausgestaltet mit der Folge, dass es zahlreiche gerichtliche Beanstandungen gab.
Das ändert aber nichts daran, dass die Regelung, dass die Ba sis an sich richtig ist. Das Versagen der hessischen Landesre gierung kann nicht zu einer Abkehr von dieser Grundlage füh ren.
Uns wundert natürlich, dass Sie diesen neuen hessischen Vor schlägen schon nähertreten. Da ist ja auch von einer Anstalt des öffentlichen Rechts die Rede – das ist schon angeklungen – und auch von einer Steuer, die man dann zur Regulierung des Marktes erheben will – eine Steuer, und das von der FDP. Bürokratie aufbauen und Steuern erheben – neue Politik à la FDP. Ich bin verwundert.
Wir wollen eine Regelung, die den Schutz von Spielern und ihren Familien weiter in den Mittelpunkt stellt, die am Ge waltmonopol des Staates festhält. Wir wollen eine Regelung, die einen rechtlichen Rahmen zur Rechtssicherheit für alle Betreiber und für alle Beteiligten schafft, und wir wollen ei ne Regelung, die dann in der Praxis auch umgesetzt wird. Ich bin gespannt, Herr Innenminister, wie sich die Landesregie rung das in Zukunft vorstellt.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kolle gen! Fünf Monate sind vergangen, seit die Fraktion der FDP/ DVP durch ihren Antrag die Haltung der Landesregierung zur Reformierung des Glücksspiels erfahren wollte. Jetzt muss ich sagen: Seit der schriftlichen Stellungnahme der Landes regierung ist einiges an Neuformierung, wenn auch nicht an Reformierung geschehen. Unverändert – um nicht zu sagen: unverrückbar – ist hingegen die grundlegende Haltung der Landesregierung, die alle Maßnahmen und Erwägungen im Glücksspielbereich immer mit Blick auf den Schutz der Spie ler und auf die Prävention von Spielsucht bewertet. Dieser Leitgedanke hat selbstverständlich weiterhin Priorität für uns.
Am 28. Oktober haben sich die Ministerpräsidenten nun auf Eckpunkte einer Änderung des Glücksspielstaatsvertrags ver ständigt. Besonders das Land Hessen hatte in der Vergangen heit auf eine Änderung hingewirkt und Leitlinien für eine Überarbeitung formuliert.
Die großen Herausforderungen sind zum einen die Angebote der Onlinekasinos, die oftmals im fernen Ausland betrieben werden und gegen die eine Vollstreckung schwierig ist.
Des Weiteren gibt es die Sportwetten, bei denen eine Vielzahl von Anbietern auf den Markt drängen und ein Konzessions verfahren deshalb sorgfältig und gewissenhaft durchzuführen ist.
Ein Schwerpunkt ist schließlich auch die Zusammenarbeit zwischen den Ländern, die für die Glücksspielregulierung zu ständig sind, sich für ein erfolgreiches Verwaltungshandeln aber möglichst geschlossen zeigen müssen.
Wie so oft bei Staatsverträgen sind die einzelnen Regelungen sehr vielfältig und detailliert. Die Eckpunkte sehen Folgendes vor:
Zum 1. Januar 2018 soll ein neuer Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten. Die Aufgaben, für die bislang das Land Hessen verantwortlich ist, sollen mit Inkrafttreten des Änderungs staatsvertrags auf andere Länder übertragen werden. Um fol gende Aufgaben handelt es sich: die Erteilung von Sportwet tenkonzessionen, Interneterlaubnisse für Pferdewetten, die Führung der gemeinsamen Geschäftsstelle des Glücksspiel kollegiums und schließlich die Führung der zentralen Sperr datei.
Die sonstigen in den hessischen Leitlinien angesprochenen Punkte sollen von allen Ländern näher geprüft werden. Die Chefin und die Chefs der Staats- und Senatskanzleien sind ge beten worden, bis zur CdS-Konferenz am 17. November 2016 Vorschläge zu unterbreiten, welches Land alle oder einzelne Aufgaben des Landes Hessen übernehmen könnte.
Weiter wird dem Land Hessen ein Sonderkündigungsrecht zwei Jahre nach Inkrafttreten des Änderungsstaatsvertrags ein geräumt. Dieses greift aber nur dann, wenn die Verhandlun gen über das Onlineglücksspielangebot und die Errichtung ei ner Anstalt des öffentlichen Rechts nicht binnen 18 Monaten nach Inkrafttreten mit Zustimmung der Ministerpräsidenten abgeschlossen sind.
Weiter sind die obersten Glücksspielaufsichtsbehörden gebe ten worden, der Konferenz der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien im Jahr 2017 zu berichten, wie der Vollzug gegenüber illegalen Onlineglücksspielangeboten nachhaltig verbessert werden kann. Illegale Lotterien, Sport wetten und Kasinoangebote im Internet müssen aus Sicht der Landesregierung eingedämmt werden.
Ferner sollen Vollzug und Vollstreckung im illegalen Glücks spielbereich optimiert werden. Dazu werden die obersten Glücksspielaufsichtsbehörden prüfen, ob eine Anstalt des öf fentlichen Rechts den Vollzug in diesen Bereichen stärken kann.
Die Experimentierphase für Sportwetten soll bis zum 30. Ju ni 2024 verlängert werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Glücksspielstaatsvertrag über den 30. Juni 2021 hinaus gilt. Während der Experimentierphase wird die Begrenzung der Zahl der Konzessionen aufgehoben. Ein Auswahlverfahren findet folglich nicht statt.
Den Bewerbern um eine Sportwettenkonzession, die die Min destanforderungen der zweiten Stufe erfüllt haben, wird ab Inkrafttreten des Änderungsstaatsvertrags vorläufig erlaubt, Sportwetten anzubieten. Hierzu wird eine Übergangsregelung getroffen.
Alle anderen 15 Länder sind damit Hessen entgegengekom men, sodass die Länder wieder geschlossen und entschlossen handeln.
Auch wenn Glück und Spiel harmlos klingen – Herr Kollege Zimmermann hat bereits darauf hingewiesen –, hängen Pech und Pflicht oft untrennbar mit dem Glücksspiel zusammen. Wir dürfen das Glücksspiel nicht gedankenlos den freien Kräf ten des Marktes überlassen; denn diese Kräfte können gewalt sam und für den Einzelnen gefährlich und schädlich sein. Der Schutz der Spieler vor betrügerischen Machenschaften ist un serem Land ebenso wichtig wie der Schutz vor ihrem Absturz in ein suchtbedingtes Nichts.
Der Glücksspielstaatsvertrag bildet den Rahmen für das ord nungsrechtliche Handeln im Glücksspielbereich, dessen Kern das Lotteriemonopol ist. Das Lotteriemonopol gilt es zu schüt zen. Mit dem Kompromiss der Ministerpräsidenten haben wir die Chance, notwendige Änderungen im Bereich der Sport wetten länderübergreifend umzusetzen. Zugleich haben wir Gelegenheit, die von Hessen eingebrachten Punkte sorgfältig zu prüfen. Ziel muss es sein, die Gesamtkohärenz im Sinne unseres Landes und vor allem und nicht zuletzt zum Schutz der Spielerinnen und Spieler zu erhalten.
Für die FDP/DVP-Frakti on erteile ich in der zweiten Runde noch einmal Herrn Abg. Dr. Goll das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Es war natürlich zu befürchten, dass ein Popanz aufgebaut und mit Windmühlen gekämpft wird, statt tatsächlich auf unsere Vorschläge einzugehen. Ich habe solch eine widersprüchliche Kritik selten erlebt. Wir sollen also gleichzeitig für Markt und für Staat sein, und beides wird uns vorgeworfen.