Protocol of the Session on November 10, 2016

(Abg. Anton Baron AfD: Typisch SPD!)

und Minister Stoch hofft darauf, damit der zentralen und un angenehmen Auseinandersetzung mit den Inhalten aus dem Weg gehen zu können, ihr entkommen zu können.

(Glocke des Präsidenten)

Kollege Röhm, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Poreski?

Er darf nachher fragen, gern; er ist ein netter Kerl.

(Lachen bei der AfD – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Das ist das Kriterium!)

Kollege Poreski, bitte.

Kollege Kern hat es sehr schön angedeutet und gesagt: Eigentlich – –

Was ist jetzt, Herr Kolle ge? Darf er, oder darf er nicht?

Also bitte, Kollege Po reski.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich wollte mich nur verge wissern, Kollege Röhm,...

... ob Sie der Meinung sind, dass an der Sachdarstellung von Frau Lösch irgendetwas nicht stimmt.

(Zuruf: Genau!)

Das ist ein deutlicher Widerspruch zu dem, was hier jetzt als Vorgehen beschrieben wird.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

War es z. B. ein Schulbericht, oder war es ein Gutachten?

Ich betreibe hier keine Schelte an der Gemeinschaftsschule,

(Zurufe von der SPD)

sondern ich beurteile einen einzelnen Vorgang, und ich habe an den Ausführungen der Frau Kollegin Lösch aus ihrer Sicht nichts auszusetzen.

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Okay! Danke!)

Jetzt weiß ich nicht, ob das ein Signal war, Herr Stoch, ob Sie gleich ein Signal an weitere potenzielle, unliebsame Kritiker ausgesandt haben. Was mich besonders erstaunt, ist, dass Sie sich nicht des Sachverstands der Juristen in Ihrem Haus be dient haben, sondern dass Sie stattdessen eine renommierte Kanzlei beauftragt haben, die laut FOCUS im September 2016 eine der Top-Wirtschaftskanzleien Deutschlands war. Ob das notwendig war, dafür knapp 15 000 € auszugeben?

Jedenfalls ist es Ihnen gelungen – das war Ihr Ziel –, von der Thematik zunächst abzulenken. Das war Ihnen natürlich bei der nahenden Landtagswahl ein wichtiges Anliegen. Aber in unserem Interesse und im Interesse der Schüler, Lehrer und Eltern wäre es gewesen, dass der verantwortliche Kultusmi nister – von ihm hätten wir das erwartet – den Inhalt des Be richts ernst nimmt und dann auch handelt. Wir hätten erwar tet, dass Sie sich um Ihre Schulen gekümmert hätten, anstatt sich noch hinter Ihren Parteifreund und Fachmann für Ge meinschaftsschulen, Norbert Zeller, der dies schulideologisch überfrachtet hat, zu stellen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Oh!)

„Den Bericht hat mir offiziell niemand gegeben“, so Ihre er klärenden Worte, Herr Stoch. Dabei hätten Sie ihn, objektiv betrachtet, kennen müssen. Ihrer Schulverwaltung lag er doch vor, und die Geschwister-Scholl-Schule war jedenfalls nicht irgendeine beliebige Schule, sondern eine Gemeinschaftsschu le, die Ziel zahlloser Informationsreisen und Anschauungsort, ja, ich würde sogar fast sagen – ich habe es gegenüber Dr. Friedrichsdorf auch einmal zum Ausdruck gebracht –, fast ei ne Pilgerstätte war, auch für das Kultusministerium.

Aber, Herr Stoch, es ist schlicht und einfach eine Stilfrage. Sie haben sich eben nun zu einer Klage entschieden.

(Abg. Anton Baron AfD: Wo ist er eigentlich?)

Abschließend darf ich Herrn Stoch einen ganz grundsätzli chen Rat geben. Mit kritischen Journalisten spricht man, oder man setzt sich mit ihnen leidenschaftlich auseinander, aber man verklagt sie nicht.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der AfD)

Deswegen, Frau Kultusministerin Dr. Eisenmann, haben Sie mit dem Rückzug der Klage gegen die FAZ im Interesse un seres Landes absolut richtig entschieden, und wir stehen hin ter Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: War das zum Schluss eine Drohung?)

Für die AfD-Fraktion er teile ich Herrn Kollegen Dr. Balzer das Wort.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Geschätzter Kollege Vizepräsident a. D., ich überlege mir dauernd, was Sie in der letzten Legislaturperiode getan hät ten, wenn dauernd solche Zwischenrufe gekommen wären.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ich hätte gerügt!)

Danke.

(Heiterkeit)

Bitte schön, Herr Abg. Dr. Balzer.

Sehr geehrter Herr Präsident, geschätzte Kollegen Abgeordnete, meine Damen und Herren! Wenn ich eine Auseinandersetzung nicht gewinnen kann, dann führe ich sie nicht. Wenn ich vor Gericht wahrscheinlich ver liere, ziehe ich die Klage zurück. Natürlich hat die Klageer hebung Geld gekostet, aber das Geld ist bereits ausgegeben worden. Insofern war die Entscheidung der Ministerin, die Klage, das „Himmelfahrtskommando“, zurückzuziehen, rich tig. Nein, die Klage gegen die Berichterstattung zurückzuzie hen war richtig.

Aber wenden wir uns den Inhalten zu, den Inhalten eines Gut achtens oder eines Berichts, wie Frau Lösch sagte, den es gar nicht gibt. Oder gibt es das Gutachten doch, trägt es aber den Vermerk „Nur intern verwenden“? Warum haben Sie, Herr Stoch, warum hat das Ministerium gegen eine Sache geklagt, die nicht wirklich vorliegt? War die Gegendarstellung Ihres Hauses in der FAZ vom 9. September 2015 etwa falsch? Wur de hier eine Falschaussage getätigt? Das ist für ein Ministeri um kaum vorstellbar. Hätte es nicht einfach genügt, die Exis tenz dieses Gutachtens zu dementieren?

Meine Damen und Herren, kommen wir jetzt zum Inhalt. Of fenbar war der Inhalt dieses Gutachtens so brisant, dass es un ter keinen Umständen an die Öffentlichkeit gelangen durfte.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Nein, nein, nein! – Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

Der Besuch einer Gemeinschaftsschule – nicht irgendeiner, sondern einer Vorzeigeschule, der Geschwister-Scholl-Schu le in Tübingen, ein 1972/1973 gegründeter Verbund aus Haupt-, Werkreal- und Realschule sowie Gymnasium – ist ein „Schwäbisches Himmelfahrtskommando“, das man zurück ziehen sollte – das ist richtig. Dies schrieb die FAZ im August 2015. Diese Schule hat, gelinde gesagt, die Erwartungen der Eltern und der Schüler nicht erfüllt.

Meine Damen und Herren, wissen Sie, was ErKo ist? Wenn nicht, ist das eine Bildungslücke. Die „Erweiterte Kooperati on“ ist seit 2009/2010 in Betrieb. Der damalige Kultusminis ter war Helmut Rau, SPD.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Was? Helmut Rau, SPD? Na, na, na! – Weitere Zurufe von der CDU, u. a.: Rau war CDU!)

CDU. Entschuldigung.

(Abg. Fabian Gramling CDU: Wie war das mit Le sen? – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Das macht eh kei nen Unterschied!)

Ja, mit dem Lesen, genau. – 2012 folgte die Umwandlung zur Gemeinschaftsschule. In dieser Modellschule haben en gagierte Lehrerinnen und Lehrer, alle Lehrkräfte alles ver sucht, womit unsere – darauf liegt die Betonung – Landesre gierungen die Schüler in Zukunft beglücken möchten. Die neue Lernkultur – der Lehrer als Nichtfachmann, als Lernbe gleiter –, das selbst organisierte Lernen ist bei der großen Mehrheit der Schüler erfolglos, aber die Unruhe in der Klas se macht einfach Spaß. Lernzeiten werden vergammelt, bei Lernstrategien herrscht Fehlanzeige – das steht in diesem Be richt –, die Leistungsmessung ist fragwürdig, die Inklusion ei ne eigene Baustelle, die es gründlich zu diskutieren und zu beleuchten gilt.

Dieser Bericht, dieses Gutachten zeigte, was wir bereits wis sen: Eine Bildungsutopie ist zerbrochen oder zerbricht heute. Aber dass sie zerbrechen, das haben Utopien so an sich.