Protocol of the Session on November 10, 2016

Als eine weitere Möglichkeit sollte eine Anpassung der Pass vorschriften im Asylgesetz in Betracht gezogen werden, um eine Ausreise der betreffenden Personen zu Urlaubszwecken in das Herkunftsland, aus dem sie geflüchtet sind, zu erschwe ren. Derzeit sind Pässe nach der vorübergehenden Verwah rung während des Asylverfahrens den Betroffenen wieder aus zuhändigen, wenn sie für die weitere Durchführung des Asyl verfahrens oder für aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht mehr benötigt werden. Die Schutzberechtigten nutzen dann ihre nationalen Pässe, um in ihre Heimatländer zu reisen, da bei deutschen Passersatzpapieren die Verfolgerstaaten vom Geltungsbereich ausgenommen sind.

Es erscheint daher sachgerecht, die Pässe im Regelfall erst dann wieder auszuhändigen, wenn der Schutzstatus nicht mehr besteht. Dann dürfen Flüchtlinge nicht nur wieder in ihre Hei mat zurückreisen, sondern dann sollen sie ja in ihre Heimat

zurückkehren, und das nicht nur zu Urlaubszwecken, sondern dauerhaft.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der AfD)

Vielen Dank. – Eine Zu satzfrage, Kollege Hagel.

Herr Minister, vielen Dank. – Ver stehe ich Sie richtig, dass die Botschaft des Tages lautet?: Wir dulden keinen Asyltourismus.

So ist es, Herr Abgeordneter.

(Zurufe)

Eine Zusatzfrage, Kolle ge Dr. Fiechtner.

Herr Minister, der Entzug setzt, wie Sie gerade erwähnten, voraus, dass ein längerer Auf enthalt im Fluchtland erfolgt. Gibt es Hinweise, wie lang ein „längerer Aufenthalt“ ist? Ein Tag, eine Woche? Was bedeu tet das?

Das ist nicht messerscharf zu definieren. Wir ver stehen ja beispielsweise unter einer Niederlassungserlaubnis – das ist ein deutscher Rechtsbegriff – im Grunde genommen ein Daueraufenthaltsrecht. Das heißt, es muss sich um einen längeren Zeitraum handeln, jedenfalls nicht um das, was man typischerweise unter einer Urlaubsreise versteht. Ich würde als grobe Orientierung einmal sagen: Einige Wochen definie ren wir als Urlaub. Wenn es einen Zeitraum von mehreren Mo naten oder gar von mehreren Jahren überschreitet, kann man in diesem Zusammenhang von Niederlassen sprechen.

Eine Zusatzfrage, Kolle gin Böhlen.

Herr Minister, Sie sprechen von einer hohen Dunkelziffer. Es ist also eine Dunkelziffer, und weil es eine Dunkelziffer ist, wissen Sie nicht, wie hoch sie ist. Sie sprechen jedoch von einer hohen Dunkelziffer. Wes halb gibt es dann einen Regelungsbedarf?

Es gibt deswegen einen Regelungsbedarf, Frau Abgeordnete – – Noch einmal: Wer vor Gewalt, vor Verge waltigung flieht, wer am Leben bedroht ist, wer politisch ver folgt ist, soll bei uns Schutz und Aufnahme finden, auch ein offenes Herz. Es geht aber nicht damit zusammen, dass die jenigen, die wir aufnehmen, dann zu Urlaubszwecken – – Al so, Frau Abgeordnete, Entschuldigung, ich vermag es einem Bürger nur schwer zu erklären, dass jemand, der einen Schutz status hat, der ein Flüchtling ist, der aus einem Kriegsgebiet kommt, der um Leib und Leben gelaufen ist, Urlaub macht und dazu ausgerechnet dahin geht, wo sein Leben bedroht oder vermeintlich bedroht ist.

(Abg. Dr. Rainer Balzer AfD tippt sich an die Stirn. – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Grotesk!)

Das ist schlichtweg nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der AfD und der FDP/DVP sowie der Abg. Dorothea Wehinger GRÜ NE – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist gro tesk! – Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD – Gegen ruf des Abg. Anton Baron AfD: Das kann die SPD wieder nicht verstehen!)

Die Ermittlungen meines Hauses haben ergeben, dass es sol che Fälle gibt – das steht nun einmal fest; es gibt diese Fälle – und dass die Vermutung naheliegt, dass es noch mehr Fälle gibt – das ist die Dunkelziffer –, und zwar nicht ganz wenig. Diejenigen, die in der Praxis tätig sind, wissen in der Regel auch, von was sie sprechen. Deswegen haben wir auch die Ausländerbehörden befragt. Das ist keine Erfindung des Mi nisteriums.

Aber ich will Ihnen einfach einmal sagen: Unabhängig von der Anzahl der Fälle ist so etwas einfach nicht nachvollzieh bar. Es ist so, wie Herr Abg. Hagel es dann auch zum Schluss ausgeführt hat: Wenn wir die Aufnahmebereitschaft unseres Landes für tatsächlich politisch verfolgte, an Leib und Leben bedrohte Menschen erhalten wollen, dann kann es nicht sein, dass es da so eine Art Tourismus gibt und am Leben bedroh te Flüchtlinge zum Urlaubmachen dorthin zurückkehren, wo Ihnen die Gefahr droht.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist ein Widerspruch in sich!)

Das ist ein Widerspruch in sich. Danke, Herr Abg. Dr. Bullinger. Das ist inkompatibel. Deswegen müssen wir das tun, was wir tun können, damit das gar nicht mehr möglich ist.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Eine weitere Zusatzfrage der Kollegin Böhlen.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Ist das so schwer zu ver stehen?)

Sehr geehrter Herr Minister Strobl, es ist doch unbenommen, dass solch ein Fall, wie Sie ihn jetzt schildern, von niemandem hier gebilligt werden kann.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Frau Kollegin, ich verstehe Sie nicht! – Gegenruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Herr Kollege Zimmermann, sei en Sie doch froh!)

Da sind wir uns doch völlig einig.

Für mich stellt sich – auch in meiner Funktion – die Frage, wie hoch die Anzahl derer ist. Das zu erfahren wäre für uns sehr wichtig gewesen. Ich bin froh, dass ich aus Ihrer Einlas sung, dass wir den Menschen hier helfen wollen, ihnen mit offenem Herz begegnen wollen, schließen kann, dass ich viel leicht jetzt gleich zu Ihnen kommen kann, um zwei Fälle mit Ihnen zu besprechen.

Vielen Dank.

Herr Minister.

Zunächst einmal: Es ist schön, dass wir im Grun de genommen einer Meinung sind.

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der CDU, der AfD, der SPD und der FDP/DVP)

Ich bitte im Protokoll vor allem zu notieren, dass es hefti gen Applaus bei der Opposition gibt.

(Abg. Andreas Stoch SPD: Wir haben gelacht!)

Wenn die Koalition sich einig ist und die Opposition applau diert,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Dann sind jedenfalls be rechtigte Zweifel angebracht! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Da kommt die Berliner Routi ne raus! – Weitere Zurufe)

muss ich feststellen, dass jedenfalls bei diesen zentralen Fra gen eine breite Mehrheit – – Nein, noch einmal: Es ist einfach ein Widerspruch in sich, und wir dürfen diese Fälle, die auch für eine gewisse Beunruhigung in der Bevölkerung sorgen, gar nicht produzieren; das ist auch eine Voraussetzung dafür, dass wir bei uns dieses offene Herz behalten. Selbstverständ lich dürfen Sie, verehrte Frau Abgeordnete, nicht nur jetzt gleich, sondern jederzeit mit bestimmten Fällen zu mir kom men.

(Oh-Rufe – Vereinzelt Beifall – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Morgen früh um halb zwei an rufen! – Abg. Nicole Razavi und Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Dürfen wir auch kommen?)

Eine weitere Zusatzfrage, Kollege Dr. Fiechtner.

Herr Minister Strobl, herzlichen Dank dafür, dass Sie den Sachverhalt in seiner gan zen Absurdität sehr klar benannt haben. Gibt es irgendwelche Hinweise darauf, dass diejenigen, die diese absurde Handlung durchführen, nämlich hier als Asylbewerber zu leben und dann in das Gebiet zurückzukehren, aus dem sie geflohen sind, möglicherweise an Kampfhandlungen oder ähnlichen aggres siven Aktionen dort in ihrer Heimat teilnehmen und mögli cherweise dann auch hier bei uns Probleme darstellen könn ten?

Herr Minister.

Dass wir in Baden-Württemberg auch eine be stimmte Anzahl von Personen haben, die in Kriegsgebiete aus reisen – – Wir verzeichnen im Übrigen auch eine Anzahl von Personen aus Baden-Württemberg, die in Kriegsgebiete aus gereist sind und nicht mehr zurückkehren werden, weil sie nämlich dort verstorben sind. Es reisen welche aus, die nicht zurückkommen, und es reisen welche aus, die auch wieder zu rückkehren. Das ist jetzt aber nicht dieser typische Fall, um den es hier geht, dass nämlich sozusagen ein Urlaub gemacht wird. Das sind zwei unterschiedliche Sachverhalte.

Das eine ist ein Sachverhalt, der uns unter sicherheitspoliti schen Gesichtspunkten größte und allergrößte Besorgnisse

macht. Es geht um diejenigen, die in den Dschihad ziehen und sich dort völlig radikalisieren, dort den praktischen Umgang mit Sprengstoff und mit dem Töten üben und dann völlig ra dikalisiert und natürlich höchst gefährlich hierher zurückkeh ren. Diese sind für uns ein riesengroßes Sicherheitsproblem.

Die, die Urlaub machen, sind kein Sicherheitsproblem. Aber sie sind insofern ein Problem, als man nicht nachvollziehen kann und niemandem erklären kann, dass jemand an Leib und Leben verfolgt sein soll, hierher flüchtet und sich dann aber freiwillig wieder aufmacht, in das Land zu gehen, wo er an Leib und Leben bedroht ist, um dort Urlaub zu machen. Das ist ein Thema, bei dem ich sagen würde: Wenn wir uns wei ter ein offenes Herz für tatsächlich an Leib und Leben bedroh te Menschen bewahren wollen, müssen wir so etwas mit Kon sequenz beenden. Herz und Härte gehören hier zusammen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der AfD)

Eine weitere Zusatzfrage, Kollege Dr. Grimmer.

Herr Minister, Sie haben ge rade als denkbare Lösung dargestellt, durch Einbehaltung der Heimatpässe die Ausreise zu verhindern. Wäre es angesichts der Vielzahl der Zugewanderten nicht sinnvoller, die Ausrei se zuzulassen und stattdessen bei der Wiedereinreise Restrik tionen zu setzen – da ja ganz offensichtlich keine Verfolgung vorliegt –, entweder hinsichtlich des weiteren Verfahrens oder überhaupt der Einreisezulassung?

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Ja. Ich habe dem Bundesinnenminister mehrere Vorschläge gemacht, wie man dieses Phänomen bekämpfen kann. Das Nichtaushändigen der nationalen Pässe ist eine Maßnahme gewesen.

Die erste Maßnahme – das haben Sie vielleicht bei der Ge schwindigkeit des Zuhörens so nicht realisieren können –