Analog zur Mengenlehre, die damals den fachlich aufbauen den Matheunterricht ersetzt hat, geht es heute um Kompeten zen – wiederum ohne fachlichen Inhalt. Aber genauso wenig, wie man mathematische Strukturen mithilfe der allgemeinen Begriffe der Mengenlehre beschreiben kann – das sagte sogar der Erfinder der Mengenlehre, Pawel Alexandrow; das war übrigens schon 1930 –, genauso wenig kann man Wissen und Können durch Kompetenz erfassen. Erfassen können Sie die Erfüllung der Kompetenz, die Performanz. Aber deswegen haben wir Kompetenz zu Messzwecken, wegen der Noten un terteilt – irgendwie müssen wir ja Noten vergeben –: Sozial kompetenz, Methodenkompetenz, Fachkompetenz und Pro jektkompetenz. Für die Lehrerinnen und Lehrer war Projekt kompetenz dann etwas zwischen Verhalten und Mitarbeit; das ist die gelebte Praxis.
Wenn Sie im Urlaub einmal Lust haben, etwas Nettes zu le sen, dann sollten Sie eine Ausgabe von „Gregs Tagebuch“ le sen.
Das sind Comicromane von Jeff Kinney, in denen es um ame rikanische Highschools geht. Sie zeigen, wie man im selbst organisierten Lernen ohne Lehrer nichts lernt.
Frau Ministerin Eisenmann, die Einführung der Kompetenz orientierung war ebenfalls eine Neuerung, die dem Schulwe sen schadete. Jetzt fordern Sie mehr Leistung; das unterstüt ze ich. Aber auch die CDU hat all diese Maßnahmen, die ich jetzt genannt habe und die zu einer Schwächung der Bildungs landschaft geführt haben, mitgetragen.
Dazu gehörten die Umstellung von nachprüfbarem Wissen und Können auf diese diffuse Kompetenzorientierung und auch der Ausbau der Gemeinschaftsschulen und die Inklusi on um jeden Preis. All dies hat zu einer Leistungsnivellierung nach unten geführt. Vielfalt macht eben nicht schlauer; „Viel falt macht schlauer“, hieß das Schlagwort. Nun wissen wir, was wir vermuteten: Vielfalt macht nicht einfach schlauer, sondern nivelliert die Leistungen.
Wir hingegen fordern – diese Frage wurde ja vorhin an die AfD gestellt – wieder Bildung auf naturwissenschaftlicher bzw. geisteswissenschaftlicher Basis mit vernünftigen Fä chern.
Ein Hauptprojekt nicht nur der grünen Landesregierung war der Ausbau der Gemeinschaftsschulen als Ganztagsschulen, frei nach dem Motto: Viel hilft viel. Dahinter steht die Vor stellung: Wenn ich eine Pflanze doppelt so stark gieße wie bis her, dann wächst sie auch doppelt so stark. Vielleicht faulen aber auch nur die Wurzeln ab. So geht es nämlich den Schü lern, wenn sie zu viel Zeit in der Schule verbringen müssen.
Zu viel Zeit in der Schule sorgt für Überdruss und Schulmü digkeit. Durch die Ganztagsrundumbetreuung entwickelt sich nichts, und die Konzentrationsfähigkeit leidet auch. Der Un terschied zwischen Freizeit und Lernzeit verschwimmt immer mehr.
Sie sehen die Uhr auf dem Dis play. Wenn Sie darauf achten, dann sehen Sie, dass Ihre Re dezeit beendet ist.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Kompetenzfähigkeit! – Abg. Nicole Razavi CDU: Das ist keine Mengen lehre da auf dem Display! – Heiterkeit)
Doch bei diesen Selbstverständlichkeiten sollten wir nicht ste hen bleiben. Für Baden-Württemberg ist ein Hochschul- und ein Schulsystem unabdingbar, das für die Leistung des Lan des, für unseren Wohlstand hoch qualifizierte Arbeitnehmer zur Verfügung stellt. Es ist Aufgabe des Gymnasiums, die Schüler zur Studierfähigkeit zu führen, und es ist Aufgabe der Realschule und der allgemeinbildenden Schulen, Ausbil dungsfähigkeit herzustellen.
Ruhe kann man nicht herstel len durch Beibehalten des Chaos, das wir an der Schule ha ben. Fehler und Fehlentwicklungen müssen wir beseitigen.
Frau Ministerin, Sie haben gesagt: Schreiben nach Gehör wird in Baden-Württemberg keine Zukunft mehr haben. Ich sage als Elternteil: Dem kann ich mich durchaus anschließen. Wer hat es eingeführt? Frau Schavan und damit CDU und FDP/ DVP.
Sie haben weiter ausgeführt: Orientierung der Klassen an den Schwächsten wird es nicht mehr geben. Was denn dann? Fal len lassen? Unser Ansatz heißt individuelle Förderung. Unser
Ansatz heißt: Starke und Schwache zusammen mitnehmen. Das ist übrigens auch der Ansatz in Schleswig-Holstein. Wenn ich mich darauf bezogen habe und wenn in diesem Kontext auch das Zweisäulensystem und die Gemeinschaftsschulen so erfolgreich dastehen, dann ist das ein Hinweis auf das, was die Fachwissenschaft und auch die Presse diskutieren, weil die Akzeptanz des Zweisäulensystems dort ein möglicher Er folgsfaktor für das gute Abschneiden des Landes jetzt im IQBTest ist.
Ich sage nicht, dass alles Gold ist, was glänzt. Ich gebe nur den Hinweis, dass wir uns das einmal genauer anschauen soll ten. Das geht auch in die Richtung Ihrer Ausführungen zum Thema Controlling. Ich zitiere hier Herrn Huber vom Berufs schullehrerverband. Er hat letztens mit Blick auf Controlling gesagt: „Sie können eine Schule auch nicht schönrechnen.“ Da dürfen wir uns keiner falschen Illusion hingeben. Ich plau dere einmal aus dem Nähkästchen. Ihrer Vorvorgängerin ha be ich in der Tat einmal gesagt: Nicht so viel glauben in Rich tung Controlling. Ich bin selbst Wirtschaftswissenschaftler. Das ist eine Datengrundlage. Doch wenn das so einfach wä re – man erhebt Daten, zählt eins und eins zusammen –, dann hätten das die Vorgänger von CDU und FDP/DVP schon längst gemacht. Also wir müssen da schauen: Was kann uns das sagen? Aber Allmachtsfantasien sind da, glaube ich, an der falschen Stelle.
Thema Finanzierung: Ich gebe zu, ich habe mich durchaus ge ärgert. Ich hatte nicht die Möglichkeit, bei der letzten Debat te dabei zu sein. Ich habe sie mir aber angesehen und insbe sondere auch Ihre Vorwürfe, aber auch Ihre Ausführungen zur Kenntnis genommen. Ich fand das durchaus Anlass, zu sagen: Ich gebe Ihnen einmal eine Nachhilfestunde in Sachen mittel fristige Finanzplanung.
Ich war fünf Jahre Mitglied im Finanzausschuss, und ich ha be mir die mittelfristige Finanzplanung nicht nur angesehen, sondern auch einmal geschaut, was die formalen Vorausset zungen dafür sind, dass bestimmte Investitionen oder Be schlüsse des Kabinetts in der mittelfristigen Finanzplanung abgebildet werden.
Vorab: Die SPD und die Grünen, Grün-Rot hat in der letzten Legislatur alles entsprechend den Haushaltsbedingungen ab gebildet.
Bei der mittelfristigen Finanzplanung handelt es sich um ei ne Darstellung auf hoch aggregierter Ebene. Wenn Sie bei spielsweise die Erläuterungen der letzten mittelfristigen Fi nanzplanung unter Finanzminister Nils Schmid aus dem Ja nuar 2016 betrachten, so können Sie dort auf Seite 5 nachle sen, dass nur Investitionen berücksichtigt werden dürfen, die bereits im Nachtrag verabschiedet worden sind. Diese Aussa ge bezieht sich auf den Zweiten Nachtrag vom 8. Dezember 2015. Folgerichtig können Beschlüsse wie zum Thema „Gym nasiale Oberstufe“ oder in Sachen „mehr Förderstunden in Deutsch und Mathematik in den Grundschulen“ haushalts technisch in der mittelfristigen Finanzplanung noch gar nicht abgebildet werden.
Gleichzeitig ist es weiterhin Übung – seit Jahrzehnten, Kol lege Röhm –, dass politische Entscheidungen, die im Kabi nett getroffen werden, aber noch nicht durch den Nachtrag fi nanziell unterlegt wurden, dann bei den nächsten Nachtrags verhandlungen vor die Klammer gezogen werden. Das gilt für den Solidarpakt Sport III auch deswegen, weil dessen Mittel erst 2017 fällig wurden. Dementsprechend durfte er erst im Dritten Nachtrag im Jahr 2016 für 2017 berücksichtigt wer den und danach dann in die mittelfristige Finanzplanung ein gestellt werden. Im Dezember 2015 ging es aber in der Tat um das Jahr 2016. Also auch da haben Sie inhaltlich nicht korrekt ausgeführt.