Protocol of the Session on October 13, 2016

Insofern hat das, was Sie vorhaben, schon ein bisschen einen Placebocharakter und ist auf eine reine Symbolik reduziert.

Diese reine Symbolik reiht sich ein bisschen da ein, dass man ches in der Finanzpolitik dieser Regierung eben Fassade ist. Es ändert jedoch nichts daran, dass wir das Thema ernsthaft beraten werden, zumindest was die anderen Fraktionen gera de eben auch angesprochen haben. Aber ich stelle fest: Wenn es vonseiten der Regierung eine Mehrheit gibt, wird Ihr Vor schlag, Herr Dr. Aden, keine Chance haben, weil darin steht, dass es keinen Unterschied zum Grundgesetz geben soll. Wir werden die Beratungen zu diesem Gesetzentwurf abwarten und werden das als Fraktion einfach aufnehmen.

Ich denke, dass das weitere Verfahren zeigen wird, dass wir in Baden-Württemberg mit dem Weg, den wir eingeschlagen haben – Frau Kollegin Walker, vielleicht beziehen Sie sich auf die grüne Führung des Staatsministeriums unter Ministerprä sident Kretschmann durch die dort verankerten Menschen, aber ich würde nicht sagen: „durch die grün geführte Regie rung“, sondern: „durch die grün-rote Regierung“ –, nun wirk lich richtig liegen. Wir haben im Grunde genommen gesagt, dass wir die einzelnen Schritte schaffen, um eine Nettonull zu erreichen. Wir werden das Ziel dann auch im Jahr 2020 bzw. 2019 richtig erreichen – nicht ohne Anstrengungen, aber wir werden es erreichen. Da bin ich Ihnen dankbar, dass Sie noch einmal klargestellt haben, wo wir bereits Schritte auf diesem Weg erreicht haben.

Ich erkläre für alle, die hier vermutlich gern andere Akzente setzen wollen, noch einmal die Ausgangslage: Wir haben in den vergangenen fünf Jahren vier Mal die Nettonull erreicht. Wir haben im vergangenen Jahr und in den Jahren davor da für gesorgt, dass im heutigen Haushalt ausreichende Reser ven vorhanden sind – ich schätze, dass sich diese Reserven am Ende des Jahres auf 2,5 Milliarden € belaufen werden –, damit wir, der Landtag, wieder gemeinsam die Nettonull im Haushalt 2017 erreichen können und damit die Perspektive für die kommenden Jahre weiterhin gut ist.

Jeder, der hier eine Alarmstimmung macht, indem er sagt, dass alles an die Wand gefahren sei, liegt falsch, meine Damen und Herren. Wir haben gut vorgesorgt.

(Beifall bei der SPD)

Bei Herrn Strobl – jetzt sitzt er nicht mehr an seinem Platz, vorhin saß er noch da – zeigt sich immer eine gewisse Schwie rigkeit, gerade wenn ich mir die Debatten vom gestrigen Tag einmal vor Augen führe. Das kann ich mir jetzt nicht ganz ver kneifen.

Zum einen ist es bei seiner jovial-leutseligen Art sehr schwie rig, sich mit ihm auseinanderzusetzen und etwas zu finden, bei dem man sagen kann: Da ist ein Kontra, da gibt es eine Auseinandersetzung. Ich komme allmählich zum Ende mei ner Möglichkeiten, mich mit dem Mann überhaupt auseinan derzusetzen. Aber dann plötzlich gibt es einen solchen Aus fall wie die Aussage: „Ihr habt das alles mit den 2,6 Milliar den € zu verantworten.“ Da kommt irgendetwas heraus, aber unterlegt sind diese Aussagen überhaupt nicht.

Ich will hier einfach sagen: Wenn der stellvertretende Minis terpräsident hier einfach etwas raushaut – während Kollegin nen und Kollegen der Grünen peinlich berührt von diesem Auftritt auf ihre Fußspitzen schauen –, dann stimmt etwas nicht in dieser Regierung, meine Damen und Herren. Sie müs

sen sich schon einmal einigen, an welchem Punkt wir finan ziell stehen. Das will ich Ihnen schon einmal sagen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Deswegen bin ich sehr dafür, dass wir darüber eine Debatte führen. Wir müssen mit der Begrifflichkeit „strukturell“, die mittlerweile inflationär genutzt wird, richtig umgehen. Wir müssen einfach schauen, welche Richtung genommen wird.

Wir haben bei der Betrachtung, was die Haushalte bis 2020 bringen werden, die Aufgabe, dass wir die Schuldenbremse erreichen müssen. Am besten wird in den kommenden Haus halten immer die Nettonull geschrieben. Das ist das eine.

Darunter, sozusagen unter der Wasseroberfläche, gibt es die strukturelle Deckungslücke, den haushaltswirtschaftlichen Handlungsbedarf, den man sehen muss. Dieser kann sich über das Jahr 2020 hinausziehen. Es ist vollkommen klar: Dies ist bei einem Haushalt, der sehr stark personalorientiert ausge richtet ist, wie es alle Länderhaushalte sind, der Fall.

Deswegen: Lassen Sie uns das einmal auseinanderhalten. Wir wollen die strukturelle Deckungslücke so verringern, dass sie uns auch in konjunkturell schwierigen Zeiten nicht zur Last fällt. Deswegen müssen wir schauen, dass wir hier vorankom men. Da sind wir auch gern mit dabei. Aber es muss so sein, dass in diesem Haushalt auch investiert wird – natürlich im mer unter Beachtung der Schuldenbremse.

(Glocke der Präsidentin)

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich bin am Ende meiner Rede, Frau Präsidentin.

Deswegen sage ich: Wir werden gern darüber beraten, was Sie, Herr Dr. Aden, hier vorschlagen. Die Aussichten stehen angesichts des Votums der Regierungsfraktionen nicht beson ders gut für Sie. Wir selbst sind auch nicht Ihrer Meinung, aber wir freuen uns, dass wir noch einmal die Möglichkeit ei ner Auseinandersetzung darüber haben, dass dieses Land auf einem guten Weg ist, seine Haushaltslage weiter in den Griff zu bekommen und die Erblasten, die hier aus vorherigen Jah ren auf uns lasten, auch tatsächlich hinter uns zu lassen. Dar auf kommt es uns an. Ich glaube, da sind wir auf einem guten Weg.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Für die Landesregierung er teile ich das Wort Frau Staatssekretärin Dr. Splett.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren! Bei allen unterschied lichen Nuancen, die heute vorgetragen wurden, ist eines klar geworden: Alle Fraktionen bekennen sich zur im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. Alle Fraktionen erklären Ihren Willen, diese Schuldenbremse auch einzuhalten. Das ist eine sehr gute Nachricht. Denn ein strukturell ausgeglichener Haushalt ist wichtig, um für die zukünftigen Generationen Ge

staltungsspielräume zu erhalten und die Handlungsfähigkeit des Staates auf Dauer zu sichern. Denn was passieren kann, wenn ein Staat dauerhaft über seine Verhältnisse lebt, haben wir in den letzten Jahren in Europa schmerzhaft erleben müs sen.

Die Landesregierung bekennt sich deshalb ebenfalls ohne Wenn und Aber zur Schuldenbremse des Grundgesetzes und wird ihre Haushaltspolitik so ausrichten, dass diese auch ein gehalten wird.

Den von der grün-roten Landesregierung eingeschlagenen Kurs, das strukturelle Defizit schrittweise abzubauen und spä testens bis 2020, wie bei der Schuldenbremse vorgeschrieben, auf null zu reduzieren, wird die grün-schwarze Landesregie rung daher fortsetzen.

2015 und 2016 – Herr Hofelich, Sie haben darauf hingewie sen – ist es bereits gelungen, den Haushalt ohne Neuverschul dung aufzustellen. Die Landesregierung strebt an, die Null neuverschuldung auch im Jahr 2017 und in den Folgejahren zu erreichen und nicht von der bis zum Jahr 2019 grundsätz lich noch möglichen Kreditaufnahme Gebrauch zu machen.

Herr Dr. Aden, Sie müssen sich diesbezüglich wirklich keine Sorgen machen. Sie können sich ganz einfach auf das Finanz ministerium verlassen.

(Abg. Dr. Gerhard Aden FDP/DVP: Ihr Wort in Got tes Ohr!)

Denn diese Landesregierung will die Schuldenbremse nicht mit Ach und Krach einhalten, sondern souverän und verläss lich, wie es für ein starkes Land wie Baden-Württemberg auch angemessen ist.

(Zuruf: Eijeijei!)

Für den Haushalt 2017 sind wir zuversichtlich, das ambitio nierte Ziel der schwarzen Null erneut zu erreichen. Das ist, Herr Abg. Hofelich, allerdings kein Selbstläufer.

(Abg. Peter Hofelich SPD: In der Tat!)

Das wissen Sie; denn Sie kennen die mittelfristige Finanzpla nung. Auch die grün-schwarze Regierung kennt die mittelfris tige Finanzplanung, die noch unter der Vorgängerregierung aufgestellt wurde, und sie ist sich in der Bewertung der Haus haltssituation einig.

An die gerichtet, die ein noch sparsameres Wirtschaften for dern: Ich bin gespannt auf Ihre Anträge, auf Ihre Vorschläge für konkrete Einsparmöglichkeiten in den Haushaltsberatun gen.

(Zuruf des Abg. Dr. Heiner Merz AfD)

Die Landesregierung konzentriert sich derzeit auf die Vorbe reitung des Haushalts 2017, und das ist auch richtig so; denn die Bürgerinnen und Bürger interessieren sich für konkrete Ergebnisse und nicht für politische Absichtserklärungen.

Die Schuldenbremse des Grundgesetzes ist bereits in der Lan deshaushaltsordnung verankert. Um ihre Konsolidierungsab sicht zusätzlich zu unterstreichen, haben sich Grüne und CDU im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Schuldenbremse

zusätzlich in der Landesverfassung zu verankern. Der Lan desrechnungshof teilt dieses Anliegen ebenfalls und hat eine Verankerung bis spätestens 2019 vorgeschlagen.

Die Schuldenbremse in der Landesverfassung zu verankern ist allerdings nichts, was man nun über das Knie brechen müsste. Im Gegenteil: Das erfordert eine gründliche Vorbe reitung und ausreichend Zeit für notwendige Gespräche. Ob es angesichts der noch erheblichen impliziten Verschuldung des Landes – Stichworte Sanierungsstau und kommende Pen sionslasten – klug ist, bei der Verankerung der Schuldenbrem se in der Landesverfassung über die Regelungen des Grund gesetzes hinauszugehen, wie es die FDP/DVP mit ihrem Ge setzentwurf vorschlägt, auch darüber lohnt es sich, gemein sam in Ruhe zu sprechen.

Insgesamt heißt das: Die Landesregierung teilt das Grundan liegen des Gesetzentwurfs der FDP/DVP, sieht aber noch Dis kussionsbedarf zur konkreten Ausgestaltung und hält an der bewährten Praxis fest, dass über Verfassungsänderungen in der Regel erst Gespräche zwischen den Fraktionen geführt und dann Gesetzentwürfe vorgelegt werden und nicht anders herum.

Deshalb hält die Landesregierung den FDP/DVP-Vorstoß zum jetzigen Zeitpunkt für nicht zielführend. Wir werden zu gege bener Zeit mit allen Fraktionen das Gespräch suchen und Vor schläge unterbreiten, und wir bauen darauf, dass sich der heu tige grundsätzliche breite Konsens der Landtagsfraktionen dann auch in einer breiten Mehrheit für die Verankerung der Schuldenbremse des Grundgesetzes in der Landesverfassung niederschlägt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aus sprache beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/447 zur weiteren Beratung vorberatend an den Ausschuss für Finan zen und federführend an den Ständigen Ausschuss zu über weisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so be schlossen.

Punkt 5 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Ich rufe Punkt 6 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der AfD – Gesetz über das Verbot der Gesichtsverschleierung im öffentlichen Raum Baden-Württemberg (Verschleierungs verbotsgesetz Baden-Württemberg – Verschleierungs VerbG BW) – Drucksache 16/478

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Baum.