Man kann Kritik daran üben. Das ist sozusagen auch der Wett bewerb und Teil der künftigen Diskussion über die Frage, wel che Wege die entsprechenden sind. Mein Weg ist es nicht, in die Demand-Richtung zu gehen. Aber es ist eine Debatte über Auftrag und Struktur, die wir führen müssen und die wichtig ist, und dies vollkommen unabhängig von dem Verfahren, von der jetzigen Empfehlung der KEF, eine Erhöhung um 86 Cent umzusetzen.
Dass wir in diesem Bereich jetzt nicht frei sind, hat auch Pro fessor Goll noch einmal deutlich gemacht. Wir haben laut Bundesverfassungsgericht – die Rechtsprechung dazu ist of fenkundig – einen Anspruch des öffentlich-rechtlichen Rund funks auf eine funktionsgerechte Finanzausstattung umzuset zen. Das ist ein ganz klarer Fall.
Der Aufschrei der Sender war ja auch klar – sie hätten sich mehr als diese 86 Cent gewünscht. Gerade der SWR hat schon vorher viel an Sparvolumen auf den Weg gebracht. Man hat Eigenmittel angelegt, um für die Herausforderungen der Zu kunft vorzusorgen. Für den SWR ist die Situation auch nicht einfach. Die 86 Cent wird er überleben, wenn es denn so weit käme. Aber es gibt andere, die es vielleicht nicht überleben werden. Diese Strukturfragen kann man nicht einfach über ein solches Verfahren aussetzen. Vielmehr muss man die Struk turfragen politisch lösen.
Wie gesagt, die Sender haben jetzt Klagen, Verfassungsbe schwerden eingereicht. Die Entscheidung zum Eilverfahren werden wir noch in diesem Jahr bekommen. Der Punkt ist aber: Das Hauptsacheverfahren wird noch mehrere Monate in Anspruch nehmen.
Insgesamt ist aber die Vorgehensweise, den Beitrag jetzt nicht um 86 Cent zu erhöhen, nicht der Weg, der uns in die Zukunft führt. Das ist auch in den Anhörungen in Magdeburg ganz klar zum Vorschein gekommen.
(Abg. Anton Baron AfD: Dort sind doch die Grünen in der Koalition! Was steht denn im Koalitionsver trag?)
Auch dort haben die Professoren, die den Medienausschuss beraten haben, klar gesagt, dass eine Abweichung von der Empfehlung der KEF, die den Rundfunkbeitrag unabhängig und sachverständig ermittelt, grundsätzlich nur in Ausnahme fällen möglich ist und ein solcher Ausnahmefall an dieser Stel le nicht vorlag.
Daher ist die medienpolitische Debatte das eine. Das andere ist die Anerkennung dessen, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk leistet, wo er aufklärt, wo wir informiert werden, wo bei den Programmen auch der Minderheitenschutz ge währleistet ist. Hier haben wir mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein wirkliches Pfund und ein wirkliches Juwel. Pro fessor Goll sagte, der öffentlich-rechtliche Rundfunk stehe un ter Naturschutz. Es ist immer schön, wenn etwas unter Natur schutz steht, was man auch bewahren muss. Man muss hier den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bewahren und an den Strukturen weiterarbeiten. Ich glaube, das ist der Auftrag, den wir in der Zukunft haben. Daran werden wir alle hier auf die ser Seite, glaube ich, mitarbeiten.
Es ist wirklich wichtig, daran zu arbeiten. Denn der öffent lich-rechtliche Rundfunk ist das, was wir in Zeiten von Fake News an Orientierung brauchen.
(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Die Fake-News-Schleuder ist der Öffentlich-Rechtliche!)
(Beifall – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Fake News: ARD und ZDF ohne Ende! – Gegenru fe, u. a. Abg. Thomas Marwein GRÜNE: Dummes Gelaber ohne Ende! – Abg. Reinhold Gall SPD zu Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Gehen Sie heute mal früher heim! – Gegenruf des Abg. Dr. Hein rich Fiechtner [fraktionslos]: Man wird ja genau be obachtet, wann man nach Hause geht! Eine eigene Stechuhr für mich! Das finde ich ja toll! – Weitere Zurufe)
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Kol lege Binder, Sie zwingen mich dazu, wertvolle Redezeit zu verschwenden. Die nach Ihren Ausführungen grundgesetz widrige Ablehnung der Staatsvertragsänderung wurde von der SPD in Sachsen-Anhalt mit unterschrieben. Daran möchte ich Sie erinnern.
Aber nun wollen wir uns doch nicht wie Herr Kollege Salo mon an Populismus und der Verbreitung von Hass und Hetze abarbeiten, sondern zu den schieren Fakten zurückkommen.
In dem hier allen bekannten KEF-Bericht wird das Budget nach der Erhöhung für die Öffentlich-Rechtlichen mit ziem lich genau 10 Milliarden € pro Jahr festgestellt.
Die von Ihnen als leuchtendes Beispiel angeführte BBC in Großbritannien hat in diesem Jahr ein Budget von 5,4 Milli arden €.
France Télévisions und Radio France haben ein Jahresbudget von 3,2 Milliarden €. Jetzt frage ich Sie in aller Ruhe und Sachlichkeit: Aus welchem Grund braucht der öffentlichrechtliche Rundfunk in Deutschland doppelt so viel wie der in Großbritannien und gleich dreimal so viel wie der in Frank reich?
Handelt es sich bei unseren europäischen Nachbar- und Part nerländern um unterversorgte Notstandsgebiete, oder wie er klären Sie sich das?
Und was hier angeführt wurde: ein öffentlich-rechtlicher Rund funk, der einer ganzen Unzahl von Intendanten
ein höheres Gehalt zahlt als wir unserem Ministerpräsidenten, der teilweise ein höheres Gehalt zahlt, als es die Bundeskanz lerin bekommt, der allein in dieser Budgetperiode über 2,5 Milliarden € für die Altersvorsorge benötigt, der zum großen Teil Pensionen in Höhe von 75 % auszahlt,
der eine bessere Altersversorgung garantiert als die für Beam te. Wenn dieser öffentlich-rechtliche Rundfunk nach der aus gebliebenen Erhöhung sagt, es würden Sender in die Pleite rutschen, dann macht er sich, meine Kollegen Abgeordneten, doch lächerlich.
Schon im Jahr 2003 haben die Ministerpräsidenten Stoiber, CSU, Milbradt, CDU, und Steinbrück, SPD, festgehalten, dass – so wörtlich – „der öffentlich-rechtliche Rundfunk rundum zu reformieren“ sei. Und sie haben in dem nach ihren Initia len benannten SMS-Papier gefordert, Personal einzusparen, Doppelstrukturen abzubauen und die Zahl der – damals – 61 Hörfunkprogramme auf 45 zu reduzieren.
Dem wurde im Prinzip auch im Konsens zugestimmt – Redu zierung auf 45. Heute haben wir 74 Hörfunkprogramme – das ist das Ergebnis –,
21 Sender, 110 Standorte, 44 000 Mitarbeiter, und die Öffent lich-Rechtlichen betreiben sogar einen Freizeitpark – Bavaria Filmstadt. Ja ist das Grundversorgung? Das alles ist aber ei gentlich nicht der wirkliche Punkt. Die viel beschworene Grundversorgung ist im Rundfunkstaatsvertrag definiert, und hier ist u. a. festgehalten, dass die Grundversorgung die Si cherung der Meinungsvielfalt für die Gesamtbevölkerung so wie die effektive Sicherung der gleichgewichtigen Vielfalt zu gewährleisten hat. Eine fundierte, breite Befragung in diesem
Jahr hat ergeben, dass unter allen Volontären und neuen Jour nalisten in öffentlichen Rundfunkanstalten 92 % Rot-RotGrün wählen. Über 50 % haben geantwortet; repräsentativer geht es also schon gar nicht mehr.
Bei diesem Anteil von 92 % gibt es nur eine Schlussfolgerung: Die Personalabteilung ist angewiesen, nur Journalisten mit rot-rot-grüner Haltung einzustellen,
und macht schon allein mit ihrer Personalpolitik die Erfüllung des Rundfunkstaatsvertrags unmöglich.
Besonders Ihnen von der CDU – das ist mein letzter Satz – sollte das zu denken geben. Wenn nämlich nur Volontäre und junge Journalisten wählen würden, dann würden Sie an der Fünfprozenthürde scheitern.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Ak tuelle Debatte beendet, und Punkt 2 unserer Tagesordnung ist erledigt.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜNE, der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD und der Fraktion der FDP/DVP – Gesetz zur Änderung des Geset zes über den Erlass infektionsschützender Maßnahmen – Drucksache 16/9500
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat beschlossen, dass bei der Ersten Beratung dieses Gesetzentwurfs auf die Aussprache verzichtet wird. Auf die Begründung wird eben falls verzichtet.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/9500 zur weiteren Beratung an den Ständigen Ausschuss zu überwei sen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so be schlossen.