Jetzt möchte ich der Anhörung zu Ihrem Gesetzentwurf nicht vorgreifen, möchte aber – ebenfalls in aller Kürze – drei Punk te bewerten.
Zum einen zur Einführung einer Tariftreuepflicht für nicht ta rifgebundene Unternehmen: Unternehmen, die nicht tarifge bunden sind, sollen jetzt verpflichtet werden, Tarifrecht zu be achten. Das halte ich wegen der Tarifautonomie und auch aus europarechtlichen Gründen für äußerst bedenklich. Vielleicht gehen Sie da noch einmal in sich und prüfen das.
Zum Zweiten das Verbot der tariflichen Schlechterstellung: Es ist ein sozialpolitisch grundsätzlich nachvollziehbares An liegen, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge dafür sorgen zu wollen, dass die Beschäftigten des späteren Auftragnehmers nicht schlechtergestellt werden. Aber auch hier gibt es nicht unerhebliche rechtliche Bedenken, denn es bestünde die Ge fahr, dass sich entsprechende Vorgaben auf die allgemeine Un ternehmenspolitik eines Unternehmens auswirken könnten. Auch verfassungsrechtlich, Herr Weirauch, würde man sich auf dünnstem Eis bewegen, falls die öffentliche Hand auf Un ternehmen durch die Vorenthaltung öffentlicher Aufträge – denn das wäre dann die Konsequenz – Druck in Richtung ei ner Übernahme bestehender Tarifverträge ausüben wollte.
Zum Dritten – auch das wurde schon diskutiert – zur Orien tierung des vergabespezifischen Mindestentgelts am TV-L: Auch das sehen wir sehr, sehr kritisch. Die Orientierung ei nes vergabespezifischen Mindestentgelts an der Einstiegsstu fe des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst im Land als Lohnuntergrenze ist aus meiner Sicht nicht angezeigt, denn damit würde man in der Tat den Unternehmen letztlich das Ergebnis von Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst auf zwingen.
Darüber hinaus wäre es auch willkürlich und sicherlich nicht im Sinne der verfassungsrechtlich verankerten Tarifautono mie, die Eingangsstufe einer Branche des öffentlichen Diens tes auf alle anderen möglichen Branchen, die hier betroffen sind, zu übertragen.
Viertens die Kontrollpflicht und die kommunale Berichts pflicht: Ein möglicher punktueller Anpassungsbedarf hinsicht lich der Kontrolldichte im straßengebundenen Personenver kehr ist – das möchte ich noch einmal deutlich betonen – ei ne Frage des Vollzugs. Das Gesetz muss hierfür nicht geän dert werden, denn es bietet bereits jetzt ausreichend Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten.
Außerdem besteht die Möglichkeit einer Kontrolle der Ein haltung des Mindestlohns auch durch die Zollverwaltung.
Übrigens, Herr Weirauch, die Novellierung und die damalige Kopplung an den Bundesmindestlohn geschahen nicht durch
die Hintertür, sondern das war nur ein Verfahrensweg, den wir gewählt haben, um dies schnell umzusetzen. Es wurde sehr wohl das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz novelliert, aber eben im Rahmen eines anderen Gesetzgebungsverfah rens. Das alles war transparent und offen.
Es wäre also ein bürokratischer Mehraufwand, der im diame tralen Widerspruch zur ursprünglichen Zielsetzung, ein schlan kes und möglichst unbürokratisches Gesetz zu erlassen, stün de, wenn wir jetzt eine weitere Verschärfung der Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten gesetzlich beschließen würden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben ein Gut achten in Auftrag gegeben. Wir haben auf dieser Basis einen umfangreichen, gründlichen, ergebnisoffenen – das möchte ich betonen – und absolut transparenten Beteiligungsprozess durchgeführt.
Wir haben in gutem Einvernehmen einen Weg gefunden, die Kontrolldichte dort, wo es erforderlich ist, nämlich im Bereich des Personennahverkehrs, zu verbessern. Hierzu werden dann Leitlinien erarbeitet. Das Verkehrsministerium übernimmt hier die Verantwortung, und unter den Beteiligten gibt es auch ei nen breiten Konsens, das Gesetz nicht zu ändern.
Deswegen mein Appell an diejenigen, die vernünftiger und sachgerechter Politik zugänglich sind: Akzeptieren wir das Ergebnis, das in einem guten und konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten gefunden wurde.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Frau Ministerin Dr. Hoffmeister-Kraut, eines muss man Ihnen las sen: Sie und Herr Kollege Dr. Schweickert waren die Einzi gen, die das Gesetz verstanden haben und die unseren Gesetz entwurf gelesen haben. Das kann ich bei den drei anderen Vor rednern an dieser Stelle nicht bestätigen. Das, was Sie, Frau Lindlohr, geliefert haben, war teilweise wirklich grotesk.
Auch dass die AfD gegen höhere Löhne ist, ist bemerkens wert. Das sollte man draußen einmal erzählen, gerade auch in den sogenannten oder vormaligen Hochburgen dieser Grup pierung. Das wird die Leute sicher interessieren.
Was ich noch sagen möchte: Es geht nicht darum, einen Ta rifvertrag des öffentlichen Dienstes für alle Gruppen allge meinverbindlich zu machen. Es geht vielmehr darum, eine Lohnuntergrenze einzuziehen. Aus unserer Sicht ergibt diese standardisierte Ankopplung an den TV-L, unterste Eingangs stufe, einen Betrag von 12,77 €, und man sagt, das sei ein Be trag, den man zumindest als angemessen bezeichnen kann, wenn man für die öffentliche Hand arbeitet.
Deswegen haben wir das gemacht, weil wir eben vermeiden wollten – – Das haben Sie, Frau Ministerin, erwähnt. Sie ha ben im Rahmen der Änderung des Naturschutzgesetzes ein
fach die Kommission abgeschafft, und damit haben Sie ver hindert, dass Baden-Württemberg jemals wieder einen höhe ren vergabespezifischen Mindestlohn bekommt, als es der all gemeine Mindestlohn auf Bundesebene ist. So ehrlich müss ten Sie an dieser Stelle sein.
Wenn Sie keine Lust haben auf höhere Löhne und die Tarif bindung nicht stärken wollen, dann kommen Sie immer ums Eck gerannt mit irgendwelchen verfassungsrechtlichen Be denken. Das haben Sie beim Karenzzeitgesetz gemacht, das haben Sie beim Lobbyregistergesetz gemacht, und das ma chen Sie jetzt wieder beim Landestariftreue- und Mindest lohngesetz. Das ist unredlich, liebe CDU.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe jetzt keine Wortmeldungen mehr vorlie gen. Damit ist die Aussprache beendet.
Wir überweisen den Gesetzentwurf Drucksache 16/9352 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Sie sind damit einverstanden.
schusses zu dem Antrag der Fraktion der AfD – Ände rung der Geschäftsordnung des 16. Landtags von Ba den-Württemberg zur Einführung eines Lobbyregisters – Drucksachen 16/8789, 16/9206
Das Präsidium hat hier – Achtung, Achtung! – folgende Re dezeiten festgelegt: für die Begründung zu Buchstabe a drei Minuten und für die Aussprache zu den Buchstaben a und b drei Minuten je Fraktion.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte bereits in der Plenardebatte im Oktober, als es um die von uns vorgeschla gene Einführung einer Karenzzeit für Regierungsmitglieder und um unseren Entschließungsantrag für ein effizientes Lob byregister ging, deutlich gemacht, dass wir seitens der SPD noch in dieser Legislaturperiode Regeln für mehr Transparenz im Rahmen politischer Entscheidungen im Landtag und im Landeskabinett wollen.
Trotz vollmundiger Ankündigungen aus den Regierungsfrak tionen ist man hier in den vergangenen viereinhalb Jahren kei nen Meter weitergekommen. Das ist auch der Grund, warum wir heute, so kurz vor Weihnachten, zwangsläufig einen ei genständigen Gesetzentwurf für ein verbindliches Lobbyre
Zunächst möchte ich für uns, die SPD, noch einmal klarstel len: Die Vertretung von Interessen, zumal wenn sie gesell schaftlich einen allgemein anerkannten hohen Stellenwert ha ben, gegenüber Politik, Verwaltung und der allgemeinen Öf fentlichkeit gehört zu den Wesensmerkmalen einer Demokra tie. Jeder kann für sich und für ihn wichtige Belange in poli tische Prozesse einbringen. Das Zusammenspiel von Parla ment, Regierung und Interessenvertretungen muss aber in transparenter Weise nachvollziehbar sein.
Wir haben uns bei unserem Entwurf überwiegend von den von CDU und SPD im Bundestag vorgelegten Vorschlägen und dem dortigen Beratungsverlauf leiten lassen, haben aber aus unserer Sicht auch Verbesserungen beispielsweise bei der Eta blierung eines Verhaltenskodexes vorgenommen. Wir wollen zunächst ein aussagekräftiges Lobbyregister mit damit einher gehender Registrierungspflicht für alle natürlichen und juris tischen Personen etablieren, die im Land – das heißt für uns, gegenüber dem Landtag und der Landesregierung – Interes senvertretung auf Dauer und regelmäßig wahrnehmen und da mit auf den politischen oder parlamentarischen Willensbil dungsprozess Einfluss nehmen.
Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter haben hier wesentliche Angaben – öffentlich zugänglich – in das Regis ter einzutragen, insbesondere auch solche, aus denen Rück schlüsse auf die Art der Interessenvertretung, auf mögliche Auftraggeber und auf die finanziellen Hintergründe der Lob byarbeit gezogen werden können. Die Ausnahmen von der Registrierungspflicht sind bewusst eng gefasst und betreffen nur Institutionen mit Verfassungsrang, beispielsweise Kirchen, Religionsgemeinschaften, aber auch die kommunalen Landes verbände.
Um möglichen Bedenken hier im Haus zuvorzukommen: Das freie Mandat und die klassische Wahlkreisarbeit von uns Ab geordneten vor Ort, insbesondere dann, wenn es um Interes sen lokaler Art oder Vereine geht, werden selbstverständlich nicht von diesem Gesetzentwurf umfasst.
Darüber hinaus wird dem Landtag zu Beginn einer jeden Le gislaturperiode anheimgestellt, einen verbindlichen Verhal tenskodex zu beschließen, der die Grundsätze der Offenheit, der Transparenz, der Ehrlichkeit und der Integrität beinhaltet. Die Vorgaben dieses einheitlichen Verhaltenskodexes sind dann für die Wahrnehmung der Interessenvertretung gegen über dem Landtag verbindlich.
Ergänzend wird noch die sogenannte exekutive Fußspur vor geschlagen, das heißt, die Landesregierung wird verpflichtet, ihren Gesetzentwürfen eine Auflistung der Interessenvertre terinnen und -vertreter beizufügen, die bei der Erarbeitung der Gesetzentwürfe mitgewirkt haben.
Damit das Lobbyregistergesetz kein zahnloser Tiger wird, ent hält unser Gesetzentwurf zudem ein Sanktionsregime. Bei Verstößen gegen das Gesetz kann die Interessenvertretung ge genüber Fraktionen und Abgeordneten untersagt werden bis hin zu Geldbußen wegen der Verwirklichung des Tatbestands einer Ordnungswidrigkeit.
Zusammenfassung: Uns, der SPD, ist es wichtig, dass Lob byarbeit gegenüber dem Landtag und der Landesregierung spätestens ab der kommenden Legislaturperiode transparent erfolgt, und zwar auf der Grundlage eines verbindlichen Re gisters nach den Grundsätzen von Offenheit, Transparenz und Integrität, die durch einen Verhaltenskodex konkretisiert wer den. Bei Verstößen dagegen erfolgen auch Sanktionen.
Wir werben hier insbesondere bei den Regierungsfraktionen von Grünen und CDU um Offenheit in Bezug auf unseren Ge setzentwurf. Nachdem der SPD-Gesetzentwurf in das Gesetz gebungsverfahren eingebracht wurde, gab es erste Gespräche zwischen der Opposition, FDP/DVP und SPD, und den Grü nen und der CDU, um zu versuchen, unseren Vorstoß in einen gemeinsamen Entwurf münden zu lassen. Bisher hat es nicht funktioniert. Aber wir reden weiter miteinander. Ich habe die Hoffnung, dass am Schluss etwas dabei herauskommt, gege benenfalls ein gemeinsamer Entwurf.
Wir nehmen Sie aber beim Wort, Herr Sckerl: Wenn, wie Sie sagen, die Bürger ein Recht haben, zu erfahren, wer in wel cher Form an der politischen Willensbildung mitwirkt, dann muss ein Lobbyregister die erwähnten Grundvoraussetzungen erfüllen. Wir werden es nicht akzeptieren, dass wie beim Ka renzzeitgesetz ein weiteres Mal mit Nebelkerzen geworfen wird, damit das Thema für die Koalition – die, wie Sie sich erinnern, ein Lobbyregister im Koalitionsvertrag vereinbart hatte – vom Tisch ist, und zwar unabhängig davon, an wem es bei Grün oder Schwarz hakt.