Protocol of the Session on December 14, 2020

(Zurufe, u. a.: Unverschämt! – Unglaublich! – Mein Gott! – Unruhe)

Parteistreber.

Herr Ministerpräsident, ich darf Ihnen noch einmal das Wort überlassen.

Frau Präsiden tin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich erst ein mal bei den Regierungsfraktionen bedanken für die Unterstüt zung durch den Entschließungsantrag, für die Beschlüsse, die

wir gemeinsam gefasst haben. Aber auch bei den Oppositi onsfraktionen SPD und FDP/DVP sehe ich doch eine grund sätzliche Unterstützung dieser Maßnahmen, so, wie wir sie jetzt mit dem Lockdown ergreifen,

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das ist doch verbrecherisch!)

wobei es natürlich Differenzen in einzelnen Fragen gibt.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Verbre cherisch!)

Vielen Dank für diese grundsätzliche Unterstützung. Das ist, glaube ich, in dieser Zeit wichtig.

Zu Ihnen, Herr Gögel, möchte ich sagen: Sie sind genau wie alle anderen Fraktionsvorsitzenden umgehend von den Ergeb nissen unterrichtet worden.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Herr Abg. Dr. Fiechtner!

Ich habe es al lerdings versäumt, Sie hinterher anzurufen; das stimmt.

(Zurufe, u. a.: Aha!)

Sie müssen sich allerdings in Ihrer Fraktion schon mal darü ber einigen: Ist das nun ein gefährliches Virus, und es ist eine Pandemie, oder ist es eine harmlose Grippe? Darüber müssen Sie sich einfach mal untereinander einigen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Eine mit telschwere Grippe laut John Ioannidis!)

Denn das, was Sie hier präsentieren, ist höchst widersprüch lich,

(Abg. Daniel Rottmann AfD: Sie lenken ab vom The ma!)

und es ist sehr schwierig, damit umzugehen. Man kann nicht – wie Sie es tun – einerseits sagen, das, was da passiert, sei gar nicht gefährlich, und andererseits dann wieder hinsicht lich der Verteilung von Masken und was weiß ich was Kritik üben. Das passt nicht zusammen. Einigen Sie sich doch ein fach mal darauf, was Sie wollen.

(Beifall)

Herr Ministerpräsident, möchten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Rottmann zulassen?

Herr Ministerpräsident, vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Ich finde es sehr schön, dass Sie sich an den Positionen der AfD abarbeiten wollen. Aber wäre es nicht sinnvoller, sich wirklich der Coronasitua tion zu widmen? Sie lenken vom Thema ab.

Vielen Dank.

(Lebhafter Widerspruch – Lebhafte Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Nein, an Ihnen arbeite ich mich eben gerade nicht ab. Gerade das habe ich nicht vor.

(Beifall)

Dafür ist die Situation dann doch zu ernst.

(Vereinzelt Beifall – Zurufe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hinterher sind wir alle klü ger.

(Zurufe, u. a.: Die Grünen nicht!)

Der Philosoph Sören Kierkegaard hat es etwas umfassender ausgedrückt:

Das Leben kann man nur rückwärts verstehen, aber le ben muss man es vorwärts.

(Zuruf: Genau!)

In dieser Situation befinden wir uns nun mal in dieser Pande mie. Wir brauchen die Erfahrungen, die wir in diesen Mona ten machen; denn über das Virus und seine Verbreitung wis sen wir noch immer viel zu wenig. Auch die Studien, die Sie genannt haben – – Wir haben auch andere Studien. Das Bild ist nicht mehr so einheitlich, etwa dazu, was Kinder und Ju gendliche betrifft. Wir sind da also ein lernendes System. Das ist einfach so.

Das grundlegende Problem, das wir zurzeit haben, ist, dass wir bei mindestens über 60 % der Infektionen nicht mehr sa gen können, woher sie kommen, woher sich die infizierte Per son die Infektion geholt hat. Das macht einfach das Problem aus. Wenn man das nicht weiß, wie soll – das frage ich Sie mal – dann die Strategie aussehen? Wenn man gar nicht wirk lich weiß, wo sich die Leute angesteckt haben, wie soll dann die Strategie aussehen, die die Pandemie gezielt bekämpfen soll? Das möchte ich gern einmal von irgendjemandem hören. Das habe ich bisher noch nie gehört.

(Beifall – Zurufe)

Die Wissenschaftler haben uns noch einmal ganz eindringlich gesagt – wir haben sie nämlich noch einmal ins Kabinett ge holt, bevor wir die Entscheidung getroffen haben –: Das Ent scheidende ist: Wir müssen herunterkommen von diesen ho hen Infektionszahlen, und dann schlägt auch wieder die Stun de von Strategien und Plänen. Vorher sind sie überhaupt nur sehr, sehr bedingt möglich.

(Abg. Anton Baron AfD: Dunkelziffer!)

Ich verstehe, dass dauernd gefordert wird: Planbarkeit und Wenn-dann-Szenarien. Aber das ist bei diesen sehr hohen In fektionszahlen weithin illusorisch. Das muss ich Ihnen leider sagen, weil uns das die Wissenschaftler so sagen.

Herr Ministerpräsident, Herr Abg. Stein würde gern eine Zwischenfrage stellen. Ist das möglich?

Einen kleinen Moment. – Darum haben sie so dringend an uns appelliert,

diesen Schritt jetzt zu gehen, damit die Infektionszahlen sin ken und wir dann wieder in einen Bereich kommen, in dem wir die Pandemie kontrollieren können, weil wir wieder et was über die Infektionsketten wissen, wo sie entstehen und wo sie sich weiterverbreiten. Das ist genau der Punkt.

Darum haben wir uns so entschieden, wie wir uns entschie den haben – für diese harten Maßnahmen –, weil wir sonst Ih re Wünsche auch nach dem 10. Januar nicht erfüllen können. Das muss man leider so deutlich sagen.

Wenn wir bis zum 10. Januar nicht runterkommen, müssen wir wieder entscheiden: Was machen wir mit den Schulen? Dann müssen wir wieder entscheiden: Was machen wir mit den Betrieben? Da kann ich Ihnen ziemlich sicher sagen: Wir werden dann diese Beschränkungen wohl nicht aufheben kön nen, sondern vielleicht müssen wir sie sogar noch mal ver schärfen. Denn wir haben keineswegs alles stillgelegt, wie Sie behauptet haben, sondern es sind nur bestimmte Bereiche der Wirtschaft betroffen. Das Arbeitsleben und das wirtschaftli che Leben finden in weiten Bereichen nach wie vor statt. Es ist klar: Man kann eine Baustelle nicht im Homeoffice aufstel len, und man kann im Homeoffice auch kein Auto produzie ren.

Das heißt, es gibt eben bestimmte Bereiche, in denen es not wendig ist, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplatz gehen. Aber der dringende Appell lautet, wo immer es möglich ist, Homeoffice zu machen, und wo im mer es möglich ist, dann auch in dieser Zeit Betriebsurlaub und Betriebsferien zu machen. Das ist der dringende Appell.

Dann will ich doch noch mal darauf hinweisen: Sie waren da nicht gerade der Leiseste, Herr Kollege Rülke, und Sie auch nicht, Herr Stoch. In einer früheren Phase der Pandemie ha ben wir doch sehr, sehr intensiv über die Verhältnismäßigkeit unserer Maßnahmen gesprochen.

(Zuruf)

Da musste ich mir doch einiges anhören.

(Abg. Anton Baron AfD: Zu Recht!)

Und – darauf will ich auch einmal hinweisen – die Gerichte haben nicht wenige der Maßnahmen, die wir gemacht haben, für unverhältnismäßig erklärt und aufgehoben.