Protocol of the Session on December 14, 2020

(Zuruf: So ist es!)

Das sagt doch auch gar niemand. Aber wir sind doch jetzt in einer Situation, in einer Lage, in der es richtig ist, mit Blick auf Weihnachten schon am 16. Dezember strengere Maßnah men zu ergreifen.

Jetzt will ich auch mal dem Vorwurf entgegentreten, die Zeit im Sommer sei – so heißt es wohlfeil – verschlafen worden. Wir haben – auch das sollte man sich mal vor Augen führen – die Gesundheitsämter im Sommer mit Hunderten Stellen verstärkt. Das Konjunkturpaket des Bundes hat 4 Milliarden € allein für den öffentlichen Gesundheitsdienst zusätzlich be reitgestellt. Die Landesregierung wird, wie erwähnt, morgen Landeshilfen verlängern. Das Spektrum der Empfänger reicht bis hin zur Amateurmusik und zur Breitenkultur, aber vor al lem kommen sie den Unternehmen in unserem Land, dem Mittelstand zugute. Die Bundeswehr hilft beim Tracing. Ba den-Württemberg hat 300 000 Schülerlaptops angeschafft, um künftig alle Schüler beim Fernlernen zu erreichen.

Wer also so tut, als hätte die Politik vor der zweiten Welle die Hände in den Schoß gelegt, der kennt die Lage wohl nur aus Berliner Talkshowstudios.

Herr Abg. Dr. Reinhart, lassen Sie zwei Zwischenfragen zu, und zwar von Herrn Abg. Dr. Schweickert und Herrn Abg. Dr. Fiechtner?

Ja, am Ende gern. Aber ich muss erst noch meine Ausführungen zu Ende bringen.

(Zuruf: Also nein!)

Dieses Virus kann uns vieles lehren. Es lehrt uns vor allem Demut. Es lehrt uns auch, dass in dieser Krise niemand Wahr heit und Wissen für sich allein gepachtet hat. Es lehrt uns, dass manche flotte Forderung schneller überholt oder auch wider legt sein kann; das meine ich auch bezogen auf Verbände und auf Medien. Das Virus lehrt uns, dass wir mit unseren mensch lichen Machbarkeitsvorstellungen doch auch an Grenzen sto ßen.

Das gilt z. B. auch für den sogenannten Cocooning-Ansatz, also den besonderen Schutz, über den wir gerade auch bei äl teren und gefährdeten Menschen nachdenken müssen. Aber es gibt in Deutschland 21 Millionen Menschen über 60 Jah re. Wir werden sie nicht alle hinter Dekontaminationsschleu sen isolieren können. Auch das gehört zur Realität und Wahr heit.

Wir sind auch kein Staat wie China oder Korea, wo man alles sozusagen von oben herab verordnen kann.

Aber klar ist: Dass das Virus gerade zuletzt wieder massiv in die Altersgruppe der Betagten hineindiffundiert ist, dass es er neut in Pflegeeinrichtungen grassiert, das dürfen und können wir nicht akzeptieren. Deshalb müssen wir mehr testen, tes ten, testen, und wir müssen bei diesen Pflegeheimen auch den besonderen Schutz ins Auge fassen. Auch das gehört zur Wahrheit. Wir müssen deshalb alles tun für den besonderen Schutz von Pflegeheimen. Hier können, hier müssen wir noch besser werden.

Auch die Corona-Warn-App hat noch Potenziale. Angesichts von Tausenden Toten müssen wir uns schon ernsthaft fragen: Können wir wirklich nicht ein paar Abstriche beim Daten schutz hinnehmen,

(Zurufe)

um vielleicht viele Leben zu retten? Auch diese Diskussion sollten wir noch einmal neu führen.

(Beifall)

Denn jetzt gilt es, die Zahl der Kontakte zu reduzieren. Wir haben auch schon eine Hotspot-Strategie entwickelt. Diese muss weiter ausgebaut werden. Ein Weiteres sind die Appel le, zu Hause zu bleiben. Ein ungewöhnliches, stilles, für vie le sicher auch einsames Weihnachtsfest steht uns bevor.

Es bleibt uns die Hoffnung, dass es mit der Impfung das ein zige Weihnachten im Schatten der Pandemie bleiben wird. Deshalb ist es wichtig, dass die Impfvorbereitungen, wie an gesprochen, jetzt mit Hochdruck laufen. Erste Impfzentren wurden errichtet. Leider braucht die Europäische Union bei uns länger, um diese Notfallzulassung zu ermöglichen, anders als in Großbritannien, in den USA oder in Kanada. Ich bedau re das außerordentlich. Ich will hier schon einmal den Bun desgesundheitsminister zitieren. Er hat gesagt: „Jeder Tag, den wir früher beginnen können zu impfen, mindert Leid.“

(Vereinzelt Beifall)

Deshalb appelliere ich an uns alle, dass es rasch vorangeht, vielleicht auch mit einer Sicherstellungsverordnung für den medizinischen Bedarf.

(Zuruf: Eine Impfung ist keine neue Coca-Cola!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bis wir das Virus endlich losgeworden sind, brauchen wir noch Geduld und auch Durch haltewillen. Helfen wir einander dabei, teilen wir die Verant wortung! Dann werden nach diesen dunklen Monaten für die ses wunderbare Land auch wieder hellere Tage im Zukunfts land Baden-Württemberg kommen. Darum muss es gehen.

(Beifall – Zu- und Gegenrufe)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Gögel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, lassen Sie mich zunächst ein mal meiner Verwunderung Ausdruck verleihen. Wie ich von Herrn Schwarz gehört habe, haben Sie die Fraktionsvorsitzen den gestern über die Ergebnisse informiert. Ich habe bedau erlicherweise keinen Anruf von Ihnen erhalten. Vielleicht kön nen Sie dazu noch Stellung beziehen.

(Zurufe)

Meine Kollegen möchte ich da um Nachsicht bitten; ich konn te sie nicht informieren, weil ich keine Informationen bekom men habe.

Lassen Sie meine Ausführungen nun mit einem treffenden Zi tat von Mark Twain beginnen. Dieses Zitat beschreibt so gut wie, glaube ich, kein anderes die Arbeitsweise, den Zustand dieser Landesregierung:

Kaum verloren wir das Ziel aus den Augen, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.

So wie unsere Landesregierung das Ziel vor Augen verloren hat und deshalb ab Mittwoch doppelte Anstrengungen unter nimmt: den harten Lockdown, meine Damen und Herren. Diesmal mit einer Besonderheit: mit Ausgangssperren. Das ist einmalig in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Nicht einmal während der Hongkong-Grippe Ende der Fünfzigerjahre wurde über solche Dinge nachge dacht.

(Beifall – Zuruf)

Darauf haben sich die Bundeskanzlerin und die Ministerprä sidenten gestern geeinigt.

Welche Gefühle haben sie bei der Bevölkerung bedient? Die Angst, an Corona zu erkranken, die Angst um die Gesundheit der Familie, die Angst um den Verlust der Arbeitsplätze, die Existenzangst, die Zukunftsangst und die Angst vor der Angst, diese Gefühle wurden bedient, meine Damen und Herren.

All das ruft nicht nur schwere seelische und psychische Stö rungen bei den Menschen hervor, sondern führt zu psychoso matischen und dauerhaften Verhaltensstörungen im Alltags leben der Bürger in unserem Land. Die Spätfolgen werden wir noch zu spüren bekommen, meine Damen und Herren.

(Zuruf: Das interessiert die doch nicht!)

Unkoordinierte Maßnahmen der Regierung, unüberlegtes Han deln, immer wieder neue Verbote, die im wöchentlichen Takt eingeführt werden, verunsichern die Bürger; sie bereiten ih nen Angst.

(Zuruf)

Die Angst ist ein uraltes Mittel der Manipulation. Mithilfe von Angst und Einschüchterung sind die Gesellschaften manipu lierbarer und besser kontrollierbar.

Meine Damen und Herren, die überdurchschnittlich hohen Sterbefallzahlen im Oktober, November 2020 sind fast aus schließlich auf eine Zunahme von Sterbefällen in der Alters gruppe der über 80-Jährigen zurückzuführen. Die Sterbefall zahlen der unter 80-Jährigen sind hingegen zurückgegangen. Das wird nicht von der AfD behauptet, sondern dieser Befund wird von Daten des Robert Koch-Instituts bestätigt,

(Zurufe)

wonach Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus gehäuft bei Menschen ab 80 Jahren auftreten.

(Zurufe)

Meine Damen und Herren, anstatt diese Alters- und Risiko gruppen besonders zu schützen und für ausreichendes medi zinisches Fachpersonal in Pflegeheimen und Krankenhäusern zu sorgen,

(Zuruf)

setzen Sie lieber unsere Grundrechte außer Kraft.

(Beifall – Zuruf)

Wohl wissend, dass das Virus noch lange in unserem Land un terwegs sein wird, benutzen Sie Ihre Unfähigkeit zum Han

deln, um unsere Grundrechte weiterhin über Monate oder so gar Jahre außer Kraft zu setzen.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Meine Damen und Herren, Sie – ich meine hier die Landes regierung – haben bis jetzt mit der Schrotflinte geschossen, und jetzt schießen Sie mit einer Kanone, ohne zu wissen, was Sie eigentlich treffen wollen.

(Beifall – Zuruf: So ist es!)

Was Sie in jedem Fall treffen, meine Damen und Herren, das ist die Wirtschaft unseres Landes.