Protocol of the Session on November 12, 2020

(Anhaltende Unruhe)

Seien wir ehrlich: Ihr Grundrechtsverständnis ist sehr selek tiv. Die Grundrechte sind aber keine Pralinenschachtel, aus der man sich seine Lieblingsstücke herauspicken kann.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Dann schränken Sie nicht die Grundrechte ein! Führen Sie doch die Gulags wieder ein! Das sind doch Faschis ten! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: „Das sind doch Faschisten“, hat er gesagt! Das geht gar nicht!)

Auch die Grundrechte, die einem selbst nicht offenstehen – –

Moment. – Meine Damen und Herren, Frau Abg. Erikli hat das Wort. Ich habe sowieso gleich einen Hinweis. – Fahren Sie bitte fort.

Die Grundrechte, die einem selbst nicht offenstehen, Grundrechte, die mit Toleranz und einem Ertragenmüssen zu tun haben, die die Verfassung vorsieht, kommen – mit Blick auf die Meinungs- und Versammlungs freiheit – in manchen Fällen nicht ohne Zumutungen aus. Das weiß ich sehr gut, denn ich empfinde das meiste, was Sie hier in diesem Hohen Haus vortragen, ebenfalls als Zumutung.

(Beifall – Zurufe)

Dennoch käme ich nicht auf die Idee, Ihnen Ihre Grundrech te abzusprechen.

(Beifall – Zurufe)

Die AfD ist also die politische Bewegung, die am wenigsten kompetent und geeignet ist, sich zur Hüterin der Grundrech te aufzuschwingen. Sie wollen sich als Hüter der Verfassung und der Grundrechte empfehlen.

(Zuruf: Es ist halt so!)

Sie werden verstehen, dass wir dieses vergiftete Angebot mit aller Entschiedenheit ablehnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall – Zurufe)

Herr Abg. Dr. Fiechtner, Sie haben Frau Abg. Erikli während ihrer Rede als „Faschisten“ bezeichnet. Dafür erteile ich Ihnen hiermit einen Ordnungs ruf.

(Zurufe, u. a. Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los]: Ich habe gesagt: Das ist faschistisch! – Unruhe)

Sie haben gesagt: „Sie sind Faschisten!“ Das habe ich selbst gehört. Dafür gab es den ersten Ordnungsruf.

Eine weitere Frage: Haben Sie zu Frau Abg. Erikli „Gulag ge hört zu Ihrem Inventar!“ gesagt? Haben Sie das gesagt, ja oder nein?

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ja, hat er! – Wei tere Zurufe)

Das haben Sie gesagt. Dann gibt es dafür einen zweiten Ord nungsruf.

(Vereinzelt Beifall – Unruhe)

Meine Damen und Herren, wir fahren fort. Ich erteile Frau Abg. Huber für die CDU-Fraktion das Wort.

(Anhaltende Unruhe)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Ja, die momentan herrschen den Einschränkungen schmerzen jeden von uns. Sie schmer zen den Gastwirt, der trotz Hygienekonzept seine Türen schließen muss, unsere Kinder, die nicht mehr zum Fußball training gehen dürfen, die Mitglieder eines Chors, der trotz vieler Anstrengungen nicht mehr singen darf, die Betreiber und Besucher von Fitnessstudios, in denen wieder alles still steht.

Ja, wir haben Freiheitsbeschränkungen. Es sind wohl die in tensivsten in der Geschichte, seit es das Grundgesetz gibt. Es ist nachvollziehbar, dass man die Regelungen hinterfragt, ja auch, dass man sie kritisiert. Der Inhaberin eines Kosmetik studios ist es nicht einfach zu vermitteln, warum sie schließen muss, während der Friseursalon nebenan geöffnet hat. Des wegen ist es wichtig, dass man darüber spricht, dass man die Fakten auf den Tisch legt, die Hintergründe erläutert. Hier im Landtag ist der richtige Ort dafür.

(Beifall)

Was jedoch in der von Ihnen beantragten Debatte völlig fehlt, sind Sachlichkeit, Fakten, ein respektvoller Umgang und vor allem vernünftige Lösungsvorschläge, Lösungen, die sich am Gesamtwohl der Gesellschaft orientieren.

(Beifall)

Allein der Titel der von Ihnen beantragten Aktuellen Debatte spricht Bände. Ich zitiere:

... das Ende der Grundrechte in Baden-Württemberg?

Dort steht noch ein Fragezeichen; in Ihrer Rede vorhin haben Sie sogar gesagt, es sei tatsächlich das Ende. Dieser Titel un terstellt, dass die Gefahr bestehen würde, dass Grundrechte außer Kraft gesetzt werden.

(Zurufe, u. a.: Sie werden ja auch außer Kraft ge setzt!)

Dabei belegen gerade diese Zeiten – hören Sie einmal zu! –, wie gut unser Rechtsstaat funktioniert. Die Bürger nutzen die Rechtsmittel,

(Zuruf: So ist es!)

die Gerichte fällen ihre Urteile

(Abg. Dr. Christina Baum AfD: Die Gerichte sind nicht der Rechtsstaat!)

und überwachen so das staatliche Handeln.

(Beifall)

Frau Abg. Huber, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Stein zu?

Nein. – Wir in Baden-Württem berg sind zudem Vorreiter. Als einziges Bundesland haben wir ein eigenes Pandemiegesetz.

(Zuruf: Sehr gut!)

Darauf beruhen alle Verordnungen, und darauf können wir stolz sein.

(Zurufe, u. a. des Abg. Udo Stein AfD)

Es gilt also, dem Unsinn, den Sie hier heute abermals von sich gegeben haben, entgegenzutreten. Das machen wir, die demo kratischen Parteien, gebetsmühlenartig weiter.

(Beifall – Zuruf)

Ich nutze also diese Gelegenheit für Fakten: Fast 200 Mitglie der des Freiwilligen Polizeidienstes unterstützen nun die Ge sundheitsämter, vor allem bei der Kontaktpersonennachver folgung. Das ist eine wichtige Unterstützung.

(Beifall – Zuruf: Genau!)

Hier von einer „Denunzianten-Bürgerwehr“ zu sprechen macht mich sprachlos. Wir, die CDU-Fraktion, sind diesen Menschen dankbar. Wir sagen allen Danke,

(Oh-Rufe)

die in diesen Zeiten all jene unterstützen, die an vorderster Front arbeiten: den Sicherheitskräften, den Rettungsdiensten, dem gesamten Gesundheitswesen, den Pflegekräften, den Kommunen und allen, die helfen, wo sie nur können.

(Beifall)