Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der sehr guten Begründung des Gesetzentwurfs und vor allem der ausführlichen Erläuterung durch Herrn Mi nister Strobl ist eigentlich nicht mehr allzu viel hinzuzufügen.
Als Kommunaler möchte ich meinerseits noch einmal bestä tigen, dass wir Klarheit und Rechtssicherheit brauchen, ins besondere auch bei den Abgabengesetzen der Kommunen, weil neben den Steuereinnahmen die Gebühren und die Bei träge wesentliche Einnahmequellen der Kommunen sind. Da brauchen die Kommunen Rechtssicherheit bei der entspre chenden Erhebung. Diese wird mit diesem Gesetz hergestellt.
Mir persönlich ist auch wichtig – das war immer auch ein The ma innerhalb der Kommunen –, dass der Datenschutz-Grund verordnung Rechnung getragen wird und die Datensicherheit innerhalb der Kommunen gewährleistet wird. Es soll möglich sein, Daten elektronisch entsprechend der Gesetze auszutau schen. Dies sollte aber transparent geschehen. Vor allem soll te Klarheit dahin gehend bestehen, dass dafür im Rahmen der Fachaufsicht, der Dienstaufsicht auch der Landesdatenschutz beauftragte zuständig ist. Hier sollte es keine Unklarheiten ge ben. Sowohl der Bürger als auch die Kommune wissen somit, wohin sie sich in einem entsprechenden Fall rechtssicher wen den können.
Für mich ist insbesondere notwendig, dass wir diese rechtssi chere Abgrenzung haben – auch hinsichtlich der Frage, wel che Investitionen in Gebühren, in Beiträge eingerechnet wer den können, und vor allem mit Blick auf die Zeitdauer, wie weit zurück wir entsprechende Veranlagungen vornehmen können.
Ich darf Ihnen ehrlich sagen: Dass es einmal einer Gesetzes begründung bedarf, um 20 Jahre rückwirkend Gebühren und Beiträge erheben zu können, erschließt sich mir als Kommu nalem fast nicht. Jeder Bürgermeister und jeder Gemeinderat müsste wissen, dass dies – länger als 20 Jahre zurück – für den Bürger eigentlich unzumutbar ist.
Vor allem: Wenn eine Verwaltung nicht in der Lage ist, inner halb von 20 Jahren entsprechende Beiträge zu erheben, dann sollte der Gemeinderat so stark sein, darauf zu verzichten.
Die Rechtsprechung hat aber gezeigt, dass es leider notwen dig ist. Aus diesem Grund schreiben wir dies jetzt in den Ge
setzentwurf hinein und geben damit entsprechend Rechtssi cherheit. Deshalb möchte ich sagen: Das, was durch die Bür ger beklagt wurde, wurde in meinen Augen zu Recht beklagt, und wir schreiben dies nun zu Recht auch in den Gesetzent wurf hinein.
Auch die vorgesehene Änderung der Gemeindeordnung, wo nach Gemeinden Zusatzbezeichnungen führen können, war schon immer ein Diskussionspunkt. Ich erinnere mich an viele Gespräche, auch mit Oberbürgermeistern und Bürgermeistern: Was darf ich jetzt auf das Stadtschild, auf das Gemeindeschild, in sonstige öffentliche Bekanntmachungsorgane schreiben?
Ich freue mich, dass man den Kommunen damit einen Schritt entgegenkommt. Ich sehe die Vielfältigkeit unseres Landes, die sich darin widerspiegelt. Die hohen Hürden – Frau Dr. Lei dig hat es angesprochen; ein Gemeinderatsbeschluss mit ei ner qualifizierten Mehrheit ist notwendig sowie das Einver nehmen des Innenministeriums – sehe ich als Voraussetzung, dass hier sehr ernsthaft gearbeitet wird, dass sehr ernsthafte Vorschläge kommen. Mit dem, was die Städte und Gemein den hier beantragen, können wir sicherlich leben. Dies trägt zur Vielfalt bei.
Auch die Kommunalanstalten waren in den letzten Monaten Gegenstand von Gesetzesvorlagen, von Gesetzesbegründun gen. Ich freue mich, dass man innerhalb kürzester Zeit aufge griffen hat, was praxisorientiert und praxisnah ist. Dies setzt man mit dieser gesetzlichen Regelung um und kommt den Kommunen auch hiermit entgegen.
Alles in allem ist das in meinen Augen eine sehr schlüssige, eine sehr gute Gesetzesvorlage. Wir werden sie nun im Innen ausschuss beraten und danach hier im Plenum hoffentlich ein vernehmlich verabschieden.
Frau Präsidentin, werte Kolle ginnen und Kollegen! Wir reden über Abgaben, und ich scheue mich auch nicht, positiv über Abgaben zu sprechen. Abgaben und Gebühren – Kollege Klein hat darauf hingewiesen – sind neben den wenigen direkten Kommunalsteuern eine wichtige Einnahmequelle für unsere Städte und Gemeinden, damit sie die ihnen übertragenen Aufgaben ordentlich und angemessen finanzieren und ausüben können.
Das ist gut so, denn unsere Kommunen sorgen dafür, dass die Infrastruktur für eine gute Daseinsvorsorge vorgehalten, ge pflegt und ausgebaut wird und dass der gesellschaftliche Zu sammenhalt funktioniert. Das braucht nicht nur guten Willen und kluge kommunalpolitische Entscheidungen, sondern kos tet auch Geld.
Deshalb müssen auch die gesetzlichen Grundlagen, auf denen Abgaben erhoben werden, stimmig und zeitgemäß sein und von Zeit zu Zeit aktuellen Erfordernissen angepasst werden. Das macht die Landesregierung mit diesem Gesetzentwurf, den wir auch grundsätzlich positiv bewerten.
Ich komme zu ein paar Einzelregelungen im Kommunalabga bengesetz. Elektronische Datenübermittlung ist heute Stan dard bzw. sollte Standard sein. Dass da an manchen Stellen noch viel Luft nach oben ist, erleben wir momentan bei der Datenübermittlung in Sachen Covid-19-Testungen und der Nachverfolgung von Kontaktpersonen. Hier sind wir vieler orts noch im Zeitalter von händischer Datenerfassung und Faxübertragung.
Im Bereich der Kommunalabgaben soll es besser werden, und an uns wird dies sicher nicht scheitern. Die datenschutzrecht lichen Erfordernisse müssen dabei selbstverständlich beach tet werden.
Die Berücksichtigung kalkulatorischer Zinsen oder der Kal kulation von Verwaltungsgebühren oder die Erstellung von Luftbildern zur Ermittlung versiegelter Flächen zur Bemes sung der Niederschlagswassergebühr vollziehen wir nach.
Unnötig hingegen könnte aus unserer Sicht eine Anpassung der Regelung über die Gebühren für die Benutzung von Kin dergärten und Tageseinrichtungen sein – Stichwort: verpflich tende Einführung von sozial gestaffelten Gebühren. Diese Än derung wäre nämlich dann überflüssig, wenn die Landesre gierung und die sie tragenden Fraktionen der Forderung der SPD-Fraktion nach landeseinheitlicher Gebührenfreiheit in der Kindertagesbetreuung Folge leisten würden.
Zu den vorgesehenen Änderungen in der Gemeindeordnung: Das ist ein weiterer Lockerungsschritt, was das Führen einer sonstigen Bezeichnung neben dem Städte- und Gemeindena men – hier auch bezogen auf einzelne Ortsteile – anbelangt. Auf Drängen der SPD-Fraktion haben wir ja bereits die Zu lässigkeit von Bäder- und Kurortzusätzen in den Gemeinde namen ermöglicht. Wir begrüßen es, dass zukünftig auch Zu satzbezeichnungen, die auf dem geschichtlichen Hintergrund, einer Eigenart oder der heutigen Bedeutung einer Gemeinde beruhen, geführt werden dürfen. Das Verfahren dazu wird ver einfacht und mit einer stärkeren kommunalen Komponente versehen. Kommunale Komponenten gefallen uns. Aber, Herr Minister Strobl, Sie wollen wahrscheinlich auch nicht in Ih rer Heimatstadt bzw. in Stadtteilen dann auf Ortsteilschildern „Seeräuber“, „Saureiter“ oder „Linsenfarmer“, geschweige denn „Krautscheißer“, „Blunsenbacher“ oder „Dachreiter“ le sen.
Um solchen Unfug zu verhindern, haben Sie deshalb zu Recht die Maßgeblichkeit hoch genug gesetzt: Erforderlich ist ein Gemeinderatsbeschluss mit qualifizierter Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen aller Mitglieder – das ist das höchste denkbare Quorum. Außerdem bedarf eine Zusatzbezeichnung auch noch der Genehmigung des Innenministers. Da kann
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befinden uns in der Ersten Beratung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Kommunalabgabenge setzes und der Gemeindeordnung. Aus meiner Sicht ist das schwere Kost, zumindest was den ersten Teil des Gesetzes an geht. Apropos: Ich möchte schon jetzt ankündigen, dass wir im Ausschuss die getrennte Abstimmung über die Artikel 1 und 2 des Gesetzentwurfs beantragen werden. Denn die Re gelungsmaterien sind so verschieden, dass es zweckmäßig ge wesen wäre, die beiden Teile in getrennten Gesetzentwürfen in den Landtag einzubringen.
Es ist absolut nicht zu verstehen, weshalb eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes mit der Änderung der Gemein deordnung in einem Gesetz vermischt wird – dies unter dem Gesichtspunkt der Rechts- und Regulierungsklarheit. Die Lan desregierung peitscht doch kurz vor Torschluss noch so viele Gesetze durch den Landtag, da wäre es auf dieses eine auch nicht mehr angekommen.
Wir sehen hier einen bunten Strauß von Verweisregelungen aus der Abgabenordnung vor uns. Zu unserer Verwunderung war das Kommunalabgabengesetz im Jahr 2005 zum letzten Mal Gegenstand einer Aktualisierung, obwohl seitdem mehr fach relevante Rechtsgrundlagen in der Abgabenordnung ge ändert wurden.
Man kann sich schon fragen, warum das Kommunalabgaben gesetz so ein Schattendasein führte. Es trifft doch so gut wie alle Bürger in der einen oder anderen Weise in ihrem Geld beutel. Da sollte man schon viel mehr auf die Rechtssicher heit achten. Wer weiß, wie viele Bürger seitdem mit Abgaben bescheiden belastet wurden, die nicht mehr der Rechtslage entsprachen?
Deutlich wird dies an dem Urteil des Bundesverfassungsge richts zur zeitlichen Obergrenze von Erschließungs- und An schlussbeiträgen aus dem Jahr 2013. Seitdem sind sieben Jah re vergangen. Warum um alles in der Welt braucht der Lan desgesetzgeber bloß so lange, um einen eklatanten Missstand im Abgabenrecht abzustellen? Dies lässt tief in die Arbeits auffassung dieser Regierung blicken – und zwar nicht nur bei diesem Thema, sondern allgemein. Gerade jetzt gilt es, anzu packen. Das Volk muss aus der Krise geführt werden. Dazu braucht es auf der Regierungsbank Macher und keine Lacher.
Herr Strobl, erklären Sie mir bitte mal, wie das sieben Jahre dauern konnte. Ich weiß, Sie waren davor nicht in der Regie rung, aber für die laufende Legislaturperiode tragen Sie Ver
antwortung. Mit diesem Gesetz werden zwar viele Bürger vor ungerechtfertigten Abgabenforderungen der Kommunen be wahrt. Aber wie viele Bürger mehr hätten in den vergangenen sieben Jahren vor großem finanziellen Schaden bewahrt wer den können, die aufgrund gesetzwidriger Veranlagungen mit Erschließungsbeiträgen in Höhe von vielen Tausend Euro überzogen wurden? Das nenne ich dann schon fast eine vor sätzliche Missachtung von Bürgerrechten.
Bayern war der Anlass dieser Rechtsprechung. Bayern hat auf grund dieses Urteils schon im Jahr 2014 reagiert – sechs Jah re vor Baden-Württemberg. Herr Strobl, ich frage Sie noch einmal: Wie rechtfertigen Sie das? Sie tragen doch sonst im mer so stolz die angebliche Vorreiterrolle unseres Musterländ les wie eine Monstranz vor sich her. Das gilt offenbar dann nicht, wenn Grundstücksbesitzer eine sprudelnde Quelle für die Kommunalfinanzen darstellen, egal, ob rechtmäßig oder rechtswidrig.