Protocol of the Session on November 4, 2020

und damit einen Vorteil gegenüber den anderen Modellen ha ben.

Zum Schluss möchte ich mich bei allen Expertinnen und Ex perten bedanken, die an den Beratungen teilgenommen haben. Ich möchte mich bei allen bedanken, die mit ihren Stellung nahmen an der Weiterentwicklung dieses Gesetzes mitgewirkt haben. Bedanken möchte ich mich auch bei unserem Koaliti onspartner für die konstruktive Zusammenarbeit bei diesem neuen Gesetz. Abschließend gilt ein großes Dankeschön un serer Finanzministerin Edith Sitzmann und dem ganzen Fi nanzministerium für diesen Meilenstein nachhaltiger Finanz politik.

Vielen Dank.

(Beifall)

Als Nächster hat Herr Abg. Tobias Wald das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! In der ersten Lesung habe ich de tailliert dargelegt, warum wir diesem Gesetzentwurf der Lan desregierung zustimmen werden. Auch nach der Beratung im Finanzausschuss halte ich fest: Wir haben keine neuen Er kenntnisse, wir stehen zu unserem Wort. Wir möchten ein ver fassungskonformes, einfaches und transparentes Grundsteu ermodell. Wichtig war uns auch die Unterstützung der kom munalen Familie, weil die Grundsteuer für die Kommunen ei

ne verlässliche und konjunkturunabhängige Einnahmequelle ist, aus der die kommunale Infrastruktur – Straßen, Schulen und Kindergärten – finanziert wird.

Ich betone: Unser Ziel ist die Aufkommensneutralität. Das be deutet, vor dem Inkrafttreten der neuen Grundsteuer im Jahr 2025 müssen alle Kommunen die Auswirkungen des neuen Berechnungsmodells auf die Grundstücke ihrer Gemarkung überprüfen. Bei Abweichungen liegt eine entsprechende Kor rektur in der Verantwortung der einzelnen Kommune, und die se Korrektur haben uns die Kommunen auch zugesagt. Für uns war immer sehr wichtig, dass Wohnen nicht noch teurer werden darf.

(Beifall)

Wir, die CDU-Fraktion, haben deshalb durchgesetzt, dass ein Abschlag für Grundstücke vorgenommen wird, die überwie gend zum Wohnen genutzt werden. Im Ergebnis haben wir da mit eine für Baden-Württemberg bestmöglich zugeschnittene Lösung gefunden, die verfassungskonform, aufkommensneu tral, leicht handhabbar und anhand objektiver Kriterien für je den nachvollziehbar ist.

Seit April 2018, also seit zweieinhalb Jahren, ist nun bekannt, dass wir ein neues Grundsteuergesetz benötigen. Seit zwei einhalb Jahren beschäftigen wir uns mit einem Grundsteuer gesetz. Wir haben verschiedene Modelle geprüft. Wir sind von der Verfassungskonformität des von der Landesregierung vor gelegten neuen Landesgrundsteuergesetzes überzeugt, meine Damen und Herren.

(Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Wir nicht!)

Auf Einladung der Staatskanzlei fand Ende Januar dieses Jah res eine Expertenrunde zur Nutzung der Grundsteuer-Länder öffnungsklausel statt. Auch Frau Finanzministerin Sitzmann hat daran teilgenommen. An dieser Expertenanhörung haben auch Frau Professorin Dr. Johanna Hey, eine renommierte Steuerexpertin, und Herr Professor Dr. Michael Eichberger, ehemaliger Bundesverfassungsrichter und seinerzeit Bericht erstatter im zugrunde liegenden Urteil des Bundesverfassungs gerichts vom April 2018 zum bisherigen Grundsteuerrecht, teilgenommen. Beide Experten haben übereinstimmend dar gelegt und ausgeführt, dass unser Bodenwertsteuermodell ver fassungskonform ist. Diese Einschätzung hat das Finanzmi nisterium uns gegenüber in vielen Gesprächen und Runden mehrfach betont und wiederholt bestätigt. Ich gehe davon aus, dass die Frau Finanzministerin dieses Thema noch einmal nä her beleuchten wird.

Meine Damen und Herren, so ist das mit dem Recht. Der ge lebten Demokratie ist es immanent, eine andere Meinung zu haben und zu vertreten. Dabei stellt sich für mich jedoch die Frage, ob dies aus Prinzip oder aus Überzeugung geschieht.

In einer dpa-Meldung vom Sonntag wird Herr Fraktionsvor sitzender Stoch mit den Worten wiedergegeben, die Landes regierung solle das von der Bundesregierung entwickelte und von der weit überwiegenden Mehrheit der Bundesländer über nommene Modell zur Grundsteuer anwenden. Das Bundes modell – Herr Stoch ist leider nicht da – ist aber nach dem Gutachten des Bundes der Steuerzahler Deutschland verfas sungswidrig. Das haben auch viele Experten bestätigt und zu Protokoll gegeben.

In dieser dpa-Meldung wird auch Herr Fraktionsvorsitzender Rülke mit den Worten zitiert, seine Partei teile die Haltung des Steuerzahlerbunds.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Richtig!)

Eine Haltung ist gut, aber Sie, lieber Herr Rülke, haben kei ne Haltung zur Grundsteuer, sondern Sie machen völlig unre flektiert eine andere Haltung zu Ihrer eigenen. Ist Ihnen ei gentlich bewusst, dass nach Ihrem Wunsch – Flächenmodell – die Belastung der Gewerbeimmobilien um ein Vielfaches höher ausfallen wird? Halten Sie dies in Coronazeiten für an gemessen?

(Zurufe, u. a.: Sie machen das Wohnen teurer!)

Ja, und die AfD möchte die Grundsteuer abschaffen. Dann bringt sie aber einen Änderungsantrag ein, welcher reine Po lemik beinhaltet – weil gar nicht umsetzbar. Mal abgesehen davon, dass der Inhalt Ihres Antrags handwerklich falsch ist, würde dessen Umsetzung in der Praxis zu einem erheblichen Mehraufwand führen. Rechnen Sie es einfach mal durch.

Meine Damen und Herren, das ist Politik. Deshalb laden wir, die Regierungsfraktionen, Sie ein: Stimmen Sie diesem Ge setzentwurf zu.

Herzlichen Dank.

(Beifall – Zuruf: Sehr gut! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Besuchen Sie den Wald! Er klärt Sie auf! – Ge genruf: Er sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht! Das ist das Problem!)

Als Nächster spricht für die SPD Herr Abg. Hofelich.

Werte Frau Präsidentin, Kollegin nen und Kollegen! Ich habe bei der ersten Lesung am Ende meines Wortbeitrags gesagt: Das, was Sie von den Koalitions fraktionen und vom Ministerium uns vorgelegt haben, über zeugt uns nicht. Ich will klar sagen, dass wir nach der Aus schusssitzung, bei der wir sehr intensiv debattiert haben und bei der wir, Herr Kollege Wald, natürlich mit Überzeugung und nicht, wie Sie annehmen, aus Taktik unsere Position ver treten haben, weiterhin viele offene Fragen haben und viele Punkte sehen, die uns bei Ihrem Modell überhaupt nicht über zeugen. Deswegen kann ich den Satz hier nur wiederholen: Das, was Sie uns heute vorlegen, überzeugt uns nicht. Ich kann Ihnen mit unserem Fraktionsvorsitzenden eigentlich nur zurufen: Ziehen Sie die Reißleine bei diesem Gesetz, das auf Dauer nicht Bestand haben wird. Das können wir Ihnen heu te schon so sagen.

(Beifall)

Sie werden es auch nicht einfach lautlos über die Bühne brin gen können, um im Nachhinein zu sagen, es wurde erst 2025 entdeckt, was es alles an Folgen gibt. Wir werden nach die sem heutigen Tag sicherlich nicht Ruhe geben. Wir sagen: Das, was real in den Kommunen passiert, ist etwas anderes als die Welt, die Sie uns hier heute vormachen, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Sie haben von uns im Minimum einiges gehört. Ich will in fünf Punkten aufführen, um was es uns bei der Kritik, die wir am Entwurf haben, geht.

Erster Punkt: Sie haben eine gemeinsame bundesweite Dis kussion, die Sie selbst gefordert haben, verlassen und haben einen Vorschlag, den der Bundesfinanzminister auf Bitten der Länder gemacht hat, einfach nicht zur Kenntnis genommen. Sie haben sich an dieser Diskussion nicht beteiligt, weil die CDU ausgeschert ist, da sie unbedingt mit der Öffnungsklau sel das Gleiche haben wollte wie Bayern.

Tatsache ist, dass der vom Bundesfinanzminister vorgelegte Vorschlag mit den fünf Faktoren Bodenrichtwert, Immobili enart, Nettokaltmiete, Gebäudefläche und Baujahr eine deut liche Vereinfachung gegenüber der alten Situation darstellt.

(Abg. Tobias Wald CDU: Vereinfachung?)

Dadurch wären wir selbstverständlich in der Lage gewesen, verfassungsfest zu agieren. Durch die fünf Faktoren hätten wir eine Dämpfung gehabt und keine großen Risiken von Aus schlägen, so, wie sie jetzt da sind.

Deswegen sage ich Ihnen: Es war ein Fehler, Frau Ministerin, dass Sie an der bundesweiten Diskussion nicht teilgenommen haben und nicht bei einem bundesweit gemeinsamen Vorge hen geblieben sind. Ein baden-württembergischer Sonderweg, wie Sie ihn beschreiten, war nicht notwendig.

(Beifall)

Zweiter Punkt: Verfassungswidrigkeit. Die Gebäude bleiben bei Ihnen nun mal unberücksichtigt. Da können Sie mit Pau schalierungen kommen, wie Sie wollen: Die Gebäude bleiben unberücksichtigt. Tatsache ist aber auf jeden Fall: Der Wert eines Grundstücks ändert sich entscheidend mit der Bebau ung – das ist völlig klar –, denn man wohnt ja auch darauf. Deswegen verletzt es den Gleichheitsgrundsatz, was Sie ma chen. Das wird das Einfallstor für Klagen zur Verfassungsmä ßigkeit sein. Es ist völlig klar, dass die Experten – ich könnte genauso welche nennen – hier ansetzen werden, wenn es da rum geht.

Sie wollen uns bzw. dem Bundesmodell mit Pauschalierun gen etwas vorwerfen. Auf der anderen Seite ist jedoch die Ver letzung des Gleichheitsgrundsatzes bei Ihrem Modell wesent lich schwerwiegender. Stellen Sie sich deswegen der Frage der Verfassungswidrigkeit. Wir haben hier größte Sorge, mei ne Damen und Herren.

(Beifall)

Dritter Punkt: Ihr Modell ist und bleibt ungerecht. Das ist nun wirklich oft genug vorgetragen worden. Für ein Grundstück, das mit einer Villa bebaut ist, wird man den gleichen Betrag zahlen müssen wie wenn es mit einem alten Wohnhaus bebaut wäre, obwohl die Werthaltigkeit sehr unterschiedlich ist. In bestimmten Wohngegenden kann die Mehrbelastung für ein Zweifamilienhaus nach unserer ersten Stichprobenumfrage bei Bürgermeistern bis zum Sechsfachen der bisherigen Höhe betragen. Es wird auch so sein, dass bei vielen Häusern im Altbestand, die vielleicht einen größeren Hof oder einen grö ßeren Garten haben, der eigentlich für die Kleinbiotope sinn voll ist, die Eigentümerfamilien am Ende spüren werden: Hoppla, bei uns geht die Steuerlast ganz schön nach oben.

Das sind Dinge, die am Ende ungerecht wirken werden und bei denen Sie – Hebesatzrecht hin oder her – nicht wirklich dagegenhalten können. Deswegen sind wir dagegen, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Vierter Punkt: Das Modell ist aufwendiger, als Sie sagen. Na türlich ist es mit zwei Faktoren auf dem Papier eine Verein fachung. Sie wissen aber ganz genau, dass Sie eine umfang reiche IT aufbauen müssen. Ich höre, das müsse in jedem Fall gemacht werden.

(Zuruf: Ja!)

Uns interessiert aber sehr, ob Sie tatsächlich die 500 Positio nen, die Sie aufbauen, am Ende auch wieder abbauen, wenn Sie die Entwicklung hinter sich haben. Darauf haben wir kei ne befriedigende Antwort bekommen. Wir sehen auch ganz klar, dass Sie im Zusammenhang mit den Ausschreibungen, die Sie noch haben, weiteres Geld brauchen werden.

Fünfter und letzter Punkt: Sie holen sich die Kompetenz durch die Öffnungsklauseln, aber in Wirklichkeit wälzen Sie die Komplexität auf die Kommunen ab. Sie werden der Kommu ne nicht beistehen, wenn der erboste Grundstückseigentümer im Jahr 2025 fragt: Was habe ich denn hier für einen Zettel bekommen? Dann werden Sie nicht mehr hier sein und wer den der Kommune auf jeden Fall nicht zur Seite stehen. Sie werden auch den Gutachterausschüssen nicht zur Seite stehen – die Sie noch gar nicht gebildet haben –, die mit dieser Kom plexität umgehen müssen.

Das alles – Aufkommensneutralität, Hebesatzrecht usw. – wer den Sie an die Kommunen abdrücken. Das ist nicht in Ord nung, meine Damen und Herren.

(Beifall)

Ich sage Ihnen: Der Föderalismus wird durch Insellösungen und durch einen Sonderweg nicht gestärkt. Sie haben da durch einen faulen Koalitionskompromiss einen Weg beschritten, der am Ende zu keinem guten Ergebnis führt.

Danke schön.

(Beifall – Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

Herr Abg. Dr. Podeswa, Sie haben das Wort für die AfD.