Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Da men und Herren! Der Bericht der Landesregierung zeigt uns eines: Baden-Württemberg arbeitet weiter am friedlichen und sozial gerechten Haus Europa und lässt sich nicht beirren durch einfache Antworten von Rechtspopulisten oder EUGegnern auf die schwierigen Fragen, die sich bei uns in Eu ropa stellen.
Ich habe mich besonders gefreut, dass Ministerpräsident Kretschmann bereits in den ersten Monaten seiner Amtszeit dieser Legislaturperiode sowohl in der Schweiz als auch in Frankreich war. Die Schweiz hat bis heute kein schlüssiges Konzept vorgelegt, wie sie die Initiative gegen Massenein wanderung, die von den dortigen Rechtspopulisten initiiert wurde, mit den bilateralen Verträgen kompatibel gestalten möchte. Die Ratlosigkeit in der Schweiz ist groß. Aber für uns ist eines klar: Die Errungenschaft der Freizügigkeit der Euro päischen Union ist für uns nicht verhandelbar.
Beim Besuch des Ministerpräsidenten in Frankreich wurde deutlich – auch daran, mit welcher Herzlichkeit und mit welch hoher Priorität er dort empfangen wurde –, dass Baden-Würt temberg als Brückenpfeiler der deutsch-französischen Ver ständigung gesehen wird und damit als ein verlässlicher Part ner, der über die Oberrheinregion hinaus zu der längsten Frie densperiode zwischen Frankreich und Deutschland beiträgt. Nach drei Kriegen in den letzten 150 Jahren leben wir nun seit über 70 Jahren friedlich mit Frankreich zusammen und zei gen anderen Regionen in Europa, wie europäische Integrati on gelingen kann, wo zuvor Erzfeindschaft herrschte.
Ganz anders dagegen ist die Stimmung in der offiziellen Po litik in Ungarn. Das kürzlich abgehaltene ungarische Referen dum über die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union hat das notwendige Quorum von 50 % nicht erreicht. Das Refe rendum wurde deshalb für ungültig erklärt. Trotzdem war es eine rechte Warnung an Orbán; denn die Mehrheit hat ihm sei nen Abschottungskurs in der Flüchtlingspolitik verweigert, und das ist gut so.
Es ist bedauerlich, dass ausgerechnet die Regierung Ungarns, dessen historischer Verdienst die Durchtrennung der Zäune zwischen Ost und West und damit auch die deutsche Wieder vereinigung ist,
mit diesem Volksentscheid ein trennendes Zeichen setzen wollte. Ausgerechnet den Bau eines Zaunes an den Außen grenzen der EU zum zentralen Mittel im Umgang mit der Flüchtlingskrise zu erklären, zeugt vor diesem Hintergrund von Geschichtsvergessenheit. Menschen auf der Flucht vor Gewalt und Terror durch Mauern, Zäune aufhalten zu wollen ist nicht nur 1989 zum Scheitern verurteilt gewesen, sondern wird es auch in Zukunft sein.
Die Grenzsicherung ist wichtig für den Schutz der Bürgerin nen und Bürger in unserem Land, aber sie darf nicht unter Missachtung jeglicher Humanität das Menschenrecht auf Asyl verhindern. Das zeigt, wie wichtig unser Engagement im Rah men der Donauraumstrategie ist. Wir unterstützen und ermun tern die Landesregierung, gerade im Donauraum Brücken zu bauen, damit die Donau in Zukunft die Menschen genauso verbindet, wie der Rhein Baden-Württemberg mit Frankreich verbindet.
Wer in den letzten Monaten Großbritannien beobachtet hat, konnte nach der Verabschiedung der Briten von einem solida rischen Europa eines erkennen – –
Die Anzahl der ausländerfeindli chen Übergriffe – das ist für Sie wichtig, Herr Fiechtner – vor allem auf Osteuropäer ist seit dem Brexit-Votum um 57 % ge stiegen. Verstehen einige Menschen die Aufkündigung der eu ropäischen Solidarität mit dem Brexit eventuell als Erlaubnis, Migranten zu jagen und zu verletzen? Diese Entwicklung muss allen Demokraten eine Warnung sein.
Dazu kommen das Chaos und die Konzeptlosigkeit bei den Brexit-Befürwortern. Einer nach dem anderen verließ in den vergangenen Monaten die politische Bühne. Es ist kaum noch einer in Großbritannien da, der dies damals vertreten hat. Wo sind jetzt die lautstarken Anführer des Nationalismus? Viel leicht findet man sie bei den UKIP-Rechtspopulisten im Eu ropäischen Parlament, die sich dort prügeln. Politisch haben sie einen Scherbenhaufen hinterlassen und kümmern sich nun in ihrem Land einen Dreck darum, wie es dort weitergeht. So sieht für uns verantwortungsvolle Europapolitik nicht aus.
Nationalistische Strategien werden bei globalen Aufgaben stellungen versagen. Deshalb brauchen wir eine europäische Antwort auf die Flüchtlingspolitik. Wir brauchen gesicherte Außengrenzen. Wir brauchen eine gesicherte Möglichkeit, in der EU Asyl zu beantragen. Wir brauchen Flüchtlingskontin gente, die gerecht in der EU aufgeteilt werden. Wir müssen aber auch Fluchtursachen bekämpfen. Deswegen zeigen wir unser Engagement auch in Burundi und neuerdings auch im Nordirak.
Die Pläne der EU-Kommission lehnen wir ab, dass z. B. in Afrika Entwicklungshilfemittel in Zukunft für militärische Zwecke ausgegeben werden dürfen. Wir begrüßen es, dass Frau Merkel nun in Afrika war. Ich hoffe, sie hat nicht nur über die Verringerung von Fluchtursachen...
... – gleich – zu beraten gehabt, sondern auch über eine nachhaltige Entwicklungspolitik ge sprochen.
Wir danken der Landesregierung für diesen Bericht. Ich den ke, es ist deutlich, dass es sich um einen Beitrag handelt, der sich gegen nationalistische Holzwege richtet und für einen Weiterbau am solidarischen Haus Europa eintritt,
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen! Am 4. Oktober 2016 machte das Europäische Parla ment den Weg für das Pariser Klimaschutzabkommen frei. Dank der Ratifizierung dieses wichtigen Abkommens kann die Weltklimakonferenz ein gutes Ergebnis erzielen. Dies zeigt, welche Rolle Europa in globalen Fragen spielt. Ohne das gemeinschaftliche Vorgehen in Europa wäre diese Lösung nicht möglich gewesen.
Das Weltklimaabkommen wirft ein Schlaglicht auf Europa. Es bedeutet, dass wir in Zukunft nur mit einem gemeinsamen Europa globale Fragen lösen können. Beim EU-Gipfel in Bra tislava haben sich die EU-Kommission und die Staatschefs auf einen künftigen Fahrplan geeinigt. Ich finde es richtig, dass die Dinge dort ganz konzentriert angesprochen wurden.
Denn noch müssen wir uns mit dem Brexit auseinanderset zen. Vor allem muss die Kernfrage beantwortet werden, für welche Aufgaben die EU steht und welche Aufgaben national und in den Regionen und Kommunen gelöst werden können. Diese Diskussion hat sich bereits im Verfassungskonvent, an dem Erwin Teufel mitgewirkt hat, abgezeichnet. Leider wur den diese Fragen nicht ganz ausreichend beantwortet. Viel leicht helfen die anstehenden Verhandlungen über den Aus tritt Großbritanniens, diese Fragen abschließend zu klären.
Die Auswirkungen eines Austritts sind schwerwiegend. Dies zeigt sich am Absturz des Britischen Pfunds. Es zeigt sich auch, wie schwierig die Verhandlungen sein werden. Ich bin froh, dass die britische Premierministerin ganz klar erklärt hat, dass sie jetzt die Verhandlungen anfangen will und sie schnell
Gleichzeitig muss aber eindeutig gesagt werden, dass es nicht darum gehen kann, Rosinen zu picken und trotzdem am Bin nenmarkt teilzunehmen.
Denn der Binnenmarkt besteht aus den Grundfreiheiten: dem freien Warenverkehr, dem freien Dienstleistungsverkehr, dem freien Verkehr von Kapital und von Zahlungen, aber auch dem freien Personenverkehr. Und ohne diesen freien Personenver kehr kann es keinen Binnenmarkt geben. Da gibt es keinen Rabatt. Freiheit, Freizügigkeit der Person ist Grundvorausset zung für den Binnenmarkt.
Wenn Großbritannien weiterhin am Binnenmarkt teilnehmen will, dann muss es sich dem unterwerfen, dass die Personen freizügigkeit auch weiterhin im Grund gewahrt bleibt.
(Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD meldet sich. – Abg. Dr. Jörg Meuthen AfD: Gestatten Sie eine Zwischenfra ge?)
Natürlich stellen sich für den Binnenmarkt insgesamt und den Austritt Großbritanniens folgende Fragen: Können wir in Zu kunft den freien Austausch von Schülern und Studenten in der EU mit Großbritannien beibehalten? Können wir die Förde rungen im Hochschul- und Forschungsbereich von Großbri tannien zulassen? Können wir bei den Sicherheitsbehörden gut zusammenarbeiten? Und es stellt sich die Frage – die muss beantwortet werden –, wie die Verhandlungen auch für unser Land konstruktiv fortgeführt werden können.
Die Frage des britischen Austritts ist natürlich auch mit den Haushaltsverhandlungen auf EU-Ebene verbunden. Es ist richtig, dass die Kommission in ihrer Halbzeitbewertung den aktuellen Finanzrahmen festlegt und dabei auch Schwerpunk te setzt, und zwar im Bereich der Migration, der Sicherung der Außengrenzen und natürlich der inneren Sicherheit. Dies sind Themen, die die Bürger in Europa bewegen. Weniger Bü rokratie und ein Mehr bei den wesentlichen Aufgaben sind für Europa notwendig.
Der Bericht zeigt natürlich auch, was in der Investitionsoffen sive gestaltet wurde und wie sie umgesetzt wurde. Es hat sich gezeigt, dass nur die starken Staaten von der Investitionsof fensive profitiert haben und daran teilgenommen haben. Die Wirkungen auf unser Bundesland waren aber sehr mäßig. Es kann nicht unser Ziel sein, dass eine Investitionsoffensive für die Zukunft so gestaltet wird. Denn wir haben Abstriche ma chen müssen bei Horizon 2020 und bei der Connecting Europe Facility, und zwar im Bereich der Forschung und im Bereich der Verkehrspolitik.
Ich bin froh, dass wir im Europaausschuss gemeinsam einer Meinung darüber waren, dass dies in Zukunft nicht mehr ge
schehen soll. Der neue Entwurf zeigt, dass diese Abstriche in den beiden Förderprogrammen nicht mehr gemacht werden sollen.
Meine Damen und Herren, uns ist es wichtig, dass in Zukunft Fragen von nationaler Bedeu tung und von europäischer Bedeutung in Brüssel beantwortet werden. Es ist uns wichtig, dass wir im Binnenmarkt mit Eng land eine Vereinbarung finden, die der Wirtschaft in BadenWürttemberg dient.