Protocol of the Session on October 12, 2016

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Sie vermitteln ein vollkommen falsches Bild!)

welches dem Täter einen weichen Übergang in die Freiheit verspricht.

(Beifall bei der AfD – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Der hat noch keine JVA von innen gesehen, oder? – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Was wollen Sie denn? Steinbruch oder Straflager, oder was?)

Meine Damen und Herren, Straftäter wissen in den allermeis ten Fällen ganz genau, was sie getan haben. Sie wissen, sie müssen nicht so tun, als ob die Straftat ein Unfall wäre.

(Zuruf: Richtig!)

Es sind in den allermeisten Fällen bewusste, gezielte Hand lungen und Verfehlungen,

(Zuruf: Bösartige!)

und wir müssen uns bewusst machen, dass jeder Einzelne die Konsequenzen dafür zu tragen hat.

(Beifall bei der AfD)

Es sei natürlich angemerkt, dass es hier Unterschiede gibt – freilich gibt es hier Unterschiede –: Einem jugendlichen Straf täter, der vielleicht wegen eines Diebstahls in einem Garten haus verurteilt worden ist, geben wir gern die Richtung vor, aber etwa ein Gewalttäter, der seinen Mitmenschen gezielt körperlichen Schaden, körperliche Gewalt zugefügt hat, hat eher keinen Anspruch anzumelden.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Wollen Sie Galee re oder Steinbruch? – Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Nein. – Vielmehr schuldet er der Gesellschaft den Beweis, dass er sich wieder integrieren will, zumal er sich selbst aus geschlossen hat.

(Beifall bei der AfD – Zuruf: Richtig! Der schuldet!)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir sprechen uns für einen umfassenden Opferschutz aus,

(Beifall bei der AfD)

welcher die Opfer von Straftaten nachhaltig betreut und be gleitet. Denn wir können und müssen eine Verantwortung des Staates ableiten, der eine Straftat nicht verhindern konnte.

Wir haben uns vorhin lang und breit mit dem Thema Polizei befasst. Wir wollen die Opfer fördern und den Täter fordern. An dieser Stelle wäre es für das Parlament möglicherweise von Interesse, in welcher Höhe Finanzmittel für die Opfer und welche Beträge für die soziale Arbeit mit den Tätern, den Ver ursachern des Leides der Opfer, ausgegeben werden.

(Beifall bei der AfD – Zuruf von der AfD: Ausge zeichnet!)

Wenn also natürlich weiterhin soziale Arbeit im Bereich der Justiz stattfinden soll, müssen wir klar regeln, welche Ziele wir verfolgen und welche Standards für das Erreichen der Zie le bereitgestellt werden sollen.

Hier sehen wir dringenden Handlungsbedarf. Diese Punkte fehlen in dem vorliegenden Gesetzentwurf. Wir werden uns daher im Ausschuss dafür einsetzen, dass wir klar und viel leicht sogar neu definieren, was wir unter sozialer Arbeit im Strafvollzug zu verstehen haben,

(Beifall bei der AfD)

wie sie ablaufen soll und was wir letztlich von ihr erwarten.

Wir wollen eine Justiz, die durchaus durchgreifen kann, und keine Gefängnisse, die besonders – das habe ich selbst erlebt – von Straftätern, von Intensiv- bzw. Wiederholungstätern nur noch belächelt werden. Wer Straftaten begeht, muss sich die Unterstützung der Allgemeinheit erst wieder erarbeiten.

Meine Damen und Herren, im Übrigen wurde auch in den An hörungen schon kritisch bemerkt, dass präzisere Bestimmun gen bezüglich der Anforderungen an die Vorstände der Lan desanstalt Bewährungs- und Gerichtshilfe noch ausstehen. Dieser Mangel besteht, und er sollte auch beseitigt werden.

Ich bedanke mich fürs Zuhören.

(Beifall bei der AfD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Abgeordnetenkollegen Binder das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Balzer, weil dies Ihre erste Rede war, würde ich Ihnen zwei Tipps geben. Zum einen: Vielleicht le sen Sie erst einmal den Gesetzentwurf, damit Sie auch zur Sa che reden können. Es geht nämlich um die Bewährungs- und Gerichtshilfe und eben nicht um das, worüber Sie gesprochen haben.

Eine zweite Empfehlung: Besuchen Sie einmal Justizvollzugs anstalten in Baden-Württemberg. Dann kommen Sie, Herr Kollege, zu einer anderen Ansicht, was Haft in Baden-Würt temberg bedeutet.

(Beifall bei der SPD, Abgeordneten der Grünen und der CDU sowie des Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/DVP)

Nach intensiven Diskussionen auch in diesem Haus über die ses Thema und einer umfassenden Evaluation in der vergan genen Legislaturperiode beraten wir heute den Gesetzentwurf zur Rückverstaatlichung der Bewährungshilfe. Das Experi ment der Privatisierung wird Ende dieses Jahres beendet, und, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist auch gut so. Die Vor behalte, die wir, die SPD, bereits 2007 hatten, wurden erst durch die Evaluation und letztlich auch durch das Bundesver waltungsgericht im November 2014 bestätigt.

Durch die Rückverstaatlichung erreichen wir, dass die Kom petenz der Bewährungshilfe dorthin zurückkommt und dort bleibt, wo auch die Verantwortung für die von Frau Kollegin Gentges hervorragend dargestellten Aufgaben liegt. Diese sind nämlich vom Land, vom Staat zu erledigen. Dabei betone ich ausdrücklich, dass niemand zu den Zuständen der Bewäh rungshilfe zurückwill, wie sie vor 2007 geherrscht haben.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut, Herr Kol lege!)

Damals hat man eine Kommission eingesetzt, die über die Zu kunft geredet hat. Dann hat man das Ganze abgesagt und es privatisiert. Das war der falsche Weg, und das ändern wir jetzt.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Der Gesetzentwurf ist hervorragend. Er ist nicht nur deshalb hervorragend, weil sich der neue Justizminister den Gesetz entwurf zu eigen gemacht hat, sondern weil er noch vom ehe maligen Justizminister erarbeitet worden ist.

(Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Er hat ihn kritisch gewürdigt und für gut befunden!)

Trotzdem haben wir uns – entgegen den Reden des Kollegen Filius und der Frau Gentges – die Ergebnisse der Anhörungen angeschaut. Natürlich gibt es ein paar Änderungswünsche, die wir uns teilweise auch zu eigen machen wollen. Die Anhö rung hat aus unserer Sicht einige wichtige Details ergeben.

Aus meiner Sicht ist beispielsweise unverständlich, warum der neuen Landesanstalt Bewährungs- und Gerichtshilfe Ba den-Württemberg, BGBW, keine Dienstherrnfähigkeit – so, wie sie beispielsweise beim Zentrum für Psychiatrie gegeben

ist – verliehen wird. Das konnte bisher niemand beantworten. An dieser Stelle haben wir genau das wieder, was wir in der jetzigen Konstruktion auch haben: Wir haben unterschiedli che Zuständigkeiten bei Beamtinnen und Beamten, bei Ange stellten des Landes und bei Angestellten von NEUSTART, was dazu führt, dass diese Organisation einen Personalrat und ei nen Betriebsrat hat, und was auch dazu führt, dass wir keine einheitliche Zusammengehörigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Bewährungshilfe haben. Deshalb rate ich Ihnen, das zu ändern. Wir werden dazu einen Änderungsan trag einbringen.

Darüber hinaus wird gefordert, dass die Personalvertretungen Mitglied im Verwaltungsrat sind. Auch das ist keine völlig ab wegige Forderung. Auch das ist bei anderen Landesanstalten üblich. Auch da konnte uns bisher noch niemand sagen, war um wir die Personalvertretungen nicht in diesen Verwaltungs rat entsenden. Ein Sitz muss doch für diejenigen, die tagtäg lich die Arbeit leisten, offenstehen. Auch dazu werden wir ei nen Änderungsantrag einbringen, liebe Kolleginnen und Kol legen.

Das wichtigste Anliegen von uns allen muss sein, dass die neue BGBW beim Thema Qualität bereits erreichte Verbesse rungen sichert, aber auch in den Punkten, die Professor Döl ling in seiner Evaluation kritisch ausgeführt hat, weiterarbei tet.

An dieser Stelle von mir und der gesamten SPD-Fraktion ei nen herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Ehrenamtlichen, die in den letzten Jahren und Tag für Tag für die Bewährungshilfe in Baden-Württemberg eine hervorragende Arbeit geleistet haben bzw. leisten. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der Grünen und der CDU)

Zum Abschluss ein kurzer Ausflug zu der Frage: Wie geht ei ne Regierung mit Anhörungen um, und welchen Stil pflegt sie dabei? Im Anhörungsverfahren hat beispielsweise die Ge werkschaft ver.di eine finanzielle Ausstattung gefordert, die sich an einer Betreuungsquote von 55 Klienten je Bewäh rungshelfer orientiert. Das Justizministerium wirft ver.di in der uns vorliegenden Drucksache als Antwort auf diese An hörung vor, diese Forderung sei aufgrund nicht näher bezeich neter wissenschaftlicher Erkenntnisse vorgenommen worden. Vielleicht sollten Sie noch einmal einen Blick in Ihren eige nen Evaluationsbericht werfen. Da wird nämlich auf Seite 228 ausgeführt:

Als fachlich vertretbar ist eine Quote von 35 bis 55, höchs tens aber 60 Probanden pro Bewährungshelfer anerkannt.

Entweder ist die Aussage von ver.di falsch oder Ihre, aber zu mindest können Sie nicht in einer Anhörung einem Verband vorwerfen, er würde sich auf komische wissenschaftliche Er kenntnisse stützen, auf die Sie sich in Ihrer Evaluation selbst beziehen. Vielleicht sollten Sie sich da bei diesem Verband, der an dieser Anhörung teilgenommen hat, entschuldigen.

Wir werden also mit zwei Änderungsanträgen morgen früh in den Ständigen Ausschuss kommen. Ich wünsche Ihnen für

heute Nacht gute Träume. Vielleicht überlegen Sie sich doch, sich an diesen zwei Stellen, wo es sinnvoll ist, zu bewegen. Dann, glaube ich, wird dieser Gesetzentwurf eine vollends runde Sache.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)