Herr Ministerpräsident, lassen Sie zwei Zwischenfragen zu, und zwar von Herrn Abg. Dr. Schweickert und...
(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Ich bin Arzt! – Lachen – Gegenruf des Ministers Franz Un tersteller: Das macht es auch nicht besser! Das ist ja das Schlimme! – Gegenruf des Abg. Andreas Stoch SPD: Dr. Jekyll war auch Arzt!)
Ich will nur ein mal sagen, meine Damen und Herren, die Botschaft muss ganz klar sein: Wir müssen vermeidbare Reisen aus Risikogebie ten und in Risikogebiete unterlassen.
(Beifall bei den Grünen und der CDU – Abg. Udo Stein AfD: Warum treffen wir uns dann hier in Stutt gart? Das ist doch ein Witz! Unglaublich!)
Das ist ein ganz, ganz wichtiger Appell, aus Hochrisikogebie ten nicht zu reisen und auch nicht in Hochrisikogebiete zu rei sen, sei es nun im Inland oder im Ausland. Das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Botschaft in diesen Zeiten, in denen wir stehen.
(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Die müs sen alle in Quarantäne! Und der Herr Ministerpräsi dent braucht einen negativen Test! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Genau! Sie kommen aus ei nem Risikogebiet!)
Herr Ministerpräsi dent, vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage. – Sie haben vorher gesagt, es gehe darum, Infektionswellen zu bre chen. Da haben Sie unsere Unterstützung. Sie haben gesagt: Vertrauen ist in der Pandemie das höchste Gut. Auch da stim me ich Ihnen voll und ganz zu.
Wenn wir jetzt eine Regelung treffen, bei der wir sagen, Ge schäftsreisen sind zulässig, aber touristische Reisen nicht: Können Sie mir unter Infektionsschutzgesichtspunkten erklä ren, wo der Unterschied ist zwischen einem Reisenden, der
beruflich reist, und einem, der touristisch reist? Wir hatten das Thema gestern auch in der Regierungsbefragung. Zumindest mir erschließt sich diese Unterscheidung nicht.
Dann wäre es doch klarer, das Ganze aufzuheben und zu sa gen: Wir setzen uns am 8. November zusammen und tun das. Denn es soll ja kein Infizierter reisen. Da sind wir ja klar. Aber nur, weil man aus dem Gebiet kommt und nicht infiziert ist, sehe ich den Unterschied zwischen touristischen Reisen und Geschäftsreisen in Bezug auf das Superspreading nicht.
Das Virus ist ja wirklich gerissen, wie wir alle feststellen. Aber so schlau, dass es jetzt unterscheiden kann, ob es einen Berufstätigen befällt oder einen Touristen, ist es natürlich nicht.
(Heiterkeit des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Eben! – Abg. Andreas Stoch SPD: Das ist aber sein Argu ment! – Weitere Zurufe)
Das ist klar. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Es geht im mer auch darum, dass wir die Kontakte insgesamt herunter fahren. Das muss man einfach mal begreifen.
„Wenn wir eine Chance haben wollen, dass wir die Infekti onswelle brechen, müssen wir die Zahl der Kontakte um 50 % reduzieren.“ Und dafür ist es eine sinnvolle Maßnahme.
Man reduziert die Kontakte der Reisenden, weil sie aus dem jeweiligen Gebiet nicht reisen dürfen, wenn sie nicht freige testet sind. Das ist doch ganz einfach und einsehbar.
Natürlich hat es keine infektiologische Logik von der Anste ckung her; aber es hat eine Logik in Bezug auf die Masse der Ansteckungen, auf die Quantität. Wir müssen also auf quali tative Fragen achten – wer steckt wen an und unter welchen Umständen? –, wir müssen aber auch darauf achten, dass ins gesamt die Anzahl derer, die potenziell anstecken können, ge ringer wird. Das ist die Logik dieser Maßnahme, und ich glau be, die ist verständlich,...
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Vielleicht ist es auch die Logik uneiniger Ministerpräsidenten!)
Herr Ministerpräsident, es gibt zwei weitere Zwischenfragen, und zwar einmal von Herrn Abg. Zimmermann oben auf der Besuchertribüne – Moment, Herr Zimmermann, er hat noch nicht zugestimmt – und zum anderen von Herrn Abg. Stein.
Herr Ministerpräsident, herz lichen Dank. Ich habe gestern auch diese Livekonferenz mit verfolgt. Stichwort Beherbergungsverbot, Reisen in ein ande res Land: Ich habe seit gestern drei Anfragen. Wir sind in Ess lingen jetzt schon bei einer Inzidenz von über 80 angelangt – also weit über 50. Jetzt fragen zwei Geschäftsleute – einer ist heute in Sachsen-Anhalt, vom anderen weiß ich nicht, wo er ist –: „Darf ich, wenn ich in Esslingen wohne, heute auf Ge schäftsreise gehen und dabei auch übernachten,
z. B. in Sachsen-Anhalt?“ Ich konnte die Frage nicht beant worten, und gestern hat auch die Kanzlerin dies nicht beant wortet.
Ich sehe ein, dass es um die Menge geht; die Antwort haben Sie gut formuliert. Aber was kann ich jetzt diesem Geschäfts mann sagen? Wer entscheidet? Es entscheidet doch das Land, in dem er übernachten will –
(Unruhe – Zurufe, u. a. Abg. Sascha Binder SPD: Du hättest in die Verordnung von Sachsen-Anhalt schau en müssen! – Abg. Andreas Stoch SPD: Jetzt machen wir Rechtsberatung!)
Herr Kollege Zimmermann, ich bin leider kein Jurist. Das ist jetzt eine schwierige Frage. Es ist klar, wir werden das ändern. Aber noch gilt die alte Verordnung. Die Juristen haben dafür ja ih re tollen Fachausdrücke – nachher kann mir vielleicht einer mal behilflich sein.
Da muss ich jetzt erst meine Beamten fragen, Herr Zimmer mann, ob die Geschäftsleute dies in Erwartung der Änderun gen schon machen dürfen oder nicht. Das ist sicher eine pi kante Frage. Aber ich muss mich bedeckt halten; denn wenn ich dazu etwas sage, dann ist das immer – –
Herr Zimmermann, wir klären das – aber streng genommen natürlich erst, wenn die Verordnung geändert ist. Das ist kei ne Frage.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich denke, es ist klar: We der die Kanzlerin noch die Ministerpräsidenten noch das Par
lament noch wir alle, die wir da Verantwortung tragen, kön nen die Pandemie allein bewältigen. Das können wir nur alle zusammen, als Gesellschaft. Dafür braucht es jeden Einzel nen. Deshalb bitte ich Sie: Erklären Sie bitte den Menschen im Land die Brisanz der aktuellen Situation.
Werben Sie dafür, dass sich die Leute an die Regeln halten – die AHA-Regeln sind ja bekannt; jetzt kommen die AL-Re geln noch hinzu, also die Warn-App benutzen und lüften.
Sagen Sie bitte auch: Wir müssen in der Pandemie auch mal etwas sein lassen, auch wenn es erlaubt ist. Jeder hat da ein hohes Maß an Selbstverantwortung. Auch wenn es uns allen nicht leichtfällt – ich verstehe, dass man natürlich auch etwas pandemiemüde wird –: Es nützt nichts. Die Tatsachen sind an ders. Wir sind erneut in einer sehr kritischen Phase.
Jetzt geht es wieder um Verantwortung, Geduld und Rück sichtnahme. Wir wollen, dass Kitas und Schulen offen blei ben. Wir wollen, dass die Wirtschaft weiter an Fahrt gewinnt. Das schaffen wir nur, wenn wir Wichtiges von Wünschens wertem unterscheiden.