Protocol of the Session on October 15, 2020

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Aber man muss eben auch sagen – in manchen Reden wurde das jetzt ein bisschen zu übertünchen versucht; wenn man ge nau hinschaut, sieht man es aber –: Gerade in Baden-Würt temberg liegt im Bereich Digitalisierung einiges im Argen. Da helfen Hochglanzbilder oder die Übergabe von Förderbeschei den – ich weiß, das mag der Herr Innenminister gern – nur be dingt darüber hinweg.

(Zurufe)

Man merkt einfach, dass in der Vergangenheit einige Poten ziale ungenutzt blieben, und daran müssen wir dringend ar beiten.

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Die Coronakrise hat auch die Sollbruchstellen in diesem Be reich sehr deutlich offengelegt. Um die digitale Infrastruktur im Land Baden-Württemberg ist es nicht gut bestellt. In Zei ten, in denen die halbe Nation im Homeoffice arbeitet, Hun derttausende von Videokonferenzen und Fortbildungen ge streamt werden, scheitert es allzu oft daran – das haben wir alle schon erlebt, auch wir Abgeordneten –, dass man, je nach dem, wo man wohnt, einfach digital abgehängt ist. Da kann bereits eine schlichte Videokonferenz zu einem abenteuerli chen Wagnis werden.

Herr Abg. Dr. Weirauch, las sen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Deuschle zu?

(Abg. Andreas Stoch SPD: Der hat doch schon genug geredet!)

Nein. – Auch die objektiven Zahlen sprechen leider Bände. Eine Studie des Bundesminis teriums für Verkehr und Infrastruktur aus dem Jahr 2019 hat ergeben, dass Baden-Württemberg bei der Breitbandverfüg barkeit der Haushalte bereits im Bereich von 50 Mbit/s bun desweit nur auf Platz 8 liegt. Das ist kaum ein Rang, den sich Baden-Württemberg als Hochtechnologieland, als Power house des Mittelstands bundesweit zumessen lassen sollte.

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Im Bereich von 1 000 Mbit/s, also da, wo es dann wirklich um die Hochleistungstechnologie geht, spielen wir überhaupt nicht mit; da sind wir auf dem letzten Platz. Wir haben die ro te Laterne in Deutschland. Nur 8,2 % sind hier entsprechend versorgt – um das einmal einzuordnen. Bayern beispielswei se, auch ein Flächenland, liegt mit 54,6 % der Haushalte viel weiter vorn. Schleswig-Holstein hat allein schon einen Wert von 70,7 %.

Das sind in der Tat verheerende Zahlen, und diese hat die grün-schwarze Landesregierung mit zu verantworten.

Die dezentrale Stärke unserer Wirtschaft – das unterscheidet Baden-Württemberg ja gerade von anderen Flächenländern – versetzt den Mittelstand in die Lage, die Herausforderungen von Digitalisierung und Transformation zu meistern. Aber da zu muss es eben auch die richtigen Rahmenbedingungen ge ben. Wir brauchen eine bessere Glasfaserversorgung. Wir müssen spätestens im Jahr 2025 95 % der Menschen in Ba den-Württemberg mit einem 100-Mbit/s-Anschluss ausgerüs tet haben.

Wir brauchen einen flächendeckenden 4G-Standard im Mo bilfunknetz. Wir alle reden über 5G; aber wir haben es in Ba den-Württemberg nicht einmal geschafft, flächendeckend 4GStandards einzurichten.

Wenn es der Markt nicht schafft, dann darf auch die Einrich tung einer Infrastrukturgesellschaft kein Tabu sein. Wir brau chen zu alldem mutige Entscheidungen. Die SPD hat in ei nem Strategiepapier bereits Vorschläge gemacht, und wir la

den Sie gern ein, mit uns darüber zu diskutieren – auch noch vor der Landtagswahl.

In der Rückschau waren Sie nicht in der Lage, dieses Land auf die Zukunft der Digitalisierung einzustellen. Bei Ihnen war Digitalisierung oftmals nur ein Schlagwort, unter dem zahlreiche Beiräte, Initiativen, Arbeitskreise formiert wurden, damit sich die Landesregierung den Anschein einer Moderni tät geben konnte.

Wir brauchen eine koordinierte Strategie, um die Herausfor derungen der Digitalisierung zu meistern. Wer aber wie der Innenminister des Landes glaubt, Digitalisierung bestünde ausschließlich aus dem Verlegen von Leerrohren und dem Ver teilen von Förderbescheiden, der macht deutlich, dass er die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der AfD)

Wir, die SPD, werden nach der Landtagswahl dafür einstehen, den Bereich Digitalisierung im Ministerium für Wirtschaft und Arbeit anzusiedeln, dort, wo es ungeachtet der Macht arithmetik der grün-schwarzen Koalition aus dem Jahr 2016 auch hingehört.

(Zurufe)

Wir brauchen ein Digitalisierungskabinett unter Federführung des Wirtschaftsministeriums, in dem sämtliche Bereiche der Digitalisierung maßgeblich im Ministerium beteiligt sind.

Aus unserer Sicht war es – weil Sie die Digitalisierungsprä mie angesprochen haben – ein Armutszeugnis, dass Sie im Dezember 2019 zugeben mussten, dass Sie bei der Digitali sierungsprämie eine sogenannte technische Pause einlegen müssen. Das war mehr so eine Metapher dafür, dass einfach das Geld alle war. Und wenn Sie dann sagen, Sie waren be sonders schnell – – Es hat fast ein Jahr gedauert, bis zum Sep tember 2020, bis Sie Ihren neuen Beschluss zur Erweiterung der Digitalisierungsprämie gefasst haben. Also, ein Jahr lang gab es überhaupt kein Geld. Im Moment, bis zum heutigen Tag, ist es noch immer nicht möglich, diese Digitalisierungs prämie zu beantragen.

Das macht einmal mehr deutlich: Auch im Bereich der Digi talisierung hat dieses Land eine bessere Regierung verdient.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Für die AfD-Fraktion erteile ich das Wort Frau Abg. Wolle.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liest man die Stel lungnahme der Landesregierung zu dem vorliegenden Antrag der CDU, so kommt man zu dem Schluss: Baden-Württem berg ist in Sachen Digitalisierung bestens aufgestellt. Hierzu lande gibt es so viele digitale Leuchttürme, dass Baden-Würt temberg in der digitalen Welt etwas Besonderes sein muss, nämlich ein Leuchtturm an der Nordseeküste.

Bedenkt man dann noch, dass aus Richtung der Bundesregie rung vergleichbare Jubelfanfaren ertönen, so könnte ich so fort mit meiner Rede aufhören.

(Vereinzelt Beifall – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Zustimmung! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Keine schlechte Idee! – Abg. Andreas Stoch SPD: Wir unterstützen das! – Weitere Zurufe von der SPD, u. a.: Ja! – Gut!)

Danke, liebe Landesregierung, danke, liebe Bundesregierung!

Doch was ist das? Laut der jährlich von der Schweizer Hoch schule IMD veröffentlichten Rangliste der leistungsfähigsten digitalen Ökonomien der Welt belegt Deutschland in diesem Jahr Platz 18 – nach Platz 17 im Jahr 2019 und Platz 15 im Jahr 2015. Nicht nur, dass Deutschland nicht in der Spitzen gruppe ist – nein, wir rutschen Jahr für Jahr ab.

Und das wundert wirklich niemanden. Denn die Basis jeder Digitalisierung sind flächendeckende und leistungsfähige Da tenverbindungen. Schaut man aber auf die Statistik der Glas faseranschlüsse in den Ländern der OECD, sieht man: Deutsch land steht mit 4,1 % so ziemlich am Ende der Liste. Auch Baden-Württemberg liegt im Vergleich der Bundesländer in Bezug auf die Verfügbarkeit von schnellem Breitbandinternet nur im Mittelfeld.

Ähnlich verhält es sich mit der Verfügbarkeit von Mobilfunk. Hier liegt Deutschland mit 66 % auf Rang 70. In der Statistik zur Verfügbarkeit von LTE ist Baden-Württemberg im Bun desländervergleich auf Platz 12, meine Damen und Herren.

Wer jetzt noch argumentiert, dies liege an der schwierigen To pografie in Baden-Württemberg, dem sei ein Urlaub in Schwe den empfohlen. Trotz erheblicher topografischer Probleme gibt es dort in jedem Winkel LTE-Empfang. Es geht also – so man will, meine Damen und Herren.

Für all die hochfliegenden Pläne und Projekte in Sachen Di gitalisierung fehlt hierzulande offensichtlich die technische Basis. Hier wurde in den letzten Jahren geschlafen, oder – viel wahrscheinlicher – es wurden die falschen Prioritäten gesetzt.

(Beifall des Abg. Daniel Rottmann AfD)

Die technische Basis kostet nämlich Geld, viel Geld. Doch das fließt hierzulande in sinnlose, ideologisch getriebene Pro jekte wie Energiewende, Verkehrswende und die Alimentie rung einer ständig steigenden Migrantenschar.

Wer das Fahrrad als Verkehrsmittel der Zukunft feiert, der hält auch die Ausstattung mit Bleistift und Radiergummi für zu kunftweisend in den Schulen.

(Beifall bei der AfD)

Corona hat gezeigt: Deutschland ist bei der digitalen Ausstat tung der Schulen auf Entwicklungslandniveau.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Genau!)

Dank der „Coronapanikdemie“ ist plötzlich viel Geld da. Es kommt vom Himmel, nicht wahr?

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Immer neue Milliardenbeträge werden in die Bewältigung der selbst verschuldeten Coronakrise gesteckt,

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Selbst verschuldet?)

Geld, das ausschließlich dazu dient, die unausweichlichen Fol gen der Krise auf die Zeit nach der Wahl zu verschieben, Geld, das zukünftig fehlen wird, um dieses Land zukunftsfähig zu machen.

Das alles zeigt auf, dass wir in Deutschland und Baden-Würt temberg einen erheblichen Nachholbedarf bei der digitalen Basistechnologie haben. Die Zukunft unseres Wohlstands hängt davon ab. Statt in die Zukunft investieren Sie Unsum men in die Rettung der Welt. Die meisten der von der Landes regierung aufgeführten Maßnahmen und Projekte sind sicher lich sinnvoll. In der Summe handelt es sich aber um Nebel kerzen, die dazu dienen, die tatsächliche Lage zu verschlei ern. Daher fordern wir die Landesregierung auf, in Sachen Di gitalisierung endlich aktiv zu werden und nicht weiterhin al les schönzureden.

Meine Damen und Herren, das Marktversagen ist schon längst offensichtlich.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)