Nehmen Sie das Geld in die Hand, und schaffen Sie die digi talen Endgeräte, die digitalen Strukturen an den Schulen an, damit wir am Ende alle Schülerinnen und Schüler digital er reichen können.
Zum Schluss: Für uns ist klar, Schule muss für alle Kinder und Jugendlichen verpflichtend sein, es sei denn, sie können aufgrund einer Vorerkrankung oder einer körperlichen Ein schränkung nicht am Unterricht teilnehmen. Dies lässt sich genauso wie für die Lehrerinnen und Lehrer mit einem Attest belegen. Somit wären die Voraussetzungen für den Besuch ei ner Schule eindeutig geregelt.
Daher müsste dringend geklärt werden, ob das Urteil des Ver waltungsgerichtshofs Leipzig von April auf das aktuelle In fektionsgeschehen angewendet werden kann oder ob man mit dem aktuellen Stand der Pandemie wieder zu einem Attest verfahren zurückkehren sollte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Schule ist für Kin der und Jugendliche nicht nur ein Lernort. Sie ist ein wichti ger Sozialraum, in dem Freundschaften gepflegt werden und die Persönlichkeit entwickelt wird. Es wird zunächst wichtig sein, vorhandene Lernlücken zu schließen und den Wissens stand der Schülerinnen und Schüler zusammenzuführen. Schu le muss aber auch wieder einen ganzheitlichen Ansatz haben. Wir halten es daher für wichtig, dass Lehrerinnen und Lehrer für ihre pädagogische Arbeit externe Unterstützung bekom men können, um Schüler ganzheitlich zu fördern und sie op timal für die Zukunft vorzubereiten.
Gerade wenn Lehrerinnen und Lehrer für den Unterricht nicht zur Verfügung stehen, braucht es einen Pool an externen Part nern, die das Schulleben mitgestalten, um Schule wieder das werden zu lassen, was sie ist: ein Lern- und Lebensraum – na türlich immer auch unter dem Gesichtspunkt der Pandemie. Aber das ist unser Ziel.
Verehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie wissen, trauen wir, die Mitglieder der CDU-Fraktion, Frau Susanne Eisenmann viel zu.
Für uns ist sie die Richtige, um uns in die Zukunft zu führen. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, möchte ich mich ausdrücklich dafür bedanken, dass Sie da noch einen Schritt weiter gehen. Denn wer, wie im Titel der
heutigen Debatte, sagt, die Zukunft unserer Kinder könne qua si von jemandem verspielt werden, der unterstellt, dass derje nige gleichzeitig auch die Fähigkeit besitzen muss, alleinver antwortlich der Zukunftsmacher der Kinder zu sein. Für die se Kompetenzzuweisung bedanken wir uns ausdrücklich. Vie len Dank.
(Beifall – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das ist Zy nismus! Sie spielen mit der Zukunft, Herr Haser!)
Was das Thema an sich angeht – sehr geehrter Herr Fulst-Blei, zum Thema Zynismus kommen wir noch –, folgen wir eher dem afrikanischen Sprichwort, das sagt: Es braucht ein gan zes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Wer glaubt, dass allein die Bildungspolitik über das Wohl und Wehe eines Kindes ent scheidet, der verwechselt den Lernort Schule mit dem Kris tallisationsort Schule, mit dem Ort, an dem alles Leben zu sammenkommt. Dieser Kristallisationsort Schule ist der Ort, an dem sichtbar wird, was ein Kind in seinem Rucksack mit sich herumträgt.
Lassen Sie uns doch einmal in diesen Rucksack hineinschau en. In diesem Rucksack liegt z. B. bei den allermeisten Kin dern – deshalb funktioniert es auch viel besser, als es die heu tige Debatte am Schluss wahrscheinlich darstellen wird; es gelingt den allermeisten Kindern gut, durch diese Krise zu kommen – ein Zettel, auf dem steht: Hast du deine Hausauf gaben gemacht? Wer einen Rucksack mit diesem Zettel hat, um den müssen wir uns in der Regel – egal, auf welcher Ni veaustufe, egal, in welcher Schule, egal, ob mit oder ohne Computer, egal, in welcher Sprache – keine Sorgen machen. Denn „Hast du deine Hausaufgaben gemacht?“ ist zwar nur eine einfache Frage, hinter der aber eine Haltung steckt, eine Haltung, die Kindern Struktur, Sicherheit und Verlässlichkeit gibt. Hinter dieser Frage stecken das echte Interesse an dem Erfolg eines Kindes und elterliche Liebe.
Wenn man mit Lehrern spricht, die schon lange dabei sind, dann reden sie genau über diesen Zettel, der bei manchen im Rucksack eben fehlt. Das sind zufällig dann genau diejenigen Kinder, von denen man wochenlang nichts hört. Das sind die, deren Eltern man als Lehrer anruft mit der Bitte, dass ihr Sohn oder ihre Tochter doch am nächsten Tag um 10 Uhr an der Vi deokonferenz teilnimmt – und er oder sie macht es wieder nicht. Das sind die, zu denen die Lehrer nach Hause fahren, um Arbeitsmaterialien abzugeben, und nach zwei Tagen wie derkommen, um festzustellen, dass in diesen zwei Tagen nichts geschafft worden ist. Das sind die ohne Abschluss, ohne Per spektive, die mit den falschen Freunden, das sind die mit den nicht gelingenden Biografien. Das sind die, die mit dem Zei gefinger auf die anderen zeigen.
Dabei wäre es manchmal so einfach. Denn die Frage „Hast du deine Hausaufgaben gemacht?“ hat die Trümmerfrau schon dem kleinen Hans gestellt, hat der türkische Gastarbeiter sei ner Ayse gestellt, hat der Spätaussiedler aus Russland seinem Juri gestellt, und der syrische Flüchtling stellt sie seiner Fat ma. Und Hans, Ayse, Juri und Fatma haben eines gemeinsam: Sie haben ein gelingendes Leben in einem System, das sie auf nimmt, das barrierefrei ist, das ausdifferenziert ist, das kos tenlos ist und das für sie genau das richtige Schulsystem ist.
Wenn man also darüber spricht, wodurch die Zukunft der Kin der in unserem Land tatsächlich verspielt wird, dann darf man sich nicht verhaspeln in den Zungenbrechern pandemiebe dingter Unterrichtsunnormalität. Man muss es auf den Punkt bringen: Diese Krise wirkt wie ein Blick durch das Brennglas auf Probleme, die schon immer da waren und um die wir uns deshalb umso mehr kümmern müssen.
Ihre Versuche der Vergangenheit, liebe Kolleginnen und Kol legen der SPD, waren genau das Gegenteil dessen, was man braucht, um diesem Problem entgegenzuwirken: die Abschaf fung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung, Schul versuch „Schule ohne Noten“, Abschaffung von Sanktions möglichkeiten, Stärkung des Elternrechts als das alles Ent scheidende, Absenkung der Eingangsbesoldung, Einführung eines ungerechten Vergütungssystems im Lehrerzimmer, Kür zung der Leitungszeit. Ihr Beitrag zur Bildungspolitik in die sem Land bestand darin, einem funktionierenden System in vollem Lauf eine Eisenstange in die Speichen zu jagen.
Ihre Vorschläge und Bitten von heute verstärken bei mir den Eindruck, dass Sie es noch immer nicht wahrhaben wollen, dass Schule nur gelingen kann, wenn man dem Elternwillen und dem „Wünsch dir was“ des Alltags Struktur, Leistungs anspruch und Möglichkeiten zur Durchsetzung dieses An spruchs entgegensetzt.
Deswegen kann natürlich nicht die Rede davon sein, dass wir die Schulpflicht ausgesetzt hätten. Wir haben lediglich dafür gesorgt, dass Kinder zu Hause bleiben können, wenn ihr Ge sundheitszustand oder der ihrer Umgebung dies verlangt.
Wenn wir das Gefühl haben, dass uns ein Kind verloren geht, dann haben wir seit Anfang Mai die Möglichkeit, es unter An wesenheitspflicht in der Schule zu unterrichten.
Natürlich sind wir Schülerinnen und Schülern in Fragen der Prüfungsordnung entgegengekommen. Das werden wir auch im kommenden Schuljahr machen. Wir lehnen es aber ab, uns durch „Durchschnittsabitur für alle“-Debatten von dem An spruch abbringen zu lassen, ein leistungsorientiertes Schul system auch in Pandemiezeiten aufrechtzuerhalten.
Schule ohne Abstand, das ist ein Ritt auf der Rasierklinge. Das muss uns allen klar sein. Das ist uns auch bewusst. Dieser Schritt erfolgt aber genau aus dem Motiv heraus, Herr FulstBlei, das Sie antreibt. Dass wir uns in der Abwägung zwischen „Alle müssen gesund bleiben“ und „Wir wollen die Zukunft unserer Kinder nicht aufs Spiel setzen“ für den mutigen Weg, für mehr Verbindlichkeit, mehr Kontrolle, mehr Schule, mehr Bildung, mehr Leistung und mehr Verantwortung entschieden haben, das ist doch die fleischgewordene Antithese zu Ihrer im Titel dieser Debatte gestellten Frage.
Am meisten ärgert mich dann, wenn man sich aus schierer Verzweiflung heraus auf die Seite derjenigen stellt, die mit
verschränkten Armen an der Wand lehnen und den Arbeiten den in Schule und Gesellschaft vorwerfen, alles falsch zu ma chen.
Ja, da läuft auch mal was schief. Ja, das wissen wir auch. Von uns aus kann Corona auch weg. Aber dann in die Debatte um den richtigen Weg durch die Pandemie für 1,5 Millionen Schü ler, deren Eltern, die Arbeitgeber, Omas, Opas, Lehrerinnen und Lehrer, Hausmeister und Schulsekretärinnen alles hinein zumischen, was einem sonst noch an Bildungsthemen gerade einfällt, das ist einfach nur dreist.
Ihr ewiger Singsang von der massenhaften Arbeitslosigkeit von Lehrern über die Sommerpause wird nicht richtiger, wenn man ihn immer wieder wiederholt. 97 % der Lehrkräfte sind entweder verbeamtet, oder sie sind dauerhaft fest angestellt. Von den verbleibenden 3 800 Lehrerinnen und Lehrern ist nur ein Drittel tatsächlich für den Lehrerberuf ausgebildet, und von diesen sind 70 % wiederum nur ein oder zwei Jahre in dieser befristeten Zeit. Wir reden also über einen verschwin dend geringen Prozentsatz und nicht über eine Massenarbeits losigkeit von Lehrern über die Sommerpause.
Bleibt noch Ihre Kritik zum Thema Nachhilfe. Da wundert mich das Herumeiern schon sehr. Man kann der Meinung sein, Lehrer seien ohnehin zu belastet, um die Lernbrücken noch durchzuführen.
Man kann auch der Meinung sein, die Schüler bräuchten im Sommer Ruhe. Man kann auch der Meinung sein, die Schü ler bräuchten das Gegenteil von Ruhe. Nur eines kann man nun einmal nicht: Man kann nicht alle Meinungen gleichzei tig vertreten. Das geht nun mal nicht.
Wir haben uns entschieden, dass wir Lernbrücken für bis zu 16 Schüler je Gruppe für jene anbieten, denen der Klassen lehrer ein wenig Nacharbeit empfiehlt. Natürlich kann man das auch anders machen. Aber bis wir das ausdiskutiert ha ben, ist der Sommer halt vorbei.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, uns treibt in der Bil dungspolitik der Anspruch auf Qualität, Verlässlichkeit, Leis tungsorientierung und Struktur. Diesen Anspruch verwirkli chen wir in einem differenzierten Bildungsangebot, das der Heterogenität in den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schü ler entspricht. Wir wollen diesem Anspruch auch in der Pan demie so gut es geht gerecht werden.
Frau Eisenmann ist in unseren Augen nicht diejenige, die die Zukunft der Kinder in unserem Land verspielt, sondern sie ist diejenige, der das gelingt, wozu Sie nachgewiesenermaßen nicht in der Lage sind.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen Abgeordnete! Es ist schon ein paar Tage her, ziemlich genau vier Wochen, da hat ten wir eine Aktuelle Debatte mit einem ganz ähnlichen Titel angemeldet: „Die verlorene Schülergeneration muss gerettet werden – sofortige Wiederaufnahme des Schulunterrichts!“ Sie waren davon alle miteinander nicht sonderlich begeistert: Von einer verlorenen Schülergeneration könne hier nicht die Rede sein; wir seien die üblichen Schwarzmaler, etc., etc.
Herr Haser, natürlich ist zu fragen, ob die Regierung wirklich ihre Hausaufgaben gemacht hat. Wenn sie ihre Hausaufgaben gemacht hätte, dürfte es nicht so viele Klagen von Schülern und von Lehrkräften geben.
Daher ist es durchaus nett von der SPD, dass sie sich jetzt un serer Meinung anschließt – was sie sonst naturgemäß eher sel ten tut.