Protocol of the Session on July 15, 2020

(Vereinzelt Beifall – Oh-Rufe – Zurufe, u. a.: Un glaublich! – „Der arme“! – Unruhe)

Ja, wenn überhaupt. Es waren ja Diskussionen.

Als wir diesen Kompromiss geschlossen haben, war es ein Kompromiss zwischen verschiedenen Positionen. Alle stan den dahinter. Es war nicht die Absicht, gewissermaßen die Quoren weiter zu senken. Wir wollten z. B. unbedingt, dass diese Informationsbroschüren Gesetz werden wie in der Schweiz. So ist es in der Gemeindeordnung nicht geworden. Wir wollten denselben Standard setzen wie in der Schweiz. Ich möchte das jetzt nicht vertiefen.

Frau Staatsrätin, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abg. Binder zu?

Herr Binder.

(Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Jetzt kann man mal durchschnaufen!)

Ja, genau.

Frau Staatsrätin, Sie haben Bezug genommen auf die Verhandlungen in der letzten Legislatur periode zur Verbesserung plebiszitärer Elemente in der Lan desverfassung und auch in der Gemeindeordnung. Sie haben darauf abgehoben, dass Kollege Sckerl das in diesen Verhand lungen zum Thema gemacht hat. Können Sie uns bitte nach reichen, zu welchem Zeitpunkt? Oder war es vielmehr so, dass allen Beteiligten klar war, dass es dort keinen Änderungsbe darf gab, weil wir es genauso sehen wie die Landeszentrale für politische Bildung und auch die Kommentatoren der Lan desverfassung, dass es einen Finanzierungsvorbehalt eben nur beim Haushaltsgesetz gibt und keinen umfassenden Finanzie rungsvorbehalt?

(Beifall)

Okay.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Das ist so!)

Das ist so.

(Heiterkeit)

Ich will nur sagen: Wenn es Diskussionen gab, dann gingen zu jener Zeit die Diskussionen bei den Grünen und auch bei mir eher stärker in die Richtung, das Ganze noch mehr zu sen ken und zu öffnen. Wir haben aber nicht darauf bestanden; wir haben uns geeinigt. In der Grundtendenz in der öffentlichen Debatte gab es keine Bemühung, das Ganze weiter zu öffnen. Das war nie der Fall. Das ist ja richtig.

Jetzt zum Thema „VwV und ihre Details im Vergleich zum Plebiszit“. Das ist bei der Gemeindeordnung wichtig. Wenn Sie meine Politik auf einen Nenner bringen wollen, dann heißt es: Ich versuche, so viel wie möglich zu unterstützen – das ha ben wir sehr erfolgreich getan –, dass in vielen Orten zu vie len Themen konsequent früh beteiligt wird, mit vielen Bür gern, auch mit Zufallsbürgern, und so Konflikte konsensual gelöst werden mit einer möglichst kleinen Restgruppe von Wi derstand. Das gelingt sehr oft.

(Vereinzelt Beifall)

Oft ist es auch sehr sinnvoll, dass dann noch ein Bürgerent scheid durchgeführt wird. Da gewinnt oft sogar der Rat oder wer auch immer. Es ist wirklich oft so, dass wir eine Kombi nation von konsequenter guter Bürgerbeteiligung mit allen Gruppen, die sehr transparent ist, günstig finden.

Da will ich noch mal Folgendes sagen. Der große Unterschied in der Debattenkultur ist: Ja, das Plebiszit – das war ja auch bei Stuttgart 21 so – kann manchmal Probleme lösen, aber für viele Angelegenheiten ist es zu grob, und es polarisiert enorm. Was wir durch die Beteiligungen, auch durch die Formate, schaffen wollen – und das gelingt uns –, ist, dass nicht nur Matadore gegeneinander antreten, während die anderen nicht reden, sondern dass in kleineren Formaten, in sachlichen Ar beitsgruppen gewissermaßen erarbeitet wird, was die Leute wollen.

Es gibt viele Studien – die sollten Sie auch mal lesen; lesen Sie mal die Publikationen der Bertelsmann Stiftung und die ganzen Publikationen der Landesstiftung zu diesem Thema –, die zeigen, dass in vielen Fällen die Leute hochzufrieden aus diesen Prozessen gehen, dass sie mit den Lösungen einver standen sind. Und selbst, wenn sie nicht wirklich einverstan den sind, wird das erreicht, was der Ministerpräsident wollte, nämlich die Legitimität durch Verfahren.

(Beifall)

Es ist natürlich wahr: Wenn man lange regiert – das wurde hier auch schon gesagt; das stimmt alles –, dann ist die Lust auf Widerstand nicht immer groß. Aber wir sind dafür ange treten, dass gewissermaßen des Volkes Stimme immer auftre ten kann. Sie tendieren oft dazu, es müsse gewissermaßen al les auf das Plebiszit hinauslaufen. Ich sage: Wir haben die Hürden gesenkt; dafür war auch ich. Es liegt nicht daran, dass wir Volksentscheide verhindern, sondern daran, dass die Bür ger mehrheitlich eher zufrieden sind, dass sie sich nicht auf den Weg machen.

Warum haben wir denn keinen Volksentscheid zum Frauen stimmrecht? Weil die Frauen sagen, sie seien müde, sie hät ten ohnehin keine Aussicht, zu gewinnen. Sie organisieren es nicht, weil sie befürchten, dabei auf die Schnauze zu fallen. Das ist nicht die Schuld des Volksentscheids – –

(Zurufe)

Sie wissen, was ich meine. Halten Sie es einer alten Dame zugute. Es geht um das Wahlrecht und die Liste.

Ich will nur sagen: Dass diese Abstimmungen nicht zustande kommen, hat etwas damit zu tun, dass, wie alle Untersuchun gen zu Baden-Württemberg zeigen, die Bevölkerung in unse rem Land im Wesentlichen mit unserer Demokratie zufrieden ist.

(Zuruf des Abg. Anton Baron AfD)

In den letzten zehn Jahren hat sich die Demokratiezufrieden heit in Baden-Württemberg – Sie werden es nicht glauben – als praktisch einzigem Bundesland immer gesteigert.

(Beifall)

Das ist der Kontext. Ich will folgenden Versuch unternehmen – damit schließe ich ab –: Ich würde mich freuen, wenn das, was Sie kritisiert haben, nämlich dieses Verfahren der Zufalls bürger, so, wie in Berlin – – Der Bundestag will ja einen Bür gerrat einrichten zu der Frage: Welche Rolle soll Deutschland in der Welt spielen? Frau von der Leyen richtet einen großen europäischen Bürgerrat ein. Ich würde gern – z. B. zum The ma Biene, zu den Kitagebühren – einen Bürgerrat machen und dann, wenn es möglich ist, einen Volksentscheid.

(Zuruf der Abg. Gabi Rolland SPD)

Ja, ich sage ja nur.

(Zuruf der Abg. Gabi Rolland SPD)

Ein solcher vorgeschalteter Bürgerrat hat in Irland – das ha ben wir bei zwei wichtigen Entscheidungen, zur Homosexu ellenehe und zur Abtreibungsthematik, gesehen – das Klima im Land völlig verändert, und die Menschen haben sich im Plebiszit den Empfehlungen angeschlossen. Empfehlungen der Bürgerräte kommen in der Mitte heraus – sie laufen nicht auf bestimmte Zustimmungs- oder Ablehnungspositionen hi naus, auch nicht solche der Grünen –, und deswegen wollen viele sie nicht. Ich aber will sie sehr als Ergänzung zu Plebis ziten.

Danke schön.

(Beifall – Abg. Karl Zimmermann CDU: Kreisrat, Stadtrat, Ortschaftsrat! Lauter Räte!)

Gibt es noch weitere Wort meldungen? –

(Zurufe, u. a.: Wir sind alle sprachlos!)

Meine Damen und Herren, wenn ich das so sagen darf: Hier, am Ort der parlamentarischen Volksvertretung in der reprä sentativen Demokratie, liegen keine Wortmeldungen mehr zu den Instrumenten Plebiszit und Bürgerbeteiligung vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 16/2196. Es handelt sich um einen rei nen Berichtsantrag, der für erledigt erklärt werden kann. Stim men Sie zu? – Das ist der Fall.

Damit haben wir Tagesordnungspunkt 3 erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultus, Jugend und Sport zu der Mitteilung der Landes regierung vom 12. Mai 2020 – Entwurf zur Änderung der Verordnung der Landesregierung über die Arbeitszeit der beamteten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen in BadenWürttemberg (Lehrkräfte-ArbeitszeitVO) – Drucksachen 16/8115, 16/8374

Berichterstatter: Abg. Gerhard Kleinböck

Der Ausschuss für Kultus, Jugend und Sport schlägt Ihnen in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 16/8374 vor, von der Mitteilung der Landesregierung, Drucksache 16/8115, zustim mend Kenntnis zu nehmen. Stimmen Sie zu? – Das ist der Fall.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der heu tigen Tagesordnung angelangt.

Ich will noch geschwind darauf hinweisen, dass heute wieder Namenslisten ausliegen. Das sage ich für jene, die sich noch nicht eingetragen haben.

Die nächste Sitzung findet am Mittwoch, 22. Juli 2020, um 10:00 Uhr statt.

Ich danke Ihnen und schließe die Sitzung.

Schluss: 12:06 Uhr

Anlage 1

Vorschlag