Das werde fatale Folgen haben. Die Regierung müsse nun endlich Schritte einleiten. Schon wenige Tage später, Anfang April, forderte die AfD im Bundestag dann die Rückkehr zur Normalität. Das war Pandemiebekämpfung quasi zwischen Tagesschau und Wetterkarte. Wenig später gab es sogar AfDStimmen, die ein sofortiges Hochfahren der Wirtschaft ohne Rücksicht auf Verluste forderten.
Entweder Sie haben ein rein taktisches Verhältnis zum Ge sundheitsschutz, oder Sie haben, wie so oft, keine Ahnung.
Anfang April gab es fast 20 000 Corona-Infektionen allein in Baden-Württemberg; jeden Tag kamen 1 000 Fälle dazu. Und weite Teile der AfD forderten die sofortige Beendigung der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!
Anfang Mai forderte die AfD, Deutschland solle sich ein Vor bild an Schweden nehmen, weil Schweden im Gegensatz zu Deutschland die Wirtschaft nicht herunterfahre und Deutsch land, wiederum im Gegensatz dazu, den Staatshaushalt rui niere. Aber dazu sind die Zahlen interessant. Schauen Sie sich einfach die Zahlen an:
In Schweden sind Mitte Mai 34,7 Menschen pro 100 000 Ein wohner an Covid-19 verstorben; in Deutschland waren das 9,4 Menschen auf 100 000 Einwohner.
Im Mai ging es weiter. Der AfD-Bundesvorsitzende – ich ha be gerade den Namen vergessen; also der andere – sagte, er verkaufe AfD-Masken mit Parteilogo, 6 € pro Stück. Das ist die Pandemiebekämpfung als Geschäftsmodell. Darauf muss man erst mal kommen.
Diese Ausführungen, die sich beliebig fortsetzen ließen, zei gen einmal mehr: Die AfD ist gerade in dieser Phase allemal ein Tollhaus.
Die Menschen in Deutschland sollten heilfroh sein, dass Sie meilenweit davon entfernt sind, Verantwortung in diesem Land zu tragen.
Ich möchte noch kurz auf das Gutachten zurückkommen. Wir alle haben uns gefragt, was Sie uns mit diesem Gutachten sa gen wollen. Denn das, was dort zu lesen ist, ist ja keine Neu erfindung Ihrer Fraktion oder Ihres Haus- und Hofgutachters, sondern dies sind Fragestellungen, die in den juristischen Fachkreisen in den letzten Wochen und Monaten permanent diskutiert wurden. Ihre Auffassung, was diese Entschädi gungsansprüche angeht, ist – Herr Kollege Filius hat es er wähnt – auf keinen Fall die überwiegende Meinung in den Rechtswissenschaften. Das müssten Sie der guten Ordnung halber dazusagen.
Ihr Gutachter kommt zwar richtigerweise zu dem Ergebnis, dass kein Anspruch aus dem polizeirechtlichen Normengefü ge bestehe, postuliert aber im Folgenden hilfsweise eine ana loge Anwendung, um dann höchst hilfsweise einen aus dem Grundgesetz abgeleiteten allgemeinen Aufopferungsanspruch
abzuleiten. Ich sage es mal so: Immer, wenn Juristen nicht so recht weiterwissen, dann kommt man in Richtung Gewohn heitsrecht, und dann kommt man direkt auf das Grundgesetz zu sprechen. Das zeigt im Prinzip schon, welches Gewicht diesem Gutachten in der allgemeinen Diskussion beizumes sen ist. Ich möchte nicht verhehlen, dass das alles für mich sehr konstruiert klingt und eher ergebnisorientiert abgefasst ist.
An die Adresse der AfD-Fraktion sei nur gesagt, dass das Gut achten zudem keine praktische Hilfe für betroffene Betriebe und Selbstständige darstellen kann. Es gibt diesbezügliche Ur teile. Das Eilverfahren des Landgerichts Heilbronn wurde schon genannt. Es gibt aber ein noch neueres Urteil, das vom 9. Juli stammt. Das konnte Ihr Gutachter aber nicht wissen; das muss ich an dieser Stelle dazusagen. Aber Sie können es jetzt wissen. Vielleicht sagen Sie es ihm. Am 9. Juli gab es ein Urteil des Landgerichts Hannover. Darin wird klar zum Aus druck gebracht, dass das Infektionsschutzgesetz – also die ge nannten §§ 56 ff. – die hier im Streit stehenden Entschädi gungsansprüche abschließend regelt und damit der Rückgriff auf anderweitige Entschädigungsregelungen verwehrt ist.
Abschließend möchte ich nicht verhehlen, dass wir uns über Ihre gänzlich unerwartete Themenauswahl für die heutige De batte durchaus gewundert haben, zumal Sie damit Ihrer Linie treu bleiben, keine Linie zu haben. Ihre Rede heute, Herr Gö gel, steht offenkundig im Widerspruch zu Ihrer Rede im Mai, in der Sie vehement eine Haushaltssperre einforderten. In Zei ten, in denen dieser Staat gefordert ist wie noch nie in der Ge schichte der Bundesrepublik Deutschland, will die AfD die öffentlichen Ausgaben komplett einfrieren – komplett einfrie ren! Das wäre quasi der finanzielle Shutdown nach dem pan demiebedingten Lockdown.
Das müssen Sie den Leuten draußen schon erklären, wenn Sie sagen, Sie seien auf ihrer Seite, was Entschädigungsleistun gen angeht – aber dann den Staat nicht in die Lage versetzen, den Menschen im Land überhaupt wirtschaftliche Hilfen zur Verfügung zu stellen.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der gestrigen dpa-Vorausmeldung zur heutigen Aktuellen Debatte stand zu lesen, die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus seien aus Sicht der AfD völlig übertrieben.
Daraufhin habe ich mir einmal die Zeit genommen, das Land tagsprotokoll unserer Aktuellen Debatte vom 5. Februar an zuschauen. Damals hatten wir über dieses Coronavirus ge
Die von China ergriffenen drastischen Maßnahmen las sen jedenfalls vermuten, dass das Virus doch sehr ernst zu nehmen ist....
Auch die Meldung, dass die Weltgesundheitsorganisation aufgrund der rasanten Ausbreitung des Coronavirus den internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen hat, lässt doch eher auf eine ernste gesundheitliche Bedro hung schließen.
Sie gehen auf den Anspruch nach § 56 des Infektionsschutz gesetzes ein, der regelt, dass Arbeitnehmer, Selbstständige und Freiberufler, die im Einzelfall von einer behördlich angeord neten Quarantäne oder einem Tätigkeitsverbot betroffen sind, auch Anspruch auf Entschädigung haben. Das hat man dann im März auch auf berufstätige Eltern ausgedehnt, die durch die Betreuung ihrer Kinder aufgrund einer Schul- oder Kita schließung nicht arbeiten können.
Meine Vorredner haben auf die aktuellen juristischen Diskus sionen verwiesen. Wir sehen, dass auch in der juristischen Fachwelt diese Thematik intensiv diskutiert und bearbeitet wird. Unserer Meinung nach könnte man sich daher ein Gut achten auf Steuerzahlerkosten sparen; denn wir glauben, dass wir durch ein solches Gutachten keine Neuerungswerte errei chen können, sondern dass die Rechtsprechung in BadenWürttemberg und auch im Bundesgebiet hier sehr gut intakt ist.
Die FDP/DVP-Landtagsfraktion hat sich schon sehr frühzei tig über viele Wirtschaftsthemen, über die Förderung der Wirt schaft und auch über Erleichterungen bei den aktuellen Ver ordnungen Gedanken gemacht. Wir haben liberale Wege aus der Wirtschaftskrise aufgezeichnet, einen Kompass von Kon junkturimpulsen entworfen, die notwendig sind, um BadenWürttemberg voranzubringen – bis hin zu den Themen Büro kratieabbau und Technologieoffenheit, gerade in der Automo bilindustrie. Es geht aber auch um ein starkes Engagement des Staates im Bereich der Infrastruktur und der Innovation, ins besondere um eine Digitalisierungsoffensive. Denn wir haben doch gesehen, was Baden-Württemberg noch an Hausaufga ben im Bereich der Digitalisierung zu leisten hat. Deswegen macht es auch Sinn, gerade hier eine Investitionsoffensive zu tätigen.
Jetzt kann man sich natürlich noch an dem Überbietungswett bewerb der Länder und des Bundes beteiligen. Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann sieht man, was hier an Hilfen ge währt wird: Allein die 16 Bundesländer haben Hilfen im Um fang von 95 Milliarden € bereitgestellt. Der Bund stellt Hil fen im Umfang von 218 Milliarden € bereit, und von der EU kommen noch einmal 750 Milliarden €.
Wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir Herausforderungen durch die Steuerausfälle haben. Hinzu kommt der demografi sche Wandel. Insofern sollte man hier nun nicht in einen wei teren Überbietungswettbewerb gehen, sondern konkret schau en: Was ist wirklich notwendig, um die Wirtschaft voranzu bringen? Was kann das Land dafür tun? Das sind Ansätze, die auch wir, die FDP/DVP-Landtagsfraktion, sehen.
Ich will ein paar Stichworte dazu nennen, was für das Land wichtig ist und was unserer Wirtschaft in dieser besonderen, dieser einmaligen und existenziellen Herausforderung weite re Unterstützung leisten und helfen kann. Wir haben in der letzten Woche im Sozialausschuss bereits einige dieser The men angesprochen. Uns, der FDP/DVP-Landtagsfraktion, ist es wichtig, dass wir jetzt den Pandemieplan fortschreiben, da mit wir uns auch für mögliche künftige Pandemiefälle – nicht nur für eine mögliche zweite Welle – rüsten und fit machen. Es geht darum, dies in das ganze Land hinein zu kommuni zieren, in die Kreise und Kommunen. Es geht dabei auch um das Thema Schutzausstattung, und es geht um die sektoren übergreifende Versorgung. Wie können wir den ambulanten Bereich sowie den stationären Bereich stärken? Wie schaffen wir es, die Reservekapazitäten, auch in wirtschaftlicher Hin sicht, bereitzustellen? Wie können die Kreise dabei unterstützt werden?
Auch die Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes ist dabei ein Thema; dieser ist eine wichtige Plattform und ein wichtiger Dienstleister auch für die Betriebe. Wir sollten, glaube ich, auch das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz in den Blick nehmen. Wie wirkt sich das auf die gemeinnützigen Trä ger in Baden-Württemberg aus? Diese haben uns auch noch einmal darüber informiert, vor welchen Herausforderungen sie stehen. Ich glaube, das ist wichtig, auch um hier beglei tend tätig zu sein.
Deswegen nehmen wir, die FDP/DVP-Landtagsfraktion, die se Themen im Bereich Soziales und Gesundheit sehr ernst.
Ein ganz wichtiger Bereich, auch um die Wirtschaft zu unter stützen, um die Familien zu unterstützen, ist natürlich der Bil dungsbereich. Dazu gehört zwingend ein verlässlicher Unter richt im kommenden Schuljahr, damit eine Planbarkeit gege ben ist. Das ist eine ganz wichtige Voraussetzung dafür, dass die Unternehmen, dass die Familien Planungssicherheit ha ben. Deswegen muss im nächsten Schuljahr zwingend ein ver lässlicher Unterricht angeboten werden. Wir müssen zudem eine Digitalisierungsoffensive machen, und wir müssen auch in der Kommunikation hin zu den Schülern und den Eltern deutlich besser werden.
So bekomme ich, Frau Ministerin Eisenmann, beispielsweise Rückmeldungen zu den Lernbrücken: Dort herrscht nach wie vor extreme Unsicherheit. Ich weiß von Empfehlungen von Schulen, die eher darauf hindeuten, dass diese Dinge nicht un bedingt in Anspruch genommen werden sollen, weil überhaupt nicht genau bekannt ist, wie das funktioniert. Da brauchen wir mehr Verbindlichkeit bei diesen Dingen.